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VwGH vom 30.05.2011, 2008/09/0080

VwGH vom 30.05.2011, 2008/09/0080

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der DB in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom , Zl. 3/08115/149 7317, betreffend Befreiungsschein nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am stellte die im Jahr 1977 geborene Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina, bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice den Antrag auf Ausstellung eines Befreiungsscheines gemäß § 15 Abs. 1 Z. 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG). Sie sei die Tochter eines österreichischen Staatsbürgers, der seit Vollendung ihres 21. Lebensjahres regelmäßig ihren Unterhalt finanziert habe.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 15 Abs. 1 Z. 3 AuslBG abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Beschwerdeführerin vom bis zum eine Aufenthaltserlaubnis mit dem Zweck "Ausbildung" und in weiterer Folge eine Niederlassungsbewilligung mit dem Zweck "Angehöriger - kein Zugang zum Arbeitsmarkt", gültig vom bis zum , gehabt habe. Dieses Aufenthaltsrecht sei jedoch keine Niederlassung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, weshalb die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Befreiungsscheines nicht erfüllt seien.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in welcher sie zusammengefasst ausführte, dass sie "als Kind eines Österreichers bis von der Anwendung des AuslBG ausgenommen" und weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 15 Abs. 1 Z. 3 AuslBG iVm § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und dies im Wesentlichen nach einer Darstellung des Verfahrensganges und der Wiedergabe von Rechtsvorschriften damit begründet, dass die Beschwerdeführerin zwar im Sinne des § 15 Abs. 1 Z. 3 AuslBG rechtmäßig niedergelassen sei, jedoch die in § 15 Abs. 1 Z. 3 AuslBG geforderte bisherige Ausnahme vom AuslBG nicht gegeben sei. Durch die mit den erst im Jänner 2006 in Kraft getretenen Normierungen des AuslBG gälten als Kinder im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. m leg. cit. nach den Bestimmungen des ABGB nur solche die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten. Dies ergebe sich bereits aus den Erläuterungen zum Kinderbegriff zu der mit dem in Kraft getretenen Novelle des AuslBG. Durch die weitere Novellierung des AuslBG, BGBl. I Nr. 78/2007, welche mit dem in Kraft getreten sei, sei dies durch die Einfügung der Bestimmung des § 2 Abs. 11 leg. cit. neuerlich dokumentiert worden, wonach für Kinder die jeweiligen Altersgrenzen gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 und Abs. 4 Z. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) heranzuziehen seien.

§ 2 Abs. 1 Z. 9 NAG umfasse ausschließlich minderjährige Kinder, nach § 2 Abs. 4 Z. 1 NAG sei die Minderjährigkeit nach den Bestimmungen des ABGB zu beurteilen. In Österreich seien nach dem ABGB Kinder mit Vollendung des 18. Lebensjahres volljährig und danach nicht mehr als minderjährig zu qualifizieren. Die Beschwerdeführerin stehe bereits im 31. Lebensjahr, sie könne daher nicht unter den Begriff "Kind" im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. m und § 2 Abs. 11 AuslBG subsumiert werden. Die Beschwerdeführerin sei jedenfalls seit dem nicht mehr von der Anwendung des AuslBG ausgenommen. Da zwischen der allfälligen Ausnahme vom Regulativ des AuslBG bis zum nunmehrigen Anbringen ein Zeitraum von mehr als zwei Jahren liege, werde die Beschwerdeführerin "dieser gesetzlich festgelegten zeitlichen Komponente" nicht gerecht.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die im vorliegenden Fall anzuwendenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 78/2007, lauten:

"§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf

...

m) EWR-Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit nicht

in Anspruch nehmen, deren drittstaatsangehörige Ehegatten und Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) sowie die drittstaatsangehörigen Ehegatten und Kinder österreichischer Staatsbürger, sofern der Ehegatte bzw. das Kind zur Niederlassung nach dem NAG berechtigt ist.

...

§ 2. ...

...

(11) Für Kinder sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, die jeweiligen Altersgrenzen gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 und Abs. 4 NAG und § 52 Z 2 NAG heranzuziehen.

...

§ 15. (1) Einem Ausländer, der noch keinen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt hat (§ 17), ist auf Antrag ein Befreiungsschein auszustellen, wenn er

...

3. bisher gemäß § 1 Abs. 2 lit. l und m nicht dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes unterlegen und weiterhin rechtmäßig niedergelassen ist ...

..."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des NAG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 157/2005, lauten:

"§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

...

9. Familienangehöriger: wer Ehegatte oder

unverheiratetes minderjähriges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie), wobei die Ehegatten, ausgenommen Ehegatten von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, das 18. Lebensjahr bereits vollendet haben müssen; lebt im Fall einer Mehrfachehe bereits ein Ehegatte gemeinsam mit dem Zusammenführenden im Bundesgebiet, so sind die weiteren Ehegatten keine anspruchsberechtigten Familienangehörigen zur Erlangung eines Aufenthaltstitels;

...

(4) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

1. die Minderjährigkeit nach den Bestimmungen des

Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), JGS Nr. 946/1811;

..."

Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen deswegen für rechtswidrig, weil zwar mit Inkrafttreten der AuslBG-Novelle BGBl. I Nr. 78/2007 am durch die Einfügung des § 2 Abs. 11 in das AuslBG und die darin enthaltene Verweisungsnorm auf § 2 Abs. 1 Z. 9 und Abs. 4 NAG und § 52 Z. 2 NAG, wonach als "Kinder" im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. m leg. cit. nur Personen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres anzusehen sind, eine Verschlechterung ihrer Rechtsposition dahingehend eingetreten sei, dass sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 lit. m nur bis zum erfüllt habe. Wenn jedoch gemäß § 15 Abs. 1 Z. 3 AuslBG ein Befreiungsschein für Ausländer auszustellen sei, die "bisher gemäß § 1 Abs. 2 lit. l und m nicht dem Geltungsbereich" des AuslBG unterlegen seien, so sei diese Voraussetzung auch in ihrem Fall erfüllt, in welchem seit dem behaupteten Wegfall des Ausnahmetatbestandes und ihrer Antragstellung nur eine Zeitspanne von 49 Tagen vergangen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Begriff "bisher" in § 15 Abs. 1 Z. 3 AuslBG (damals: Z. 4) ausgeführt, die Bestimmung setze voraus, dass der Antragsteller "jedenfalls bis zur Stellung des Antrages" vom AuslBG ausgenommen sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/09/0113). Diese Voraussetzung war im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Im Übrigen wird hinsichtlich des Aufenthaltsrechts als "Angehöriger - kein Zugang zum Arbeitsmarkt" auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0217, verwiesen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
GAAAE-76494