VwGH vom 20.10.2009, 2005/13/0153
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. Rolf Schuhmeister und Dr. Walter Schuhmeister, Rechtsanwälte in 2320 Schwechat, Bruck-Hainburgerstraße 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. FSRV/0122-W/04, miterledigt FSRV/0126-W/04 und FSRV/0127-W/04, betreffend Finanzvergehen,
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Anfechtung (soweit er den Beschwerdeführer betrifft) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen; und
2. den Beschluss gefasst:
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Einstellung des Finanzstrafverfahrens wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer verkaufte auf Grund einer ihm vom Geschäftsführer der F. GmbH im September 2001 erteilten Vollmacht mit zwei Kaufverträgen vom 209/698-tel Anteile einer im Eigentum der F. GmbH stehenden Liegenschaft um S 2,4 Mio an Barbara E. und die restlichen 489/698-tel Anteile der Liegenschaft um S 6 Mio "inklusive 20 % USt" an die Barbara E. GmbH. Eine auf diese Geschäfte bezogene Umsatzsteuervorauszahlung wurde von der F. GmbH nicht entrichtet. Vom Steuerberater der F. GmbH wurde für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2001 eine "Nullmeldung" abgegeben.
In einer mit Niederschrift vom abgeschlossenen Umsatzsteuersonderprüfung bei der F. GmbH über den Zeitraum Jänner bis Oktober 2001 wurden die Besteuerungsgrundlagen auf der Basis der monatlichen Durchschnittswerte des Jahres 2000 geschätzt. Hinsichtlich der Liegenschaft wurde festgehalten, sie sei mit "Kaufvertrag" vom "um öS 5.000.000,-- zuzüglich öS 1.000.000,-- Umsatzsteuer" an die Barbara E. GmbH verkauft worden, was in die Berechnung der Besteuerungsgrundlagen ebenfalls aufgenommen worden sei.
Mit Bescheiden vom leitete das Finanzamt sowohl gegen den Beschwerdeführer als auch gegen den Geschäftsführer der F. GmbH u.a. wegen des Verdachtes, unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe dem § 21 UStG entsprechender Voranmeldungen im Jahr 2001 eine Verkürzung von Vorauszahlungen bewirkt und dadurch ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen zu haben, Finanzstrafverfahren ein. Gegenüber dem Geschäftsführer der F. GmbH wurde der erwähnte Vorwurf nur hinsichtlich der sonstigen Umsätze in den Monaten Jänner bis Oktober 2001 (Vorauszahlungen in der Höhe von S 96.263,- -), gegenüber dem Beschwerdeführer nur hinsichtlich des Liegenschaftsverkaufes im Oktober 2001 (Vorauszahlung von S 1 Mio) erhoben. In der Begründung des an den Beschwerdeführer gerichteten Bescheides wurde u.a. ausgeführt, der Verkauf der Liegenschaft "an Frau Barbara E." sei dem Steuerberater der F. GmbH nicht bekannt gewesen und habe daher in der abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung 10/2001 keinen Niederschlag gefunden. Der Verdacht gegen den Beschwerdeführer gründe sich darauf, dass er den Verkauf "im Rahmen der Gesellschaft" durchgeführt "und diese Tatsache weder gegenüber der Abgabenbehörde noch gegenüber dem steuerlichen Vertreter der Gesellschaft zeitgerecht bekanntgegeben" habe.
In der im Juni 2002 eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung der Barbara E. GmbH für den Monat März 2002 wurde
u. a. Umsatzsteuer aus dem Erwerb der Liegenschaftsanteile als Vorsteuer geltend gemacht. Dies gründete sich auf eine auf Geschäftspapier der F. GmbH erstellte und (ohne Unterschrift) mit dem Firmenstempel versehene, mit datierte und einen Eingangsstempel vom tragende Rechnung, in der für das Gebäude auf der Liegenschaft und für dessen Renovierung (im Gegensatz zum Preis für den "Grund", dessen Höhe mit S 600.000,-- angegeben war) Umsatzsteuer im Ausmaß von S 900.333,-- ausgewiesen war.
Im Mai 2003 beantwortete Barbara E. eine an sie gerichtete Aufforderung zur schriftlichen Zeugenaussage gemäß § 102 Abs. 3 FinStrG in inhaltlicher Übereinstimmung mit einer vorangegangenen Aussage des Beschwerdeführers dahingehend, dass diese Rechnung am vom Geschäftsführer der F. GmbH überbracht worden sei. Das Finanzstrafverfahren gegen den Geschäftsführer der F. GmbH wurde daraufhin um den Verdacht erweitert, er habe Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in der Höhe von S 1 Mio für Oktober 2001 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet und dadurch eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen. Der Geschäftsführer der F. GmbH hatte bei seiner Beschuldigtenvernehmung im März 2003 angegeben, die ihm vorgehaltene Rechnung nicht ausgestellt und "noch nie gesehen" zu haben. Vom Verkauf der Liegenschaft habe er "ungefähr im Dezember 2001" anlässlich eines Besuches auf der Liegenschaft erfahren.
Mit Straferkenntnis vom wurde der Geschäftsführer der F. GmbH - nach weiteren, zum Teil vom Beschwerdeführer beantragten Einvernahmen, deren Ergebnisse in der Verhandlung verlesen wurden - u.a. schuldig gesprochen, er habe Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für den Zeitraum Jänner bis Oktober 2001 in der Höhe von S 1,096.263,-- vorsätzlich nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet und dadurch die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen. Das Verfahren gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 136 FinStrG eingestellt. Der Spruchsenat führte aus, es sei nicht verwunderlich, dass Barbara E., die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, dessen Darstellung bestätige. Es habe aber auch der unabhängige Zeuge S. angegeben, er habe gesehen, dass der Geschäftsführer der F. GmbH kurz vor Weihnachten ein Kuvert gebracht habe, und anschließend habe ihm der Beschwerdeführer die Rechnung gezeigt. Daraus sei ersichtlich, dass der Geschäftsführer der F. GmbH die Rechnung ausgestellt habe. Der Beschwerdeführer sei weiteren Zeugenaussagen zufolge nur ein weisungsgebundener Angestellter gewesen. Er habe keinerlei Kompetenzen in der F. GmbH gehabt, weshalb das Verfahren gegen ihn einzustellen gewesen sei.
Gegen dieses Erkenntnis erhoben sowohl der Geschäftsführer der F. GmbH als auch der Amtsbeauftragte Berufung. Der Geschäftsführer der F. GmbH machte u.a. geltend, der Zeuge, der die Übergabe des Kuverts bestätigt habe, sei ein Freund des Beschwerdeführers und - wie dieser - mehrfach vorbestraft. Der Amtsbeauftragte wandte sich u.a. gegen die Wertung der dem Geschäftsführer der F. GmbH vorgeworfenen Finanzdelikte als bloße Ordnungswidrigkeiten und bekämpfte mit Rücksicht auf das Vorliegen einander widersprechender Darstellungen "aus Vorsichtsgründen" auch die Einstellung des Verfahrens gegen den Beschwerdeführer.
Die belangte Behörde verhandelte über die Berufungen am 15. März, 21. Juni und und vernahm - neben weiteren Befragungen des Geschäftsführers der F. GmbH und des Beschwerdeführers - Barbara E., einen an Verhandlungen im Vorfeld des Liegenschaftsverkaufes beteiligten Rechtsanwalt, den Steuerberater der F. GmbH und die Steuerberaterin der Barbara E. GmbH als Zeugen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Geschäftsführers der F. GmbH teilweise - u.a. durch Einstellung des Verfahrens wegen des gegen ihn gerichteten Verdachtes einer den Liegenschaftsverkauf betreffenden Finanzordnungswidrigkeit - stattgegeben. Auch der Berufung des Amtsbeauftragten wurde insoweit, als sie den Geschäftsführer der F. GmbH betraf, teilweise stattgegeben.
Insoweit, als sie den Beschwerdeführer betraf, gab die belangte Behörde der Berufung des Amtsbeauftragten statt. Sie hob die erstinstanzliche Entscheidung in diesem Punkt auf und erkannte in der Sache selbst, indem sie aussprach, der Beschwerdeführer sei "schuldig er hat als Bevollmächtigter des ..., Geschäftsführer der
Fa. ... GmbH, vorsätzlich dazu beigetragen, dass die
Umsatzsteuervorauszahlung dieser GmbH für den Monat Oktober 2001 in Höhe von S 1,000.000,00 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet wurde. Er hat hierdurch das Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit gemäß §§ 11, 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen." Die belangte Behörde verhängte über den Beschwerdeführer deswegen eine Geldstrafe und eine Ersatzfreiheitsstrafe und verpflichtete ihn zum Ersatz von Verfahrenskosten.
In der Begründung der Entscheidung führte die belangte Behörde aus, "die Feststellung der Betriebsprüfung hinsichtlich der nicht gemeldeten bzw. entrichteten Umsatzsteuer in Höhe von S 1,000.000,00 aus dem am erfolgten Verkauf der Liegenschaft" sei "in objektiver Hinsicht unstrittig". Auf Grund der im Berufungsverfahren erfolgten "Erweiterungen der Entscheidungsgrundlagen" gehe die belangte Behörde davon aus, dass der Geschäftsführer der F. GmbH zwar am (dritter Tag nach Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlung Oktober 2001) von der faktischen Übernahme des Unternehmens durch die GmbH der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers erfahren habe. Er habe aber "bis zum fünften Tag nach Fälligkeit keine Kenntnis von einem Kaufvertrag und einer Rechnung vom und auch nicht vom Entstehen einer daraus resultierenden Umsatzsteuerschuld" gehabt. Die Rechnung sei nicht von ihm ausgestellt und knapp vor Weihnachten 2001 übergeben, sondern erst im Jahr 2002 von einer anderen Person zum Zweck der Geltendmachung des Vorsteuerabzuges durch die Barbara E. GmbH verfertigt worden. Letztere habe "den Vorsteuerabzug in Höhe von S 1,000.000,00" in der Umsatzsteuervoranmeldung März 2002 im Juni 2002 geltend gemacht.
Diese - zunächst die diesbezügliche Einstellung des Verfahrens gegen den Geschäftsführer der F. GmbH begründenden - Sachverhaltsannahmen stützte die belangte Behörde vor allem auf die späte Geltendmachung des Vorsteuerabzuges durch die Barbara E. GmbH sowie auf die näher begründete Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin.
Zu dem "mit Generalvollmacht" der F. GmbH ausgestatteten Beschwerdeführer führte die belangte Behörde sodann aus, er habe
"sehr wohl ... Kenntnis von der Umsatzsteuerschuld für
Oktober 2001 in Höhe von S 1,000.000,00 aus dem durch ihn namens der ... GmbH unterfertigten Kaufvertrag vom " gehabt und "hätte mit dieser Vollmacht durchaus auch die Berechtigung für eine zeitgerechte Meldung bzw. Entrichtung dieser Umsatzsteuervorauszahlung gehabt". In der Verhandlung habe er angegeben, die für eine Entrichtung erforderlichen Mittel seien nicht vorhanden gewesen. Dadurch, dass er als Generalbevollmächtigter in Kenntnis der Umsatzsteuerschuld weder von seiner Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, "die Umsatzsteuervorauszahlung Oktober 2001 namens der ... GmbH zumindest pünktlich zu melden, noch den verantwortlichen
Geschäftsführer ... von dieser Umsatzsteuerschuld durch
Übermittlung des abgeschlossenen Kaufvertrages rechtzeitig bis zum fünften Tag nach Fälligkeit in Kenntnis gesetzt" habe, habe er vorsätzlich dazu beigetragen, dass eine "Entrichtung der Umsatzsteuer" aus dem Verkauf der Liegenschaft in Höhe von S 1 Mio "nicht erfolgt" sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich - soweit er den Beschwerdeführer betrifft - die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer das Unterbleiben einer nochmaligen Einvernahme des im erstinstanzlichen Verfahren vernommenen Zeugen S. durch die belangte Behörde rügt und im Übrigen geltend macht, er habe zwar über eine ausreichende Vollmacht verfügt, sei mit der Besorgung steuerrechtlicher Angelegenheiten aber nicht beauftragt gewesen. Darüber hinaus kritisiert der Beschwerdeführer, dass er "als mittelbarer Täter" angesehen werden solle, obwohl es infolge der Einstellung des Verfahrens gegen den Geschäftsführer der F. GmbH "keinen unmittelbaren Täter" gebe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Gemäß § 138 Abs. 2 lit. a FinStrG, der inhaltlich dem § 44a Z 1 VStG entspricht, hat der Spruch eines nicht auf Einstellung lautenden Erkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu bezeichnen. Das inkriminierte Verhalten ist im Bescheidspruch und nicht nur in der Begründung zu umschreiben (vgl. als Beispiel für viele etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/16/0044, mit Hinweis auf die Anwendbarkeit der hg. Rechtsprechung zu § 44a VStG). Bezieht sich der Schuldspruch - wie im vorliegenden Fall - auf einen sonstigen Tatbeitrag im Sinne des § 11 letzter Fall FinStrG, so ist im Spruch des Erkenntnisses daher zum Ausdruck zu bringen, worin der Tatbeitrag bestanden hat. Im vorliegenden Fall wird im Spruch des angefochtenen Bescheides zwar - in einer hier nicht weiter zu prüfenden Form - angeführt, wozu der Beschwerdeführer beigetragen habe. Durch welches Verhalten dies geschehen sei, hat die belangte Behörde im Spruch der Entscheidung jedoch unerwähnt gelassen.
Der angefochtene Bescheid war schon aus diesem vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen aufzugreifenden Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde u. a. aber auch zu beachten haben, dass Grundstücksverkäufe gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a in Verbindung mit Abs. 2 UStG 1994 nur dann der Umsatzsteuer unterliegen, wenn sie vom Verkäufer gegenüber der Abgabenbehörde als steuerpflichtig behandelt werden (vgl. dazu etwa Ruppe, UStG3, § 6 Tz 249/5 und 10). Wodurch dies im vorliegenden Fall - angesichts der für Oktober 2001 vom Steuerberater der F. GmbH abgegebenen "Nullmeldung" - geschehen sein soll, ist den Ausführungen der belangten Behörde nicht entnehmbar. Die Wendung "inklusive 20 % USt" im Kaufvertrag mit der Barbara E. GmbH reicht dafür nicht aus, wobei auch zu berücksichtigen wäre, dass die Option widerrufbar ist (vgl. Ruppe, a.a.O, Tz 249/10). Die in erster Instanz noch angenommene Ausstellung einer Rechnung, aus der sich gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 eine Umsatzsteuerpflicht der F. GmbH für den Verkauf der Liegenschaftsanteile ergeben könnte, durch den Geschäftsführer der F. GmbH hat die belangte Behörde verneint, wobei allerdings anzumerken ist, dass diese Rechnung auch nach den Annahmen des erstinstanzlichen Spruchsenates nicht schon im Oktober 2001 überbracht wurde und einen niedrigeren Betrag an Umsatzsteuer auswies. Dass die F. GmbH für Oktober 2001 eine Vorauszahlung an Umsatzsteuer aus dem Verkauf der Liegenschaftsanteile schuldete, bedürfte daher einer näheren Begründung.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das auf zusätzlichen Ersatz von Umsatzsteuer aus dem Schriftsatzaufwand gerichtete Mehrbegehren findet in diesen Vorschriften keine Deckung.
2. Der über den Aufhebungsantrag hinausgehende Antrag des Beschwerdeführers auf Einstellung des Finanzstrafverfahrens war wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zu einer derartigen Entscheidung in der Sache gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am