zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 27.03.2012, 2010/10/0143

VwGH vom 27.03.2012, 2010/10/0143

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2010/10/0134 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der Oberösterreichischen Landesregierung in 4021 Linz, Bahnhofplatz 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-560126/2/Gf/Mu, betreffend Kostenersatz für Sozialhilfe (mitbeteiligte Partei: MP in L, vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Hamerlingplatz 7/14), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (UVS) vom wurde der der mitbeteiligten Partei von der Erstbehörde vorgeschriebene Kostenersatz für Sozialhilfe mit der Begründung aufgehoben, dass die mitbeteiligte Partei keine Ersatzpflicht treffe. Der mitbeteiligten Partei sei seit dem Sozialhilfe durch Übernahme der trotz Einsatz von Pension und Pflegegeld ungedeckt gebliebenen Heimkosten im Bezirksalten- und Pflegeheim L. gewährt worden. Dem Sozialhilfeträger seien dadurch bis einschließlich September 2009 Kosten in der Höhe von insgesamt EUR 50.287,48 entstanden. Im Zeitpunkt des Heimeintritts habe die mitbeteiligte Partei über Vermögen im Ausmaß von EUR 4.400,-- verfügt. Nunmehr belaufe sich ihr Vermögen auf EUR 11.434,04. Hievon habe die Erstbehörde einen Freibetrag von EUR 7.300,-- berücksichtigt und einen Kostenersatz in Höhe von EUR 4.134,04 vorgeschrieben. Dagegen habe die mitbeteiligte Partei berufen und auf die Freibetragsgrenze in § 5 Abs. 7 der Oö Sozialhilfeverordnung in Höhe von EUR 12.000,-- hingewiesen.

Nun sehe § 5 Abs. 7 der Oö Sozialhilfeverordnung zwar einen Freibetrag in Höhe von EUR 12.000,-- vor, aus dem "Gesamtzusammenhang des Gesetzes" ergebe sich jedoch, dass dieser Freibetrag, der für das Leistungsverfahren normiert sei, im Ersatzverfahren nicht in gleicher Weise, "d.h.: nicht stets auch in voller Höhe" in Ansatz zu bringen sei. Vielmehr sei lediglich der im Zuge der Festsetzung der Höhe der Hilfeleistung berücksichtigte Freibetrag bei der Ermittlung des ersatzpflichtigen Vermögens "gleichsam a priori außer Betracht" zu lassen. Das hinzugekommene Vermögen bilde jedoch jenen "ersatzpflichtigen (Teil )Haftungsfonds", der vom Sozialhilfeträger für Kostenersatz in Anspruch genommen werden könne. Vom nunmehrigen Vermögen der mitbeteiligten Partei (EUR 11.434,04) seien daher die beim Heimeintritt als Freibetrag berücksichtigten EUR 4.400,-- abzuziehen und von den verbleibenden EUR 7.034,04 die von der Erstbehörde als Schonvermögen gewerteten EUR 7.300,-- gemäß § 11 Abs. 2 Oö Sozialhilfegesetz in Abzug zu bringen, sodass von einem Vermögen der mitbeteiligten Partei, das für einen Kostenersatz herangezogen werden könne, nicht auszugehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die von der Oberösterreichischen Landesregierung gemäß § 9 Abs. 3 Oö Verwaltungssenatsgesetz 1990 erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde abzulehnen, in eventu abzuweisen.

Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das im Beschwerdefall anzuwendende Sozialhilfegesetz 1998, LGBl. Nr. 82/1998 idF LGBl. Nr. 41/2008, (OÖ SHG 1998) lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 9

Einsatz der eigenen Mittel, Kostenbeitrag

(1) Die Leistung sozialer Hilfe hat unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person, bei sozialer Hilfe zur Pflege auch unter Berücksichtigung der pflegebezogenen Geldleistungen, zu erfolgen, es sei denn, dies wäre im Einzelfall mit der Aufgabe sozialer Hilfe unvereinbar oder würde zu besonderen Härten führen.

...

(9) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Vorschriften über den Einsatz der Mittel und über den Kostenbeitrag zu erlassen. Diese Verordnung hat insbesondere zu regeln:

1. inwieweit Einkommen und verwertbares Vermögen Hilfebedürftiger sowie des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten (Lebensgefährten) gemäß Abs. 3 nicht zu berücksichtigen sind, wobei auf die Ziele dieses Landesgesetzes und vergleichbare Regelungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) Bedacht zu nehmen ist;

...

§ 46

Ersatz durch den Empfänger

sozialer Hilfe und seine Erben

(1) Der Empfänger sozialer Hilfe ist zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn

1. er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen (§ 9) gelangt;

..."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Oö Sozialhilfeverordnung 1998, LGBl. Nr. 118/1998 idF LGBl. Nr. 128/2009, (Oö SHV) lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 5

Einsatz der eigenen Mittel, Freibeträge

...

(2) Bei Festsetzung des Ausmaßes von Leistungen sozialer Hilfe durch Hilfe in stationären Einrichtungen (§ 17 Abs. 2 Z. 2 des Oö. SHG 1998) sind folgende Einkünfte nicht zu berücksichtigen:

1. 20 % einer allfälligen Pension, Rente oder anderer Ruhe- oder Versorgungsgenüsse (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) oder Familienbeihilfe und


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2.
die Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug) und
3.
10 % des Betrages der Stufe 3 eines Pflegegeldes nach dem Oö. Pflegegeldgesetz oder bei Pflegegeld nach dem Bundespflegegeldgesetz - BPGG, BGBl. Nr. 110/1993, der vom Anspruchsübergang gemäß § 13 BPGG nicht erfaßte Betrag oder
4.
10 % des Betrages des Pflegegeldes der Stufe 3, wenn dadurch ein Anspruch auf Sozialhilfe vermieden wird.

(3) Wenn der Anspruchsübergang gemäß § 11 Oö. PGG vor dem Monat September 1996 bzw. der Anspruchsübergang gemäß § 13 BPGG vor dem Monat Mai 1996 erfolgt, erhöht sich der anrechnungsfreie Betrag gemäß Z. 3 und 4 von 10 % auf 20 % des Betrags des Pflegegeldes der Stufe 3.

...

(7) Bei Leistung sozialer Hilfe durch Hilfe in stationären Einrichtungen sind über Abs. 3 hinaus Geld oder Geldeswert bis zu insgesamt 12.000 Euro und kleinere Sachwerte nicht zu berücksichtigen."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der mitbeteiligten Partei werde seit soziale Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes durch Übernahme der durch Pension und Pflegegeld nicht gedeckten Kosten für die Unterbringung in einem Alten- und Pflegeheim gewährt. Dadurch sei dem Sozialhilfeträger ein Aufwand in Höhe von EUR 50.287,48 entstanden. Nun verfüge die mitbeteiligte Partei über ein Vermögen in der Höhe von EUR 11.434,04. Insoweit dieses Vermögen den dem Hilfeempfänger zu belassenden Freibetrag übersteige, könne es für den Ersatz der getätigten Sozialhilfeaufwendungen herangezogen werden. Der im § 5 Abs. 7 Oö SHV normierte Vermögensfreibetrag in Höhe von EUR 12.000,-- komme allerdings nicht zum Tragen. Es sei nämlich nur jenes Vermögen von der Ersatzpflicht ausgenommen, über das der Empfänger der Sozialhilfe beim Heimeintritt verfügt habe und das bei der Gewährung der Sozialhilfe anerkannt worden sei. Dies seien im vorliegenden Fall EUR 4.400,--. Darüber hinaus seien jedoch weitere EUR 7.300,-- (als Vorsorge für Begräbniskosten) in Ansatz zu bringen, sodass die mitbeteiligte Partei auf Grund ihres Vermögens letztlich keinen Ersatz für die aufgelaufenen Sozialhilfekosten zu leisten habe.

Die beschwerdeführende Partei stimmt zwar mit der belangten Behörde darin überein, dass für die Frage, welches Vermögen des Empfängers sozialer Hilfe als "hinreichend" iSd § 46 Abs. 1 Z. 1 Oö SHG 1998 anzusehen sei und eine Ersatzpflicht für die aufgewendeten Kosten auslöse, die Freibetragsgrenze des § 5 Abs. 7 der Oö SHV nicht maßgeblich sei. Aus dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes ergebe sich nämlich, dass der für das Sozialhilfeleistungsverfahren normierte Vermögensfreibetrag im Ersatzverfahren nicht "in gleicher Weise" zu berücksichtigen sei. Vielmehr sei - wie von der belangten Behörde dargelegt - nur das beim Heimeintritt anerkannte Vermögen als so genanntes "eingefrorenes Schonvermögen" von der Ersatzleistung ausgenommen. Die Schonung dieses Vermögens bezwecke nach den Motiven des historischen Gesetzgebers die Vorsorge für Begräbniskosten. Ein neuerlicher Abzug eines "Freibetrages für Begräbniskosten" komme daher im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde nicht in Betracht.

Die beschwerdeführende Partei wie die belangte Behörde übersehen bei ihrer Auffassung, nur das "eingefrorene Schonvermögen" könne zur Ersatzleistung gemäß § 46 Abs. 1 Z. 1 Oö SHG 1998 nicht herangezogen werden, zunächst, dass § 46 Abs. 1 Z. 1 Oö SHG 1998 zur näheren Umschreibung des die Kostenersatzpflicht auslösenden "hinreichenden Einkommens oder Vermögens" ausdrücklich auf § 9 Oö SHG 1998 verweist, wo festgelegt ist, dass und in welchem Ausmaß der Hilfebedürftige sein Einkommen und Vermögen einzusetzen hat, bevor ihm soziale Hilfe zu gewähren ist. Demnach ist - iVm § 5 Abs. 7 Oö SHV - bei Leistung sozialer Hilfe durch Hilfe in stationären Einrichtungen ein EUR 12.000,-- nicht übersteigendes Vermögen unberücksichtigt zu lassen. Ein Vermögen des Hilfe Suchenden bis zu dieser Höhe schadet der Annahme seiner Sozialhilfebedürftigkeit daher nicht.

Bereits aus dem Verweis des § 46 Abs. 1 Z. 1 OÖ SHG 1998 auf § 9 Oö SHG 1998 wird also deutlich, dass für den Eintritt der Kostenersatzpflicht die Erlangung von Vermögen durch den Hilfeempfänger in eben jener Höhe maßgeblich ist, wie sie auch für die Gewährung von Sozialhilfe gilt: Nur insoweit, als sein Vermögen diese Grenze übersteigt, ist der Hilfeempfänger daraus zum Ersatz für die aufgelaufenen Kosten verpflichtet.

In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof zu vergleichbaren Regelungen in Sozialhilfegesetzen anderer Bundesländer auch bereits wiederholt ausgesprochen, der Begriff des "hinreichenden" Vermögens bedeute, dass der Hilfeempfänger auf Vermögen zurückgreifen könne, ohne dass ihm dies in Ansehung der Bestreitung des eigenen Lebensunterhaltes bzw. seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen unzumutbar wäre. Dabei sei die gleiche Grenze maßgeblich wie für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit, weshalb auf die Regelungen betreffend die Anrechenbarkeit von Einkommen oder Vermögen zurückgegriffen werden könne (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/10/0128, mwN).

Davon ausgehend erweist sich die Auffassung sowohl der beschwerdeführenden Partei als auch der belangten Behörde, der im § 5 Abs. 7 Oö SHV normierte Freibetrag sei im Ersatzverfahren "nicht stets in voller Höhe in Ansatz zu bringen", als verfehlt - worauf auch von der mitbeteiligten Partei in ihrer Gegenschrift zutreffend hingewiesen wird. Dies führt im vorliegenden Fall aber nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil dieser - wenn auch nur im Ergebnis zutreffend - ohnedies ausgesprochen hat, die mitbeteiligte Partei sei angesichts ihres Vermögens von EUR 11.434,04 nicht kostenersatzpflichtig iSd § 46 Abs. 1 Z. 1 Oö SHG 1998.

Die somit unbegründete Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am