VwGH vom 17.11.2010, 2005/13/0114

VwGH vom 17.11.2010, 2005/13/0114

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Christoph Neuhuber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 14/2/9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/3800-W/02, betreffend Berichtigung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1997, 1998 und 1999 gemäß § 293 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war in den Streitjahren als Bundesbeamter karenziert und Mitglied des UVS Wien. Bezüge wurden ihm nur vom Magistrat der Stadt Wien ausgezahlt, wohingegen er seine Pensionsbeiträge mittels Erlagscheins bei der Buchhaltung eines Bundesministeriums einzuzahlen hatte. In seinen Steuererklärungen bezifferte er die "Bezugs/pensionsauszahlende Stelle(n)" mit "1" und gab an, es handle sich um den Magistrat der Stadt Wien. Weiters machte er als "Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte", die Pensionsbeiträge geltend. In beigefügten Anmerkungen erläuterte er jeweils den Sachverhalt. Dem Beschwerdeführer war nicht bekannt, dass dem Finanzamt Mitteilungen des Bundesdienstes zugingen, in denen die Pensionsbeiträge als negative Bezüge ausgewiesen waren.

Beim Finanzamt wurden die Steuererklärungen des Beschwerdeführers als sogenannte Soforteingabefälle behandelt. Der Versuch, wie vom Beschwerdeführer angegeben jeweils nur eine bezugsauszahlende Stelle einzugeben, führte im Hinblick auf die gespeicherten Daten betreffend die negativen Einkünfte aus dem Bundesdienst aber jeweils zu Fehlermeldungen. Diese Fehlermeldungen wurden dadurch überwunden, dass die Zahl der bezugsauszahlenden Stellen jeweils auf "2" erhöht wurde, was im Ergebnis zur Folge hatte, dass die Pensionsbeiträge doppelt, nämlich einerseits auf Grund des gespeicherten Datenbestandes als negative Bezüge und andererseits auf Grund der Eingabe entsprechend den Erklärungen des Beschwerdeführers als Werbungskosten, berücksichtigt wurden. Bei inhaltlicher Überprüfung hätte sich dies leicht erkennen lassen, weil der zweite "Lohnzettel" am Bildschirm angezeigt wurde und auch sein Inhalt, nämlich die Mitteilung der negativen Bezüge, von dieser Anzeige aus zugänglich gewesen wäre.

Mit Bescheiden vom berichtigte das Finanzamt die im dargestellten Punkt fehlerhaften Einkommensteuerbescheide zunächst gemäß § 293b BAO, wogegen der Beschwerdeführer, gestützt auf das Argument, seine Erklärungen hätten keine falschen Angaben enthalten, Berufung erhob. Diese Berufungsverfahren endeten rechtskräftig mit der Aufhebung der auf § 293b BAO gestützten Bescheide durch eine Berufungsvorentscheidung vom .

Mit Bescheiden vom berichtigte das Finanzamt die fehlerhaften Einkommensteuerbescheide gemäß § 293 BAO, weil die Fehler durch den Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage entstanden seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde nach Ermittlungen über das Zustandekommen der Fehler und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung diese Bescheide.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der gegenüber dem angefochtenen Bescheid in der Beschwerde vertretene Standpunkt lässt sich dahin gehend zusammenfassen, dass entgegen der ursprünglichen Annahme des Beschwerdeführers im Lichte des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2002/13/0071, sehr wohl ein Fall vorliege, in dem eine Berichtigung nach § 293b BAO möglich sei. Treffe dies zu, so könne der Fehler aber nicht im Sinne des § 293 BAO "ausschließlich" auf den Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage zurückzuführen sein. Der Fehler sei dadurch entstanden, dass zusätzlich zur Übernahme des die negativen Bezüge betreffenden Datenbestandes durch die Erhöhung der Zahl der bezugsauszahlenden Stellen noch die in der Erklärung angeführten Werbungskosten eingegeben worden seien.

Die belangte Behörde hält dem entgegen, der Fall gleiche mehr dem des hg. Erkenntnisses vom , 2002/14/0015, in dem eine Berichtigung gemäß § 293 BAO für rechtmäßig erkannt worden sei.

Gemäß § 293 BAO kann die Abgabenbehörde u.a. "ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen". Gemäß § 293b BAO kann sie einen Bescheid "insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht".

Im Fall des Erkenntnisses vom , 2002/13/0071, ging es wie im vorliegenden Fall um einen karenzierten Bundesbeamten, der seine Dienstbezüge als Mitglied eines unabhängigen Verwaltungssenates vom Magistrat der Stadt Wien bezog und bei dem es unter ähnlichen Umständen wie im vorliegenden Fall zur doppelten Berücksichtigung der Pensionsbeiträge kam. Der Verwaltungsgerichtshof erklärte die mit dem damals angefochtenen Bescheid bestätigte Berichtigung gemäß § 293b BAO ohne Auseinandersetzung mit der Frage einer stattdessen allenfalls möglichen Berichtigung gemäß § 293 BAO für rechtmäßig. Er führte aus, angesichts der seitens des zuständigen Bundesministeriums übermittelten Daten sei die in den Einkommensteuererklärungen enthaltene Angabe, der Arbeitgeber habe die Pensionsbeiträge nicht berücksichtigen können, offensichtlich objektiv unrichtig gewesen.

Im Fall des Erkenntnisses vom , 2002/14/0015, wurden mit einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 1994 vom Abgabepflichtigen noch drei Lohnzettel vorgelegt. Der Bescheid erfasste einen davon nicht, weil auf Grund unterschiedlicher Namensschreibweisen und Adressen nur zwei der Lohnzettel auch infolge Übermittlung durch die Arbeitgeber im gespeicherten Datenbestand schon dem Abgabepflichtigen zugeordnet worden waren. Dem Bediensteten des Finanzamtes war bewusst gewesen, dass drei Bezüge vorlagen, er hatte aber bei der Datenabfrage gesehen, dass nur zwei Lohnzettel aufschienen, die Zahl der bezugsauszahlenden Stellen daraufhin mit "2" eingetragen und sich darauf verlassen, dass "die EDV diese Diskrepanz aufklären" würde. In diesem Fall hob der Verwaltungsgerichtshof hervor, der Bescheidwille des Finanzamtes sei nach den unbedenklichen Feststellungen der Berufungsbehörde auf die Erfassung der Bezüge aus allen drei Quellen gerichtet gewesen und von den Konsequenzen der Angabe der Zahl der bezugsauszahlenden Stellen mit "2" habe das Finanzamt keine Kenntnis gehabt. Hätte der Bedienstete des Finanzamtes, nach dessen Eintragung der Ziffer "2" die elektronische Datenverarbeitung den Einkommensteuerbescheid ausgedruckt habe, die weitere Bearbeitung selbst durchzuführen gehabt, so hätte er ohne Zweifel die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit durch Zusammenfassen aller drei ihm vorliegenden Lohnzettel ermittelt. Der Fehler beruhe somit ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage.

Der vorliegende Fall gleicht dem des Erkenntnisses vom , insofern sich die Fehlerhaftigkeit der Bescheide auch hier aus der Übernahme von Inhalten der Steuererklärungen ergab, die in gleicher Weise objektiv unrichtig waren. Er gleicht aber auch dem Fall des Erkenntnisses vom , insofern die Fehlerhaftigkeit - was der Beschwerdeführer nicht konkret in Frage stellt - ohne den Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage nicht zustande gekommen wäre. Die im Erkenntnis vom nicht explizit behandelte Frage, ob in einem solchen Fall das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Berichtigung gemäß § 293 BAO einer Berichtigung gemäß 293b BAO entgegensteht, ist im vorliegenden Fall nicht zu beurteilen. Die vom vorliegenden Fall stattdessen aufgeworfene Frage, ob umgekehrt das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Berichtigung gemäß § 293b BAO einer Berichtigung nach § 293 BAO entgegensteht, ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu verneinen. Zunächst ist dazu festzuhalten, dass dem in der Beschwerde hervorgehobenen gesetzlichen Erfordernis der "Ausschließlichkeit" nach den Maßstäben des Erkenntnisses vom entsprochen ist, wenn der Einsatz der automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage auf die im Erkenntnis vom dargestellte Art kausal war, woran auch im vorliegenden Fall nicht zu zweifeln ist. Dass der Fehler auch bei Einsatz der Datenverarbeitungsanlage vermeidbar gewesen wäre, wie der Beschwerdeführer wohl zutreffend geltend macht, steht dem nicht entgegen. Die gegenteiligen Ausführungen in der Beschwerde vermengen Erkennbarkeit und Kenntnis der Konsequenzen der Eingabe der Zahl der bezugsauszahlenden Stellen mit "2" und laufen auf eine Argumentation mit dem Verschulden der Bediensteten des Finanzamtes oder ihrer Vorgesetzten hinaus. Dass der Wille bestanden habe, dieselben Beträge zweimal zu berücksichtigen, ist dabei auch den Ausführungen in der Beschwerde nicht entnehmbar. Kommt es zur Doppelerfassung von Abzugsposten, weil deren Erfassung durch eine Eingabe in die Datenverarbeitungsanlage verkannt wird, so fällt das mit dem Einsatz der Datenverarbeitungsanlage verbundene Risiko, das sich auf diese Weise verwirklicht, eindeutig in den Bereich der Gefahren, denen der in § 293 BAO normierte Berichtigungsfall entgegenwirken soll. Gründe dafür, eine solche Berichtigung für unzulässig zu erklären, weil sich zugleich auch die Behauptung des Abgabepflichtigen, der Arbeitgeber habe die Beträge nicht berücksichtigen können, auf die im Erkenntnis vom behandelte Art als unrichtig erweist, sind nicht erkennbar, weshalb es auf die Frage, ob eine solche Unrichtigkeit vorliegt, was im vorliegenden Fall rechtskräftig verneint wurde, nicht ankommt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am