VwGH vom 27.03.2012, 2010/10/0111
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie Senatspräsident Dr. Stöberl und Hofrat Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des Landes Vorarlberg, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Bludenz in 6700 Bludenz, Schloss-Gayenhofplatz 2, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung von Wien vom , Zl. MA 40 - 11648/09 KE, betreffend Kostenersatz für Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Antrag auf Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Anerkennung der endgültigen Kostentragung für Sozialhilfeleistungen, die sie ab für Frau H. erbracht habe, gemäß § 44 Abs. 1 und 3 des Wiener Sozialhilfegesetzes iVm Art. 3 Abs. 1 der Vereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe (Ländervereinbarung) abgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, Frau H. habe vom bis in Wien, H.-Gasse 38/1/6, gelebt. Am sei sie nach Innerbraz, O.-Gasse 11, übersiedelt und seit lebe sie in Bludenz, M.-Weg 28. Am habe sie bei der Bezirkshauptmannschaft Bludenz Sozialhilfe beantragt, diese sei ihr rückwirkend (ab Antragstellung) mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom zuerkannt worden.
Da Frau H. Wien bereits am verlassen habe, sei ein mindestens fünf Monate dauernder Aufenthalt in Wien im letzten halben Jahr vor der erstmaligen Hilfegewährung am nicht gegeben. Die Voraussetzungen für die Verpflichtung des Landes Wien zum Kostenersatz seien daher nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah im Übrigen aber von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 11/1973 idF LGBl. Nr. 3/2009, (WSHG) lauten auszugsweise wie folgt:
"Kostenersatz an andere Länder
§ 44. (1) Das Land Wien hat den Trägern der Sozialhilfe anderer Länder die für Sozialhilfe aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu ersetzen.
...
(3) Soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, ist das Land Wien zum Kostenersatz verpflichtet, wenn sich der Hilfesuchende während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe mindestens fünf Monate lang in Wien aufgehalten hat und wenn das Land Wien nach den Bestimmungen des Wiener Sozialhilfegesetzes die Kosten für Leistungen, wie sie dem Kostenanspruch zu Grunde liegen, zu tragen hat.
...
7) Über die Verpflichtung des Landes Wien zum Kostenersatz hat im Streitfalle die Landesregierung im Verwaltungsweg zu entscheiden."
Diese Regelungen entsprechen der Vereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, der das Land Wien mit Wirksamkeit vom beigetreten ist (LGBl. Nr. 09/1974).
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, Frau H. sei erstmals Sozialhilfe durch die Bezirkshauptmannschaft Bludenz am (Bescheid über die Sozialhilfegewährung) gewährt worden. Da sie am von Wien nach Vorarlberg übersiedelt sei, sei die Voraussetzung eines mindestens fünf Monate dauernden Aufenthalts in Wien während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe nicht erfüllt.
Die beschwerdeführende Partei hält dagegen, dass es nicht auf das Datum des Bescheides ankomme, mit dem Sozialhilfe gewährt worden sei, sondern auf den Zeitpunkt, ab dem Hilfe geleistet worden sei; maßgeblich sei somit der .
Die Beschwerde ist mit ihrem Vorbringen im Recht:
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/10/0200, und vom , Zl. 2010/10/0186), wird mit der Wortfolge "während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe" bei Zuerkennung einer zeitraumbezogenen Leistung jener Zeitraum umschrieben, der sechs Monate vor dem ersten Tag liegt, für den die Hilfe zuerkannt wurde. Im vorliegenden Fall geht es somit um den Zeitraum, der vor dem liegt, zumal Frau H. ab diesem Tag Sozialhilfe gewährt wurde. Während des solcherart bestimmten 6 Monate-Zeitraumes hat sich Frau H. aber unbestrittenermaßen mindestens fünf Monate in Wien aufgehalten.
Indem die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG. Die beschwerdeführende Partei hat die Zuerkennung von Schriftsatzaufwand begehrt. Dabei handelt es sich gemäß § 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG um den Aufwand, der mit der Einbringung der Beschwerde durch einen Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) verbunden war. Da die beschwerdeführende Partei die Beschwerde jedoch - zulässiger Weise - nicht durch einen Rechtsanwalt eingebracht hat, kann ihr Schriftsatzaufwand nicht zugesprochen werden. Der Antrag auf Aufwandersatz war daher abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
RAAAE-76366