VwGH vom 14.07.2011, 2010/10/0106
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des ES in M, vertreten durch Dr. Marlene Wintersberger, Rechtsanwältin in 2340 Mödling, Hauptstraße 48, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. GS5- SH-18280/004-2009, betreffend Kostenbeitrag für Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling (der Behörde erster Instanz) vom wurde der Beschwerdeführer gemäß § 41 des Niederösterreichischen Sozialhilfegesetzes 2000, LGBl. 9200 (NÖ SHG), verpflichtet, für die seiner Mutter GS gewährte Sozialhilfe durch stationäre Heimpflege ab einen monatlichen Kostenersatz in der Höhe von EUR 1.114,68 bis zum Gesamtbetrag von EUR 25.243,30 sowie für den Zeitraum von bis eine Nachzahlung in der Höhe von EUR 6.595,02 zu leisten.
Zur Begründung führte die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass GS zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme in das Landespflegeheim Mödling am Eigentümerin einer Eigentumswohnung gewesen sei. Sie sei zunächst Selbstzahlerin gewesen. Am sei mit dem Beschwerdeführer vereinbart worden, dass die Eigentumswohnung (zur Deckung der Heimkosten) verkauft werde und von seiner Mutter bis dahin für die Heimkosten so viel wie möglich bezahlt werde. Am sei die Wohnung um einen Kaufpreis von EUR 94.000,-- verkauft worden, wobei der Mutter des Beschwerdeführers nach Abzug offener Darlehen und Provisionen ein Betrag von EUR 70.829,80 verblieben sei.
Dieser Erlös sei wie folgt aufgeteilt worden:
EUR 34.632,79 auf ein Wertpapierdepot bei der
Bank Austria
EUR 24.000,-- auf eine "Sparkarte" der Bank Austria
EUR 10.376,-- für rückständige Heimkosten an die
Behörde erster Instanz
(Fachgebiet Soziales)
EUR 1.885,50 für die Heimkosten für September 2006 an
die Behörde erster
Instanz
Das Wertpapierdepot und die Sparkarte im Wert von insgesamt
EUR 58.632,79 seien am dem Beschwerdeführer von
seiner Mutter geschenkt worden. Da der Behörde erster Instanz im
März 2008 mitgeteilt worden sei, dass die Mutter des
Beschwerdeführers über keinerlei Ersparnisse mehr verfüge, sei
dieser Sozialhilfe durch stationäre Pflege ab
bewilligt worden und gleichzeitig eine Pensionsteilung bei der
Pensionsstelle beantragt worden.
Von der Behörde werde dazu folgende Rechnung aufgestellt:
Für den Zeitraum bis , in dem die Mutter des Beschwerdeführers Selbstzahlerin gewesen sei, beliefen sich die Heimkosten auf insgesamt EUR 77.775,04. Stelle man diesem Betrag das Pensions- und Pflegegeldeinkommen der Mutter des Beschwerdeführers (abzüglich der auch bei Tragung der Heimkosten aus Mitteln der Sozialhilfe der Hilfeempfängerin zu verbleibenden 20 % der monatlichen Pension, eines Pflegegeld-Taschengeldes und der Sonderzahlungen) in der Gesamthöhe von EUR 38.783,56 gegenüber, so ergebe sich, dass vom gesamten Erlös des Wohnungsverkaufes eine Zuzahlung von insgesamt EUR 38.991,48 geleistet habe werden müssen. Ziehe man diesen Betrag vom Erlös für den Wohnungsverkauf in der Höhe von EUR 70.829,80 ab, so verbleibe ein Restbetrag von EUR 31.838,32, den der Beschwerdeführer als Geschenknehmer zu bezahlen habe. Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Kursverlust der auf dem Depot befindlichen Wertpapiere sowie Ausgaben für Geschenke an Enkel und Ähnliches hätten dabei nicht berücksichtigt werden können.
Mit Bescheid vom hat die Niederösterreichische Landesregierung der dagegen gerichteten Berufung des Beschwerdeführers teilweise Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid dahin abgeändert, dass der Beschwerdeführer als Geschenknehmer verpflichtet werde, zu den ungedeckten Sozialhilfekosten seiner Mutter einen einmaligen Kostenbeitrag in der Höhe von EUR 17.584,93 zu leisten.
Zur Begründung führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer vorgebracht habe, die auf dem ihm von seiner Mutter geschenkten Depot erliegenden Aktien zum größten Teil verkauft zu haben. Auf Grund des großen Kursverlustes habe er dafür nur EUR 15.253,93 erhalten. Die noch vorhandenen Restaktien repräsentierten einen Wert von EUR 2.331,-- . Rechne man diese Beträge zusammen, so ergebe sich, dass das dem Beschwerdeführer von seiner Mutter geschenkte Aktiendepot nunmehr einen Vermögenswert von EUR 17.584,93 darstelle. Der Beschwerdeführer sei als Geschenknehmer zu einem Kostenersatz in dieser Höhe für die - diesen Betrag übersteigenden - bisher aufgelaufenen rückständigen Sozialhilfekosten zu verpflichten gewesen. (Der Betrag von EUR 24.000,--, der dem Beschwerdeführer unstrittig ebenfalls von seiner Mutter in Form einer "Sparkarte" geschenkt worden ist, wurde von der belangten Behörde nicht berücksichtigt.) Weiters führte die belangte Behörde aus, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es liege eine verdeckte Treuhand vor, nicht gefolgt werden könne, weil ein gerichtlich beglaubigter Schenkungsvertrag vorliege, dessen Wahrheitsgehalt nicht angezweifelt werden dürfe. Die vom Beschwerdeführer behaupteten Gegenforderungen könnten nur berücksichtigt werden, wenn sie im schriftlichen Schenkungsvertrag ausdrücklich genannt worden wären, was jedoch nicht der Fall sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Begehren, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 41 NÖ SHG hat folgenden Wortlaut:
"§ 41
Ersatz durch den Geschenknehmer
(1)Hat ein Hilfeempfänger innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Hilfeleistung, während oder drei Jahre nach der Hilfeleistung Vermögen verschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung an andere Personen übertragen, so ist der Geschenknehmer (Erwerber) zum Kostenersatz verpflichtet, soweit der Wert des Vermögens das Fünffache des Richtsatzes für Alleinstehende übersteigt.
(2) Die Ersatzpflicht ist mit der Höhe des Geschenkwertes (Wert des ohne entsprechende Gegenleistung übernommenen Vermögens) begrenzt."
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass ihm aus dem Erlös des Verkaufs der Wohnung seiner Mutter in der Höhe von insgesamt EUR 70.829,80 auf Grund des Schenkungsvertrages vom ein Wertpapierdepot im Wert von EUR 34.632,79 und eine Sparkarte mit einem Einlagestand von EUR 24.000,-- zugekommen sind. Er bringt vor, dass die Schenkung über Anraten der Bank im Einvernehmen mit seinen Geschwistern erfolgt sei, um die Vermögenswerte der Mutter zu sichern. Mündlich sei besprochen worden, dass die Schenkung unter der Auflage der treuhändigen Verwendung für die Mutter erfolgt sei. Tatsächlich habe er aus diesem Geld die Schulden seiner Mutter bei seinem Neffen MK in der Höhe von EUR 6.000,-- sowie Schulden der Mutter bei ihm selbst in der Höhe von EUR 4.150,-- zurückbezahlt. Weiters habe er daraus mit Wissen der Behörde die Kosten für die Wohnungsräumung von EUR 1.000,-- und die seiner Mutter als Selbstzahlerin regelmäßig vorgeschriebenen Heimkosten für die Zeit bis Juni 2008 (laut Berufung in der Gesamthöhe von EUR 29.700,--) bezahlt. Die mündlich vereinbarte Auflage der treuhändigen Verwendung des Geldes für die Mutter sei zivilrechtlich wirksam. Die gerichtliche Beglaubigung der Unterschrift der Mutter stehe dem nicht entgegen.
Das Treuhandverhältnis sei der Behörde bekannt gewesen.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine
Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Unstrittig und in Übereinstimmung mit dem Akteninhalt hat die
Mutter des Beschwerdeführers diesem die durch die Wertpapiere und die Sparkarte verkörperten Werte geschenkt und tatsächlich übergeben. Die Notariatsaktpflicht gemäß § 943 ABGB iVm § 1 Abs. 1 lit. d Notariatsaktsgesetz gilt nur für Schenkungen ohne tatsächliche Übergabe und steht daher der Wirksamkeit der Schenkung nicht entgegen. Die aktenkundige gerichtliche Beglaubigung der Unterschrift der Mutter als Geschenkgeberin auf dem als "Übertragung einer Forderung als Schenkung" bezeichneten Vertrag führt - anders als die belangte Behörde meinen dürfte - nicht zur Ungültigkeit allfälliger mündlicher Nebenabreden.
Der Beschwerdeführer hat bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht, dass die Schenkung dieser Vermögenswerte unter der Auflage der treuhändigen Verwendung für seine Mutter erfolgt sei. Tatsächlich habe er auf Grund dieser Auflage zur Deckung von Verbindlichkeiten seiner Mutter folgende Zahlungen aus dem geschenkten Vermögen geleistet:
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Nachzahlung für das Pflegeheim für September 2006 | EUR 1.885,50 |
Kosten der Wohnungsräumung | EUR 1.000,-- |
Rückzahlung eines von seinem Neffen der Mutter gewährten Darlehens | EUR 6.000,-- |
Rückzahlung eines von ihm selbst der Mutter gewährten Darlehens | EUR 4.150,-- |
Monatliche Zuzahlungen für die Heimkosten seiner Mutter von EUR 1.350,-- für den Zeitraum vom bis Juni 2008 | EUR 29.700,-- |
Die Erfüllung einer aus dem geschenkten Vermögen zu leistenden Auflage kann zwar nicht als Gegenleistung angesehen werden und nimmt daher dem Geschäft nicht den Charakter als Schenkung, die Verwendung im Sinn der Auflage mindert jedoch den Wert der Zuwendung entsprechend (vgl. etwa Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts13, 198). Davon ausgehend hätte sich die belangte Behörde damit auseinandersetzen müssen, ob tatsächlich eine derartige Auflage der (teilweisen) treuhändigen Verwendung des Geldes für die Mutter als Geschenkgeberin u.a. durch Entrichtung der Heimkosten mündlich vereinbart worden ist. Hingewiesen sei darauf, dass für das Zustandekommen einer derartigen Vereinbarung die Umstände sprechen, dass der Beschwerdeführer nach der bei den Verwaltungsakten erliegenden "Buchungsliste" (AS 162 ff) tatsächlich monatliche Beiträge in der Höhe von EUR 1.350,-- für die Heimkosten überwiesen hat und dass nach den Feststellungen der Behörde erster Instanz schon vor dem Verkauf der Wohnung mit dem Beschwerdeführer vereinbart worden ist, die vorerst nicht gedeckten Heimkosten aus dem Erlös zu begleichen.
Sollte die belangte Behörde demnach zum Ergebnis kommen, dass die Auflage der treuhändigen Verwendung tatsächlich vereinbart worden ist, so wird sie zu prüfen haben, in welchem Ausmaß das geschenkte Vermögen durch Leistungen des Beschwerdeführers für seine Mutter in Erfüllung dieser Auflage gemindert werde. Die belangte Behörde hat den Wert der Wertpapiere unter Berücksichtigung des Kursverlustes mit EUR 17.584,93 festgestellt. Dazu kommt die dem Beschwerdeführer unstrittig ebenfalls geschenkte Sparkarte im Wert von EUR 24.000,--. Von dem sich daraus ergebenden Gesamtbetrag von EUR 41.584,93 sind die vom Beschwerdeführer tatsächlich aus dem geschenkten Vermögen in Erfüllung der genannten Auflage treuhändig für seine Mutter geleisteten Zahlungen in Abzug zu bringen, wobei der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nachzuweisen haben wird, die behaupteten Zahlungen - insbesondere die an seinen Neffen und an ihn selbst zurückgezahlten Darlehen - tatsächlich in Erfüllung einer seiner Mutter zukommenden Pflicht geleistet zu haben.
In diesem Zusammenhang sei festgehalten, dass die Nachzahlung der Heimkosten für September 2006 in der Höhe von EUR 1.885,50 nach der von der Beschwerde ausdrücklich unbestritten gelassenen Aufstellung der Behörde erster Instanz über die Verwendung des Verkaufserlöses nicht aus dem geschenkten Betrag, sondern aus dem den Wert des Geschenkes übersteigenden Verkaufserlös geleistet worden ist.
Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am