VwGH vom 15.05.2019, Ra 2018/01/0498

VwGH vom 15.05.2019, Ra 2018/01/0498

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kieslich, über die Revision des A S in W, vertreten durch Mag. Michaela Krömer, Rechtsanwältin in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W208 2178947-2/4E, betreffend Wiederaufnahme einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit rechtskräftigem Erkenntnis vom wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - im Beschwerdeverfahren - den Antrag des Revisionswerbers, eines afghanischen Staatsangehörigen, auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

2 Mit Schreiben vom beantragte der Revisionswerber die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 VwGVG. Der Revisionswerber habe am erfahren, dass sein Bruder M H lebe, sich nunmehr in der Türkei aufhalte und mittels Einvernahme per Video an der österreichischen Botschaft in Ankara das im Hauptverfahren für unglaubwürdig gehaltene, näher dargelegte Fluchtvorbringen des Revisionswerbers bezeugen könne. Die Tatsache, dass der Bruder des Revisionswerbers lebe, sowie das Beweismittel der Einvernahme des Bruders seien abstrakt geeignet, die zum Erkenntnis im Hauptverfahren f��hrende Beweiswürdigung des BVwG, wonach das Vorbringen des Revisionswerbers zu seinen Brüdern sowie zu den näher ausgeführten Fluchtgründen unglaubwürdig sei, in Zweifel zu ziehen.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BVwG dem Wiederaufnahmeantrag nicht statt, wies den Antrag auf aufschiebende Wirkung ab und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

4 Begründend zog das BVwG das Vorbringen des Revisionswerbers im Wiederaufnahmeantrag in Zweifel und stellte fest, dass der Revisionswerber ständig in Kontakt mit seinem Bruder gewesen sei und gewusst habe, dass er noch am Leben sei. Im Übrigen würde die Einvernahme des Bruders zu keiner anderslautenden Entscheidung führen. Dass der Bruder noch am Leben sei, sei kein Beweis für die Glaubhaftigkeit der Angaben des Revisionswerbers im Hauptverfahren. Die Beurteilung der mangelnden Glaubwürdigkeit des Revisionswerbers im Hauptverfahren habe sich auch nicht tragend darauf gestützt, ob der Revisionswerber Brüder habe. Selbst eine die Angaben des Revisionswerbers bestätigende Aussage des Bruders sei nicht geeignet, die Angaben des Revisionswerbers zu dessen Fluchtvorbringen im Hauptverfahren zu bestätigen, bzw. die Einschätzung des BVwG hinsichtlich der fehlenden Glaubwürdigkeit des Revisionswerbers in Zweifel zu ziehen.

5 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen das angefochtene Erkenntnis gerichteten Beschwerde des Revisionswerbers mit Beschluss vom , E 4851/2018- 5, ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Mit dem bloß pauschalen, nicht auf den konkreten Einzelfall bezogenen Hinweis, das BVwG habe im angefochtenen Erkenntnis entgegen näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren und zwar antizipierenden Weise vorgenommen, vermag die Revision im gesonderten Zulässigkeitsvorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG darzulegen. 10 Der Feststellung, dass der Bruder des Revisionswerbers "niemals von den Taliban entführt" worden sei, gegen dessen Beweiswürdigung sich die Revision konkret richtet, kommt im gegenständlichen Wiederaufnahmeverfahren keine rechtliche Relevanz zu, weil der Revisionswerber den Wiederaufnahmeantrag nicht auf die Entführung des Bruders durch die Taliban, sondern auf den Umstand, dass der Bruder lebt, als neu hervorgekommene Tatsache stützte (vgl. zum Gegenstand eines Wiederaufnahmeantrags , mwN).

11 Ausgehend von der unbekämpft gebliebenen Feststellung des BVwG, dass der Revisionswerber ständig in Kontakt mit seinem Bruder gewesen sei und gewusst habe, dass er noch am Leben sei, handelt es sich bei der Tatsache, dass der Bruder des Revisionswerbers lebe, um keine neu hervorgekommene Tatsache iSd § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG.

12 Da der Revisionswerber den Wiederaufnahmeantrag nicht auf das gleichzeitig vorgelegte Video als neu hervorgekommenes Beweismittel stützte, ist das BVwG entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision im angefochtenen Erkenntnis zu Recht nicht darauf eingegangen.

13 Letztlich stützt die Revision im Zulässigkeitsvorbringen den Einwand einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden und in unvertretbarer Weise vorgenommenen Beweiswürdigung darauf, es bestünden "begründete Zweifel an der Bereitschaft des Richters des Verwaltungsgerichtes die Einwendungen der revisionswerbenden Partei im gebotenen Umfang ernst zu nehmen und das Vorbringen auch zu meinen Gunsten zu prüfen". Der Einwand der Befangenheit des entscheidenden Mitgliedes des Verwaltungsgerichts begründet nur dann die Zulässigkeit der Revision, wenn vor dem Hintergrund des konkret vorgelegenen Sachverhaltes die Teilnahme des Mitgliedes des Verwaltungsgerichts an der Verhandlung und Entscheidung tragende Rechtsgrundsätze des Verfahrensrechtes verletzt hätte bzw. in unvertretbarer Weise erfolgt wäre (vgl. , mwN). Aus dem nicht näher konkretisierten Vorwurf der einseitig gegen den Revisionswerber gerichteten Verfahrensführung ist jedoch keine Befangenheit abzuleiten (vgl. wiederum VwGH Ra 2019/01/0068).

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018010498.L00

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.