VwGH vom 16.06.2011, 2010/10/0096
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Pelant, Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des M K in Wien, vertreten durch Dr. Michael Lind, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Sterngasse 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-SOZ/38/8381/2009-4, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Zuerkennung einer Geldleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes für Heizkostenbeihilfe für das Jahr 2008 auf Grundlage der Jahresabrechnung 2008 in der Höhe von EUR 621,12 gemäß §§ 8, 10 und 13 des Wiener Sozialhilfegesetzes (WSHG) ab. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im Jahr 2008 aus Sozialhilfemitteln für Jänner bis April 2008 EUR 89,91 und für die Monate Mai bis Dezember 2008 eine monatliche Heizbeihilfe in der Höhe von EUR 68,51, somit EUR 907,72 und im Jänner 2008 den einmaligen Heizkostenzuschuss in der Höhe von EUR 100,--, insgesamt somit EUR 1.007,72 erhalten. Dieser Betrag liege über der in der Richtsatzverordnung vorgesehenen Heizbeihilfe in Höhe von insgesamt EUR 504,--.
Eine Heizkostennachzahlung könne gemäß § 13 Abs. 6 WSHG "nach den Erfordernissen des einzelnen Falles" übernommen werden. Wesentlich sei dabei, dass der Verordnungsgeber (der Richtsatzverordnung) davon ausgegangen sei, dass in der Regel eine Heizkostenbeihilfe von EUR 42,-- monatlich für einen Sozialhilfebezieher ausreichend sei. Jede darüber hinausgehende Heizkostenbeihilfe sei daher gemäß § 13 Abs. 6 WSHG nur bei Vorliegen entsprechender Gründe zu gewähren. Allein die Tatsache, dass ein Sozialhilfebezieher mit den ihm von der Gemeinschaft zur Verfügung gestellten Mitteln nicht das Auslangen finde, sei kein solcher Grund. Es seien vielmehr gemäß § 13 Abs. 6 WSHG nur solche Heizkosten zu gewähren, die einem angemessenen, durchschnittlichen Heizbedarf entsprächen.
Unbestritten sei, dass die Kosten für die Zentralheizung (Öl) für das Jahr 2008 EUR 1.185,32 und für die Individualheizung (Strom) für das Jahr 2008 EUR 110,40 betragen hätten, insgesamt somit EUR 1.295,72. Laut Bescheid der belangten Behörde vom , GZ. UVS-SOZ/35/6084/2008-3, sei dem Beschwerdeführer für das Jahr 2007 eine um EUR 100,-- über dem tatsächlichen Aufwand stehende Heizbeihilfe gewährt worden. Die dem Beschwerdeführer für das Jahr 2008 bereits zuerkannten Heizkostenbeihilfen betrügen EUR 1.007,72. Insgesamt sei somit durch die von der Behörde gewährte bereits erhöhte Heizbeihilfe nahezu der gesamte Aufwand abgedeckt worden. Die Behörde habe auf den individuellen Bedarf des Beschwerdeführers daher sehr wohl Bedacht genommen, sodass keine weitere Nachzahlung habe erfolgen können.
Die Kosten für Warmwasser fielen nicht unter die Beheizung im Sinne des § 13 Abs. 6 WSHG, da Heizung schon begrifflich die Erwärmung des Wohnraumes und nicht die Erwärmung von Wasser bedeute. Die Zuerkennung der beantragten Warmwasserkosten unter dem Titel "Heizung (Monatsakonto)" sei daher nicht möglich.
Die Voraussetzungen für eine Erhöhung des dem Beschwerdeführer gewährten Richtsatzes gemäß § 13 Abs. 4 WSHG lägen nicht vor. Zutreffend habe dazu bereits die erstinstanzliche Behörde ausgeführt, eine Richtsatzüberschreitung käme nur in Betracht, wenn auf Grund konkreter Umstände in persönlicher oder familiärer Hinsicht beim Hilfesuchenden eine Situation bestünde, die sich von der im Allgemeinen bei Hilfesuchenden bestehenden Bedarfslage deutlich unterscheide und solcherart einen erhöhten Strombedarf begründe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Sozialhilfegesetzes (WSHG), LGBl. Nr. 11/1973 idF LGBl. Nr. 38/2010, lauten:
"§ 8. (1) Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Gemeinschaft oder Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.
…
§ 11. (1) Zum Lebensbedarf gehören
1. Lebensunterhalt,
…
§ 12. Der Lebensunterhalt umfaßt insbesondere Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, Beleuchtung, Kochfeuerung und andere persönliche Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.
§ 13. (1) Die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hat unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen. Die Richtsätze sind durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen. …
(2) In der Verordnung über die Festsetzung der Richtsätze sind folgende Arten von Richtsätzen vorgesehen:
1. Richtsatz für die alleinunterstützte Person,
…
(3) Der Richtsatz ist so zu bemessen, daß er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Beleuchtung, Kochfeuerung, Kleinhausrat und sonstigen kleineren Bedürfnissen des täglichen Lebens, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben deckt.
(4) Der Richtsatz kann im Einzelfall überschritten werden, wenn infolge der persönlichen oder familiären Verhältnisse des Hilfesuchenden ein erhöhter Bedarf besteht. Dies gilt insbesondere bei alten, kranken oder behinderten Menschen sowie bei Familien mit Kindern. …
…
(6) Der nicht durch den Richtsatz gedeckte Bedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes, insbesondere die Unterkunft, Bekleidung, Hausrat und Beheizung ist durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu decken, deren Ausmaß nach den Erfordernissen des einzelnen Falles zu bemessen ist. Bei alten oder erwerbsunfähigen Beziehern wiederkehrender monatlicher Geldleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes kann dieser Bedarf durch einen Zuschlag zum Richtsatz pauschal abgedeckt werden.
…"
Gemäß § 5 Abs. 4 erster Satz der Verordnung der Wiener Landesregierung zur Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe (RSVO), LGBl. Nr. 13/1973 idF LGBl. Nr. 53/2007, ist alleinunterstützten Sozialhilfebeziehern eine Heizbeihilfe von EUR 42,-- monatlich zu gewähren.
Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid zusammengefasst die Ansicht, betreffend die Heizkosten (Öl und Strom) sei dem Beschwerdeführer ohnehin Sozialhilfe für die Beheizung in einem Ausmaß gewährt worden, das weit über jenem gemäß § 5 Abs. 4 RSVO vorgesehenen liegt. Eine weitere Erhöhung komme nicht in Betracht. Die Kosten für Warmwasser seien unter § 13 Abs. 3 WSHG zu subsumieren, eine Richtsatzerhöhung gemäß § 13 Abs. 4 WSHG komme mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht in Betracht.
Die Beschwerde hält zunächst dagegen, die Kosten für die Zentralheizung würden im Beschwerdefall mit einem Anteil von 35 % des Gesamtaufwandes als Grundkosten allen Mietern gleichmäßig angelastet. Damit sei es dem Beschwerdeführer unmöglich, auf diesen Anteil der Heizkosten Einfluss zu nehmen. Es sei daher eine Übernahme von Heizkosten über das in § 5 RSVO normierte Ausmaß hinaus gerechtfertigt. Hinsichtlich der verbrauchsbedingten Heizkosten der Zentralheizung habe der Beschwerdeführer im Jahr 2008 im Vergleich zum Jahr 2005 eine Heizkosteneinsparung im Umfang von 46 % erreicht. Damit sei sein Heizbedarf sogar unterdurchschnittlich. Es stünden ihm daher unter Berücksichtigung des Individualitätsprinzips die gesamten Heizkosten zu.
Dem ist zu erwidern, dass der nicht durch den Richtsatz gedeckte Bedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes, also der in § 13 Abs. 3 WSHG nicht im Einzelnen aufgezählte Bedarf, gemäß § 13 Abs. 6 WSHG als Sonderbedarf geltend gemacht werden kann (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/10/0017, und vom , Zl. 2002/10/0004). Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen für Beheizung sind in § 13 Abs. 6 erster Satz ausdrücklich genannt. Diese Bestimmung in Verbindung mit § 5 Abs. 4 RSVO sieht EUR 42,-- monatlich als im Regelfall angemessene Heizbeihilfe für den hier zu beurteilenden Zeitraum an. Der von den Sozialhilfebehörden dem Beschwerdeführer gewährte Betrag beträgt nach den getroffenen Feststellungen in etwa das Doppelte dieses Betrages. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass solcher Art auf die Erfordernisse des Einzelfalles im Sinne des § 13 Abs. 6 erster Satz WSHG nicht ausreichend Bedacht genommen worden wäre.
Zutreffend ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die in § 13 Abs. 3 WSHG angeführten Bedürfnisse auch den zu ihrer Befriedigung erforderlichen Energiebedarf umfassen, sodass der diesbezügliche Verbrauch von Strom bereits vom Richtsatz gedeckt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/10/0050). Da die Warmwasseraufbereitung den in § 13 Abs. 3 WSHG genannten Bedürfnissen (Körperpflege, Wäschereinigung, …) zuzuordnen ist, sind die Kosten der dafür aufgewendeten Energie bereits durch den Richtsatz gedeckt. Mit dem Vorbringen, der Beschwerdeführer habe auf Grund der Art der Abrechnung der hiefür entfallenden Kosten (Schätzung) keinen Einfluss auf die Höhe der Kosten, werden keine persönlichen oder familiären Verhältnisse im Sinne des § 13 Abs. 4 WSHG aufgezeigt, die einen erhöhten Bedarf des Beschwerdeführers verursachten.
Die in der Beschwerde behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt im Sinne obiger Ausführungen mangels Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel nicht vor.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
GAAAE-76335