VwGH vom 20.11.2013, 2010/10/0094
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des PH in L, vertreten durch Dr. Martin Schloßgangl, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Promenade 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. ForstR-100846/6-2010- Le/Scw, betreffend Abänderung und Neufestsetzung des Vorteilsflächenverzeichnisses (mitbeteiligte Partei: DH in G), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am wurde die Bringungsgenossenschaft der Forststraße "Sch." (im Folgenden: Genossenschaft) gegründet, der sowohl der Beschwerdeführer als auch die mitbeteiligte Partei angehören.
Dem Protokoll der Gründungsversammlung ist unter Pkt. 2 folgende - von den Gründungsmitgliedern der Genossenschaft (darunter auch der Beschwerdeführer und die mitbeteiligte Partei) unterfertigte - "Vereinbarung" angefügt:
"Nach dem beabsichtigten Verkauf des Waldgrundstückes 2106/6 KG N(…) durch die röm. kath Pfarrpfründe G(…) ist dieses, sofern es von einem oder mehreren Mitgliedern der bestehenden Bringungsgenossenschaft der Forststraße "Sch(…)" erworben wird, zu gleichen Bedingungen in das Vorteilsflächenverzeichnis bzw. in die Bringungsgenossenschaft aufzunehmen. Die Option für die Detailerschließung dieses Grundstückes wird für die bestehenden Mitglieder der Bringungsgenossenschaft eröffnet."
In einer "Zusatzvereinbarung" vom wurde diese Vereinbarung dahingehend berichtigt, dass die "Einkaufssumme" des genannten Waldgrundstücks in die Forststraße Sch. nicht nach den Vorteilsflächen, sondern nach den Bauprozenten aufgeteilt werde.
Über diesbezüglichen Antrag der Genossenschaft wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land (im Folgenden: BH) vom gemäß § 70 Abs. 4 ForstG die Satzung der Genossenschaft samt Vorteilsflächenverzeichnis genehmigt.
Auf Antrag der Genossenschaft vom wurde mit Bescheid der BH vom eine Änderung des Vorteilsflächenverzeichnisses der Bringungsgenossenschaft genehmigt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit Eingabe vom stellte die Genossenschaft an die BH folgenden Antrag:
"Laut da. Bescheid vom … wurden die Vorteilsflächen bzw. Beitragsleistungen hinsichtlich Bau und Erhaltung der Bringungsgenossenschaft Forststraße Sch. bewilligt.
Herr D.H. (= die mitbeteiligte Partei) hat nunmehr das Waldgrundstück 2106/6 … GB … N., im grundbücherlichen Ausmaß von 32.478m2 von den römisch-katholischen Pfarrpfründen G… erworben.
Da ein Verkauf dieser Parzelle bereits beim Bau der Forststraße absehbar war, wurde 2004 für den Fall des Ankaufs durch ein Mitglied der Bringungsgenossenschaft eine zivilrechtliche Vereinbarung geschlossen. …
In der letzten Genossenschaftssitzung konnte zwar vorerst Einigung hinsichtlich der sich durch diesen Grundkauf ergebenden Einbeziehungsverpflichtung bzw. der daraus resultierenden Beitragsleistungserhöhung gefunden werden. In den darauf folgenden Tagen wurde jedoch von Herrn D.H. die Zustimmung zurückgezogen. Dieser hat seine Beweggründe bereits dem da. forsttechnischen Sachverständigen … bekannt gegeben.
Da nach § 15 der mit da. Bescheid vom genehmigten Satzung im Rahmen der Genossenschaft nicht zu klärende Streitfragen der Forstbehörde gem. § 73 Abs. 1 ForstG zur Entscheidung vorzulegen sind, ersuchen die unterzeichnenden Mitglieder der Bringungsgenossenschaft Forststraße 'Sch…' um Entscheidung."
Mit Bescheid der BH vom wurde das mit Bescheid vom genehmigte Vorteilsflächenverzeichnis der Genossenschaft abgeändert und spruchgemäß wie folgt festgesetzt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
"Name u Anschrift | Vorteilsfläche | Bau- und Erhaltungsprozente |
P.H. … | 13,0000 ha | 34,7 % |
D.H. … | 16,2478 ha | 43,4 % |
DI Mag. A. und G S. | 6,2000 ha | 16,6, % |
L. und S. S. | 2,0000 ha | 5,3, %" |
Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 70 bis 73 ForstG angeführt.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Genossenschaft habe mit Schreiben vom eine Neuaufteilung der Beitragsleistungen beantragt, weil Herr D.H. das Waldgrundstück 2106/6, KG N., im grundbücherlichen Ausmaß von
32.478 m2 von den römisch-katholischen Pfarrpfründen G. erworben habe. Diese Waldparzelle sei im Vorteilsflächenverzeichnis der Genossenschaft noch nicht berücksichtigt.
Der forsttechnische Dienst habe am eine forstfachliche Stellungnahme abgegeben und die im Spruch festgelegte Vorteilsflächenberechnung vorgeschlagen. Herr D.H. habe im Oktober 2008 eine Einbeziehung der von ihm erworbenen Waldparzelle im Ausmaß von 2,5 ha angeboten, dieses Angebot jedoch wieder zurückgezogen. In der forstfachlichen Stellungnahme werde daher empfohlen, die gesamte erworbene Waldfläche im Ausmaß von 3,2478 ha in das Vorteilsflächenverzeichnis einzubeziehen.
Herr D.H. habe zu dieser forstfachlichen Stellungnahme am gegenüber der BH angegeben, dass er bereit sei, eine Einbeziehung von 2,5 ha in die Beitragsberechnung anzuerkennen, weil eine Bewirtschaftung der gesamten Kauffläche von der Forststraße "Sch." aus nicht möglich sei. Dazu habe der forsttechnische Dienst in einer neuerlichen Stellungnahme angegeben, dass eine derartige Regelung nur mit Zustimmung der Bringungsgenossenschaft möglich sei, die jedoch nicht vorliege.
Die BH habe daraufhin eine mündliche Verhandlung für den mit allen Beteiligten anberaumt, um eine gütliche Regelung herbeizuführen. Diese Verhandlung sei jedoch über Antrag des P.H. (= Beschwerdeführer) mit Schreiben vom abberaumt worden. Mit Schreiben vom habe die BH allen Beteiligten mitgeteilt, dass die Beweisaufnahme abgeschlossen sei und der Bescheid aufgrund der Stellungnahme des forsttechnischen Dienstes vom ergehen werde. Dazu seien keine Stellungnahmen abgebeben worden, aus denen sich neue Argumente ergeben hätten.
Die Entscheidung stütze sich auf die forstfachlichen Stellungnahmen vom 24. Juni bzw. . Die Einbeziehung der gesamten Waldfläche in das Vorteilsflächenverzeichnis der Forststraße "Sch." erfolge aber auch aus dem Grund, um in weiterer Folge Diskussionen zu vermeiden, ob eine Bewirtschaftung der Waldfläche über die von Herrn D.H. angebotenen 2,5 ha hinaus erfolge oder nicht.
Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Berufung, in der sie die "ersatzlose" Behebung, in eventu die Zurückverweisung des Verfahrens an die erstinstanzliche Behörde begehrte. In der Berufungsbegründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die BH habe ohne weitere Prüfung das Vorteilsflächenverzeichnis vom als Entscheidungsgrundlage herangezogen. Darüber hinaus wäre die BH verpflichtet gewesen, die ursprünglich für anberaumte mündliche Verhandlung ohne Anwesenheit des (Beschwerdeführers) abzuhalten bzw. jedenfalls zu vertagen. Mit der Einräumung einer schriftlichen Stellungnahme(möglichkeit) zu der forstfachlichen Stellungnahme von könne nicht das Auslangen gefunden werden. Die BH habe in ihrem Bescheid auch die forstfachliche Stellungnahme vom nicht berücksichtigt, nach der sich infolge des Erwerbes des 3,2478 ha großen Waldstücks von den r.k. Pfarrpfründen G. eine neue Vorteilsflächenberechnung sowie deren prozentueller Anteil wie folgt ergebe: (Beschwerdeführer) 12,5 ha (39,2 %), (mitbeteiligte Partei) 12,85 ha (39,6%) … .
Infolge dieser Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde der Bescheid der BH vom gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.
Begründend führte die belangte Behörde - nach Darstellung des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtsvorschriften - im Wesentlichen aus, dass es sich im gegenständlichen Fall um eine freiwillige Bringungsgenossenschaft handle. Nach § 71 Abs. 2 ForstG könnten Liegenschaften auch nachträglich einbezogen werden, wofür gemäß Abs. 5 leg. cit. jedoch eine - erst nach Genehmigung durch die Behörde wirksam werdende - Satzungsänderung notwendig sei. Der Behörde sei keine Satzungsänderung lautend auf Aufnahme der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft zur Genehmigung vorgelegt bzw. von der Behörde genehmigt worden, sodass diese Fläche nicht Teil der Genossenschaft sei.
Nur unter den Voraussetzungen des § 70 Abs. 6 ForstG sei es möglich, die Kostenaufteilung behördlich festzusetzen. Die Behörde habe hiebei zu prüfen, ob sich die Verkehrsverhältnisse geändert hätten, der Maßstab für die Verteilung der Kosten unbillig erscheine und innerhalb zumutbarer Frist keine Änderung nach Abs. 5 leg. cit. beschlossen worden sei. Wenn diese Voraussetzungen vorlägen, habe die Behörde auf Antrag eines Mitglieds eine der Änderung entsprechende, nach § 72 ForstG angemessene, Kostenaufteilung festzusetzen. In diesem Fall könne nur die Kostenaufteilung innerhalb der Bringungsgenossenschaft neu festgesetzt werden, da nur von der Kostenaufteilung und nicht der Hinzuziehung von neuen Grundstücken zur Genossenschaft die Rede sei.
Wenn Grundstücke gegen den Willen des Betroffenen der Genossenschaft beigezogen würden, sei von einer Bringungsgenossenschaft mit Beitrittszwang auszugehen. Hier habe die Behörde auf Antrag der Mehrheit der Beteiligten eine Minderheit durch Bescheid zu verhalten, der zu bildenden Genossenschaft beizutreten, wenn
a) sich mindestens zwei Drittel der durch die Anlage zu erschließenden Waldflächen im Eigentum der Mehrheit befänden und
b) eine forstlich, technisch oder wirtschaftlich zweckmäßige Ausführung der Anlage ohne Einbeziehung von Liegenschaften der widerstrebenden Minderheit nicht möglich sei (§ 69 Abs. 1 ForstG).
Nur unter diesen Voraussetzungen könne die Behörde Liegenschaften in die Genossenschaft einbeziehen.
Im gegenständlichen Fall sei von der BH weder geprüft worden, ob die Voraussetzungen des § 70 Abs. 6 ForstG (neue Kostenaufteilung ohne Hinzuziehung von Liegenschaften) vorlägen, noch ob es sich um eine Beiziehung von Liegenschaften einer Minderheit nach § 69 Abs. 1 ForstG handle, noch habe die BH ein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Es sei ein Vorteilsflächenverzeichnis nach forstfachlicher Begutachtung behördlich neu festgesetzt worden, unter anderem mit der Begründung, dass nur die gesamte Waldfläche in das Vorteilsflächenverzeichnis der Forststraße "Sch." einbezogen worden sei, um in weiterer Folge Diskussionen darüber zu vermeiden, ob eine Bewirtschaftung der Waldfläche über die von Herrn D.H. angebotenen 2,5 ha. hinaus erfolgt sei oder nicht.
Die Behörde könne Satzungsänderungen ebenso wie die Festsetzung oder Änderung des Maßstabs für die Kostenverteilung gemäß § 70 Abs. 5 ForstG nur genehmigen oder nicht genehmigen; sie könne nicht selbst eine Änderung in der bezeichneten Hinsicht vornehmen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/07/0267).
Aus diesen Gründen sei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Klärung des mangelhaften Sachverhalts unerlässlich, sodass spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende, Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei erstattete keine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440 idF. BGBl. I Nr. 78/2003 (ForstG), lauten auszugsweise:
" Bringungsgenossenschaften
§ 68. (1) Grundeigentümer, auch unter Teilnahme von Nutzungsberechtigten gemäß § 32, können sich als Beteiligte zur gemeinsamen Errichtung, Erhaltung und Benützung von Bringungsanlagen, die über ihre Liegenschaften führen oder sie erschließen, zu einer Bringungsgenossenschaft zusammenschließen (kurz Genossenschaft genannt).
(2) Zur Bildung einer Genossenschaft sind mindestens drei Beteiligte erforderlich.
(3) Eine Genossenschaft kann gebildet werden
a) durch freie Übereinkunft aller Beteiligten (freiwillige Genossenschaft) und Genehmigung der Satzung (§ 70 Abs. 4), oder
b) durch einen Beschluss der Mehrheit der Beteiligten, behördliche Beiziehung der widerstrebenden Minderheit (§ 69) und Genehmigung der Satzung.
…
Bringungsgenossenschaften mit Beitrittszwang
§ 69. (1) Die Behörde hat auf Antrag der Mehrheit der Beteiligten eine Minderheit durch Bescheid zu verhalten, der zu bildenden Genossenschaft beizutreten, wenn
a) sich mindestens zwei Drittel der durch die Anlage zu erschließenden Waldfläche im Eigentum der Mehrheit befinden und
b) eine forstlich, technisch oder wirtschaftlich zweckmäßige Ausführung der Anlage ohne Einbeziehung von Liegenschaften der widerstrebenden Minderheit nicht möglich ist.
(2) Die Behörde hat nach Ermittlung aller für die Bildung der Genossenschaft maßgebenden Umstände zunächst den Umfang des Vorhabens klarzustellen und zu bestimmen, welche Liegenschaften oder Anlagen bei Bildung der Genossenschaft als beteiligt anzusehen sind und in welchem Ausmaß. Hierauf ist das Verhältnis der für oder gegen das Vorhaben abgegebenen Stimmen zu ermitteln; wer sich nicht oder nicht bestimmt erklärt hat, ist den für das Unternehmen Stimmenden beizuzählen.
(3) Ergibt sich nicht die gesetzlich erforderliche Stimmenmehrheit oder sind die sonstigen Erfordernisse nicht vorhanden, sodass ein Zwang gegen die Minderheit nicht gerechtfertigt ist, so hat das weitere Verfahren zu entfallen und die behördliche Entscheidung sich auf den Ausspruch zu beschränken, dass die den Beitritt Verweigernden hiezu nicht verhalten werden können.
…
Satzung
§ 70. (1) Die Satzung hat die Tätigkeit der Genossenschaft zu regeln. Sie ist von den Mitgliedern einer freiwilligen Genossenschaft zugleich mit der freien Übereinkunft, von den Mitgliedern einer Genossenschaft mit Beitrittszwang nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides über die Beiziehung der Minderheit, zu beschließen.
(2) Die Satzung hat insbesondere die Aufzählung der zugehörigen Liegenschaften, Bestimmungen über die Erhaltung der genossenschaftlichen Bringungsanlagen, allenfalls Benützungskosten für Nichtmitglieder, die Haftbarmachung für Schaden (Kautionserlag), den Schlüssel für die Aufteilung der Kosten auf die Mitglieder, die Wertigkeit der Stimmen der Mitglieder, die Organe der Genossenschaft, den Vorgang ihrer Bestellung und die Vertretungsbefugnis, ihren Wirkungsbereich, die Haftung für ihre Verbindlichkeiten und den Vorgang der Auflösung zu regeln.
(3) Sofern die Satzung nichts anderes bestimmt, richtet sich das Stimmenverhältnis der Mitglieder nach dem Maßstab für die Aufteilung der Kosten (§ 72).
(4) Die Satzung ist durch Bescheid von der Behörde zu genehmigen, wenn sie den Bestimmungen dieses Paragraphen oder den sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht widerspricht. Mit Eintritt der Rechtskraft des Bescheides erlangt die Genossenschaft Rechtspersönlichkeit.
(5) Satzungsänderungen bedürfen ebenso wie die Festsetzung oder Änderung des Maßstabes für die Verteilung der Kosten, soweit nicht eine größere Mehrheit verlangt ist, der Mehrheit der Mitglieder, in deren Eigentum sich mindestens zwei Drittel der in die Genossenschaft einbezogenen Waldflächen befinden. Sie werden erst nach Genehmigung durch die Behörde wirksam.
(6) Haben sich die Verkehrsverhältnisse geändert und erscheint der Maßstab für die Verteilung der Kosten unbillig und wird innerhalb zumutbarer Frist keine Änderung nach Abs. 5 beschlossen, so hat die Behörde auf Antrag eines Mitgliedes eine der Änderung entsprechende, nach § 72 angemessene Kostenaufteilung festzusetzen.
Genossenschaftsverhältnis
§ 71. (1) Wer in die Genossenschaft einbezogene Liegenschaften oder Anlagen erwirbt, wird Mitglied der Genossenschaft und ist zu den aus diesem Verhältnis entspringenden Leistungen verpflichtet. Die Verpflichtung zur weiteren Beitragsleistung erlischt erst mit dem ordnungsmäßigen Ausscheiden der belasteten Liegenschaft oder der Anlage aus der Genossenschaft oder mit deren Auflösung. Die Eigentümer der ausgeschiedenen Liegenschaften oder Anlagen haften für die vor deren Ausscheiden fällig gewordenen Beiträge.
(2) Wenn hierüber zwischen Genossenschaft und Eigentümer Einverständnis besteht, können Liegenschaften oder Anlagen nachträglich einbezogen oder ausgeschieden werden. § 70 Abs. 5 findet Anwendung.
(3) Die Genossenschaft ist verpflichtet, einzelne Liegenschaften oder Anlagen auf Verlangen ihres Eigentümers auszuscheiden, wenn diesem aus der Teilnahme am genossenschaftlichen Unternehmen kein wesentlicher Vorteil und der Genossenschaft durch das Ausscheiden kein wesentlicher Nachteil erwächst.
Kosten
§ 72. (1) Die Kosten, die der Genossenschaft aus der Erfüllung ihrer Aufgaben erwachsen, sind, wenn nicht nach der Satzung etwas anderes vorgesehen ist, von den Mitgliedern nach einem Aufteilungsschlüssel, der sich aus der Größe der einzubeziehenden Grundfläche ergibt, zu tragen.
(2) Eine Änderung des Aufteilungsschlüssels durch die Satzung ist dann nicht zulässig, wenn hiedurch in einer Bringungsgenossenschaft mit Beitrittszwang die zum Beitritt gezwungene Minderheit gegenüber der Mehrheit schlechter gestellt würde.
(3) Bei der Festlegung des Kostenaufteilungsschlüssels können auf Verlangen des Mitgliedes eingebrachte Bringungsanlagen, bestehende Verpflichtungen und besondere Vorteile, die die Genossenschaft einzelnen Mitgliedern auferlegt oder bietet, entsprechend berücksichtigt werden.
Aufsicht
§ 73. (1) Die Aufsicht über die Genossenschaft obliegt der Behörde; diese hat auch über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle der Mitglieder zu entscheiden. Die Aufsicht erstreckt sich auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Abschnittes. In Ausübung des Aufsichtsrechtes hat die Behörde Beschlüsse oder Verfügungen der Genossenschaft, die gesetz- oder satzungswidrig sind, zu beheben und zu veranlassen, dass Maßnahmen, die auf Grund solcher Beschlüsse oder Verfügungen getroffen wurden, rückgängig gemacht werden.
..."
2. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
Gemäß § 66 Abs. 3 AVG kann die Berufungsbehörde jedoch die mündliche Verhandlung und unmittelbare Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiemit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.
Durch § 66 AVG soll gesichert werden, dass ein im Stadium der Berufung befindliches Verfahren möglichst auch zu einer Berufungsentscheidung in der Sache führt. Die (Rück )Verweisung des Verfahrens in ein von der unteren Instanz zu besorgendes Stadium soll nur ausnahmsweise möglich sein. Es soll vermieden werden, dass die mit dem Zurücktritt eines Verfahrens in ein früheres Stadium verbundenen Rechtsfolgen, wie etwa die Wiedereröffnung des Instanzenzugs, zu einer Verlängerung des Verfahrensgangs führen.
Sind Ergänzungen des bisher durchgeführten Ermittlungsverfahrens notwendig, so hat die Berufungsbehörde die Frage zu prüfen, ob der für die Erledigung der Sache maßgebende Sachverhalt nur in Form von Rede und Gegenrede aller an der Sache beteiligten Personen und aller sonst für seine Ermittlung (Erhebung der Tatsachen und deren Erhärtung durch Beweise) in Betracht kommenden Personen festgestellt werden kann und diese Personen daher gleichzeitig am gleichen Ort zu einer mündlichen Verhandlung versammelt werden müssen oder ob sich zur Ergänzung des Ermittlungsverfahrens ein einfacherer Weg darbietet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/09/0215, mwN).
3. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde erster Instanz gemäß § 66 Abs. 2 AVG liegen im gegenständlichen Fall aus folgenden Erwägungen nicht vor.
3.1. Der - auf § 73 Abs. 1 ForstG gestützte - Antrag der Genossenschaft vom war darauf gerichtet, eine Entscheidung der Forstbehörde über die Frage zu erwirken, ob bzw. in welchem Ausmaß auf der Grundlage der seinerzeitigen, von den Gründungsmitgliedern der Genossenschaft getroffenen Vereinbarung eine Einbeziehung des von der mitbeteiligten Partei in weiterer Folge angekauften genannten Waldgrundstückes in die Genossenschaft sowie - daraus resultierend - eine Änderung des für die Kostentragung maßgeblichen Aufteilungsschlüssels zu erfolgen habe.
Gemäß 73 Abs. 1 ForstG obliegt die Aufsicht über die Genossenschaft der Behörde; diese hat auch über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle der Mitglieder zu entscheiden. Die Aufsicht erstreckt sich auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Abschnittes. In Ausübung des Aufsichtsrechtes hat die Behörde Beschlüsse oder Verfügungen der Genossenschaft, die gesetz- oder satzungswidrig sind, zu beheben und zu veranlassen, dass Maßnahmen, die auf Grund solcher Beschlüsse oder Verfügungen getroffen wurden, rückgängig gemacht werden.
Das Gesetz betraut die Forstbehörde sowohl mit den Befugnissen einer Aufsichtsbehörde über die Genossenschaft, als auch mit der Befugnis, Streitfälle zu entscheiden, wenn sie aus dem Genossenschaftsverhältnis herrühren oder Verpflichtungen der Genossenschaft gegenüber ihren Mitgliedern betreffen. Soweit aus dem Genossenschaftsverhältnis begründete Ansprüche geltend gemacht werden und daher ein Streitfall iSd § 73 Abs. 1 ForstG vorliegt, besteht ein Anspruch der betreffenden Genossenschaftsmitglieder, dass dieser durch die Behörde entschieden werde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/10/0064, und vom , Zl. 2005/10/0094).
Dem gegenständlichen Fall liegt jedoch keine Streitigkeit aus dem Genossenschaftsverhältnis im erwähnten Sinn zu Grunde. Die Genossenschaft begehrte von der Forstbehörde - sinngemäß - die Feststellung, dass die Liegenschaft EZ 2106/6 KG N. in die Genossenschaft einbezogen ist (und dass dem Schlüssel für die Aufteilung der Kosten die Einbeziehung dieser Liegenschaft in die Genossenschaft zu Grunde zu legen sei). Der Begründung dieses Antrages zufolge beruht der Standpunkt der Genossenschaft (im Ergebnis) auf der Auffassung, dass der Erwerb des besagten Grundstückes durch die mitbeteiligte Partei im Hinblick auf die von den Genossenschaftern getroffene, dem Protokoll der Gründungsversammlung beigefügte Vereinbarung die Einbeziehung des Grundstückes in die Genossenschaft zur Folge habe. Dafür, dass die Vereinbarung Bestandteil der Satzung und als solcher Gegenstand der behördlichen Genehmigung derselben gewesen wäre, liegt kein Anhaltspunkt vor; vielmehr umfasste das anlässlich der Gründung erstellte Vorteilsflächenverzeichnis die in Rede stehende Liegenschaft nicht. Ebenso wenig hat sich die Genossenschaft im Verwaltungsverfahren darauf berufen, dass ein Fall des Beitrittszwanges im Sinne des § 69 Abs. 1 ForstG vorliege. Davon ausgehend kommt in einem Fall wie dem vorliegenden lediglich die nachträgliche Einbeziehung einer Liegenschaft in die Genossenschaft im Sinne von § 71 Abs. 2 in Betracht, was nach der soeben zitierten Vorschrift das (aufrechte) Einverständnis zwischen Genossenschaft und Eigentümer und gemäß § 70 Abs. 5 iVm § 71 Abs. 2 zweiter Satz ForstG eine entsprechende Satzungsänderung voraussetzt. Nun behauptete die Genossenschaft nicht, dass die Satzung mit Einverständnis der mitbeteiligten Partei in Richtung der Einbeziehung der in Rede stehenden Liegenschaft geändert worden wäre; sie berief sich vielmehr allein auf die mehrfach erwähnte "Vereinbarung", die die Beschwerde zu Unrecht als "Satzungsänderung" qualifiziert.
Daraus folgt zunächst, dass kein Fall des § 73 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz vorliegt, wonach die Behörde über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis und den Verpflichtungen der Genossenschaft entspringenden Streitfälle der Mitglieder zu entscheiden hat. Was unter dem Genossenschaftsverhältnis zu verstehen ist, ergibt sich aus § 71 ForstG. Die Vorschrift stellt auf die in die Genossenschaft einbezogenen Liegenschaften ab; die Mitgliedschaft in der Bringungsgenossenschaft wird durch die in die Genossenschaft einbezogenen Grundstücke bestimmt. Nicht jeglicher Berührungspunkt zwischen einem Genossenschaftsmitglied und der Genossenschaft gehört daher zum Genossenschaftsverhältnis, sondern nur jene Beziehungen, die aus der durch die einbezogenen Grundstücke bestimmten Zugehörigkeit zur Genossenschaft resultieren. Hingegen ist ein nicht in die Genossenschaft einbezogenes Grundstück nicht Gegenstand der Tätigkeit der Genossenschaft und nicht von ihrem satzungsmäßigen Zweck umfasst (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 95/10/0068, mwN). Im vorliegenden Fall liegt zwar ein Streit zwischen Genossenschaft und Mitglied vor; dieser betrifft aber nicht das durch die bereits erfolgte Einbeziehung von Liegenschaften der mitbeteiligten Partei in die Genossenschaft begründete Rechtsverhältnis, sondern die Frage der Einbeziehung einer weiteren Liegenschaft.
Die Bestimmung des § 73 Abs. 1 ForstG bildet daher keine geeignete Rechtsgrundlage für die Erlassung des Bescheides der BH vom . 3.2. Die §§ 70 Abs. 5 bzw. 71 Abs. 2 ForstG vermögen - wie erwähnt - den erstinstanzlichen Bescheid ebenfalls nicht zu tragen, weil danach sowohl die Änderung (Festsetzung) des Maßstabes für die Verteilung der Kosten als auch die nachträgliche Einbeziehung einer Liegenschaft in die Genossenschaft einen diesbezüglichen Mehrheitsbeschluss der Vollversammlung der Genossenschaft (im Fall des § 71 Abs. 2 ForstG überdies das Einverständnis des Eigentümers) voraussetzt (wobei die beschlossenen Satzungsänderungen erst nach Genehmigung durch die Behörde wirksam werden; vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 0479/79 = VwSlg. 10064 A, sowie Brawenz/Kind/Reindl, ForstG3 (2005) Anm. 7 zu § 70). Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid wurden der Forstbehörde seitens der Genossenschaft keine diesbezüglichen Satzungsänderungen vorgelegt. Den Verwaltungsakten ist auch nicht zu entnehmen, dass es - nach Erlassung des Bescheides der BH vom - zu einer entsprechenden Beschlussfassung der Vollversammlung gekommen wäre.
3.3. Der von der belangten Behörde in den Raum gestellten Auffassung, dass die Einbeziehung des Grundstückes der mitbeteiligten Partei in die Genossenschaft durch den Bescheid der BH vom allenfalls in Anwendung des § 69 ForstG erfolgt sei, ist schließlich schon deshalb nicht zu folgen, weil einerseits die mitbeteiligte Partei Beteiligter der (gemäß § 68 Abs. 3 lit a ForstG gebildeten) Genossenschaft ist und andererseits von einem Antrag im Sinne des § 69 Abs. 1 ForstG im Beschwerdefall keine Rede sein kann.
4. Nach dem Gesagten bestand demnach für die von der BH mit Bescheid vom getroffene meritorische Entscheidung keine in Betracht kommende Rechtsgrundlage.
Dementsprechend wäre infolge der Berufung der erstinstanzliche Bescheid von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahingehend abzuändern gewesen, dass der Antrag der Genossenschaft vom in Ansehung des § 73 Abs. 1 ForstG als unzulässig zurückgewiesen wird.
5. Die demgegenüber erfolgte Behebung des erstinstanzlichen Bescheides nach § 66 Abs. 2 AVG erweist sich sohin schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
HAAAE-76326