VwGH vom 07.11.2012, 2012/18/0046

VwGH vom 07.11.2012, 2012/18/0046

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des S B in L, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom , Zl. E1/11657/2010, betreffend Entziehung eines Konventionsreisepasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid entzog die belangte Behörde gestützt auf § 94 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG dem Beschwerdeführer einen ihm am ausgestellten Konventionsreisepass.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Bescheid, mit welchem dem Beschwerdeführer in Österreich Asyl gewährt worden sei, sei nicht rechtswirksam zugestellt worden, weshalb dem Beschwerdeführer nicht der Status eines Asylberechtigten zukomme. Ihm fehle daher die grundlegende Voraussetzung nach § 94 Abs. 1 FPG für die Ausstellung eines Konventionsreisepasses.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Im vorliegenden Beschwerdefall kommt das Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009 zur Anwendung.

Konventionsreisepässe sind gemäß § 94 Abs. 1 FPG Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen. Zufolge § 94 Abs. 5 FPG gelten u.a. die §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 FPG. Gemäß § 93 Abs. 1 Z. 1 FPG ist ein Fremdenpass zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden.

Der Status des Asylberechtigten ist somit eine Voraussetzung für die Ausstellung eines Konventionsreisepasses. Wird nachträglich bekannt, dass diese Voraussetzung fehlt, so stellt dies eine die Passentziehung rechtfertigende Tatsache im Sinn des § 93 Abs. 1 Z. 1 FPG dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/18/0003 zur ähnlich gelagerten Konstellation der Entziehung eines österreichischen Reisepasses). Das nachträglich bekanntgewordene Fehlen oder der Verlust des Status eines Asylberechtigten könnte daher die Entziehung eines Konventionsreisepasses rechtfertigen. Auch wenn die Behörde erster Instanz die Entziehung des Konventionsreisepasses auf § 94 iVm § 93 Abs. 1 Z. 1 und § 92 Abs. 1 Z. 3 FPG stützte, weil sie annahm, der Beschwerdeführer wolle das Dokument benützen, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen, war die belangte Behörde nicht gehindert, ihren Bescheid nur auf § 94 Abs. 1 FPG und das Fehlen des Status des Asylberechtigten zu stützen, weil "Sache" im Sinn des § 66 Abs. 4 AVG nach dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides die Entziehung des Konventionsreisepasses ist (vgl. das zur Verhängung eines Aufenthaltsverbotes ergangene Erkenntnis vom , Zl. 92/18/0536; weiters Hengstschläger/Leeb , AVG § 66 Rz 59).

Zu Recht rügt der Beschwerdeführer allerdings unzureichende Ermittlungen der belangten Behörde betreffend die Feststellung eines Zustellmangels des "Asylbescheides", wäre doch zu vermuten, dass der Beschwerdeführer diesen zur Ausstellung des Konventionsreisepasses hätte vorlegen müssen, was für eine erfolgte Zustellung oder eine Heilung eines allfälligen Zustellmangels sprechen könnte. In diesem Sinne führt der Beschwerdeführer in der Beschwerde auch aus, er habe die Ausstellung des Konventionsreisepasses unter Vorlage dieses Bescheides beantragt. Zutreffend releviert der Beschwerdeführer auch die Verletzung des Parteiengehörs mit der Begründung, dass er bei Einräumung einer Äußerungsmöglichkeit die rechtswirksame Zustellung des "Asylbescheides" vorgebracht hätte. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Berücksichtigung dieses Vorbringens und nach Erhebungen über die Zustellung des "Asylbescheides", dessen Datum und Aktenzahl auch im gegenständlichen Konventionsreisedokument vermerkt wurden, zu anderen Feststellungen und einem inhaltlich anders lautenden Bescheid gelangt wäre.

Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am