VwGH vom 20.01.2010, 2005/13/0096
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Jirovec Partner Rechtsanwalts-GmbH in 1010 Wien, Bauernmarkt 24, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. ABK - 225/03, betreffend Haftung nach den §§ 7 und 54 WAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer der W. GmbH, über deren Vermögen mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom der Konkurs eröffnet wurde.
Mit erstinstanzlichem Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 7 und 54 der Wiener Abgabenordnung (WAO) für den Rückstand an Dienstgeberabgabe und Kommunalsteuer der W. GmbH in der Höhe von EUR 3.655,15 für den Zeitraum Juli bis Dezember 1998 haftbar gemacht.
In seiner Berufung gegen diesen Bescheid machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, der Aufforderung zur Vorlage von Liquiditätsaufstellungen habe er nicht entsprechen können, weil sich sämtliche bezughabenden Unterlagen beim Masseverwalter befänden und "trotz mehrfacher Urgenz nicht verfügbar gemacht" worden seien. Das Konkursverfahren sei nach wie vor nicht abgeschlossen, sodass dieses Hindernis nach wie vor bestehe. Es bedeute daher einen Verfahrensfehler, dass die Behörde erster Instanz weder selbst die erforderlichen Unterlagen beigeschafft noch den Ausgang des Konkursverfahrens abgewartet habe, "wodurch die bezeichneten Unterlagen wieder zugänglich würden".
Im ersten Halbjahr 1998 sei es hinsichtlich der Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe sogar zu einer Überzahlung und somit zu einer Bevorzugung des Abgabengläubigers gekommen. Im zweiten Halbjahr seien "an die bestehenden Gläubiger" keinerlei Zahlungen mehr geleistet worden.
Zum "Beweis für das gesamte Vorbringen" werde "erforderlichenfalls" die Einvernahme des Zeugen Mag. P. beantragt.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies die Behörde erster Instanz die Berufung ab.
Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Berufung an die Behörde zweiter Instanz. Er brachte ergänzend vor, eine "Abgabenverkürzung" sei schon deshalb nicht gegeben, weil "keinerlei Zahlungen an Gläubiger" getätigt worden seien. Dies betreffe "insbesondere auch" die Dienstnehmer, welche erfahrungsgemäß bis zuletzt Entgelt erhielten, weil das Unternehmen seine Tätigkeit sonst einstellen müsse. "Zum Beweis für das gesamte Vorbringen" werde nunmehr auch die Einvernahme von dreizehn weiteren, näher bezeichneten Zeugen beantragt.
Der in der Berufung genannte Zeuge gab bei seiner Einvernahme durch die Behörde erster Instanz am an, sich zum Beweisthema nicht äußern zu können. Bei der Nennung seiner Person müsse es sich um einen Irrtum gehandelt haben.
Am selben Tag wurde auch Dr. K. (laut Vorlagebericht vom der Sohn des Beschwerdeführers) als Zeuge einvernommen. Er gab an, "dass ab Juli 1998 keine Lieferantenkredite mehr bestanden und daher neue Geschäfte nur mehr gegen Barzahlung erfolgten". Bestehende Verbindlichkeiten seien seinem Wissen nach nicht mehr befriedigt worden. Die "getätigten Bargeschäfte" hätten dazu gedient, "das noch offene Bauvorhaben abzuschließen". Zahlungen "darüber hinaus" hätten nicht mehr stattgefunden. Ab Oktober 1998 seien auch die Löhne nur teilweise, ab November 1998 nicht mehr ausbezahlt worden. Über die nicht mehr ausbezahlten Löhne und Gehälter legte der Zeuge eine Liste vor. In dieser Liste schienen u.a. (mit geringfügigen Abweichungen in den Namensschreibweisen) die im Vorlageantrag genannten Zeugen auf.
Mit Schriftsatz vom gab der Beschwerdeführer über Aufforderung bekannt, durch die im Vorlageantrag genannten Zeugen werde "der Nachweis erbracht werden, dass im Haftungszeitraum mangels Auszahlung von Löhnen und Gehältern sowie mangels Zahlung anderer Gläubiger" keine Schlechterstellung der Abgabenbehörde erfolgt sei. Aus den Aussagen werde sich ergeben, dass die Dienstnehmer "im fraglichen Zeitraum keine Entlohnung mehr erhalten" hätten.
Mit Schreiben vom hielt die Behörde erster Instanz dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Zeugenbefragungen vom vor. Sie brachte ihm weiters zur Kenntnis, wie der Haftungsbetrag ermittelt worden sei und dass die Überzahlung aus der ersten Jahreshälfte angerechnet worden sei. Für eine Stellungnahme werde dem Beschwerdeführer eine Frist von zwei Wochen eingeräumt.
Ein am eingeholter Firmenbuchauszug ergab u.a., dass der Konkurs mit Beschluss vom aufgehoben worden war.
Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid insofern ab, als sie den Haftungsbetrag um die im Konkurs erzielte Quote von EUR 274,41 auf EUR 3.380,74 reduzierte. Im Übrigen wies sie die Berufung als unbegründet ab.
Letzteres begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass die Behauptung, es seien überhaupt keine Zahlungen mehr erfolgt, durch die Angaben des Zeugen Dr. K. widerlegt sei. Dieser Zeugenaussage zufolge habe es "neue Geschäfte gegen Barzahlung" gegeben. Es sei davon auszugehen, dass die dabei neu eingegangenen Verbindlichkeiten in voller Höhe befriedigt worden seien, wohingegen ab Juli 1998 keine Zahlungen mehr an den Abgabengläubiger geleistet worden seien. Zu den ihm vorgehaltenen Ermittlungsergebnissen habe der Beschwerdeführer nicht Stellung genommen. Eine Liquiditätsaufstellung habe er nicht vorgelegt, obwohl der von ihm behauptete Hinderungsgrund mit dem Abschluss des Konkursverfahrens weggefallen sei. Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit, weil der Abgabengläubiger seines Anspruches sonst verlustig gehen würde und es nicht unbillig sei, dass ein Geschäftsführer, der seine abgabenrechtlichen Pflichten verletze, zur Haftung herangezogen werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Der Beschwerdeführer legt nicht dar, warum er zu den ihm vorgehaltenen Ermittlungsergebnissen nicht Stellung genommen und trotz des langen Zeitraumes zwischen der Konkursaufhebung und der Entscheidung der belangten Behörde keine Liquiditätsaufstellung vorgelegt hat. Er behauptet auch nicht, dass die Einvernahme der im Vorlageantrag genannten Zeugen die Aussage des Zeugen Dr. K. über in der zweiten Jahreshälfte 1998 noch getätigte "neue Geschäfte gegen Barzahlung" widerlegt haben würde, oder dass die belangte Behörde auch ohne Stellungnahme des Beschwerdeführers zu dieser Zeugenaussage festzustellen gehabt hätte, dass diese Geschäfte zu einem für die Ermittlung des Haftungsbetrages relevanten Zeitpunkt ein Ende gefunden hätten und es danach - im Sinne des Berufungsvorbringens - zu einer völligen Zahlungseinstellung gekommen sei. Auf die "neuen Geschäfte gegen Barzahlung" wird in der Beschwerde vielmehr nur dahin gehend Bezug genommen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger mit "Zug-um-Zug-Geschäften" nicht verletzt werde. Solche Geschäfte seien vielmehr "genau die Vorgangsweise, welche die Interessen der Gläubiger maximal berücksichtigt".
Dem gegenüber ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach der vom Vertreter zu erbringende Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger auch die von der Gesellschaft getätigten "Zug-um-Zug-Geschäfte" zu umfassen hat (vgl. aus jüngerer Zeit zur Haftung nach den im vorliegenden Fall noch anzuwendenden §§ 7 und 54 WAO etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/13/0111, zur Haftung nach den §§ 9 und 80 BAO das Erkenntnis vom , Zl. 2006/15/0073, jeweils m.w.N.). Da der Beschwerdeführer während des Haftungszeitraumes solche Geschäfte getätigt und den demnach notwendigen Nachweis trotz dazu gebotener Gelegenheit nicht angetreten hat, ist er durch die Annahme einer schuldhaften Pflichtverletzung ungeachtet seines Vorbringens über nicht mehr bezahlte Löhne nicht in seinen Rechten verletzt worden.
Dies ist dem Beschwerdeführer auch insoweit entgegen zu halten, als er sich mit dem Argument, es liege keine Pflichtverletzung vor, gegen die Ausübung des behördlichen Ermessens bei seiner Heranziehung zur Haftung wendet.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am