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VwGH vom 23.01.2012, 2010/10/0085

VwGH vom 23.01.2012, 2010/10/0085

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des ET in Innsbruck, vertreten durch Mag. Christoph Rupp, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 5a/III, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Va-459- 39910/1/10, betreffend Hilfe zum Lebensunterhalt, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt durch Übernahme der Kosten einer Stromnachzahlung in Höhe von EUR 313,03 gemäß § 13 Tiroler Rehabilitationsgesetz iVm den §§ 1 und 6 des Tiroler Grundsicherungsgesetzes abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die Übernahme der Kosten einer Stromnachzahlung aus Mitteln der Grundsicherung beantragt und diese Kosten damit begründet, dass er an den Nebenwirkungen (grippale Symptome mit Fieber und Schüttelfrost) einer - wegen einer Hepatitis C-Erkrankung erforderlich gewordenen - Interferontherapie gelitten habe. Er habe daher in seiner Wohnung einen kleinen Radiator als Zusatzheizung verwendet, was hohe Stromkosten verursacht habe.

Nun würden im Rahmen der Grundsicherung zwar die Miet-, Betriebs- und Heizkosten übernommen, Stromkosten könnten jedoch nicht gesondert berücksichtigt werden, weil sie bereits im Richtsatz (im Fall des Beschwerdeführers in der Höhe von EUR 459,90) enthalten seien. Nur dann, wenn eine Wohnung ausschließlich mit Strom beheizt werden könne bzw. beheizt werde, seien die dafür anfallenden Stromkosten als Heizkosten anzusehen und als solche von der Sozialhilfe zu übernehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Rehabilitationsgesetzes, LGBl. Nr. 58/1983 idF LBGl. Nr. 22/2006, (TRG) lauten auszugsweise wie folgt:

"§ 13

Hilfe zum Lebensunterhalt

(1) Gerät ein Behinderter in eine Notlage im Sinne des § 1 Abs. 2 des Tiroler Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 105/1973, in der jeweils geltenden Fassung, so sind ihm und seinen mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden gesetzlich unterhaltsberechtigten Angehörigen für die Dauer der Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen nach diesem Gesetz Leistungen in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des Tiroler Sozialhilfegesetzes zu gewähren.

..."

Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des Tiroler

Grundsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 20/2006 idF LGBl. Nr. 71/2008,

(TGSG) lauten auszugsweise wie folgt:

"§ 1

Allgemeines

(1) Die Grundsicherung ist die öffentliche Hilfe zur Führung eines menschenwürdigen Lebens.

(2) Die Grundsicherung ist nach diesem Gesetz Personen zu gewähren, die sich in einer Notlage befinden.

(3) In einer Notlage im Sinn dieses Gesetzes befindet sich, wer

a) den Lebensunterhalt für sich nicht oder nicht in ausreichendem Ausmaß aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von Dritten erhält oder

b) außergewöhnliche Schwierigkeiten in seinen persönlichen, familiären oder sozialen Verhältnissen - im Folgenden besondere Lebenslage genannt - nicht oder nicht in ausreichendem Ausmaß selbst oder mit Hilfe Dritter bewältigen kann.

...

§ 3

Formen und Ausmaß der Grundsicherung

(1) Die Grundsicherung wird in Form von Geldleistungen oder Sachleistungen gewährt.

...

(6) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über Arten, Formen und Ausmaß der Grundsicherung zu erlassen. Hierbei sind unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten in Tirol für die Bemessung des Lebensunterhaltes Richtsätze festzusetzen. ...

...

§ 6

Lebensunterhalt

(1) Der Lebensunterhalt umfasst den Aufwand für die allgemeinen Grundbedürfnisse, wie Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege und Hausrat, sowie den Aufwand für die besonderen persönlichen Bedürfnisse. Zu den besonderen persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zum sozialen Umfeld und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.

(2) Bei der Unterkunft besteht die Grundsicherung in der Übernahme der Miet-, Betriebs- und Heizkosten, sofern sie den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit entsprechen, ...

...

§ 7

Hilfe in besonderen Lebenslagen

(1) Die Hilfe in besonderen Lebenslagen umfasst Maßnahmen zur Beseitigung der im § 1 Abs. 3 lit. b genannten außergewöhnlichen Schwierigkeiten. Hierzu gehören insbesondere:

...

f) die Hilfe zur Überbrückung außergewöhnlicher Notstände,

...

11) Die Hilfe in besonderen Lebenslagen kann unabhängig von der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes gewährt werden.

(12) ... Die Gewährung der Hilfe zur Überbrückung

außergewöhnlicher Notstände obliegt dem Grundsicherungsfonds (§ 31).

(13) Darüber hinaus kann das Land Tirol als Träger von Privatrechten Hilfe in besonderen Lebenslagen in Form von Sachleistungen, Darlehen oder einmaligen, nicht rückzahlungspflichtigen Beihilfen in all jenen Fällen im Ausmaß von höchstens 20 v.H. des Richtsatzes für Alleinstehende je Monat oder bei einmaligen Unterstützungen von höchstens 240 v.H. des Richtsatzes für Alleinstehende pro Jahr gewähren, wenn der besondere Bedarf durch eine im Verwaltungsweg zu gewährende Leistung nicht ausreichend abgedeckt werden kann und die Gewährung der Hilfe aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich ist.

...

§ 31

Errichtung, Name, Sitz

(1) ...

(2) Der Grundsicherungsfonds besitzt Rechtspersönlichkeit. Er hat seinen Sitz in Innsbruck."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Tiroler Grundsicherungsverordnung, LGBl. Nr. 28/2006, idF LGBl. Nr. 85/2008, (TGSV) lauten auszugsweise wie folgt:

"§ 1

Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes

Die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes umfasst

Maßnahmen zur Deckung des Aufwandes für:

a) Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege, Instandhaltung der Bekleidung, Kleinhausrat, Reinigung, Bildung und Erholung in einem für den Hilfesuchenden angemessenen Ausmaß, Benützung von Verkehrsmitteln und sonstige kleinere Bedürfnisse des täglichen Lebens,

b) Unterkunft (insbesondere Mietkosten einschließlich Kautionen, unabdingbarer Kosten für die Errichtung von Bestandverträgen, der Kosten einer allfälligen Grundausstattung mit Möbeln und erforderlichem Hausrat; Betriebs- und Heizkosten),

c) Bekleidung.

...

§ 5

Bemessung des Lebensunterhaltes

(1) Soweit die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form von Geldleistungen gegeben wird, sind unter Anrechnung der nach § 3 des Tiroler Grundsicherungsgesetzes einzusetzenden eigenen Kräfte und Mittel zu gewähren:

a) zur Deckung des Aufwandes im Sinn des § 1 lit. a monatliche Leistungen bis zu folgenden Höchstbeträgen (Richtsätze):

...

b) zur Deckung des Aufwandes für die Unterkunft im Sinn des § 1 lit. b nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 des Tiroler Grundsicherungsgesetzes eine Beihilfe in Höhe der tatsächlichen Kosten unter Berücksichtigung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit;

..."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die vom Beschwerdeführer begehrte (gesonderte) Übernahme von Stromkosten komme nach den Bestimmungen des TGSG nicht in Betracht, weil die Stromkosten bereits im Richtsatz enthalten seien. Nur dann, wenn eine Wohnung ausschließlich mit Strom beheizt werde, könnten die dafür anfallenden Stromkosten als Heizkosten angesehen und als solche übernommen werden.

Der Beschwerdeführer wendet ein, die Stromkosten seien im vorliegenden Fall durch die Verwendung eines mit Strom beheizten Radiators entstanden. Die Verwendung des Radiators sei notwendig gewesen, weil die Wohnung über keinen Vollwärmeschutz verfügt habe und daher während der Wintermonate extrem kalt gewesen sei, währen der Beschwerdeführer unter den Nebenwirkungen der Interferontherapie gelitten habe. Wenn aber - wie im vorliegenden Fall - die normale Heizung nicht ausreiche, so müssten auch die durch die zusätzliche Heizung anfallenden Stromkosten als Heizkosten angesehen und im Rahmen der Grundsicherung übernommen werden. "Heizkosten" seien nicht auf die Kosten nur eines Heizsystems beschränkt, wenn eine Wohnung mehrere Heizsysteme aufweise. Überdies seien die zusätzlichen einmaligen Stromkosten lediglich deshalb entstanden, weil der Beschwerdeführer - wie dargelegt - an den Nebenwirkungen einer Therapie gelitten habe. Diese außergewöhnliche Notsituation des Beschwerdeführers hätte zur Gewährung einer einmaligen Aushilfe gemäß § 7 Abs. 1 lit. f und 11 TGSG führen müssen.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf:

Zunächst ist die Auffassung der belangten Behörde, Stromkosten zählten zu dem durch den Richtsatz gemäß § 5 Abs. 1 lit. a TGSV gedeckten Aufwand und könnten daher im Rahmen der Grundsicherung als solche nicht gesondert berücksichtigt werden, nicht rechtswidrig (vgl. z.B. das zum Wiener Sozialhilfegesetz ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/10/0047, und die dort zitierte Vorjudikatur). Eine (gesonderte) Übernahme von Stromkosten durch die Sozialhilfe kommt daher nur in Ausnahmefällen bzw. nur in Betracht, wenn diese von einem speziellen Tatbestand, etwa jenem betreffend die Übernahme der Heizkosten erfasst sind.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Übernahme der Stromkosten darauf hingewiesen, dass diese durch die vorübergehende Verwendung eines Radiators als Zusatzheizung entstanden seien. Er hat allerdings weder im Verwaltungsverfahren noch in der vorliegenden Beschwerde konkret vorgebracht, dass die Beheizung der Wohnung unter Berücksichtigung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit über die bestehende Heizanlage alleine nicht möglich gewesen wäre und - aus objektiver Sicht - eine zusätzliche Beheizung erforderlich gemacht hätte. Vielmehr hat er darauf hingewiesen, dass er die Zusatzheizung wegen der besonderen Situation, in der er sich befunden habe, als notwendig erachtet habe. Wenn die belangte Behörde aber davon ausgehend die Kosten, die für eine - aus objektiver Sicht - über die sparsame und wirtschaftliche Beheizung einer Wohnung hinausgehende Beheizung anfallen, als einen nicht iSd § 5 Abs. 1 lit. b TGSV abzudeckenden Aufwand ansah, so ist das nicht rechtswidrig.

Soweit der Beschwerdeführer jedoch geltend macht, die in Rede stehenden Kosten seien wegen seines durch die Nebenwirkungen der Interferontherapie ausgelösten erhöhten Wärmebedarfs entstanden und hätten daher im Rahmen der Hilfe in besonderen Lebenslagen gemäß § 7 Abs. 1 lit. f TGSG übernommen werden müssen, so könnte eine solche Hilfe zwar in Betracht gezogen werden. Allerdings hätte über deren Gewährung gemäß § 7 Abs. 12 TGSG der Grundsicherungsfonds zu entscheiden, eine solche Entscheidung ist aber nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
PAAAE-76306