VwGH vom 27.01.2011, 2010/10/0061
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des KS in K, vertreten durch Gheneff - Rami - Sommer Rechtsanwälte KG in 9020 Klagenfurt, Völkermarkter Ring 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom , Zl. BMWF-52.250/0245-I/6/2009, betreffend Feststellung der Parteistellung im aufsichtsbehördlichen Verfahren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Rektor der Universität Klagenfurt wurde im September 2009 mit Wirksamkeit vom gemäß § 23b Universitätsgesetz 2002 -UG, BGBl. I Nr. 120/2002, ohne vorherige Ausschreibung mit Zweidrittelmehrheit des Senates und des Universitätsrates wiedergewählt.
Der Beschwerdeführer stellte mit dem als "Anfechtung" bezeichneten Schriftsatz vom an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung den Antrag, "sämtliche Beschlüsse/Entscheidungen/Wiederwahlen des Senates wie auch des Universitätsrates der Universität Klagenfurt" im Zusammenhang mit der Wiederwahl des Rektors "ersatzlos zu beheben und von Amts wegen eine Ausschreibung für die Funktion des Rektors … vorzunehmen und nach Vorliegen der Ausschreibungsergebnisse den Organen der Universität Klagenfurt das weitere gesetzmäßige Vorgehen nach dem UG aufzutragen (sohin insbesondere Bildung des Dreiervorschlages und Wahl aus diesem Dreiervorschlag) …". In eventu beantragte er "nach Aufhebung der oben angeführten Beschlüsse/Entscheidungen/Wiederwahlen den Organen der Universität Klagenfurt umgehend das gesetzmäßige Vorgehen aufzutragen …".
Dazu erstattete der Beschwerdeführer ein umfangreiches Vorbringen. Zur Zuständigkeit des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung (der belangten Behörde) führte er aus, dass die Universität Klagenfurt der Aufsicht des Bundes gemäß § 45 UG unterliege. Nach dem Abs. 3 dieser Gesetzesstelle habe der Bundesminister rechtswidrige Entscheidungen und Verordnungen von Universitätsorganen aufzuheben; ebenso stehe ihm gemäß dem Abs. 4 dieser Bestimmung das Recht zu, Wahlen, die im Widerspruch zu geltenden Gesetzen oder Verordnungen einschließlich der Satzung stünden, aufzuheben. Daher könne auch die vorliegend gemäß § 23b UG ohne vorherige Ausschreibung erfolgte Wiederwahl des Rektors in Ausübung des Aufsichtsrechts aufgehoben werden.
Eingangs dieses Schriftsatzes bringt der Beschwerdeführer vor, dass ihm im aufsichtsbehördlichen Verfahren Parteistellung zukomme, weil ihm durch die Vorgangsweise der Universitätsorgane bei der Wiederwahl des Rektors die Möglichkeit genommen worden sei, als Rektor zu kandidieren.
Weiters bringt er dazu Folgendes vor:
"Der Antragsteller hat Parteistellung im gegenständlichen
Verfahren. Dies begründet sich unter anderem wie folgt:
Die ordentliche Amtsperiode des derzeit amtierenden Rektors der Universität Klagenfurt, (…) endet am . Für die Funktion des neuen Rektors ab der Amtsperiode hätte eine Wahl stattfinden müssen. Im Rahmen dieser Wahl wäre der Antragsteller als Wahlkandidat aufgetreten. Durch die in diesem Schriftsatz dargelegten Gründe wurde es dem Antragsteller verwehrt, seine Kandidatur durchzuführen wie auch die Möglichkeit genommen, zum Rektor gewählt zu werden."
Mit dem an den Beschwerdeführer gerichteten Bescheid vom hat der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung festgestellt, dass eine Parteistellung gemäß § 8 AVG "in Angelegenheit der Besetzung der Funktion des Rektors" nicht gegeben sei.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom die Feststellung seiner Parteistellung begehrt und dies damit begründet habe, dass er als Rektor kandidieren hätte wollen und überdies vom wiedergewählten Rektor gemobbt werde. Das Verfahren zur Besetzung des Rektors gemäß §§ 23 ff UG sei kein behördliches Verfahren, auf das das AVG anzuwenden sei, weshalb dem Beschwerdeführer in diesem Verfahren keine Parteistellung zukomme. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Wunsch von Mitarbeitern, die Rechtmäßigkeit der Bestellung des Dienstvorgesetzten prüfen zu wollen, führe zu keiner Parteistellung. Mitarbeitern stehe kein subjektives Recht zu, die Rechtmäßigkeit der Bestellung überprüfen zu lassen. Das behauptete Mobbing durch den (wiedergewählten) Rektor könne daran nichts ändern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde zurück- bzw. abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 23 Abs. 2 UG ist die Funktion der Rektorin oder des Rektors vom Universitätsrat nach Zustimmung des Senats unter Einhaltung von im Einzelnen angeführten Fristen öffentlich auszuschreiben. Die Wiederwahl kann gemäß § 23b Abs. 1 leg. cit. ohne Ausschreibung erfolgen, wenn die amtierende Rektorin oder der amtierende Rektor vor der Ausschreibung der Funktion ihr oder sein Interesse an der Wiederwahl bekannt gibt und der Senat sowie der Universitätsrat mit jeweils Zweidrittelmehrheit zustimmen.
Der mit "Aufsicht" überschriebene § 45 UG hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
"§ 45. (1) Die Universitäten … unterliegen der Aufsicht des Bundes. Diese umfasst die Einhaltung der Gesetze und Verordnungen einschließlich der Satzung (Rechtsaufsicht).
(3) Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat mit Verordnung Verordnungen und mit Bescheid Entscheidungen von Universitätsorganen aufzuheben, wenn die betreffende Verordnung oder Entscheidung im Widerspruch zu geltenden Gesetzen oder Verordnungen einschließlich der Satzung stehen. Im Falle einer Verletzung von Verfahrensvorschriften hat eine Aufhebung nur dann zu erfolgen, wenn das Organ bei deren Einhaltung zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.
(4) Die Bundesministerin oder der Bundesminister hat mit Bescheid Wahlen, die im Widerspruch zu geltenden Gesetzen oder Verordnungen einschließlich der Satzung stehen, aufzuheben.
…
(6) Die Universitätsorgane sind im Fall der Abs. 3 und 4 verpflichtet, den der Rechtsanschauung der Bundesministerin oder des Bundesministers entsprechenden Rechtszustand unverzüglich herzustellen.
(7) Im aufsichtsbehördlichen Verfahren haben die Universitätsorgane Parteistellung sowie das Recht, gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde zu führen."
Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom an die belangte Behörde den Antrag gestellt, im Rahmen eines aufsichtsbehördlichen Verfahrens gemäß § 45 UG bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere die Wiederwahl des Rektors aufzuheben. Im selben Schriftsatz hat er die Feststellung begehrt, dass ihm in diesem aufsichtsbehördlichen Verfahren Parteistellung zukomme.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde festgestellt, dass die Parteistellung des Beschwerdeführers "in Angelegenheit der Besetzung der Funktion des Rektors" nicht gegeben sei. Aus der - zur Auslegung des Spruches heranzuziehenden - Begründung, die auf den Feststellungsantrag Bezug nimmt und auf dessen Argumente eingeht, ergibt sich klar, dass die belangte Behörde damit den Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Parteistellung im aufsichtsbehördlichen Verfahren abgewiesen hat und mit der Wortfolge "in Angelegenheit der Besetzung der Funktion des Rektors" das vorliegend vom Beschwerdeführer beantragte, die Vorgänge bei der Wiederwahl des Rektors betreffende aufsichtsbehördliche Verfahren - zu dessen Führung die belangte Behörde zuständig ist - gemeint ist.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass Mitarbeiter kein Recht und daher keine Parteistellung hätten, die Rechtmäßigkeit der Bestellung des Rektors überprüfen zu lassen. Dies begründete sie u. a. damit, dass schon im Bestellungsverfahren gemäß § 23 UG Mitarbeitern bzw. (potenziellen) Bewerbern keine Parteistellung zukomme.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gilt die in § 68 Abs. 7 AVG getroffene Regelung, wonach auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 leg. cit. eingeräumten Rechts niemandem ein Anspruch zusteht, ganz allgemein für die in den Verwaltungsvorschriften vorgesehene Geltendmachung des Aufsichtsrechts. Soweit nicht Sondervorschriften etwas anderes bestimmen, ist sie überhaupt hinsichtlich der Ablehnung jeder anderen Verfügung von Amts wegen (z.B. der amtswegigen Nichtigerklärung einer Prüfung oder der Ergreifung sonstiger aufsichtsbehördlicher Maßnahmen) maßgeblich (vgl. die bei Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG (2009), Rz 132 zu § 68 zitierte hg. Judikatur sowie etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/06/0003). So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa zum Aufsichtsrecht des Bundes gemäß § 5 Universitätsorganisationsgesetz 1975 in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass niemandem ein subjektives Recht auf Ausübung dieses Aufsichtsrechts zukomme (vgl. zu einem Fall, in dem Universitätsprofessoren die Ungültigerklärung der Wahl des Rektors durch den Minister in Ausübung des Aufsichtsrechts gemäß § 5 Abs. 4 leg. cit. begehrt haben, das Erkenntnis vom , Zl. 87/12/0001). Dies gilt - mangels diesbezüglicher Sondervorschriften - auch für das Aufsichtsrecht des Bundes gemäß § 45 UG. Dem Beschwerdeführer kommt daher kein subjektivöffentliches Recht auf Ergreifung der von ihm beantragten aufsichtsbehördlichen Maßnahmen zu.
Die in der Beschwerde dazu vorgebrachten Umstände können daran nichts ändern. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist es nicht geboten, "potenziellen Bewerbern" (oder Mitarbeitern, die sich vom Rektor gemobbt fühlen) die Wahlanfechtung durch Einräumung eines subjektiven Rechts auf Ausübung des Aufsichtsrechts zu ermöglichen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis, Zl. 87/12/0001).
Der Beschwerdeführer wurde daher durch die Verneinung seiner Parteistellung im aufsichtsbehördlichen Verfahren gemäß § 45 UG nicht in Rechten verletzt.
Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, dass Dr. N., der den angefochtenen Bescheid unterfertigt habe, befangen sei, weil er auf mehrere Anfragen des Beschwerdeführers betreffend die Fristen für die Wahlanfechtung mit einem Schreiben vom reagiert habe, wonach in der Angelegenheit betreffend Wiederwahl des Rektors der Universität Klagenfurt keine Gründe für die Erlassung einer aufsichtsbehördlichen Verfügung gefunden worden seien.
Mit diesem, der Sache nach den Befangenheitsgrund gemäß § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG geltend machenden Vorbringen vermag der Beschwerdeführer schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil er damit nicht aufzeigt, dass sich Dr. N. bei den den Beschwerdeführer betreffenden Entscheidungen von unsachlichen Beweggründen habe leiten lassen.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
CAAAE-76290