VwGH vom 29.11.2011, 2010/10/0057

VwGH vom 29.11.2011, 2010/10/0057

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des MT in Wien, vertreten durch Hasberger Seitz Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gonzagagasse 4, gegen den Bescheid der Rechtsmittelkommission des Senates der Universität Wien vom , Zl. ReMiK 339-2008/09, betreffend Rückerstattung des Studienbeitrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Universität Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Rechtsmittelkommission des Senates der Universität Wien vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf aliquote Rückerstattung des Studienbeitrages für das Wintersemester 2008/09 ab abgewiesen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die am in Kraft getretene Universitätsgesetz-Novelle 2008 habe zwar neue Erlasstatbestände normiert, unzutreffend sei jedoch die Auffassung des Beschwerdeführers, dem Studienbeitrag für das Wintersemester 2008/09 mangle bei Erfüllung eines solchen Tatbestandes ab dem eine gesetzliche Grundlage und er müsse daher aliquot rückerstattet werden. Auch nach Inkrafttreten der Universitätsgesetz-Novelle 2008 sei nämlich vorgesehen, dass Studierende pro Semester einen einheitlichen Studienbeitrag in Höhe von EUR 363,36 zu entrichten hätten. Der Studienbeitrag sei unteilbar zu entrichten bzw. zu erstatten. § 91 Abs. 4 UG 2002 ordne die semesterweise Entrichtung des Studienbeitrages im Voraus an. Die Entrichtung des vollständigen Studienbeitrages sei gemäß § 62 Abs. 2 UG 2002 Voraussetzung für die Wirksamkeit der Fortsetzungsmeldung, wenn eine Beitragspflicht bestehe. Das UG 2002 spreche in diesem Zusammenhang auch immer von "dem Studienbeitrag", woraus sich ergebe, dass dieser unteilbar sei. Der Erlasstatbestand gemäß § 92 Abs. 1 Z. 5 sei daher ungeachtet des Inkrafttretenszeitpunktes der Universitätsgesetz-Novelle 2008 mit erst für das darauffolgende Sommersemester anwendbar. Auch aus der Bestimmung des UG, wonach der Studienbeitrag auf mehrere Universitäten aufzuteilen sei, könne nicht abgeleitet werden, dass der Studienbeitrag monatlich zu aliquotieren wäre.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom , B 963/09, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, (UG 2002) lauteten in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 134/2008 auszugsweise wie folgt:

"Studienbeitrag

§ 91. (1) Studierende, welche die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen oder denen Österreich auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages dieselben Rechte für den Berufszugang zu gewähren hat wie Inländern, haben jedes Semester einen Studienbeitrag in der Höhe von 363,36 Euro zu entrichten. Der Studienbeitrag erhöht sich bei Entrichtung innerhalb der Nachfrist um 10 v.H.

(2) Studierende, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und auf die kein völkerrechtlicher Vertrag gemäß Abs. 1 anzuwenden ist, haben jedes Semester einen Studienbeitrag in der Höhe von 726,72 Euro zu entrichten. Der Studienbeitrag erhöht sich bei Entrichtung innerhalb der Nachfrist um 10 v.H.

(3) Studierende, die zu mehreren Studien, auch an mehreren Universitäten, zugelassen sind, haben den Studienbeitrag nur einmal zu entrichten.

(4) Der Studienbeitrag ist für jedes Semester im Voraus zu entrichten. ….

(5) Die Studienbeiträge verbleiben der jeweiligen Universität.

(6) Der Studienbeitrag von Studierenden, die ein von mehreren Universitäten gemeinsam eingerichtetes Studium betreiben oder die zu mehreren Studien an verschiedenen Universitäten zugelassen sind, ist unter den beteiligten Universitäten aufzuteilen.

...

Erlass und Rückerstattung des Studienbeitrages

§ 92. (1) Der Studienbeitrag ist insbesondere zu erlassen

1. Studierenden für die Semester, in denen sie nachweislich Studien oder Praxiszeiten im Rahmen von transnationalen EU-, staatlichen oder universitären Mobilitätsprogrammen absolvieren werden;

2. Studierenden für die Semester, in denen sie auf Grund verpflichtender Bestimmungen im Curriculum Studien im Ausland absolvieren werden;

3. ausländischen Studierenden, deren Heimatstaat oder deren dort zuletzt besuchte Universität Studierenden österreichischer Staatsbürgerschaft ebenfalls den Erlass des Studienbeitrages gewährt;

4. Konventionsflüchtlingen.

(2) Über den Antrag auf Erlass des Studienbeitrages entscheidet das Rektorat.

...

(7) Studierende, die beurlaubt sind, haben keinen Studienbeitrag zu entrichten.

...

(8) Gegen Bescheide des Rektorats ist die Berufung an den Senat zulässig.

..."

Durch die mit in Kraft getretene Novelle

BGBl. I Nr. 134/2008 wurden die §§ 91 und 92 des Universitätsgesetzes 2002 wie folgt geändert:

"§ 91 Abs. 1 und Abs. 2 lauten:

(1) Studierende, welche die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, EU-Bürger sind oder denen Österreich auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages (wie z.B. der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955) dieselben Rechte für den Berufszugang zu gewähren hat wie Inländern, haben, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als zwei Semester überschreiten, keinen Studienbeitrag zu entrichten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Zeiten des Präsenz- und Zivildienstes, der während der Studienzeit absolviert wird, werden auf die vorgesehene Studienzeit nicht angerechnet.

(2) Studierende, die die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 nicht erfüllen, haben jedes Semester einen Studienbeitrag in der Höhe von 363,36 Euro zu entrichten. Der Studienbeitrag erhöht sich bei Entrichtung innerhalb der Nachfrist um 10 v.H.

§ 92 Abs. 1 Ziffer 4 lautet:

4. Studierenden, die die Voraussetzungen gemäß § 91 Abs. 1 erfüllen, auch bei Überschreitung des in Abs. 1 festgelegten Zeitraumes für Semester, in denen sie nachweislich mehr als 2 Monate durch Krankheit oder Schwangerschaft am Studium gehindert waren oder sich überwiegend der Betreuung von Kindern bis zum

7. Geburtstag oder einem allfälligen späteren Schuleintritt gewidmet haben.

Dem § 92 werden in Abs. 1 folgende Ziffern 5 und 6 angefügt:

5. Studierenden, die die Voraussetzungen gemäß § 91 Abs. 1 erfüllen, auch bei Überschreitung des in Abs. 1 festgelegten Zeitraumes, wenn sie im Kalenderjahr vor dem jeweiligen Semesterbeginn durch eine Erwerbstätigkeit in Anspruch genommen waren, durch die sie ein Jahreseinkommen zumindest in der Höhe des 14-fachen Betrages gem. § 5 Abs. 2 ASVG in der jeweils geltenden Fassung erzielt haben. Die §§ 8 bis 11 Studienförderungsgesetz sind bei der Einkommensberechnung anzuwenden.

6. Studierenden, die die Voraussetzungen gemäß § 91 Abs. 1 erfüllen, auch bei Überschreitung des in Abs. 1 festgelegten Zeitraumes, wenn eine Behinderung nach bundesgesetzlichen Vorschriften mit mindestens 50 % festgestellt ist."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Studienbeitragsverordnung 2004, BGBl. II Nr. 55/2004 idF BGBl. II Nr. 3/2009, (StudbeiV 2004) lauten auszugsweise wie folgt:

"Ermittlung der beitragsfreien Zeit gemäß § 91 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002

§ 2a. (1) Die Universitäten haben von Amts wegen für die an ihrer Universität belegten Studien zu ermitteln, ob die Studienzeit gemäß § 91 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 (vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt zuzüglich zwei Semester) überschritten wurde. Jenen Studierenden, die die Studienzeit gemäß § 91 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 nicht überschritten haben, ist anlässlich der Meldung der Fortsetzung des Studiums kein Studienbeitrag vorzuschreiben.

...

(3) Jenen Studierenden, die die Studienzeit gemäß § 91 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 (vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt zuzüglich zwei Semester) überschritten haben, ist anlässlich der Meldung der Fortsetzung des Studiums der Studienbeitrag vorzuschreiben.

...

Erlass des Studienbeitrages gemäß § 92 des Universitätsgesetzes 2002

§ 2b. (1) Liegt ein Grund für einen Erlass des Studienbeitrages gemäß § 92 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 vor, so kann die oder der Studierende einen Antrag auf Erlass des Studienbeitrages stellen.

...

(3) Der Antrag auf Erlass des Studienbeitrages ist bis längstens 31. Oktober bzw. 31. März des betreffenden Semesters zu stellen, soferne von der jeweiligen Universität keine abweichende Regelung getroffen wird. Können die Nachweise für den Erlass des Studienbeitrages nicht fristgerecht nachgewiesen werden, so ist der Studienbeitrag zu entrichten. Ein Antrag auf Rückzahlung des Studienbeitrages für das Wintersemester ist bis zum nächstfolgenden 31. März, ein Antrag auf Rückzahlung des Studienbeitrages für das Sommersemester ist bis zum nächstfolgenden 30. September zulässig; die Dauer eines allfälligen Verbesserungsauftrages darf eine zur Behebung des Mangels erforderliche angemessene Frist nicht überschreiten.

..."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die vom Beschwerdeführer begehrte aliquote Rückerstattung des von ihm für das Wintersemester 2008/09 entrichteten Studienbeitrages sei gesetzlich nicht vorgesehen. Der Antrag sei daher abzuweisen gewesen.

Der Beschwerdeführer wendet dagegen im Wesentlichen ein, es handle sich beim Studienbeitrag um eine "zeitraumbezogene Beitragspflicht". Der Gesetzgeber habe den Studienbeitrag nicht als einmalige, zu Beginn des Semesters zu leistende "Zulassungsgebühr" konstruiert, sondern als Entgelt für die Inanspruchnahme der während eines Semesters durch die Universität zu erbringenden Leistungen. Dass die vollständige Entrichtung des Studienbeitrages Voraussetzung für die Wirksamkeit der Fortsetzungsmeldung sei, habe keine konstitutive Wirkung hinsichtlich der Höhe des Studienbeitrags. Vielmehr habe der Zahlungspflichtige einen Rechtsanspruch auf Rückzahlung des im Voraus zu viel Geleisteten, wenn nachträglich die gesetzliche Grundlage für die Zahlungsverpflichtung (teilweise) wegfalle. Auch der Rechnungsabschluss der Universität Wien zeige aus näher dargelegten Gründen, dass es sich bei den Studienbeiträgen um zeitraumbezogene Beiträge handle. Der Zeitraum, für den der Studienbeitrag vom Beschwerdeführer zu leisten gewesen sei, habe die Tage vom bis zum umfasst. Auf den Zeitraum vom bis zum seien hingegen die den Beschwerdeführer begünstigenden Bestimmungen der Universitätsgesetz-Novelle 2008 anzuwenden und es sei vom Erlassgrund des § 92 Abs. 1 Z. 5 UG 2002 auszugehen gewesen. Demgegenüber habe die belangte Behörde die materiell-rechtlichen Bestimmungen der Universitätsgesetz-Novelle 2008 zwar genannt, aber nicht angewendet. Der Auffassung der belangten Behörde, der Studienbeitrag sei unteilbar, müsse entgegengehalten werden, dass zeitraumbezogene Beitragspflichten immer teilbar seien, wenn sich während des laufenden Beitragszeitraumes die Sach- oder Rechtslage ändere. Schließlich hätte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auch nicht auf § 25 Abs. 2 erster Satz des Satzungsteiles "Studienrecht", wonach der Antrag auf Erlass bis zum Ende der Nachfrist gemäß § 61 Abs. 2 UG 2002 einbracht werden könne, stützen dürfen. Wohl aber hätte die belangte Behörde § 25 Abs. 3 des Satzungsteiles "Studienrecht" anzuwenden gehabt, wonach der Studienbeitrag u.a. dann rückzuerstatten sei, wenn er einbezahlt worden sei, aber innerhalb der Zahlungsfrist ein Erlassgrund wirksam werde.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf:

Im vorliegenden Fall geht es um die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Entrichtung des Studienbeitrages für das Wintersemester 2008/09, somit um die Frage, was in Ansehung dieser Verpflichtung während dieses Zeitraums rechtens war.

Gemäß § 91 Abs. 1 UG 2002 idF vor der Novelle 2008 war der Studienbeitrag in der Höhe von EUR 363,36 jedes Semester und zwar gemäß § 19 Abs. 4 UG 2002 für jedes Semester im Voraus zu entrichten. Durch die am in Kraft getretene Novelle 2008 wurden bestimmte Studierende von der Verpflichtung zur Entrichtung dieses Beitrages befreit, weiters wurden zusätzliche Erlasstatbestände geschaffen, u.a. der auf den Beschwerdeführer - wie er behauptet - anwendbare § 92 Abs. 1 Z. 5 UG 2002.

Nun könnte eine Geltendmachung dieses Erlasstatbestandes nach Entrichtung des Studienbeitrages im Wege eines Antrages auf Rückzahlung im Sinne des § 2b Abs. 3 StudbeiV 2004 zwar in Erwägung gezogen werden, kommt aber im vorliegenden Fall schon aus folgenden Gründen nicht in Betracht:

Vor der Novelle BGBl. I Nr. 134/2008 war der Studienbeitrag in der Höhe von EUR 363,36 von den Studierenden jedes Semester zu entrichten. Eine anteilige Verringerung dieses Beitrages war nicht vorgesehen, selbst nicht für den Fall des Erlöschens der Zulassung zum Studium während des Semesters. Vielmehr war ein einheitlicher Studienbeitrag normiert, der "jedes Semester" zu entrichten oder - etwa im Falle einer Beurlaubung - nicht zu entrichten war.

Daran hat die Novelle BGBl. I Nr. 134/2008 nichts geändert. Sie enthält insbesondere keine (abweichende) Regelung, dass in Anwendung der neuen Erlasstatbestände der für das Wintersemester 2008/09 zu entrichtende bzw. entrichtete Studienbeitrag sich für den ab verbleibenden Zeitraum des Semesters anteilig verringere und insoweit ein Anspruch auf Rückersatz bestehe. Dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch auf (teilweisen) Rückersatz des für das Wintersemester 2008/09 geleisteten Studienbeitrages fehlt daher die gesetzliche Grundlage.

Soweit der Beschwerdeführer aber unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides geltend macht, hat er die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel iSd § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG nicht dargelegt. Gleiches gilt für das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte einzelne Bestimmungen der Satzung der Universität nicht anführen dürfen, andere hingegen anführen müssen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am