VwGH vom 15.05.2012, 2012/18/0029
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2012/18/0036
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerden 1. (zur Zl. 2012/18/0029) der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien und 2. (zur Zl. 2012/18/0036) der VB in W, vertreten durch Mag. Martin Nemec, Rechtsanwalt in 1210 Wien, Brünner Straße 37/5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-FRG/56/8870/2011-1, betreffend Rückehrentscheidung und Einreiseverbot (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit gegen die Zweitbeschwerdeführerin ein Einreiseverbot erlassen wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Zweitbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin abgelehnt.
Begründung
I.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen die Zweitbeschwerdeführerin, eine serbische Staatsangehörige, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG). Unter einem verband sie diesen Ausspruch gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 FPG mit der Erlassung eines auf die Dauer von 9 Monaten befristeten Einreiseverbotes. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen festgesetzt.
In ihrer Begründung stellte die belangte Behörde - nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung - fest, die Zweitbeschwerdeführerin habe erstmals am einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (nach den damals geltenden Bestimmungen des am außer Kraft getretenen Fremdengesetzes 1997 - FrG) als Saisonarbeitskraft für eine Tätigkeit im Gasthaus der P GmbH gestellt. Ihr seien in der Folge Aufenthaltserlaubnisse erteilt worden; die zeitlich letzte sei bis gültig gewesen.
Am habe die Zweitbeschwerdeführerin beantragt, ihr eine Niederlassungsbewilligung (nach dem FrG) zu erteilen. Da sie nicht nachgewiesen habe, dass sie über eine ortsübliche Unterkunft verfüge und die für die von ihr beabsichtige unselbständige Erwerbstätigkeit notwendige Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) vorliege, sei ihr Antrag vom Magistrat der Stadt Wien (richtig: Landeshauptmann von Wien) mit Bescheid vom abgewiesen worden.
Wegen des daraufhin unrechtmäßigen Aufenthalts der Zweitbeschwerdeführerin sei gegen sie ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung eingeleitet worden. In weiterer Folge sei die Zweitbeschwerdeführerin aber ab Mai 2003 unbekannten Aufenthalts gewesen. Am sei sie im Zuge einer Polizeikontrolle in einem Gasthaus in W (den Verwaltungsakten zufolge dem von der P GmbH betriebenen Gasthaus) angetroffen werden. Sie habe Arbeitskleidung getragen und bei ihrer Befragung angegeben, dort schon seit mehreren Jahren zu arbeiten. Weiters habe sie gegenüber der Behörde im Rahmen ihrer Vernehmung ausgeführt, zuletzt im Jahr 2003 von Ungarn kommend mit einem von Griechenland ausgestellten Visum C in Österreich eingereist zu sein und hier nach Ablauf der Gültigkeit des Visums geblieben zu sein, weil sie sich "wegen Arbeit umschauen" habe wollen.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom sei gegen die Zweitbeschwerdeführerin, die sich damals in Schubhaft befunden habe, eine Ausweisung erlassen worden (den Verwaltungsakten zufolge erwuchs diese Ausweisung mangels Erhebung einer Berufung in Rechtskraft, am wurde die Zweitbeschwerdeführerin in Durchsetzung der Ausweisung in ihr Heimatland abgeschoben). Sie sei wegen ihres unrechtmäßigen Aufenthalts von August 2003 bis im Bundesgebiet auch verwaltungsstrafrechtlich belangt worden. Über den Geschäftsführer der P GmbH sei wegen der unerlaubten Beschäftigung der Zweitbeschwerdeführerin nach dem AuslBG ebenfalls eine Verwaltungsstrafe verhängt worden.
Am habe die Zweitbeschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt. Dieser sei vom Magistrat der Stadt Wien (richtig: Landeshauptmann von Wien) mangels Vorlage notwendiger Urkunden mit Bescheid vom rechtskräftig zurückgewiesen worden.
Für die Zweitbeschwerdeführerin sei in der Folge ein "Schengen-Visum" mit Gültigkeit vom bis ausgestellt worden. Jedenfalls ab Juli 2009 habe sie über Einkünfte aus "ihrer Geschäftsführung der P(...) GmbH" verfügt.
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom sei die Zweitbeschwerdeführerin wegen unrechtmäßigen Aufenthalts von bis rechtskräftig bestraft worden.
Aus einem im Verfahren vorgelegten Auszug aus dem Firmenbuch ergebe sich, dass die Zweitbeschwerdeführerin seit Geschäftsführerin der P GmbH sei. Laut "im Akt erliegenden Versicherungsdatenauszug" werde die Zweitbeschwerdeführerin seit als Angestellte geführt.
Gegenüber der Bundespolizeidirektion Wien habe sie am angegeben, zuletzt am in Österreich eingereist zu sein, weil "sie hier arbeite". Sie wäre "hier behördlich gemeldet, ledig und ohne Sorgepflichten". Sie wäre "Geschäftsinhaberin".
In der im Berufungsverfahren durchgeführten Verhandlung habe die Zweitbeschwerdeführerin ergänzend vorgebracht, "zum Wohle der Firma noch bis Ende November hier bleiben und die Sachen regeln" zu wollen. Dann würde sie ausreisen, "um von Serbien aus einen Antrag zu stellen". Weiters habe sie auf ihre mit einem österreichischen Staatsbürger bestehende Lebensgemeinschaft hingewiesen.
In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe von Bestimmungen des FPG und der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) aus, die Zweitbeschwerdeführerin halte sich seit 2010 durchgehend unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Infolge dessen sei gegen sie eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG zu erlassen.
Hinsichtlich der Zulässigkeit der Erlassung eines Einreiseverbotes ging die belangte Behörde zunächst davon aus, dass infolge der rechtskräftigen Bestrafung der Zweitbeschwerdeführerin mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 3 FPG erfüllt sei. Es könne sohin davon ausgegangen werden, dass der Aufenthalt der Zweitbeschwerdeführerin eine Gefahr für die öffentliche Ordnung "und Sicherheit" hervorrufe.
§ 53 Abs. 2 FPG sehe für die Befristung eines Einreiseverbotes einen zeitlichen Rahmen von achtzehn Monaten bis zu fünf Jahren vor. Der Verwaltungsgerichtshof habe aber in richtlinienkonformer Interpretation bereits ausgeführt, dass jedenfalls der bloß unrechtmäßige Aufenthalt noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung darstelle, um immer die Erlassung eines Einreiseverbotes zu gebieten. Eine zwingende Mindestdauer des Einreiseverbotes von achtzehn Monaten werde nicht in jedem Fall der Anordnung, wonach die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu erfolgen habe, gerecht. "Letztere - zweifellos unmittelbar anwendbare - Richtlinienbestimmung" stehe daher § 53 Abs. 2 FPG insoweit entgegen, als dort - ohne Ausnahme - die Festsetzung eines Einreiseverbotes für die Dauer von achtzehn Monaten vorgesehen sei. Umgekehrt kenne das FPG keine kürzere Frist für das Einreiseverbot. Es sei daher davon auszugehen, dass gegebenenfalls, wenn sich das Fehlverhalten des Drittstaatsangehörigen auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet beschränke und fallbezogen ausnahmsweise (etwa auf Grund seiner kurzen Dauer oder der dafür maßgebenden Gründe) nur eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens darstelle, überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen sei.
Im gegenständliche Fall - so die belangte Behörde in ihren weiteren auf die Zweitbeschwerdeführerin bezogenen Erwägungen - lägen Umstände vor, die für eine "geringere" Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung "und Sicherheit" auf dem Gebiet des Fremdenwesens sprächen. Die Zweitbeschwerdeführerin sei zunächst rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig gewesen. Ein weiterer Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sei lediglich aufgrund formeller Mängel nicht bewilligt worden. Abgesehen vom unrechtmäßigen Aufenthalt lägen "sonstige Gefährdungen" nicht vor. Das Fehlverhalten der Zweitbeschwerdeführerin beschränke sich auf den unrechtmäßigen Aufenthalt. Andererseits habe sich die Zweitbeschwerdeführerin Anweisungen der Fremdenpolizeibehörde wiederholt "entgegengesetzt". Sie sei ihrer Ausreiseverpflichtung sowie dem Erfordernis der Antragstellung vom Ausland aus (gemeint: hinsichtlich der Erteilung eines Aufenthaltstitels) nicht nachgekommen. Der unrechtmäßige Aufenthalt habe sich auch über eine beträchtliche Dauer erstreckt. Es liege daher "eine derartige Gefährdung der öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK vor". Die Zweitbeschwerdeführerin sei auch noch immer nicht freiwillig ausgereist, obwohl sie dies angekündigt habe. Es sei daher im vorliegenden Fall "von einem zu verhängenden Einreiseverbot im Sinne des § 53 FPG auszugehen". In Anbetracht der vorliegenden Umstände sei unter Berücksichtigung der von der Zweitbeschwerdeführerin ausgehenden Gefährdung das Einreiseverbot mit neun Monaten zu befristen. Es sei - dabei nahm die belangte Behörde auch auf die (unten näher dargestellten) Bindungen der Zweitbeschwerdeführerin im Bundesgebiet Bedacht - davon auszugehen, dass nach Ablauf dieser Frist "keine derartige Gefährdung mehr" vorliegen werde.
Im Weiteren legte die belangte Behörde noch dar, weshalb auch aus dem Blickwinkel der nach § 61 FPG gebotenen Interessenabwägung die gegenständliche fremdenpolizeiliche Maßnahme zulässig sei. Die Zweitbeschwerdeführerin habe zwar - so die belangte Behörde offenkundig unter Bezugnahme auf das Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin zur Lebensgemeinschaft mit einem österreichischen Staatsbürger und ihren Feststellungen zu ihrer beruflichen Tätigkeit in Österreich - berufliche und private Integration vorzuweisen. Ihre Gesamtaufenthaltsdauer in Österreich habe - jedoch mit Unterbrechungen - insgesamt mehr als zehn Jahre betragen. Ihr Aufenthalt sei "bisher größtenteils illegal". Die Bindungen seien zu einer Zeit entstanden, als sie sich ihres "ungewissen Aufenthalts" bewusst habe sein müssen. Sonstige besondere Umstände, die zu berücksichtigen gewesen wären, seien nicht vorhanden und auch nicht behauptet worden.
II.
Die Amtsbeschwerde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (Erstbeschwerdeführerin) richtet sich ausschließlich nur gegen die das Einreiseverbot betreffende Entscheidung. Die Zweitbeschwerdeführerin bekämpft den angefochtenen Bescheid zur Gänze.
Über die vorliegenden Beschwerden, die auf Grund des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden wurden, hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift zur Amtsbeschwerde durch die belangte Behörde erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung einerseits und dem Einreiseverbot andererseits um trennbare Spruchbestandteile handelt. Dies ergibt sich zum einen auf Grund der gesetzlichen Regelungen des § 52 und § 53 FPG, anhand deren klar wird, dass unterschiedliche Rechtsinstitute vorliegen. Aber auch aus der Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 14 FPG, in der der Gesetzgeber davon ausgeht, es könne eine Rückkehrentscheidung geben, ohne dass damit ein Einreiseverbot verbunden ist, ist dies abzuleiten. Schließlich ist auch auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/21/0237, hinzuweisen, in dem Verwaltungsgerichtshof mit näherer (in erster Linie auf Vorgaben durch das Unionsrecht zurückzuführender) Begründung in Punkt 2.2., auf die insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, darlegt, dass auch in Fällen, die - bezogen auf das In-Kraft-Treten des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 (FrÄG 2011) - keine "Übergangsfälle" sind, in bestimmten Konstellationen davon auszugehen sei, es dürfe mit der Rückkehrentscheidung kein Einreiseverbot unter einem erlassen werden. Daraus ergibt sich aber zwingend, dass eine Rückkehrentscheidung auch dann (eigenständig) Bestand haben kann, wenn damit kein Einreiseverbot verbunden wird. An diesem Ergebnis können - schon aus den im Erkenntnis 2011/21/0237 dargelegten Erwägungen - auch die in den Materialien zum FrÄG 2011, in denen auf die unionsrechtlichen Vorgaben nicht hinreichend Bedacht genommen wurde, zu § 53 FPG enthaltenen Ausführungen (RV 1078 BlgNR 24. GP, 29), wonach die Entscheidungen über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und die Dauer eines Einreiseverbotes nicht voneinander trennbar seien, nichts ändern. Die Materialien gingen nämlich - wie im Erkenntnis 2011/21/0237 aufgezeigt in mit dem Unionsrecht nicht vereinbarer Weise - davon aus, dass "eine Rückkehrentscheidung stets mit einem Einreiseverbot" einherzugehen hätte. Der Frage aber, ob ein Einreiseverbot nach § 53 FPG auch dann erlassen werden darf, wenn eine Rückkehrentscheidung nicht ausgesprochen wird, muss im Hinblick auf die Gegebenheiten des vorliegenden Falles hier nicht nachgegangen werden.
Vor diesem Hintergrund erweist sich nicht nur - wie von der Erstbeschwerdeführerin vorgenommen - die alleinige Anfechtung der Erlassung des Einreiseverbotes als zulässig, sondern es stellte sich auf Grund der Besonderheiten des vorliegenden Falles auch als zweckmäßig dar, die gegen die Zweitbeschwerdeführerin erlassenen Maßnahmen einer separaten Betrachtung zuzuführen. Dabei war aber wiederum zu berücksichtigen, dass es sich bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer eines Einreiseverbotes um einen vom Ausspruch des Einreiseverbotes nicht trennbaren Inhalt handelt (vgl. die zu den insoweit vergleichbaren Rechtsinstituten Aufenthaltsverbot und Rückkehrverbot ergangenen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/22/0589, und vom , Zl. 2012/18/0012).
Zu Spruchpunkt 1.:
Die Erstbeschwerdeführerin bringt vor, die belangte Behörde hätte auf Grund des festgestellten Sachverhaltes das Einreiseverbot nicht bloß für neun Monate befristen dürfen. Sie geht dabei aber - ebenso wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - davon aus, die Erlassung eines auf neun Monate befristeten Einreiseverbotes sei an sich zulässig. Diese Ansicht entspricht allerdings nicht dem Gesetz.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im bereits zitierten Erkenntnis 2011/21/0237 mit näherer Begründung, auf die auch hier gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, dargelegt, dass jedenfalls der bloße unrechtmäßige Aufenthalt nach dem System der Rückführungsrichtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung darstellt, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebiete. Zwar kann eine Rückkehrentscheidung dessen ungeachtet mit einem Einreiseverbot einhergehen. Eine in jedem Fall zwingende Mindestdauer von achtzehn Monaten - mag sie auch in vielen Fällen gerechtfertigt sein - wird der Anordnung, wonach die Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes "in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls" zu erfolgen habe, jedoch nicht gerecht. Die - zweifellos unmittelbar anwendbare - Richtlinienbestimmung des Art. 11 Abs. 2 Rückführungsrichtlinie steht daher § 53 Abs. 2 FPG insoweit entgegen, als dort - ohne Ausnahme - die Festsetzung eines Einreiseverbotes für die Dauer von achtzehn Monaten vorgesehen ist. Umgekehrt kennt das FPG keine kürzere Frist für das Einreiseverbot. Es ist daher davon auszugehen, dass gegebenenfalls, wenn das Fehlverhalten des Drittstaatsangehörigen sich auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet beschränkt und fallbezogen ausnahmsweise (etwa auf Grund seiner kurzen Dauer oder der dafür maßgebenden Gründe) nur eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens darstellt, überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen ist.
Dies bedeutet, dass - eben weil das FPG eine kürzere als die achtzehnmonatige Frist für das Einreiseverbot nicht kennt - immer dann, wenn auf Grund des die öffentliche Ordnung (oder Sicherheit) bloß geringfügig beeinträchtigenden Fehlverhaltens des Drittstaatsangehörigen fallbezogen die Erlassung eines Einreiseverbotes für die Dauer von achtzehn Monaten nicht gerechtfertigt ist, überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen ist. Sohin erweist sich der Ausspruch eines Einreiseverbotes mit einer Dauer von neun Monaten als rechtswidrig.
Da es sich nach den einleitenden Ausführungen beim Ausspruch des Einreiseverbotes als solches und seiner Befristung um einen untrennbaren Spruchinhalt handelt, war der angefochtene Bescheid in diesem Spruchpunkt zur Gänze wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Bei diesem Ergebnis musste an dieser Stelle auf das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin, das Einreiseverbot sei länger zu befristen, ebenso wenig eingegangen werden wie auf die Behauptungen der Zweitbeschwerdeführerin, wonach von ihr wegen bloß geringfügigen Fehlverhaltens überhaupt keine maßgebliche Gefährdung, die die Erlassung eines Einreiseverbotes rechtfertigen könne, ausgehe.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm
der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Zu Spruchpunkt 2.:
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates oder des Bundesvergabeamtes durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid, soweit damit eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG erlassen und eine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt wurde, nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
In der vorliegenden Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin werden hinsichtlich der oben genannten Aussprüche keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des § 33a VwGG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
Der erkennende Senat hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich über die Erlassung eines Einreiseverbotes hinaus auch gegen andere Aussprüche des angefochtenen Bescheides richtet, abzulehnen.
Wien, am