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VwGH vom 01.04.2009, 2008/08/0260

VwGH vom 01.04.2009, 2008/08/0260

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des E D in W, vertreten durch Mag. Georg Hampel, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Praterstraße 62-64, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2008-0566-9-002373, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein im Jahre 1984 geborener nigerianischer Staatsangehöriger, der in Österreich um Asyl angesucht hat, bezog auf Grund seines Antrages vom , worin er als anwartschaftsbegründende Versicherungszeiten gemäß § 66a AlVG Beschäftigungszeiten vom bis in der Justizanstalt S geltend gemacht hatte, (mit Unterbrechungen) Arbeitslosengeld.

Das von ihm unterfertigte bundeseinheitliche Antragsformular beinhaltete unmittelbar vor Wiedergabe des Inhaltes von § 50 Abs. 1 AlVG folgenden Hinweis:

"Nach den Bestimmungen des § 50 Abs. 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes sind sie verpflichtet, uns sofort mitzuteilen:


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den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis (auch bei geringfügiger Beschäftigung), einen Kranken- bzw. Wochengeldbezug und spätestens innerhalb einer Woche nach Eintritt der Veränderung insbesondere
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jede Änderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse und der ihrer Angehörigen
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jede Änderung ihrer Wohnadresse sowie
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jeden Aufenthalt im Ausland."
Unbestritten ist weiters, dass sich der Beschwerdeführer vom 13. Jänner bis in Haft (davon vom 13. bis in Verwahrungs-, vom 15. Jänner bis in Untersuchungs- und anschließend in Strafhaft) befunden hat.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes an den Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 2 für die Zeit vom 13. Jänner bis widerrufen und den Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zum Ersatz des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in der Höhe von EUR 866,21 verpflichtet.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer im vom Widerruf umfassten Zeitraum auf Grund seiner Haft nicht arbeitslos gewesen sei. Mit seiner Unterschrift bei Antragstellung am habe der Beschwerdeführer am Antragsformular bestätigend zur Kenntnis genommen, dass nach § 50 Abs. 1 AlVG die Verpflichtung bestehe, den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis (auch bei einer geringfügigen Beschäftigung), einen Krankengeldbezug, jede Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse, jede Änderung seiner Wohnadresse, jeden Aufenthalt im Ausland und jede für den Fortbestand und das Ausmaß seines Anspruches maßgebende Änderung spätestens binnen einer Woche dem Arbeitsmarktservice zu melden. Dem Beschwerdeführer sei die Relevanz und bestehende Meldepflicht hinsichtlich seiner Inhaftierung gegenüber dem Arbeitsmarktservice bekannt gewesen, sodass die Verschweigung der Haft gegenüber dem Arbeitsmarktservice eine vorwerfbare Meldepflichtverletzung darstelle, wodurch ein Rückforderungstatbestand gemäß § 25 AlVG erfüllt sei. Dem in der Berufung erhobenen Einwand, der Beschwerdeführer hätte auf Grund seiner Haft nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten gehabt zu kommunizieren, wird entgegengehalten, dass dies nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche, da eine schriftliche oder telefonische Kontaktaufnahme mit dem Arbeitsmarktservice auch während der Haft möglich gewesen sei. Die Höhe des Rückforderungsbetrages resultiere aus bezogenem Arbeitslosengeld vom 13. Jänner bis (47 Tage) von täglich EUR 18,43.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat. Als arbeitslos gilt insbesondere nicht, wer eine Freiheitsstrafe verbüßt oder auf behördliche Anordnungen in anderer Weise angehalten wird (§ 12 Abs. 3 lit. c leg. cit.).

Nach § 24 Abs. 2 AlVG ist die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt.

Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgeblicher Tatsachen herbeigeführt oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in der Höhe gebührte.

Wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, ist gemäß § 50 Abs. 1 AlVG verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß seines Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses, anzuzeigen.

Zum Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe Ermittlungen (wie insbesondere die Einvernahme des Beschwerdeführers unter Beiziehung eines Dolmetschers) dazu unterlassen, ob der Beschwerdeführer das Antragsformular bei seiner Antragstellung am tatsächlich verstanden habe oder überhaupt verstehen habe können sowie hinsichtlich der tatsächlichen Situation des Beschwerdeführers während seines Haftaufenthalts und seiner Möglichkeiten einer Kontaktaufnahme mit dem Arbeitsmarktservice, ist Folgendes auszuführen:

Ist eine Partei der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig, ist erforderlichenfalls ein Dolmetscher beizuziehen (§ 39a AVG). Ein Verstoß gegen § 39a AVG bewirkt einen Verfahrensmangel, der nur dann zur Aufhebung des Bescheides führt, wenn er relevant im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG ist (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/18/0012, m.w.N.). Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ausführt, hielt sich der Beschwerdeführer seit 2003 in Österreich auf und hat mehrere vom Arbeitsmarktservice finanzierte Deutschkurse besucht. Aus den Verwaltungsakten ergibt sich nicht, dass der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren oder im Berufungsverfahren darauf hingewiesen hätte, dass seine Deutschkenntnisse nicht für seine Vorsprachen beim Arbeitsmarktservice bzw. dafür ausgereicht hätten, die Hinweise auf dem Antragsformular zu den ihn treffenden Meldepflichten zu verstehen. Es sind somit keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen wäre, sich ausreichend verständlich zu machen. Damit lagen aber weder die Voraussetzungen des § 39a AVG vor, noch bestand für die belangte Behörde die Notwendigkeit zu diesbezüglichen Ermittlungen, sodass der behauptete Verfahrensmangel nicht vorliegt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/08/0193). Zudem handelt es sich beim erstmaligen Vorbringen des Vorliegens von mangelnden Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers in der Beschwerde um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung.

Ebenso ist die belangte Behörde angesichts des zur Rechtfertigung des Verhaltens des Beschwerdeführers erstatteten Berufungsvorbringens, er habe "eingeschränkte Möglichkeiten der Kommunikation in der Haft" gehabt, nicht zu weiteren Ermittlungen verhalten gewesen, da der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet hat, einen Kontakt mit dem Arbeitsmarktservice während seiner Haft gesucht zu haben. Im Übrigen ist es notorisch, dass Häftlinge auch im Rahmen ihres eingeschränkten Kontaktes mit der Außenwelt - bei Bedarf auch unter Zuhilfenahme der Betreuungsdienste in den Justizanstalten - in geeigneter Weise mit Ämtern und Behörden kommunizieren können.

Auch das weitere Beschwerdeargument, das Antragsformular würde keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Meldepflicht eines Haftaufenthaltes enthalten bzw. es sei dem Beschwerdeführer die Beurteilung, dass diesfalls ein meldepflichtiger Sachverhalt vorliege, nicht zumutbar, ist nicht stichhaltig, da es auch für einen juristischen Laien durchaus erkennbar ist, dass die Unterbringung in einer Haftanstalt eine derartige Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Situation darstellt, die von dem im Antragsformular zitierten § 50 Abs. 1 AlVG ("... jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung ...") umfasst ist und dadurch Meldepflichten für den Arbeitslosen entstehen.

Insgesamt vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am