VwGH vom 27.01.2011, 2010/09/0243
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des KE in S, vertreten durch Dr. Georg Peterlunger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Schanzlgasse 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-11/11.220/12-2010, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der M GmbH als Arbeitgeber mit Sitz in S zu verantworten, dass von dieser der indische Staatsangehörige AK vom bis zum in S beschäftigt worden sei, obwohl für diesen keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 4.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.
Auf Grund der dagegen erhobenen Beschwerde wurde der Bescheid mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0280, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil sich dem Bescheid nicht entnehmen ließ, von welchem Sachverhalt die belangte Behörde ausgegangen war.
Mit dem nunmehr ergangenen (Ersatz )Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der M GmbH als Arbeitgeber mit Sitz in S zu verantworten, dass von dieser der indische Staatsangehörige AK vom bis zum in S beschäftigt worden sei, obwohl für diesen keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 4.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach wörtlicher Wiedergabe der in der durchgeführten mündlichen Verhandlung geleisteten Aussagen der Zeugen AK (beschäftigter Ausländer) und PR (Vertriebsleiter der M GmbH) im Wesentlichen aus:
"In Anwendung dieser Judikaturgrundsätze ist festzuhalten, dass Herr AK nach eigenen Angaben sich zwar selbst um die Erteilung der Verteilungsaufträge bemüht hat. Alles andere lag aber in den Händen der M GmbH. Angefangen von der Gestaltung des 'Rahmenwerkvertrags', dessen Inhalt Herr AK nicht einmal verstanden hat, über die zeitliche und ablaufmäßige Koordination der Verteilungen (laut Herrn AK mittels Bus, der Personal und Material an die jeweiligen Einsatzorte gebracht hat) bis zur Höhe der Entlohnung, die die Grundlage für die Bestreitung der Lebenshaltungskosten durch Herrn AK gebildet hat und die er lediglich im Bedarfsfall durch Caritas-Zuwendungen aufgebessert hat.
Es hat auch Herr PR, der Vertriebsleiter für das Bundesland S, in der Berufungsverhandlung ausgesagt, dass das Landesgebiet in Rayone eingeteilt ist und es für jede Zone einen bestimmten Tarif gibt. Der Zeuge hat auch die Angaben des Herrn AK bestätigt, wonach die Verteiler keine eigenen Rechnungen stellen, sondern wöchentlich einen Bericht ('Abrechnungszettel') vom Unternehmen erhalten und dieser dann auch die Funktion einer Rechnung hat. Ebenso hat Herr PR klargestellt, dass den Verteilern ein Endtermin für die Verteilung genannt wird; sollte die Verteilung durch den Verteiler selbst nicht möglich sein, so ist es nicht seine Sache, für Ersatz zu sorgen, sondern wird dies dann durch die M GmbH gemanagt.
Durch den besagten Rahmenwerkvertrag und den dargestellten Ablauf der Verteilungen wird daher kein gewährleistungstaugliches abgegrenztes Werk erbracht, sondern eine zwar zeitlich von vorneherein nicht festgelegte, aber im Einsatzfall persönlich zu erbringende Dauerschuldleistung geschuldet. Auch erbringt ein Werbemittelverteiler die Arbeitsleistungen natürlich nie im Betrieb des Auftraggebers im engeren Sinn, also in den Büro- oder Lagerräumen, sondern 'von Haus zu Haus', was ja in der Natur der Sache liegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat ja - auch hinsichtlich des (Beschwerdeführers) - schon wiederholt ausgesprochen, dass Werbemittelverteiler kein selbstständiges, näher umschriebenes Werk herstellen und ihre Verwendung grundsätzlich in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis erfolgt (sieh zB Erk , 2000/09/0058; Erk , 2005/09/0045; Erk , 2003/09/0137; Erk , 2000/09/0057)."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt als Spruchmangel, es sei ihm nur vorgeworfen worden, AK "beschäftigt" zu haben, ohne näher zu differenzieren, welcher Art die Beschäftigung gewesen sei. Er verweist dazu auf das in einer Arbeitsrechtssache (Kündigungsentschädigung) ergangene . Er übersieht, dass anders als bei der in der Arbeitsrechtssache anzuwendenden Rechtslage im AuslBG die Beschäftigung in dessen § 2 abschließend als unselbständige Beschäftigung definiert ist, welche nur unter den im AuslBG genannten Bedingungen zulässigerweise ausgeübt werden darf. Mit dem Wort "beschäftigt" ist daher im Spruch in einer dem § 44a VStG entsprechenden Weise die strafbare Tätigkeit ausreichend umschrieben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/09/0019).
Der Beschwerdeführer bringt vor, AK habe "immer über eine Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck" verfügt (offenbar: eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 8 Abs. 1 NAG) und "rechtzeitig einen Verlängerungsantrag auf eine Niederlassungsbewilligung-unbeschränkt" (§ 8 Abs. 2 Z. 3 NAG) gestellt. Dieses Verfahren sei eine Vorfrage, die Behörde hätte das gegenständliche Verfahren aussetzen müssen. Der Beschwerdeführer behauptet aber nicht, dass der Antrag des AK bis dato zur Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung-unbeschränkt" geführt habe.
Nur die in § 17 AuslBG genannten Aufenthaltstitel "Niederlassungsnachweis" (§ 24 FrG 1997), "Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) und "Niederlassungsbewilligung-unbeschränkt" (§ 8 Abs. 2 Z. 3 NAG) berechtigen ihren Inhaber zur Ausübung einer Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet ohne die Notwendigkeit, weitere arbeitsmarktbehördliche Genehmigungen einzuholen. Der Beschwerdeführer verkennt, dass die Erteilung eines solchen Titels konstitutiv wirkt.
Solange also einer der in § 17 AuslBG genannten Aufenthaltstitel nicht erteilt ist, bedarf es zur rechtmäßigen Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit einer der übrigen im AuslBG geregelten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen, Bestätigungen und dgl. Dass eine solche für AK ausgestellt gewesen sei, bringt der Beschwerdeführer nicht vor; solange aber eine derartige arbeitsmarktrechtliche Bewilligung fehlte, durfte AK nicht von der M GmbH beschäftigt werden. Die belangte Behörde war nicht gehalten, das gegenständliche Verfahren bis zur Entscheidung über die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für AK auszusetzen, weil die vor der Erteilung einer Bewilligung erfolgte Beschäftigung auch durch eine im Nachhinein allenfalls erteilte Berechtigung nicht rückwirkend legalisiert werden kann.
Im Übrigen ist der vorliegende Beschwerdefall jenen Fällen gleichgelagert, welche den den Beschwerdeführer betreffenden hg. Erkenntnissen vom , Zl. 2000/09/0058 und Zl. 2000/09/0057), zu Grunde lagen. Es genügt daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die dortigen Entscheidungsgründe zu verweisen. Der Beschwerdeführer bringt in der vorliegend erhobenen Beschwerde nichts Entscheidendes vor, auf Grund dessen im gegenständlichen Fall anders zu erkennen wäre.
Den weiteren, über das Vorbringen des Beschwerdeführers in den genannten Fällen hinausgehenden Ausführungen ist noch zu erwidern:
Der Beschwerdeführer rügt, dass der Tatzeitraum bis verjährt und eine Bestrafung wegen dieses Zeitraums ausgeschlossen sei. Er verkennt, dass es sich bei einer ununterbrochenen bewilligungslosen Beschäftigung eines Ausländers durch einen bestimmten Zeitraum im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG um ein Dauerdelikt handelt. Beim Dauerdelikt sind tatbildgemäße Einzelhandlungen so lange als Einheit und damit nur als eine Verwaltungsübertretung anzusehen und dementsprechend auch nur mit einer Strafe zu belegen, als der Täter nicht nach außen erkennbar seine deliktische Tätigkeit aufgegeben hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0086, sowie das darin zitierte Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.138/A). Gemäß § 31 Abs. 2 VStG ist die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; dies war im vorliegenden Fall der , sodass hinsichtlich des gesamten Tatzeitraums keine Strafbarkeitsverjährung eingetreten ist.
Gegen die Strafbemessung bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde werfe ihm basierend auf bereits getilgten Verwaltungsstrafvormerkungen vor, dass ihn Bestrafungen aus den Jahren 1998, 2002 und 2004 "nicht zu einer Änderung (s)einer Einstellung bewegen" hätten können.
Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzugestehen, dass gemäß § 55 Abs. 2 VStG getilgte Strafen bei der Strafbemessung keine Berücksichtigung mehr finden dürfen. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht etwa zur Beurteilung der subjektiven Tatseite eines strafbaren Verhaltens des Täters herangezogen werden dürfen (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens6, Seite 1334 und die dort wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Dass die belangte Behörde im Zusammenhang mit der Wertung des Verhaltens des Beschwerdeführers als bedingt vorsätzlich auch länger zurückliegende einschlägige Delikte heranzog, erfolgte im Rahmen der Beurteilung der subjektiven Tatseite und demnach im Einklang mit der Rechtslage.
Sodann rügt der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius, weil die Behörde erster Instanz ausgehend vom zweiten Strafrahmen eine Strafe von EUR 5.000,--, das seien 16,67 % des Strafrahmens, die belangte Behörde trotz Herabsetzung der Strafe unter Anwendung des ersten Strafrahmens auf EUR 4.000,-- aber eine Strafe von 33,33 % des Strafrahmens verhängt habe.
Keine Norm schreibt der Behörde zweiter Instanz einen festen Schlüssel bei der Herabsetzung einer von der Behörde erster Instanz bemessenen Strafe vor. Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 91/06/0137, mwN, ausgeführt, dass selbst dann kein Verstoß gegen den Grundsatz des Verbotes einer "reformatio in peius" vorliegt, wenn die Berufungsbehörde bei Verneinung eines von der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz für die Bemessung der Strafe herangezogenen Erschwerungsgrundes die Strafe nicht herabsetzt, wenn sie in der Lage ist zu begründen, dass andere Umstände vorlagen, die es rechtfertigen, das Ausmaß der verhängten Strafe für angemessen zu halten. Dies gilt in gleicher Weise bei Anwendung eines anderen Strafrahmens. Die belangte Behörde hat ausgeführt, dass die von der Erstbehörde zur Bestimmung des Strafrahmens herangezogenen Verwaltungsstrafvormerkungen zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits getilgt waren und daher anstatt des zweiten der erste Strafrahmen des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG heranzuziehen war. Sie ging jedoch im Gegensatz zur Behörde erster Instanz, welche bloß grob fahrlässiges Verhalten angenommen hatte, von bedingt vorsätzlicher Tatbegehung aus. Schon deshalb ist die Herabsetzung der Strafe im vorgenommenen Ausmaß nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Auch der Vorwurf, die belangte Behörde hätte "in Beibehaltung" des "Umrechnungsschlüssels" der Behörde erster Instanz zwischen Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe "höchstens" eine Ersatzfreiheitsstrafe "von zwei Tagen, 19 Stunden und 12 Minuten aussprechen" dürfen, ist unbegründet. Dem Gesetz lässt sich nicht entnehmen, dass - innerhalb der gesetzlichen Mindest- und Höchstsätze - ein bestimmtes Verhältnis zwischen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen bestehen müsse und die für den Fall der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe nach einem festen Umrechnungsschlüssel zu bemessen sei (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/09/0017).
Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am