VwGH vom 15.12.2009, 2005/13/0054

VwGH vom 15.12.2009, 2005/13/0054

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch die Prof. Dr. Thomas Keppert Wirtschaftsprüfung GmbH in 1060 Wien, Theobaldgasse 19, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. ABK - 547/04, betreffend Haftung nach den §§ 7 und 54 WAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer sowohl der A. GmbH als auch der W. GmbH.

Mit Bescheid vom wurde die von der A. GmbH für den Zeitraum 1994 bis 1996 zu entrichtende Kommunalsteuer bescheidmäßig festgesetzt.

Mit Generalversammlungsbeschluss vom wurde die A. GmbH rückwirkend zum mit der W. GmbH als übernehmender Gesellschaft verschmolzen.

Mit Bescheid vom wurde die von der W. GmbH für den Zeitraum 1994 bis 1996 zu entrichtende Kommunalsteuer bescheidmäßig festgesetzt.

Am wurde über das Vermögen der W. GmbH der Konkurs eröffnet. Dieser Konkurs wurde nach Annahme eines Zwangsausgleiches am wieder aufgehoben.

Während des Konkurses wurde mit Bescheid vom die von der W. GmbH für den Zeitraum 1997 und Jänner bis September 1998 zu entrichtende Kommunalsteuer bescheidmäßig festgesetzt.

Alle drei Kommunalsteuerbescheide wurden mit Berufung bekämpft, wobei jeweils die auf die Geschäftsführerbezüge des Beschwerdeführers entfallende, nicht abgeführte Kommunalsteuer den Streitpunkt bildete.

Mit Schriftsätzen vom und zog die W. GmbH - nach Aufhebung des Konkurses - die Berufungen gegen die Bescheide vom und zurück. Die Berufung der A. GmbH gegen den Bescheid vom wurde mit einer - ungeachtet der Verschmelzung noch an die A. GmbH adressierten - Erledigung der belangten Behörde vom als unbegründet abgewiesen.

Am schied der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der W. GmbH aus. Am wurde über das Vermögen der W. GmbH erneut der Konkurs eröffnet.

Mit erstinstanzlichen Bescheiden vom und wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 7 und 54 WAO für die von den beiden Gesellschaften nicht entrichtete Kommunalsteuer haftbar gemacht.

In den dagegen erhobenen Berufungen bestritt der Beschwerdeführer die Abgabenrückstände nicht. Er machte zunächst - in der gegen den ersten, die Rückstände der W. GmbH betreffenden Bescheid erhobenen Berufung - im Wesentlichen geltend, er habe deshalb "keine Veranlassung" gehabt, die Beträge zu entrichten, weil der Bescheid vom mit Berufung bekämpft und die Aussetzung der Einhebung beantragt worden sei. Wenn der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 93/17/0280, ausgesprochen habe, die Haftung für eine Selbstbemessungsabgabe setze (gemeint, wie in dem Erkenntnis ausgeführt: keine bescheidmäßige Festsetzung der Abgabenschuld, sondern nur) die Entstehung kraft Gesetzes voraus, so gelte dies "wohl nur für unstrittige Abgabenschulden". Zu einer "rechtmäßigen Festsetzung" der strittigen Kommunalsteuerbeträge für die Jahre 1994 bis 1996 sei es erst durch die Berufungszurücknahme gekommen. Zur Zeit der erstinstanzlichen Festsetzung der Beträge für den Zeitraum 1997 und Jänner bis September 1998 sei die W. GmbH im Konkurs gewesen und vom Masseverwalter vertreten worden. Auch hier sei Berufung erhoben und die Aussetzung beantragt worden. Die Kommunalsteuerpflicht des Geschäftsführerbezuges eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers sei damals "umstritten" gewesen. Es habe "verfassungsrechtliche Bedenken" und einen Aufhebungsantrag des Verwaltungsgerichtshofes gegeben. Erst durch die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes vom 1. und , G 109/00 und 110/00, sei "diese Kontroverse beendet" worden. Die Auffassung des Beschwerdeführers habe "auch im Gesetzeswortlaut Deckung" gefunden und "eine nachträgliche Auslegungsänderung durch den Verwaltungsgerichtshof" könne ihm "ebenfalls nicht zur Last gelegt" werden. In den Jahren 1994 bis 1998 sei darüber hinaus "nicht einmal die Verfassungsmäßigkeit der Einbeziehung der wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer in den Dienstnehmerbegriff im Sinne der Kommunalsteuer eindeutig geklärt" gewesen. Einem Geschäftsführer könne "nicht vorgeworfen werden, dass er sich nicht an eine, in Fachkreisen und auch beim VwGH eindeutig umstrittene Regelung hält".

In der zweiten, gegen den die (ursprünglichen) Rückstände der A. GmbH betreffenden Bescheid gerichteten und sehr kurz gehaltenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, es sei richtig, dass für die Jahre 1994 bis 1996 keine Kommunalsteuer für die Geschäftsführerbezüge abgeführt worden sei. Das sei damals "völlig vertretbar" gewesen, weil die Kommunalsteuerpflicht bezüglich wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer bis zu den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes "völlig umstritten" gewesen sei. Im "Zeitpunkt der Klärung der Rechtslage" sei die (nunmehrige) Schuldnerin der haftungsgegenständlichen Abgabenbeträge, die W. GmbH, aber "bereits in Konkurs" gewesen. Wenn ein Geschäftsführer auf Grund einer vertretbaren Rechtsansicht eine Steuer nicht abführe, so könne er "keinesfalls bei späterer - unverschuldeter - Uneinbringlichkeit im Zeitpunkt der Klärung der Rechtslage in Haftung genommen werden".

Der Schriftsatz des Beschwerdeführers, mit dem er in Reaktion auf eine abweisende Berufungsvorentscheidung der Behörde erster Instanz die Vorlage der Berufungen beantragte, enthielt kein weiteres Vorbringen.

Mit dem angefochtenen Bescheid modifizierte die belangte Behörde die erstinstanzlichen Entscheidungen nur in Bezug auf die Zuordnung von Aussetzungszinsen hinsichtlich der zunächst die A. GmbH betreffenden Beträge zur W. GmbH. Sie wies die Berufungen im Übrigen ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass es sich um eine Selbstbemessungsabgabe handle und der Beschwerdeführer sich nicht mit Erfolg "auf entschuldigenden Rechtsirrtum" berufen könne. Auch die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung im Zusammenhang mit der von der A. GmbH erhobenen Berufung befreie ihn nicht von der Haftung, "zumal er keine Maßnahmen zur Sicherstellung des damals strittigen Abgabebetrages für den Fall der Ab- oder Zurückweisung der Berufung" getroffen habe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer vertritt auch in der Beschwerde die Ansicht, er habe die Entrichtung der Selbstbemessungsabgabe hinsichtlich seiner Geschäftsführerbezüge in den Zeitpunkten der jeweiligen Fälligkeit auf Grund einer vertretbaren Rechtsansicht unterlassen, und verweist in diesem Zusammenhang auf "heftige Diskussionen" im Schrifttum. Dem ist zunächst entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer auch nach der Zurückziehung der von der W. GmbH eingebrachten Berufungen noch Geschäftsführer dieser Gesellschaft war und die in der Beschwerde erstmals erhobene Behauptung, eine Entrichtung der entsprechenden Beträge sei zu diesem Zeitpunkt "mangels liquider Mittel nicht möglich" gewesen, eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige, aber auch völlig unsubstantiierte Neuerung ist. Im Übrigen - also vor allem insoweit, als es um die Haftung für die von der Berufung der A. GmbH betroffenen Beträge geht - ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in dem Erkenntnis vom , Zlen. 2007/13/0005, 0006, 0007, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zu der auch im vorliegenden Fall strittigen Frage ausgeführt hat, es wäre Aufgabe der Geschäftsführer gewesen, sich bei unterschiedlichen Rechtsstandpunkten bei der zuständigen Abgabenbehörde über die Kommunalsteuerpflicht zu erkundigen, und auch die Argumentation mit einer plausiblen Rechtsauffassung könne ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht ausschließen, vielmehr trage das Risiko des Rechtsirrtums derjenige, der es verabsäume, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen. Dass der Beschwerdeführer sich in den Streitjahren in Bezug auf die später strittige Frage bei der zuständigen Abgabenbehörde erkundigt habe, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Zudem enthält die Beschwerde - wie schon das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers - keine konkreten Ausführungen dazu, mit welchen aus damaliger Sicht plausiblen Argumenten zur bestehenden (und vom Verfassungsgerichtshof in weiterer Folge nicht als verfassungswidrig erkannten) Gesetzeslage er die Kommunalsteuerpflicht hinsichtlich seiner Bezüge als Geschäftsführer insbesondere der A. GmbH konkret verneinen zu können glaubte.

Gründet sich die Haftung des Beschwerdeführers somit schon auf sein Verschulden am Unterlassen der Entrichtung in den Zeitpunkten der jeweiligen Fälligkeit der Selbstbemessungsabgabe, so muss auf die vom Beschwerdeführer bekämpfte Ansicht der belangten Behörde, er hätte in weiterer Folge auch Maßnahmen zur Sicherstellung der Abgabenentrichtung für den Fall der Ab- oder Zurückweisung der von der A. GmbH erhobenen Berufung treffen müssen, nicht mehr eingegangen werden (vgl. in diesem Zusammenhang aber etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/17/0156). Auch die in der Beschwerde bestrittene Kausalität der Pflichtverletzung steht insoweit, als es um das Unterbleiben der Entrichtung bei Fälligkeit geht, außer Frage.

Soweit der Beschwerdeführer nun aber hinsichtlich der die A. GmbH betreffenden Beträge auch den Abgabenrückstand bestreitet, sich mit dem Hinweis auf die Einschaltung befugter Parteienvertreter zu exkulpieren versucht und unter dem Gesichtspunkt seiner schlechten wirtschaftlichen Lage persönliche Unbilligkeit der Inanspruchnahme seiner Haftung geltend macht, ist er unter Erinnerung an das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot darauf hinzuweisen, dass die mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesenen Berufungen keine derartigen Argumente enthielten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am