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VwGH vom 27.02.2008, 2005/13/0039

VwGH vom 27.02.2008, 2005/13/0039

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter im Beisein des Schriftführers Dr. Unger über die Beschwerde des W in W, vertreten durch die LIBRA Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H. in 1014 Wien, Teinfaltstraße 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0837-W/04, betreffend Anspruchszinsen hinsichtlich der Einkommensteuer für 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, wurde vom Finanzamt A nach einer bei ihm durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung mit einem im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Bescheid vom zur Einkommensteuer für das Jahr 2000 veranlagt. Aufgrund des mit diesem Bescheid festgesetzten Betrages an Einkommensteuer ergab sich gegenüber dem bisher vorgeschriebenen Betrag an Einkommensteuer eine Nachforderung in näher angeführter Höhe.

Mit Bescheid vom selben Tag setzte das Finanzamt A die Anspruchszinsen für die Einkommensteuer für 2000 nach näher angeführter Berechnung fest und ging dabei von dem im erwähnten Einkommensteuerbescheid erwähnten Nachforderungsbetrag aus.

Mit Schriftsatz vom berief der Beschwerdeführer u.a. gegen den Einkommensteuerbescheid für 2000 und gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2000. Eingangs der Begründung seiner Berufung führte er unter der Überschrift "1. Zuständigkeit" aus, "die Betriebsprüfung" stelle in Tz 19 ihres Berichtes - "allerdings zu Unrecht" - fest, dass der Beschwerdeführer seine Rechtsanwaltskanzlei in X (Anm.: im Bereich des Finanzamtes B) betreibe. Wie die Betriebsprüfung weiter ausführe, gehe sie davon aus, dass der Beschwerdeführer überwiegend von X aus tätig sei. Bei freien Berufen sei das Finanzamt zuständig, von dessen Bereich aus die Berufstätigkeit vorwiegend ausgeübt werde. Aufgrund "der Ausführung in der Betriebsprüfung" sei das Finanzamt A für die Erhebung der Einkommensteuer des Beschwerdeführers nicht zuständig. Da sich das Finanzamt A, wie dem Steuerbescheid zu entnehmen sei, der Ansicht der Betriebsprüfung angeschlossen habe, seien die Bescheide wegen Unzuständigkeit rechtswidrig und daher aufzuheben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung - soweit sie den Anspruchszinsenbescheid betrifft - als unbegründet ab. Dem bekämpften Anspruchszinsenbescheid liege die im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 ausgewiesene Nachforderung zugrunde. Der Beschwerdeführer trete der Zinsenvorschreibung lediglich damit entgegen, dass dagegen die gleichen Gründe wie gegen den ebenfalls bekämpften Einkommensteuerbescheid einzuwenden seien.

Anspruchszinsenbescheide seien an die Höhe der im Bescheidspruch des Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung oder Gutschrift gebunden. Zinsenbescheide seien daher nicht mit der Begründung anfechtbar, der zugrundeliegende Stammabgabenbescheid sei rechtswidrig. Erweise sich nachträglich die Rechtswidrigkeit der maßgebenden (Nachforderungszinsen bedingenden) Abgabenfestsetzung, so "egalisiert" ein zu erlassender Gutschriftzinsenbescheid die Belastung mit Nachforderungszinsen. Dies treffe auch auf die Frage der örtlichen Zuständigkeit zu, die ebenfalls im Verfahren betreffend den Einkommensteuerbescheid zu prüfen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. Nr. 142/2000, iVm § 323 Abs. 7 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3) nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, wenn der Abgabenanspruch im Kalenderjahr 2000 entstanden ist, für den Zeitraum ab bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen).

Nach § 3 Abs. 1 BAO sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung u.a. die Nebenansprüche aller Art. Zu den Nebenansprüchen gehören nach § 3 Abs. 2 lit. b BAO idF des Budgetbegleitgesetzes 2001 der Verspätungszuschlag und die Anspruchszinsen.

§ 55 BAO regelt die örtliche Zuständigkeit des Finanzamtes für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen natürlicher Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt haben (unbeschränkt Steuerpflichtige).

Das nach § 55 BAO zur Erhebung der Einkommensteuer zuständige Finanzamt ist auch zur Erhebung der Anspruchszinsen im Zusammenhang mit der Einkommensteuervorschreibung zuständig.

Nun ist der belangten Behörde zwar zuzustimmen, dass Anspruchszinsenbescheide an die Höhe der im Bescheidspruch des Einkommen- (Körperschaft-) Steuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung gebunden sind, doch betrifft diese Bindung lediglich die Höhe der Bemessungsgrundlage des Anspruchszinsenbetrages. Die Frage der Zuständigkeit nach § 55 BAO zur Erlassung eines Einkommensteuerbescheides einerseits und eines Anspruchszinsenbescheides andererseits ist jedoch in jedem dieser beiden Verfahren für sich zu prüfen.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie keinerlei Feststellungen getroffen, aus denen sich die vom Beschwerdeführer verneinte Zuständigkeit des Finanzamtes A zur Erlassung des Anspruchszinsenbescheides ergibt.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am