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VwGH vom 10.06.2009, 2008/08/0224

VwGH vom 10.06.2009, 2008/08/0224

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des U in H, vertreten durch Dr. Wolfgang Hirsch und Dr. Ursula Leissing, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Rathausstraße 33, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom , Zl. IVb-609-2008/0015, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: Vorarlberger Gebietskrankenkasse in 6850 Dornbirn, Jahngasse 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, allgemeine Beiträge, sonstige Beiträge und Umlagen für die Dienstnehmerin S. in näher angeführter Höhe zu entrichten. Begründend wurde ausgeführt, vom bis sei beim Beschwerdeführer betreffend den Zeitraum Jänner 2002 bis Dezember 2006 eine Beitragsprüfung durchgeführt worden. S. sei die Ehegattin des Beschwerdeführers und als Dienstnehmerin für die Einzelfirma des Beschwerdeführers tätig. Die Wegstrecke zwischen dem Firmensitz und der Wohnung der Familie betrage ca. 2 km. Im betrieblichen Vermögen des Unternehmens des Beschwerdeführers befinde sich ein Personenkraftwagen der Marke Skoda. Sowohl der Beschwerdeführer als auch S. benützten diesen PKW auch privat. Auf Grund dieser teilweise privaten Nutzung des PKW werde für das Fahrzeug in der Bilanz ein Privatanteil in der Höhe von 30 % ausgewiesen. Der als Privatanteil ausgewiesene Betrag werde als Eigenverbrauch des Beschwerdeführers verbucht. S. benütze den PKW für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück. Durch die Nutzung von S. und durch den Beschwerdeführer habe der Gesamtkilometerstand in den vergangenen zehn Jahren eine Höhe von 83.000 km erreicht. Die durchschnittliche Kilometerleistung betrage somit 8.300 km pro Jahr bzw. 4.150 km pro Person und Jahr oder 346 km pro Person und Monat. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Fahrten von S. vom Privatanteil abgedeckt sein sollten, der für die private Nutzung des firmeneigenen PKW durch den Beschwerdeführer als Einzelunternehmer ausgewiesen worden sei. Die Benützung des firmeneigenen PKW durch S. für die Fahrten von ihrer Wohnung zu ihrer Arbeitsstätte und zurück resultiere aus ihrem eigenständigen Interesse als Dienstnehmerin, ihre Pflichten aus dem Dienstvertrag zu erfüllen, und stehe in keinem erkennbaren Zusammenhang zu ihrer ehelichen Gemeinschaft bzw. den daraus entspringenden Pflichten. Da auch S. als Dienstnehmerin privat mit dem firmeneigenen PKW fahre, sei für sie ein Sachbezug zu berechnen. Die Höhe des Sachbezuges ergebe sich aus § 4 Abs. 2 der Verordnung BGBl. II Nr. 416/2001.

In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch legte der Beschwerdeführer im Wesentlichen dar, der gegenständliche PKW werde von der Familie sowohl betrieblich als auch privat genutzt. Für die private Nutzung werde ein Privatanteil von 30 % ausgeschieden. Über einen weiteren privaten PKW verfüge die Familie nicht. S. sei seit 1995 Dienstnehmerin im Einzelunternehmen ihres Ehegatten. Daneben seien noch vier bis fünf Dienstnehmer beschäftigt. Keinem davon werde ein PKW für private Fahrten zur Verfügung gestellt. Bei einem Betrieb in der gegenständlichen Größe und Art sei die Überlassung eines PKW an Dienstnehmer zur privaten Nutzung völlig unüblich und wirtschaftlich weder angemessen noch möglich. S. benütze zur Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (unter 2 km) neben dem Fahrrad auch den im Betriebsvermögen befindlichen PKW. Auf dem Weg ins Büro würden auch die Kinder zur Schule gebracht. Die Nutzung des PKW für private Fahrten erfolge durch S. auf Grund ihrer familienrechtlichen Stellung als Ehegattin. S. beziehe für ihre Tätigkeit im Betrieb ein angemessenes Gehalt. Die gemeinsame private Nutzung des PKW sei durch das Ausscheiden eines entsprechenden Privatanteiles abgabenrechtlich berücksichtigt. Die Vereinbarung der Ansprüche aus einem Dienstverhältnis obliege den Vertragspartnern und könne nicht von Dritten (Abgabenprüfern) bestimmt werden. Wenn S. die Kinder auf dem Weg zum Betrieb in die Schule bringe, könne dies nicht als Vorteil aus dem Dienstverhältnis angesehen werden. Die Überlassung des PKW im Rahmen des Dienstverhältnisses wäre auch wirtschaftlich im Hinblick auf die Abgabenbelastung nicht sinnvoll. Auch aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer keinem seiner nicht familienzugehörigen Dienstnehmer einen PKW für die private Nutzung überlasse, sei zu schließen, dass die Überlassung des PKW für private Fahrten von S. nicht durch das Dienstverhältnis, sondern durch die Stellung als Ehegattin bedingt sei. Bei Kleinunternehmen sei es unüblich, ein Fahrzeug für die private Nutzung zu überlassen.

In einem Schreiben vom legte der Beschwerdeführer im Wesentlichen dar, es handle sich um einen PKW, der auf ihn zugelassen und von ihm und S. auch für private Fahrten genutzt werde. Der private Anteil werde mit 30 % im Schätzungswege ermittelt.

Am gab S. vor der belangten Behörde niederschriftlich zu Protokoll, der PKW werde zu 70 % im Unternehmen verwendet. Die Einzelfirma habe der Beschwerdeführer im Oktober 1998 von seinem Vater übernommen. Der gegenständliche PKW sei am auf den Beschwerdeführer zugelassen worden. Der PKW sei schon damals das Familienfahrzeug gewesen und sei es immer noch. Er werde sowohl betrieblich als auch privat genutzt. Am habe S. im Betrieb ihres Schwiegervaters zu arbeiten begonnen. Sofern nicht Betriebsurlaub sei, sei sie jeden Vormittag im Büro und dort für die Büroarbeiten zuständig. Bei schönem Wetter sei sie regelmäßig mit dem Fahrrad gefahren, bei schlechtem Wetter mit dem Auto. Während der Schulzeit habe sie über die Jahre gesehen regelmäßig mindestens ein Kind gehabt, welches sie mit dem Auto in die Schule gebracht und auch wieder abgeholt habe. Den Weg zur Arbeitsstelle und zurück habe sie möglichst gut organisiert, d.h. sie sei dabei auch einkaufen gefahren oder habe den Steuerberater oder das Postamt aufgesucht. Über die Mittagszeit hätten die Kinder keine Schule, sodass sie sie gut für den Heimweg abholen könne. Am Wochenende werde der PKW als Familienfahrzeug benutzt. An den Nachmittagen während der Woche befinde sich der PKW vor dem Privathaus. Bei Bedarf habe sie ihn für private Erledigungen benutzt.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde dem Einspruch keine Folge gegeben. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften stellte die belangte Behörde den von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bereits im erstinstanzlichen Bescheid festgehaltenen Sachverhalt als unbestritten fest und führte im Wesentlichen aus, dass auch die Angaben der S. in der Niederschrift vom der Entscheidung zugrunde gelegt würden. Sie deckten sich mit den Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid und seien unbestritten geblieben. Es läge somit ein Dienstverhältnis vor. Außerdem sei das arbeitgebereigene Kraftfahrzeug für private Fahrten durch die Dienstnehmerin verwendet worden. Das Vorbringen, dass diese Fahrten auf Grund der familienrechtlichen Stellung von S. als Ehegattin erfolgt seien, sei beim gegebenen Sachverhalt unbeachtlich. Die Ehegatten hätten sich entschieden, die Beschäftigung von S. im Einzelunternehmen des Beschwerdeführers auf die Grundlage eines Dienstverhältnisses zu stellen. Liege ein solches vor, leiteten sich zwingend (mangels einer entsprechenden Ausnahmebestimmung in der Verordnung BGBl. II Nr. 416/2001) die gegenständlichen Rechtsfolgen ab. Dies wäre auch bei jedem anderen Dienstnehmer so. Im Übrigen sei festzuhalten, dass jedenfalls die Fahrten zwischen der Arbeitsstätte und dem Wohnort von S. in der schulfreien Zeit keiner familienrechtlichen Verpflichtung zugeordnet werden könnten. Diese resultierten vielmehr aus dem Interesse von S. an ihrer Beförderung zur Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Dienstvertrag. Weiters sei davon auszugehen, dass S. den gegenständlichen PKW auch für sonstige private Erledigungen, wie z.B. Besuche beim Arzt, bei Freunden und Bekannten, für private Einkäufe usw. benütze. Unbeachtlich sei der Umstand, dass auf Grund der teilweise privaten Nutzung des Fahrzeuges für dieses in der Bilanz ein Privatanteil in der Höhe von 30% ausgewiesen sei. Der Ansatz eines Privatanteiles für einen arbeitgebereigenen PKW schließe die Ansetzung eines Sachbezuges für einen Dienstnehmer, wenn dieser den arbeitgebereigenen PKW für Privatfahrten benutze, nicht aus.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse, eine Gegenschrift erstattet mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 44 Abs. 1 Z. 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende, auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6 ASVG.

Unter Entgelt sind gemäß § 49 Abs. 1 ASVG die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Mit Art. I der Euro-Umstellungsverordnung, BGBl. II Nr. 416/2001, wurde die Verordnung "über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge ab 2002" erlassen.

§ 4 dieser Verordnung lautet auszugsweise:

"Privatnutzung des arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges

§ 4. (1) Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, dann ist ein Sachbezug von 1,5 % der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal 510 Euro monatlich, anzusetzen. Die Anschaffungskosten umfassen auch Kosten für Sonderausstattungen.

(2) Beträgt die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Sinne des Abs. 1 im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, ist ein Sachbezugswert im halben Betrag (0,75 % der tatsächlichen Anschaffungskosten, maximal 255 Euro monatlich) anzusetzen. Unterschiedliche Fahrtstrecken in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen sind unbeachtlich.

..."

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Nutzung des im Betriebsvermögen befindlichen PKW für private Fahrten durch S. erfolge auf Grund ihrer familienrechtlichen Stellung als Ehegattin und nicht als Dienstnehmerin des Beschwerdeführers. S. beziehe für ihre Tätigkeit im Betrieb ein angemessenes Gehalt. Die gemeinsame private Nutzung des PKW durch die Ehegatten sei durch das Ausscheiden eines entsprechenden Privatanteiles abgabenrechtlich berücksichtigt. Auch aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer keinem seiner nicht familienzugehörigen Dienstnehmer einen PKW für die private Nutzung überlasse, sei zu schließen, dass die Nutzung durch S. nicht durch das Dienstverhältnis, sondern durch ihre Stellung als Ehegattin bedingt sei. Bei nicht branchenüblichen Verhältnissen liege kein Sachbezug vor. Bei Kleinunternehmen wie dem vorliegenden sei es unüblich, den Dienstnehmern ein Fahrzeug für die private Nutzung zu überlassen. Die private Nutzung, die buchhalterisch als Ausfluss aus der familienrechtlichen Beziehung behandelt worden sei, könne nicht zwangsweise als Ausfluss aus dem Dienstverhältnis umgedeutet werden. Die Überlassung eines Kraftfahrzeuges an die sich im Dienstverhältnis befindlichen Angehörigen sei als Entnahme (Verbuchung eines Privatanteiles) zu behandeln und nicht als Sachbezug im Rahmen des Dienstverhältnisses. Es sei auch nicht begründbar, weshalb die idente Nutzung eines PKW durch die Ehegattin des Beschwerdeführers vor und nach der Betriebsübernahme bei gleichbleibendem laufendem Entgelt aus dem Dienstverhältnis plötzlich ein Vorteil aus diesem sein sollte.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass es nicht darauf ankommt, ob auch anderen Dienstnehmern Kraftfahrzeuge zur Privatnutzung zur Verfügung stehen oder ob dies branchenüblich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/08/0086). Ebenso ist es nicht von Relevanz, ob der gegenständliche PKW S. auch bereits vor Beginn des Dienstverhältnisses zum Beschwerdeführer zur Verfügung gestanden ist (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Im Übrigen ist es unbestritten, dass sich das gegenständliche KFZ im Betriebsvermögen des Beschwerdeführers befunden hat und S. zu privaten Zwecken zur Verfügung gestanden ist (vgl. zur diesbezüglichen Relevanz das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0125). Der für den PKW angesetzte Privatanteil zugunsten des Beschwerdeführers schließt es nicht aus, dass aus beitragsrechtlicher Sicht zu berücksichtigen ist, dass der PKW auch von S. als Dienstnehmerin für nicht beruflich veranlasste Fahrten genutzt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/15/0083).

Entsprechend der Rechtsauffassung der belangten Behörde ist es auch nicht von Bedeutung, ob im Rahmen dieses Privatanteiles der PKW vom Beschwerdeführer an S. auf Grund von familienrechtlichen Verpflichtungen überlassen wurde.

Zwar hat der Beschwerdeführer behauptet, dass die Privatnutzung des PKW durch S. auf Grund ihrer Stellung als Ehegattin erfolgt sei. Daraus ist aber für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Wird einem Dienstnehmer vom Dienstgeber ein firmeneigenes Fahrzeug für Privatfahrten zur Verfügung gestellt, liegt ein Sachbezugswert im Sinne des § 49 Abs. 1 iVm § 50 ASVG vor, was immer das Motiv des Dienstgebers dafür sein mag (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom ). Der im Zuge der Bemessung der Einkommensteuer des Beschewerdeführers berücksichtigte Privatanteil an der Nutzung des PKW drückt lediglich das Ausmaß der nicht betrieblichen Nutzung durch den oder im Interesse des Steuerpflichtigen aus. Die Privatnutzung durch einen Dienstnehmer geht aber stets zu Lasten der betrieblich veranlassten Nutzung, auch wenn es sich dabei um ein Familienmitglied des Dienstgebers handelt. Eine Bindung der belangten Behörde an die Entscheidung des Finanzamtes, ob ein Sachbezug gegeben ist, besteht im Übrigen nicht (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse war abzuweisen, da diese nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war.

Wien, am