VwGH vom 24.03.2011, 2010/09/0223
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des A, vertreten durch Klein, Wuntschek Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kaiser-Franz-Josef-Kai 70, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. Präs. 16412/2010-1, betreffend Versehrtenrente nach der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 iVm dem Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der im Branddienst der Abteilung für Katastrophenschutz und Feuerwehr in Graz beschäftigt ist, erlitt im Rahmen eines Einsatzes am während der Arbeit einen Unfall, bei welchem er ungebremst in einem Rutschenschacht am Boden aufprallte und zog sich dabei Verletzungen an den Sprunggelenken und an der Lendenwirbelsäule (LWS) zu. Es wurde bei einer ambulanten Versorgung am eine Prellung beider Sprunggelenke sowie eine Prellung der LWS festgestellt.
Bei einem weiteren Unfall am verletzte sich der Beschwerdeführer bei Baumschneidearbeiten während eines Einsatzes am linken Handgelenk. Eine ambulante Kontrolluntersuchung im UKH-Graz ergab eine Verstauchung des linken Handgelenks.
Mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom wurden die Unfälle des Beschwerdeführers vom sowie vom gemäß § 37a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 (DO) iVm § 3 der Verordnung des Gemeinderates vom über die Unfallfürsorge für die Bediensteten der Stadt Graz, ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen (UFS 2003) und § 90 Abs. 1 B-KUVG als Dienstunfälle anerkannt.
Der Antrag auf Gewährung einer Versehrtenrente auf Grund dieser Dienstunfälle wurde hingegen gemäß § 37a DO iVm § 3 UFS 2003 und § 101 B-KUVG abgewiesen.
Der gerichtlich beeidete Sachverständige, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie Dr. P, habe in einem Gutachten vom die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) durch den Unfall vom ab mit 5 %, die MdE durch den Unfall vom mit 0 % eingestuft. Da eine Versehrtenrente aber erst ab einer MdE von mindestens 20 v. H. gebühre, stehe dem Beschwerdeführer keine Versehrtenrente zu.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er ausschließlich die Abweisung seines Antrages auf Versehrtenrente bekämpfte.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde diese Berufung ab. Sie stellte folgenden maßgeblichen Sachverhalt fest (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Der (Beschwerdeführer) erlitt am einen Dienstunfall, indem er während eines dienstl. Einsatzes als Mitarbeiter der Abteilung für Katastrophenschutz und Feuerwehr in den dortigen Räumlichkeiten bei Benützung des Rutschenschachtes am Boden aufprallte. Im UKH Graz wurde bei einer ambulanten Untersuchung am eine Prellung beider Sprunggelenke und eine Prellung an der Lendenwirbelsäule festgestellt.
In Folge wurden 2005 Arthroskopien in beiden Sprunggelenken und zwei Revisionen des rechten Sprunggelenks durchgeführt, ein diesbezüglicher Rehab-Aufenthalt im T erfolgte im Jahr 2006.
Bei einem weiteren Dienstunfall am verletzte sich der (Beschwerdeführer) während eines dienstlichen Einsatzes am linken Handgelenk, eine ambulante Untersuchung im UKH Graz ergab eine Verstauchung des linken Handgelenks, eine ambulante Kontrolluntersuchung erfolgt im UKH am , die Abschlusskontrolle wurde am durchgeführt.
Am , also bald nach der Handgelenksverletzung aber erst ca. 5 Jahre nach den Sprunggelenksverletzungen, beantragte der (Beschwerdeführer) die Zuerkennung einer Versehrtenrente.
Bei der darauf am vom medizinischen Sachverständigen Dr. N.P. durchgeführten Untersuchung wurde hinsichtlich der Handgelenksverstauchung folgender Befund erstellt: Die Verstauchung des linken Handgelenks ist folgenlos ausgeheilt, eine festgestellte Arthrose im Daumensattelgelenk links ist nicht unfallcausal, sondern auf degenerative Veränderungen zurückzuführen.
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit wurde vom Sachverständigen für diese Verletzung mit 0 % eingeschätzt.
Hinsichtlich der Sprunggelenksverletzungen aus dem Jahr 2004 ergab die Untersuchung durch den Sachverständigen am folgendes: eine unmittelbar nach dem Unfall durchgeführte CT-Untersuchung am des linken Sprunggelenks belegt, dass bereits vor dem Dienstunfall ein alter knöcherner Abbruch an der Spitze des Innenknöchels sowie an der Vorderseite des Sprunggelenks mehrere kleine Verknöcherungen bestanden; es gab am CT kein Hinweis auf eine frische, knöcherne Verletzung, die Gelenksflächen am oberen Sprunggelenk waren kongruent. Weiters waren bereits bei dieser CT Untersuchung im Jahre 2004 beginnende arthrotische Veränderungen im oberen Sprunggelenk zu erkennen. Eine Röntgenkontrolle beider Sprunggelenke ergab im Juni 2005 eine Arthrose in beiden Sprunggelenken bei freien Gelenkskörper, worauf die die bereits erwähnten Athroskopien durchgeführt wurden. Ein weiterer Röntgenbefund aus 2009 ergab eine Arthrose im Großzehengrundgelenk beidseits und eine höhergradige Arthrose im oberen Sprunggelenk beidseits. Eine CT-Untersuchung des linken Sprunggelenks vom beschreibt eine Arthrose im oberen Sprunggelenk und im Fußwurzelbereich.
Bei der Untersuchung am wurde vom Sachverständigen folgender zusätzlicher Befund erstellt: die OP-Narben im Bereich beider Sprunggelenke sind reizlos, beide Sprunggelenke sind frei beweglich und bandfest, es besteht keine Muskelatrophie, das Gangbild ist unauffällig.
In einem Ergänzungsgutachten vom bestätigte der Sachverständige, dass bereits bei der CT Untersuchung im Jahre 2004 beginnende arthrotische Veränderungen im oberen Sprunggelenk zu erkennen gewesen wären und ergänzte, dass die aktuellen Arthrose-Beschwerden des (Beschwerdeführers) hauptsächlich und überwiegend auf mehrfache ältere Sprunggelenksverletzungen zurückzuführen seien, welche der (Beschwerdeführer) beim Ballsport und Kickboxen (lt. den Angaben des (Beschwerdeführers) gegenüber dem Gutachter übte der (Beschwerdeführer) diese Sportarten aus) erlitten habe.
Auch für die Beschwerden des linken Sprunggelenks ergebe sich, dass sie nicht auf den Unfall vom zurückzuführen seien, sondern auf eine Summation von sogenannten Bagatellverletzungen, wie sie bereits im CT vom ersichtlich gewesen wären.
Die unfallkausale Minderung der Erwerbsfähigkeit wurde vom Sachverständigen für die Sprunggelenksverletzungen ab insgesamt daher mit 5 % eingeschätzt.
Diese Feststellungen gründen auf das entsprechend schlüssige und umfassende Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, Dr. N.P. vom und .
Im Berufungsverfahren wurde dem Erörterungsantrag hinsichtlich des medizinischen Gutachtens stattgegeben. Dazu wird ausgeführt:
Der Erörterungsantrag enthält Darstellungen und Fragen aus Sicht des (Beschwerdeführers). Er wurde dem medizin. Sachverständigen übermittelt und enthält Fragen im Wesentlichen zu folgenden Themen: Schlüssigkeit des Gutachtens, Ursache der Arthrose in beiden Sprunggelenken, berücksichtigte Befunde bei Erstellung des Gutachtens.
Dazu führt der medizinische Sachverständige unter Hinweis auf sein Gutachten vom mit Schreiben vom aus:
Bei der Untersuchung am wären beide Sprunggelenke frei beweglich und bandfest gewesen, der beschriebene Senk-Spreizfuß sei nicht unfallkausal. Schätzungsweise hätten mehr als die Hälfte der Grazer Bevölkerung einen Senk-Spreizfuß, dieser sei nicht behandlungswürdig sofern nicht entsprechend statische Beschwerden auftreten würden. Sollten solche Beschwerden auftreten wäre die Versorgung mit Modelleinlagen durchzuführen.
Die Arthrosen im Bereich beider Sprunggelenke seien sowohl röntgenologisch im Jahr 2005 als auch bei einer CT-Untersuchung vom festgehalten worden. Die CT-Untersuchung belege bereits die vor dem Dienstunfall erlittenen Verletzungen im linken Sprunggelenk.
Ob die berufliche Tätigkeit die Arthrosen beeinflusste, sei medizin. nicht beurteilbar.
Eine Arthrose besteht nicht nur in den Sprunggelenken, eine geringfügige Arthrose besteht auch im Bereich der Kniegelenke ('geringes retropatellares Knacken bei Flexion bds.', siehe im Gutachten vom )
Eine erhöhte Schwellneigung konnte bei der Untersuchung des Sachverständigen am nicht festgestellt werden.
Im Gutachten des Sachverständigen wurden sowohl die Röntgenbefunde zu beiden Sprunggelenken als auch CT-Befunde des linken Sprunggelenks, die OP-Berichte von Dr. L und die Krankengeschichte des UKH hinsichtlich des Vorfalls vom und das Ambulanzprotokoll hinsichtlich des Vorfalls vom berücksichtigt.
Auf die weiteren Angaben im Erörterungsantrag war mangels Relevanz für die Klärung der maßgeblichen Rechtsfrage zur Versehrtenrente nicht einzugehen.
Sowohl das medizin. Ergänzungsgutachten vom als auch die Stellungnahme von Dr. N.P. zum Erörterungsantrag vom wurden im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt. Zu der am dazu eingelangten Stellungnahme des (Beschwerdeführers) wird ausgeführt:
Diese Stellungnahme des (Beschwerdeführers) zweifelt im Wesentlichen neuerlich die Ausführungen und insbesondere die Schlussfolgerungen des medizin. Sachverständigen an und fordert zu den Überbegriffen 'Beweglichkeit der Sprunggelenke', 'Allgemein und Ernährungszustand', und 'Reduktion von Arbeiten-Einsatz' und 'Unfallkausales Leiden' weitere ergänzende Gutachten ein."
In rechtlicher Beurteilung erachtete die belangte Behörde die Gutachten des Dr. N.P. aus näher dargestellten Gründen als schlüssig und legte die darin attestierte unfallkausale Minderung der Erwerbsfähigkeit von 5 % ihrer Entscheidung zu Grunde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 37a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Gemeinde Graz 1956 (DGO 1956), LGBl. Nr. 30/1957 idF LGBl. Nr. 65/2000, hat die Stadt für die Unfallfürsorge ihrer Beamten Sorge zu tragen (Abs. 1) und gelten hinsichtlich der Leistungen der Unfallfürsorge die entsprechenden Bestimmungen des Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes (B-KUVG), BGBl. Nr. 200/1967, sinngemäß (Abs. 3); diese Bestimmungen lauten auszugsweise:
"Leistungen der Unfallversicherung
§ 88. Als Leistungen der Unfallversicherung sind zu gewähren:
1. im Falle einer durch einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit verursachten körperlichen Schädigung des Versicherten:
a) Unfallheilbehandlung (§§ 96, 97 und 99);
...
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d) | Versehrtenrente (§§ 101 bis 108); |
e) | Versehrtengeld (§ 109); |
... | |
Eintritt des Versicherungsfalles |
§ 89. Der Versicherungsfall gilt als eingetreten:
1. bei Dienstunfällen mit dem Unfallereignis;
...
Dienstunfall
§ 90. (1) Dienstunfälle sind Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem die Versicherung begründenden Dienstverhältnis oder mit der die Versicherung begründenden Funktion ereignen.
(2) ...
Anspruch auf Versehrtenrente
§ 101. (1) Anspruch auf Versehrtenrente besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 v.H. vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H.
(2) ..."
Zur anzuwendenden Rechtslage wird näher auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/12/0142, verwiesen, in welchem der Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Kausalität eines Dienstunfalls wie folgt ausgeführt hat.
"Im Hinblick darauf, dass sowohl § 31 UFS-Graz als auch die sinngemäß anzuwendende Bestimmung des § 101 B-KUVG dem § 203 Abs. 1 ASVG entsprechen, sind Kausalitätsfragen entsprechend der zu den unfallversicherungsrechtlichen Bestimmungen ergangenen reichhaltigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu lösen (vgl. die hg. zu § 37a der DO-Graz ergangenen Erkenntnisse vom , Zl. 91/12/0016, und vom , Zl. 2001/12/0039, mit weiterem Nachweis der Vorjudikatur).
Wenn eine krankhafte Veranlagung und ein Unfallereignis für die Entstehung einer Körperschädigung zusammenwirken, so sind nach dieser Judikatur des OGH beide Umstände Bedingungen für das Unfallgeschehen. Dafür, ob die Auswirkungen des Unfalles eine rechtlich wesentliche Teilursache des nach dem Unfall eingetretenen Leidungszustandes sind, ist entscheidend, ob dieser Zustand auch ohne den Unfall etwa zur gleichen Zeit eingetreten wäre oder durch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis hätte ausgelöst werden können, ob also die äußere Einwirkung (Unfall) wesentliche Teilursache oder nur Gelegenheitsursache war (vgl. die Entscheidung des 10 Ob S 234/93 = SSV-NF 7/127).
Die im bisherigen Verfahren erwiesene krankhafte Veranlagung der Beschwerdeführerin ist allerdings nur dann alleinige oder überragende Ursache (für die am eingetretene Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes), wenn sie so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer, unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis (wie etwa normales oder beschleunigtes Gehen, unter Umständen kurzes schnelles Laufen, Treppensteigen, Bücken, leichtes bis mittelschweres Heben oder ähnliche Kraftanstrengungen) ebensolche Folgen in naher Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit gleichfalls herbeigeführt hätte (vgl. etwa die einen Bandscheibenvorfall betreffende Entscheidung des 10 Ob S 207/91 = SSV-NF 5/131; weiters vom , 10 Ob S 57/92; vom , 10 Ob S 248/92; vom , 10 Ob S 83/95, und vom , 10 Ob S 325/97k).
Allerdings genügt in diesem Zusammenhang nicht der Beweis einer bloß abstrakten Möglichkeit; vielmehr muss eine konkrete, zumindest gleich hohe Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes bewiesen werden. Es sind daher - bisher unterbliebene - Feststellungen darüber erforderlich, welche konkreten anderen alltäglichen Ereignisse dieselbe Schädigung bei der Beschwerdeführerin ausgelöst hätten. Denn nur dann kann beurteilt werden, ob derartige Ereignisse in naher Zukunft tatsächlich eingetreten wären, wobei - wie gezeigt - eine hohe Wahrscheinlichkeit genügt. Ebenso wird - zur Ermöglichung einer Nachprüfung der erforderlichen zeitlichen Nähe - abzuklären sein, wann durch alltägliche Belastungen mit dem Eintritt identer Verletzungsfolgen zu rechnen gewesen wäre (vgl. den 10 Ob S 248/92, und das 10 Ob S 325/97k = RdA 1998 Nr. 35, m.w.N.)."
Gleiche Erwägungen hat der Verwaltungsgerichtshof auch zur Unfallfürsorge nach dem Heeresversorgungsgesetz (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/09/0016) nach der niederösterreichischen Dienstpragmatik der Landesbeamten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/12/0221) und nach dem Gehaltsgesetz (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/12/0167) sowie zur DGO 1956 (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0188) dargelegt.
Zunächst ist dem Beschwerdeführer zu seinen rechtlichen Rügen im Hinblick auf § 3 und § 6 der gemäß § 37a Abs. 6 DGO 1956 erlassenen Verordnung des Gemeinderates vom über die Unfallfürsorge für die Bediensteten der Stadt Graz, ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen (Unfallfürsorgesatzung 2003), zu entgegnen, dass der von ihm abgeleitete Anspruch auf Durchführung einer "weiteren ärztlichen Untersuchung" zur "Frage der tatsächlichen Dauer der Minderung der Erwerbsunfähigkeit" aus diesen Normen nicht abzuleiten ist, sodass er durch deren Nichtzitierung schon aus diesem Grund nicht in Rechten verletzt sein kann.
Auch die gerügten "Aktenwidrigkeiten", wie ein offensichtlicher Schreibfehler bei einem Untersuchungsdatum ("" statt "), und die Interpretation der belangten Behörde, der Sachverständige Dr. N.P. habe sich an einer näher bezeichneten "Standardliteratur" orientiert, was aber aus den Gutachten selbst nicht erkennbar sei, sind nicht entscheidungsrelevant. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es gebe nur "zwei Gutachten ( und ") ist ihrerseits aktenwidrig, weil sie die (im Akt befindliche und vorgehaltene) Gutachtensergänzung des Dr. N.P vom außer Acht lässt.
Dennoch gelangt die Beschwerde aus folgenden Erwägungen zum Erfolg:
Die belangte Behörde stützt sich im Wesentlichen auf das Gutachten des Facharztes für Orthopädie und orthopädische Chirurgie Dr. N.P. vom und dessen Ergänzungen vom und (in der Folge: Gutachten Dr. N.P.).
Der Sachverständige erachtete die Beschwerden des Beschwerdeführers als nicht unfallkausal. War dies nach dem Gutachten vom noch nicht eindeutig, so hat der Sachverständige Dr. N.P. in der Ergänzung vom eine Unfallkausalität explizit ausgeschlossen. Die belangte Behörde führt in der Begründung aus, dass die Unfälle "nicht wesentlich unfallkausal" seien.
Der Beschwerdeführer wendet sich in der Beschwerde gegen die Verneinung der Kausalität zwischen seinen Beschwerden und dem anerkannten Dienstunfall vom . Der Sachverständige hat für das Fehlen der Unfallkausalität keine den oben dargestellten Grundsätzen entsprechende sachverständige und nachvollziehbare Begründung gegeben. Es ist im zeitlichen Nahbereich zum Sturz beim Beschwerdeführer unbestritten zu fünf Operationen (zwischen bis ) im linken Sprunggelenk gekommen.
Bei dieser Sachlage ist auf schlüssige, von einem Sachverständigengutachten untermauerte Weise zu begründen, ob und aus welchen medizinischen-fachlichen Gründen der Sturz des Beschwerdeführers als wesentliche Ursache für die Sprunggelenksbeschwerden in Betracht kam oder weshalb dies nicht der Fall war. Wenn dies nicht verneint werden konnte, so wäre auf substanziierte Weise im Sinne der angeführten hg. Rechtsprechung die Frage zu beantworten gewesen, ob und welche konkreten anderen alltäglichen Ereignisse dieselbe Schädigung beim Beschwerdeführer in naher Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgelöst hätten (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/12/0142).
Vorliegend hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren auf Privatgutachten des Dr. L und Dr. H hingewiesen. Der Beschwerdeführer hat im Schriftsatz vom Unschlüssigkeit und Unvollständigkeit des Gutachtens Dr. N.P. behauptet und einen Ärztlichen Entlassungsbericht der Kurtherme B vom beigelegt, worin Schmerzen und Schwellungen in beiden Sprunggelenken festgehalten seien, die "eher gleich geblieben" seien. Weiters hat er einen zusammenfassenden Bericht der Arbeitsmedizinerin Dr. St über jährlich stattgefundene Atemschutztauglichkeitsuntersuchungen des Beschwerdeführers beigelegt, worin bereits seit 2005 Schmerzen in beiden Sprunggelenken, Schwellungen über beide Knöchel, Bewegungseinschränkungen, welche trotz Operationen geblieben seien, beschrieben seien. Dr. St halte weiters fest, dass der Beschwerdeführer bei der letzten Untersuchung am eine deutliche Zunahme der Beschwerden im Vergleich zum Vorjahr angegeben habe. Der beschriebene Befund sei bei jeder Untersuchung klinisch erhoben worden.
Das Gutachten Dr. N.P. enthält hiezu keine Ausführungen, die belangte Behörde erachtete es - wie aufgezeigt - nicht als notwendig, diese vom Beschwerdeführer im Schriftsatz vom erhobenen Einwendungen dem Sachverständigen zur Klärung vorzulegen.
Die belangte Behörde hätte daher darzulegen gehabt, warum sie dem Gutachten des Dr. N.P. im Hinblick auf dessen Befundaufnahme vom , von der ausgehend er auf einen Zustand des Beschwerdeführers auch für einen Zeitraum schloss, für den abweichende Befunde ärztlicher Stellen vorlagen, den Vorzug gegeben habe.
Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Im Hinblick auf dieses Ergebnis konnte auch die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 und 6 VwGG unterbleiben. Der Verwaltungsgerichtshof hat den angefochtenen Bescheid auf Grundlage des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen (§ 41 Abs. 1 VwGG). Es ist nicht ersichtlich, welchen Beitrag zur Feststellung des Sachverhaltes die vom Beschwerdeführer begehrte öffentliche mündliche Verhandlung hätte leisten können. Zudem wurde der Beschwerde im Ergebnis ohnedies stattgegeben, womit im fortgesetzten Verfahren weitere Ermittlungen anzustellen sind und der Beschwerdeführer die Möglichkeit hat, seinen Standpunkt im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens darzulegen. Angesichts der in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemachten Rechte sowie nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise war somit im vorliegenden Fall die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ausnahmsweise nicht geboten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/12/0183).
Dem steht auch Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegen: Der EGMR sieht den Entfall der nach dieser Bestimmung grundsätzlich gebotenen öffentlichen Verhandlung dann als zulässig an, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine Ausnahme davon rechtfertigen (vgl. etwa die Urteile des EGMR in den Fällen Jussila gegen Finnland, , Nr. 73053/01; Bösch gegen Österreich, , Nr. 17912/05; Hofbauer gegen Österreich2, , Nr. 7401/04). Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände etwa dann angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder hochtechnische Fragen betrifft, der Gerichtshof verwies in diesem Zusammenhang aber auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0273).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am