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VwGH 16.11.2011, 2008/08/0220

VwGH 16.11.2011, 2008/08/0220

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AlVG 1977 §16 Abs1 lita;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §50 Abs1;
RS 1
Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2007/08/0300, muss ein Antragsteller wissen, dass er neben Einkommen aus einer Beschäftigung nicht ohne Weiteres Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen kann; nichts anderes kann grundsätzlich für den Fall des Doppelbezuges von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung und Pensionsleistungen gelten. Dieser Grundsatz ist auch auf den - nach § 16 Abs. 1 lit. a AlVG unvereinbaren - Doppelbezug von Arbeitslosengeld und Krankengeld anzuwenden. Es kommt in diesem Fall auch nicht darauf an, welche Leistung zuerst gewährt und welche später erst nachgezahlt wurde (vgl. auch dazu E , 2007/08/0300).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der B W in M, vertreten durch Dr. Peter Reitschmied, Rechtsanwalt in 3040 Neulengbach, Stocketer Straße 2, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom , Zl. LGS NÖ/RAG/05661/2008, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice S vom wurde der Bezug des Arbeitslosengelds der Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 7. Februar bis gemäß § 24 Abs. 2 AlVG rückwirkend berichtigt und die Beschwerdeführerin gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt Empfangenen in der Höhe von EUR 572,70 verpflichtet. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Beschwerdeführerin die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung für den im Spruch genannten Zeitraum zu Unrecht bezogen habe, da sie laut Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger seit laufend im Krankenstand sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe am "die Berater" (Träger einer Kursmaßnahme, der die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt zugewiesen war) darüber informiert, dass sie im Krankenstand sei. "Die Berater" hätten ihr zugesichert, sie würden dies dem Arbeitsmarktservice weiterleiten und sie müsse nichts unternehmen. Sie habe zudem nicht erkennen können, dass die Überweisung (des Arbeitslosengelds) auf ihr Konto zu Unrecht erfolgt sei, da sie das Arbeitsmarktservice bereits über einen Monat vorher über den Krankenstand informiert habe. Darüber hinaus sei sie der Annahme gewesen, dass ihr ein höheres Arbeitslosengeld gewährt werde, da sie in Schulung sei, und dass der ausbezahlte Betrag eine Zahlung für die Zeit der Ausbildungsmaßnahme sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde die Berufung abgewiesen. Die belangte Behörde stellte im Wesentlichen fest, dass die Beschwerdeführerin zuletzt seit Arbeitslosengeld bezogen habe. Am sei mit der Beschwerdeführerin die Teilnahme an der Maßnahme "Büroblocksystem" des Maßnahmeveranstalters "Die Berater" mit einem Informationstag am , Beginn der Maßnahme am und Ende am vereinbart worden.

Zum Informationstag am sei die Beschwerdeführerin erschienen, am - zu Beginn des Kurses - habe der Ehemann der Beschwerdeführerin der Kursleitung gemeldet, dass sich seine Frau beim Einsteigen in das Auto verletzt habe, sie wahrscheinlich in den Krankenstand gehen und dies wahrscheinlich länger dauern werde. Dem Arbeitsmarktservice selbst sei der Krankenstand nicht gemeldet worden, weder von der Beschwerdeführerin noch von ihrem Ehemann. Die Kursleitung habe dem Arbeitsmarktservice am eine Antrittsliste der Teilnehmer übermittelt; bei der Beschwerdeführerin sei vermerkt gewesen, dass sie sich verletzt habe.

Am sei beim Arbeitsmarktservice S eine Meldung des Krankenstands ab dem eingelangt. Da der Leistungsbezug am für den Februar 2008 ausbezahlt gewesen und der Krankengeldbezug ab dem vorgelegen sei, sei der erstinstanzliche Bescheid ergangen. In der Folge sei die Teilnahme der Beschwerdeführerin an der Maßnahme Büroblocksystem storniert worden.

Eine Abfrage des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger vom habe ergeben, dass die Beschwerdeführerin vom 7. Februar bis Krankengeld bezogen habe.

Eine telefonische Rücksprache der belangten Behörde mit dem Schulungsträger am habe ergeben, dass die Beschwerdeführerin am am Informationstag der Maßnahme "Büroblocksystem" teilgenommen habe. Bei dieser Veranstaltung werde auf die Meldeverpflichtung bei Krankenständen, Arbeitsaufnahmen usw. sowohl bei der Kursleitung als auch beim Arbeitsmarktservice hingewiesen.

Als der Ehemann der Beschwerdeführerin am zu Kursbeginn der Kursleitung telefonisch mitgeteilt habe, dass sich seine Frau beim Einsteigen in das Auto verletzt habe, sie voraussichtlich in den Krankenstand gehen und dies sicher länger dauern werde, sei (von der Kursleitung) nicht mitgeteilt worden, dass weiter nichts mehr unternommen werden müsse. Die Antrittsliste der Teilnehmer sei am an das Arbeitsmarktservice S weitergeleitet worden. In dieser Liste sei vermerkt worden, dass die Beschwerdeführerin sich heute () verletzt habe.

Rechtlich folge aus diesem Sachverhalt, dass der Beschwerdeführerin für die Zeit des Krankengeldbezugs vom 7. Februar bis gemäß § 16 Abs. 1 lit. a AlVG kein Arbeitslosengeld gebühre. Da die Leistung nur bis 29. Februar ausbezahlt worden sei, umfasse der Widerrufszeitraum lediglich die Zeit vom 7. Februar bis .

Die Beschwerdeführerin sei gemäß § 50 AlVG verpflichtet gewesen, den Beginn des Krankenstandes der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens binnen einer Woche, dem Arbeitsmarktservice bekannt zu geben. Dies habe sie unterlassen. Die Meldung des Ehemanns der Beschwerdeführerin an den Schulungsträger am habe die Beschwerdeführerin nicht von ihrer Verpflichtung zur Meldung beim Arbeitsmarktservice entbunden. Diese Verpflichtung sei ihr auch im Zuge des Informationstages am  mitgeteilt worden. Die Information, dass Krankenstände, Auslandsaufenthalte etc. dem Arbeitsmarktservice und dem Kursträger zu melden seien, ergehe regelmäßig und standardisiert zu Beginn jeder Maßnahme.

Dadurch, dass die Beschwerdeführerin den Beginn ihres Krankenstandes nicht dem Arbeitsmarktservice gemeldet habe, sei der Tatbestand des Verschweigens maßgebender Tatsachen des § 25 Abs. 1 AlVG erfüllt worden. Darüber hinaus sei auch der Tatbestand des "Erkennen-Müssens" erfüllt. Unter Zugrundelegung der für die Beschwerdeführerin zumutbaren Aufmerksamkeit hätte sie erkennen müssen, dass ihr nicht Arbeitslosengeld und Krankengeld gleichzeitig gebühre. Ihr Argument, sie habe geglaubt, das Arbeitslosengeld sei während der Teilnahme an der Schulungsmaßnahme höher, gehe ins Leere, zumal sie auch an der Schulungsmaßnahme gar nicht teilgenommen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 16 Abs. 1 lit. a AlVG ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld (u.a.) während des Bezuges von Krankengeld.

Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.

Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Gemäß § 50 Abs. 1 AlVG ist, wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 AlVG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen.

2. Die Beschwerde richtet sich ausdrücklich nur gegen den Ausspruch der Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen gemäß § 25 Abs. 1 AlVG und nicht gegen die rückwirkende Berichtigung gemäß § 24 Abs. 2 AlVG.

Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst gegen die Auffassung der belangten Behörde, sie habe ihre Meldepflicht über den Krankengeldbezug nicht ordnungsgemäß erfüllt. Die regionale Geschäftsstelle habe durch die vom Kursträger weitergeleitete Information über den aus Krankheitsgründen nicht erfolgten Antritt der Kursmaßnahme Bescheid gewusst. Im Beschwerdefall kann jedoch dahinstehen, ob eine Meldung gegenüber dem Kursträger im Einzelfall geeignet sein könnte, der grundsätzlich persönlich gegenüber der regionalen Geschäftsstelle zu erfüllenden Meldepflicht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0014) nachzukommen, da die Rückforderung schon aufgrund des Umstandes berechtigt war, dass die Beschwerdeführerin unstrittig für den fraglichen Zeitraum sowohl Krankengeld als auch Arbeitslosengeld bezogen hat und sie im Sinne des § 25 Abs. 1 AlVG erkennen hätte müssen, dass die Leistung des Arbeitslosengeldes für diesen Zeitraum nicht gebührte.

In seinem Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0300, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass ein Antragsteller wissen muss, dass er neben Einkommen aus einer Beschäftigung nicht ohne Weiteres Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen kann; nichts anderes kann grundsätzlich für den Fall des Doppelbezuges von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung und Pensionsleistungen gelten. Dieser Grundsatz ist auch auf den - nach § 16 Abs. 1 lit. a AlVG unvereinbaren - Doppelbezug von Arbeitslosengeld und Krankengeld anzuwenden. Es kommt in diesem Fall auch nicht darauf an, welche Leistung zuerst gewährt und welche später erst nachgezahlt wurde (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom ). Schon weil die Beschwerdeführerin daher erkennen hätte müssen, dass die Leistung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht gebührte, war die Beschwerde somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

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Normen
AlVG 1977 §16 Abs1 lita;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §50 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2008080220.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAE-76118