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VwGH vom 24.03.2011, 2010/09/0213

VwGH vom 24.03.2011, 2010/09/0213

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des M, vertreten durch Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in 5700 Zell/See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-11/11178/16-2010, UVS-11/11203/11-2010, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H GmbH gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten, dass in diesem der näher bezeichnete armenische Staatsangehörige AP von bis beschäftigt worden sei, obwohl hiefür "weder eine Beschäftigungs- noch eine Entsendebewilligung erteilt waren und auch keine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde und der Ausländer auch nicht im Besitz einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines war".

Er habe dadurch eine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a zweiter Strafsatz und § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen.

Es wurde eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden) verhängt.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H GmbH mit Sitz in S, also als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen hin berufenes Organ dieser Firma zu verantworten, dass diese Firma als Arbeitgeberin die näher bezeichnete rumänische Staatsangehörige MS von bis beschäftigt habe, obwohl hiefür "weder eine Beschäftigungs- noch eine Entsendebewilligung erteilt waren und auch keine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde und die Ausländerin auch nicht im Besitz einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines war".

Er habe dadurch eine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a zweiter Strafsatz und § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen.

Es wurde eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden) verhängt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer jeweils Berufung.

Nach Durchführung öffentlicher mündlicher Verhandlungen wurden mit dem Bescheid der belangten Behörde vom die Straferkenntnisse mit der Maßgabe bestätigt, dass jeweils der Tatort und der letzte Nebensatz in den Straferkenntnissen zu lauten haben "H GmbH in S, K-Straße" und "..., obwohl hiefür weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine Anzeigebestätigung, eine Arbeitserlaubnis, ein Befreiungsschein, eine 'Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt', ein Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - EG' oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt worden war."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer behauptet ausschließlich Spruchmängel der Bescheide der Behörde erster Instanz und des angefochtenen Bescheides gemäß § 44a VStG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt, in den vor der Erlassung der Straferkenntnisse der Behörde erster Instanz vom bzw. vom gegen ihn erfolgten Verfolgungshandlungen sei die "Strafnorm" unvollständig zitiert gewesen und er hinsichtlich MS unmittelbar als Arbeitgeber verfolgt worden, in den Straferkenntnissen sei "unzulässig" die Strafnorm durch die Wörter "zweiter Strafsatz" ergänzt worden und er als Geschäftsführer der Arbeitgeberin H GmbH genannt worden.

Diese Einwände sind schon deshalb unbeachtlich, weil beide Straferkenntnisse jeweils innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist erlassen wurden, in der jede Art von Änderung vorher erfolgter Verfolgungshandlungen zulässig ist. Abgesehen davon ist die Einfügung der Wörter "zweiter Strafsatz" in die übertretene Gesetzesstelle überhaupt entbehrlich.

In Bezug auf den Spruch des angefochtenen Bescheides bringt der Beschwerdeführer vor, es sei unzulässigerweise der Tatort von "S auf S, K-Straße, berichtigt" worden.

Bei der erstangeführten Adresse handelt es sich nach den unwidersprochenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid um den Sitz der H GmbH, wie er zum Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide der Behörde erster Instanz im Firmenbuch eingetragen war. Dieser Sitz war jedoch tatsächlich bereits im Juni 2008 an die zweitangeführte Adresse verlegt worden, ohne dass dies im Firmenbuch bekannt gegeben worden wäre.

Insoweit daher die Postanschrift des Sitzes der GmbH in den Bescheiden der Behörde erster Instanz unrichtig wiedergegeben wurde, litten diese im Sinne des § 44a VStG an einem Mangel, welchen die belangte Behörde aufgreifen musste und auch deshalb durfte, weil in diesen Bescheiden der Behörde erster Instanz die Unternehmensbezeichnung "H GmbH" in Verbindung mit der (richtigen) Ortsbezeichnung (Z) keinen Zweifel aufkommen lassen kann, welcher Gewerbebetrieb gemeint war, und damit dem Beschwerdeführer auch kein Rechtsschutzdefizit entstanden ist, zumal nie fraglich sein konnte, in welchem Betrieb die Ausländer beschäftigt worden waren. Unter diesen Umständen war der Tatort innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist hinreichend genau bezeichnet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0157). Aus den gleichen Gründen bedurfte es - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - auch nicht der Anführung einer "Untereinheit" der Straßennummer 5.

Sodann rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe den Strafvorwurf in unzulässiger Weise abgeändert von "obwohl hiefür weder eine Beschäftigungs- noch eine Entsendebewilligung erteilt waren und auch keine Anzeigenbestätigung ausgestellt wurde und des Ausländer auch nicht im Besitz einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines war" auf "obwohl hiefür weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine Anzeigebestätigung, eine Arbeitserlaubnis, ein Befreiungsschein, eine 'Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt', ein Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt - EG' oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt worden war".

Die hier wesentlichen Bestimmungen des § 3 Abs. 1 (idF BGBl. I 2006/99) und des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a (idF BGBl. I 2007/78) AuslBG lauten:

"§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine 'Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt' oder einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen

1. wer,

a) entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine 'Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt' (§ 8 Abs. 2 Z 3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde,

..."

Es trifft zu, dass im Spruch der erstinstanzlichen Straferkenntnisse einerseits ein Hinweis auf den mit der Novelle BGBl. I Nr. 126/2002 eingeführten Begriff "Zulassung als Schlüsselkraft", und die mit der Novelle BGBl. I Nr. 101/2005 eingeführten Begriffe "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" und "Aufenthaltstitel Daueraufenthalt - EG" nicht enthalten war, und dass andererseits der nicht in § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG beinhaltete Begriff "Entsendebewilligung" aufschien, somit der geltende Gesetzestext im verurteilenden Spruch der Behörde erster Instanz einerseits nicht vollständig und andererseits überschießend enthalten war.

Der Beschwerdeführer verkennt aber, dass dieser Mangel des erstinstanzlichen Spruches im Berufungsverfahren aus folgenden Gründen korrigiert werden durfte:

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Nach § 32 Abs. 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes alle Handlungen der Behörde, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im VStG vorgesehene Weise zu prüfen, wobei eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung unterbricht, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/09/0147, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Diesen Voraussetzungen haben entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers die im Beschwerdefall unbestritten innerhalb offener Verjährungsfrist von der Behörde erster Instanz an den Beschwerdeführer ergangenen Straferkenntnisse entsprochen. Die unvollständige bzw. überschießende Anführung der arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen, Zulassungen, Bestätigungen, Erlaubnisse, Aufenthaltstitel und Nachweise (in der Folge: arbeitsmarktrechtliche Dokumente) bringt eindeutig zum Ausdruck, dass die Behörde erster Instanz den Beschwerdeführer wegen des Fehlens jedwedes für eine erlaubte Beschäftigung der Ausländer bei der H GmbH erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Dokumentes und daher einer unrechtmäßigen Beschäftigung verfolgen wollte. Mit den Straferkenntnissen wurde der Beschwerdeführer damit unter Hinweis auf die einschlägigen Bestimmungen des AuslBG wegen eines gegen eine bestimmte Person (den Beschwerdeführer) wegen einer bestimmten Tat (Beschäftigung von jeweils einem Ausländer ohne das erforderliche arbeitsmarktrechtliche Dokument) bestehenden Tatvorwurfes schuldig erkannt. Der Beschwerdeführer wäre in der Lage gewesen, diesen Verdacht auf geeignete Weise zu entkräften, gegebenenfalls etwa durch den Nachweis des Vorhandenseins eines der fehlenden arbeitsmarktrechtlichen Dokumente.

Da die einer Bestrafung nach dem AuslBG zugrunde liegenden Sachverhaltselemente somit bereits in den dem Beschwerdeführer innerhalb der Verjährungsfrist zugestellten Straferkenntnissen enthalten waren, ist es durch die Nichtaufnahme der kompletten verba legalia des AuslBG nicht zum Eintritt der Verjährung gekommen (vgl. dazu das das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/09/0147, mwN).

Die Berufungsbehörde ist dann, wenn der Abspruch der ersten Instanz fehlerhaft ist, nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, diesen Abspruch richtig zu stellen. Naturgemäß ist sie dabei auf die "Sache" des bei ihr anhängigen Verfahrens - im Beschwerdefall war das die dem Beschwerdeführer im Strafverfahren erster Instanz zur Last gelegte TAT (nicht aber deren rechtliche Beurteilung) - beschränkt. Die belangte Behörde war daher im Beschwerdefall nicht daran gehindert, den Schuldspruch durch Aufnahme der fehlenden verba legalia zu ergänzen bzw. richtig zu stellen. Rechte des Beschwerdeführers wurden dadurch schon mit Rücksicht darauf nicht verletzt, dass er trotz gebotener Gelegenheit und selbst in der Beschwerde nicht behauptet hat, die Beschäftigung der beiden Ausländer wäre infolge des Vorliegens eines der arbeitsmarktrechtlichen Dokumente rechtmäßig gewesen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/09/0054). Das Beschwerdevorbringen, MS sei rumänische Staatsangehörige "und kann natürlich aufgrund der Tatsache, dass Rumänien Mitglied der Europäischen Union ist, sich auf eine dieser Voraussetzungen berufen", ist völlig unbestimmt und zeigt nicht auf, dass für MS - entgegen den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, nach dem MS nur über eine für ein anderes Unternehmen erteilte Beschäftigungsbewilligung verfügte - tatsächlich eines der für eine rechtmäßige Beschäftigung beim Arbeitgeber H GmbH notwendigen arbeitsmarktrechtlichen Dokumente ausgestellt gewesen sei.

Sollte der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen in Richtung einer auf europarechtlichen Normen zulässigen Tätigkeit der MS zielen, ist ihm zu antworten, dass dies nur für Dienstleistungen als Selbständige gilt. Für Angehörige Rumäniens ist die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit bereits in vollem Umfang garantiert, hinsichtlich der Arbeitnehmerfreizügigkeit dürfen aber weiterhin die früheren Beschränkungen aufrecht erhalten werden. Es besteht hinsichtlich der Merkmale etwa des AuslBG, des AÜG, der Gewerbeordnung etc. und der hg. Rechtsprechung zur Abgrenzung von selbständiger zu unselbständiger Tätigkeit zwischen Gemeinschaftsrecht und innerstaatlichem Recht kein Unterschied, weil es allein auf das Unterordnungsverhältnis ankommt (vgl. mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0163). Ein Unterordnungsverhältnis liegt aber nach den Feststellungen der belangten Behörde jedenfalls vor.

Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am