VwGH vom 29.04.2011, 2010/09/0205

VwGH vom 29.04.2011, 2010/09/0205

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des JI in A, vertreten durch Dr. Peter Perner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Karolingerstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS- 11/11104/5-2010, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der G GmbH mit Sitz in H zu verantworten, dass von dieser Gesellschaft die Arbeitsleistungen von drei näher bezeichneten ungarischen Staatsangehörigen, die von einem Arbeitgeber ohne Betriebssitz im Bundesgebiet, nämlich der P H in Ungarn, im Inland beschäftigt wurden, in Anspruch genommen wurden, weil diese von bis auf der Baustelle der G GmbH in K eine Industrieanlage montiert haben, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung, noch eine Anzeigenbestätigung ausgestellt gewesen seien.

Der Beschwerdeführer habe dadurch drei Übertretungen gemäß § 18 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden drei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.200,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je 36 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom , B 1003/10-4, ihre Behandlung ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde macht als Rechtsverletzung geltend, der Beschwerdeführer sei in seinem Recht "auf Widerlegung der Unschuldsvermutung" verletzt. Er meint damit offenbar, dass die belangte Behörde gemäß § 5 Abs. 1 VStG von fahrlässigem Verhalten des Beschwerdeführers ausgegangen ist und das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht als ausreichend für die Glaubhaftmachung erachtete, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Die objektive Tatseite bleibt unbekämpft.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer begründet die Beschwerde im Wesentlichen folgendermaßen (Schreibfehler im Original):

"Die unvollständige Sachverhaltsermittlung, insbesondere die fehlenden Feststellungen zu den Betriebszeiten, zur Anzahl der Beschäftigten, zur Anzahl der auf der Baustelle in K tätigen Unternehmen, deren Arbeitszeiten, hätte ergeben, dass die vom Beschwerdeführer erteilten Weisungen, sowie Kontrollen und Nachfragen bei den Unternehmen die einzige Möglichkeit waren und der Betriebsgröße der Baustelle sowie der Wirtschaftlichkeit entsprochen haben.

Die belangte Behörde wirft dem Beschwerdeführer vor, er hätte als verantwortliches Organ der Werkbestellerin ein wirksames Kontrollsystem einrichten müssen, dass die Missachtung dieser Bestimmungen unter vorhersehbaren Verhältnissen verhindert. Der Beschwerdeführer hätte kontrollieren müssen, dass bei Aufnahme der Tätigkeit das durch ausländische Arbeiter gültige arbeitsmarktrechtliche Dokumente vorliegen.

Wie diese Kontrolle durchgeführt hätte werden müssen, da die Errichtung der Pulverbeschichtungsanlage unter Zeitdruck stattgefunden hat und welche Konsequenzen fehlende Dokumente gehabt hätten, ist von der belangten Behörde aber nicht geprüft worden.

Bei kleinen Bauvorhaben oder relativ wenigen Arbeitnehmern mag eine solche Kontrolle leicht möglich sein. Bei permanent wechselndem Montagepersonals ist eine solche defacto nicht möglich.

Die Forderung des Gesetzgebers effektive Kontrollen einzurichten darf jedoch nicht dazu führen, dass Wirtschaftsleistung und Betriebsabläufe eines Unternehmens in Frage gestellt werden oder derartig behindert werden, dass keine Werkunternehmer mehr vertraglich verpflichtet werden können. Für Großbaustellen ist ein Kontrollsystem für den Werkbesteller wirtschaftlich und tatsächlich nicht realisierbar. Die ohne weitere Prüfung zugrunde gelegte Vermutung der Schuld führt dazu, dass ein Werkbesteller zur Verantwortung gezogen wird für Tatbestände, die seiner Einflussmöglichkeit defacto entzogen sind."

Bei einer "komplexen Werkherstellung" könne der Werkbesteller gar nicht verhindern, "dass bei einem solchen speziellen Baustellen- und Montagebetrieb Subunternehmer oder Werkunternehmer einzelne illegal beschäftige Arbeitnehmer einsetzen. Diese Möglichkeit der Verhinderung" habe die belangte Behörde "nicht geprüft und wurde die gesetzliche Vermutung mangels erschöpfender Sachverhaltsermittlung zu Lasten des Beschwerdeführers angenommen und ist daher die Bestrafung rechtswidrig erfolgt."

Das Vorbringen des Beschwerdeführers läuft darauf hinaus, wirtschaftliche Interessen höher zu stellen als die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. In einem Rechtsstaat wie Österreich hat sich das wirtschaftliche Handeln aber nach den Vorgaben der Gesetze zu richten und nicht umgekehrt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Übertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b AuslBG Ungehorsamsdelikte im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretungen der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens in Form fahrlässigen Verhaltens des Täters, welche von ihm widerlegt hätte werden können. Solange der Beschuldigte aber in solchen Fällen nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft, hat die Behörde anzunehmen, dass der Verstoß bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können. Es ist daher im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG auch im vorliegenden Verfahren Sache des Beschwerdeführers gewesen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden traf (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0380, mwN). Es lag an ihm, aus eigener Initiative alle entlastenden Umstände vorzutragen und konkrete Angaben zum Kontrollsystem zu machen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/03/0176, mwN).

Der Beschwerdeführer meint, der gesetzlichen Vermutung durch Glaubhaftmachung eines mangelnden Verschuldens an der Verwaltungsübertretung durch den Hinweis darauf erfolgreich entgegen getreten zu sein, er habe vom ausländischen Unternehmen L AG die Bestätigung "gefordert und erhalten, dass sämtliches Montagepersonal die gesetzlichen Bewilligungen hat und vorweisen kann." Die Frage, ob der Beschwerdeführer die Einhaltung der Vereinbarung auch überprüft habe, wurde vom Beschwerdeführer in der durchgeführten mündlichen Verhandlung ausdrücklich verneint.

In dem bereits zuvor genannten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0380, wurde in einem vergleichbaren Fall aber bereits ausgesprochen, dass (auch) den Empfänger der Arbeitsleistungen - unabhängig vom Vorliegen vertraglicher Verpflichtungen - selbst die Verpflichtung trifft, für die entsendeten ausländischen Arbeiter gemäß § 19 Abs. 1 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 und 11 AuslBG entweder um Entsende- oder Beschäftigungsbewilligungen einzukommen. Dass der Beschwerdeführer lediglich auf Grund des Inhaltes der mit dem ausländischen Unternehmen abgeschlossenen Vereinbarung auf das Vorliegen arbeitsmarktbehördlicher Bewilligungen vertraut hat, reicht entgegen der von ihm vertretenen Ansicht nicht aus, die gesetzliche Vermutung eines ihn treffenden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG zu widerlegen.

Im Übrigen hieße es auch keineswegs, die Kontrollpflichten des Empfängers von Arbeitsleistungen entsendeter ausländischer Arbeitskräfte zu überspannen, sich vom ausländischen Vertragspartner die Entsende- bzw. Beschäftigungsbewilligungen vorlegen zu lassen. Mit dem Hinweis auf die seinen ausländischen Geschäftspartner treffenden Vertragspflichten hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keinen geeigneten Versuch unternommen, darzulegen, dass er seiner gehörigen und zumutbaren Aufmerksamkeit im oben dargelegten Sinne nachgekommen sei, um Übertretungen des AuslBG hintan zu halten. Vielmehr hätte dies insbesondere solcher Vorkehrungen bedurft, dass Personen, für die arbeitsmarktbehördliche Papiere erforderlich, jedoch nicht ausgestellt waren, gar nicht erst mit der Arbeit hätten beginnen dürfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0352, mwN).

Die belangte Behörde war nach dem Gesagten nicht verhalten, zum Kontrollsystem weitergehende Ermittlungen anzustellen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/09/0120).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am