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VwGH 18.01.2012, 2008/08/0204

VwGH 18.01.2012, 2008/08/0204

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
ASVG §11 Abs1;
ASVG §44 Abs1 Z1;
ASVG §49 Abs1;
RS 1
Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. z. B. das Urteil vom , 9 ObA 138/02p) wie auch des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2000/08/0045) können sich die Parteien des Arbeitsverhältnisses in einer aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffenen abschließenden Regelung auch über an sich zwingende Ansprüche vergleichen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der M G in A, vertreten durch Grohs Hofer Rechtsanwälte GmbH, in 1010 Wien, Helferstorferstraße 4/12, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS5-A-948/074-2008, betreffend Feststellung der Beitragsgrundlagen nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. D Handelsgesellschaft mit beschränkter Haftung in B,

2. NÖ Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3, 3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0044 zu verweisen. Strittig waren die Beitragsgrundlagen aufgrund einer Beschäftigung der Beschwerdeführerin bei der erstmitbeteiligten Partei, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer im Beschäftigungszeitraum der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin war.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis unter anderem festgehalten, dass das Bestehen einer Lebensgemeinschaft "nichts daran ändert, dass im Falle eines Dienstverhältnisses - wie es im vorliegenden Fall festgestellt wurde - die arbeitsrechtlichen Bestimmungen zur Anwendung kommen, sodass sich auch der Entgeltanspruch und damit die hier strittige Beitragsgrundlage nach den Bestimmungen des anwendbaren Kollektivvertrages richtet, sofern keine für die Dienstnehmerin günstigere Vereinbarung getroffen wurde." Der damals angefochtene Bescheid war aufzuheben, da die belangte Behörde davon ausgegangen war, dass es den Vertragsparteien des Dienstverhältnisses auf Grund der Lebensgemeinschaft frei gestanden wäre, die Bedingungen des Dienstverhältnisses im Hinblick auf die Höhe der Entlohnung (Einstufung in eine kollektivvertragliche Beschäftigungsgruppe) und das Ausmaß der Arbeitszeit frei - auch unterkollektivvertraglich - zu vereinbaren.

Ergänzend führte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis aus:

"Zur Vermeidung überflüssiger Verfahrensschritte sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu folgenden Bemerkungen veranlasst:

Erörterungen über die Einstufung der Beschwerdeführerin in den Kollektivvertrag könnten sich im fortgesetzten Verfahren im Hinblick darauf erübrigen, dass der zwischen ihr und der erstmitbeteiligten Partei geschlossene außergerichtliche Vergleich, der die wechselseitigen strittigen Ansprüche zwischen der Beschwerdeführerin und der erstmitbeteiligten Gesellschaft bereinigen sollte, die offenen Entgeltansprüche der Beschwerdeführerin endgültig geregelt haben dürfte. Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren zunächst zu klären haben, ob der Beitragsnachverrechnung der Gebietskrankenkasse nur jene Zahlungen zu Grunde liegen, die auf Grund des Vergleichs vom an die Beschwerdeführerin geleistet worden sind (allenfalls darüber hinaus offene Beiträge aus - allenfalls auch früher - tatsächlich geleisteten Entgeltzahlungen; wie sie im Schreiben der Arbeiterkammer vom aufgezählt sind), oder ob die Gebietskrankenkasse von höheren oder niedrigeren Beitragsgrundlagen der Beschwerdeführerin ausgegangen ist. In einem der letztgenannten Fälle wäre die Beitragsforderung der Gebietskrankenkasse auf jene Beiträge zu korrigieren, die bisher nicht geleistet worden sind, sich jedoch aus den an die Beschwerdeführerin früher tatsächlich geleisteten Entgelten und dem Leistungsanspruch auf Grund des Vergleichs ergeben, andernfalls wären beide Einsprüche als unbegründet abzuweisen."

Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid hat die belangte Behörde dem Einspruch der erstmitbeteiligten Partei gegen den erstinstanzlichen Bescheid teilweise Folge gegeben und ausgesprochen, dass die allgemeinen Beitragsgrundlagen, die Beitragsgrundlagen für die Sonderzahlungen und die Beitragsgrundlagen für die Teilentgelte auf Grund der Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Verkäuferin, als Lagerangestellte und als Angestellte mit einfacher Tätigkeit im Büro und im Rechnungswesen (Beschäftigungsgruppe 2 des Kollektivvertrages für Handelsangestellte) für die erstmitbeteiligte Partei im Zeitraum vom bis einschließlich sowie für die daran anschließende Entgeltfortzahlung wie folgt festgestellt würden:

"Allgemeine Beitragsgrundlage 11 - 12/2000: EUR 2.231,34

Beitragsgrundlage für SZ: EUR 374,44

Allgemeine Beitragsgrundlage 01 - 12/2001: EUR 16.735,08

Beitragsgrundlage für SZ: EUR 2.789,18

Allgemeine Beitragsgrundlage 01 - 05/2002: EUR 604,32

Beitragsgrundlage für SZ: -- "

Hingegen wurde dem Einspruch der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid keine Folge gegeben.

Begründend führte die belangte Behörde - nach Darlegung des Verfahrensganges bis zum bereits zitierten hg. Erkenntnis - schließlich aus, dass eine neue Berechnung der Beitragsgrundlagen der Beschwerdeführerin erfolgt sei. Als Sachverhalt stellte die belangte Behörde - soweit hier entscheidungswesentlich - unter anderem fest, dass die Beschwerdeführerin im August 2000 eine Lebensgemeinschaft mit dem geschäftsführenden Gesellschafter der erstmitbeteiligten Partei eingegangen sei. Die beiden Lebensgefährten hätten am einen mündlichen Arbeitsvertrag geschlossen, nach welchem die Beschwerdeführerin im Ausmaß von 25 Stunden pro Woche als Angestellte für die erstmitbeteiligte Partei tätig sein sollte. Die Beschwerdeführerin habe über das Ausmaß von 25 Wochenstunden hinaus Arbeiten für die erstmitbeteiligte Partei verrichtet. Es sei dabei von einer Vollzeitbeschäftigung im kollektivvertraglichen Ausmaß von 38,5 Wochenstunden auszugehen. Zur Einstufung in die Beschäftigungsgruppe des Kollektivvertrages für die Handelsangestellten sei von jener Einstufung auszugehen, die die Niederösterreichische Arbeiterkammer in einem Interventionsschreiben vom anhand der Angaben der Beschwerdeführerin vorgenommen habe.

Es sei nicht bekannt, wann genau die Lebensgemeinschaft geendet habe. Infolge eines schweren Arbeitsunfalls vom und der dadurch gegebenen monatelangen Krankenhaus- und Rehabilitationszentrumsaufenthalte der Beschwerdeführerin sei seit diesem Unfall auch die Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft aufgelöst.

Eine Einigung zwischen den ehemaligen Lebensgefährten über die finanziellen Aspekte ihrer Trennung sei erst mit einer Vereinbarung vom erfolgt. Eine ausdrückliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei zwischen der Beschwerdeführerin und der erstmitbeteiligten Partei nicht erfolgt, jedoch hätten sich beide Seiten im Rahmen des Vergleichs vom schlüssig darauf geeinigt, dass dieses Arbeitsverhältnis mit dem Tag des Unfalles am beendet gewesen sei. Dies habe sowohl die NÖ Arbeiterkammer in ihrem Schreiben vom als auch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse in ihrem Schreiben vom ihren Berechnungen zugrunde gelegt.

Anfang Juni 2002 sei die Beschwerdeführerin zur NÖ Arbeiterkammer gekommen und habe um Intervention hinsichtlich ausständigen Arbeitslohns ersucht. Die NÖ Arbeiterkammer habe daraufhin am ein Aufforderungsschreiben an die erstmitbeteiligte Partei gerichtet, mit der Aufforderung, den im beigelegten Lohndatenblatt ausgewiesenen Bruttobetrag in der Höhe von EUR 42.743,36 an die Beschwerdeführerin zu zahlen.

Als Ergebnis dieser Intervention der NÖ Arbeiterkammer sei die Vereinbarung vom zwischen der Beschwerdeführerin und dem Geschäftsführer der erstmitbeteiligten Partei zustande gekommen, in welcher festgelegt worden sei, dass sich der Geschäftsführer der erstmitbeteiligten Partei auf Grund der Beendigung der Lebensgemeinschaft mit der Beschwerdeführerin zur Zahlung von insgesamt EUR 14.534,56 netto verpflichte. Mit dieser Vereinbarung sollten sämtliche wechselseitigen Ansprüche und Forderungen zwischen der Beschwerdeführerin und dem Geschäftsführer der erstmitbeteiligten Partei bzw. der erstmitbeteiligten Partei bereinigt und verglichen sein. Nach dem Lohndatenblatt vom als Beilage zum Schreiben der Arbeiterkammer vom hätten Forderungen der Beschwerdeführerin aus dem Dienstverhältnis zur erstmitbeteiligten Partei in Summe von EUR 22.734,36 brutto bestanden. Diese Forderung entspreche netto dem Betrag von EUR 16.958,85.

Laut Vereinbarung vom habe sich der Dienstgeber zur Zahlung von EUR 7.262,28 sowie von zweimal EUR 3.633,64 auf das Konto der Beschwerdeführerin (Nettobeträge), in Summe sohin EUR 14.534,56 verpflichtet. Zähle man diesem Betrag den an die Beschwerdeführerin laut Schreiben der Arbeiterkammer vom bereits netto überwiesenen Betrag in Höhe von EUR 6.177,44 hinzu, so seien an die Beschwerdeführerin insgesamt Zahlungen in der Höhe von EUR 20.712,-- netto geleistet worden. Berücksichtige man überdies noch die im Schreiben der Beschwerdeführerin vom erwähnte Zahlung vom in der Höhe von EUR 2.237,31, so erhöhe sich der Gesamtbetrag aller Zahlungen auf EUR 22.949,31 (netto).

Zusammengerechnet seien der Beschwerdeführerin daher die geforderten beitragspflichtigen Ansprüche laut Lohndatenblatt aus dem Beschäftigungsverhältnis zur erstmitbeteiligten Partei zur Gänze beglichen worden. Der die geforderten beitragspflichtigen Ansprüche übersteigende Betrag (EUR 5.990,46) sei demnach auf Grund der Beendigung der Lebensgemeinschaft geleistet worden, wie es auch den Ausführungen in dieser Vereinbarung entspreche, weshalb über die festgestellte Anspruchsgrundlage hinaus von keiner weiteren Beitragsgrundlage auszugehen sei.

Knapp sieben Wochen nach Abschluss der Vereinbarung vom sei die Beschwerdeführerin bei der Bezirksstelle Wien Umgebung der NÖ Gebietskrankenkasse erschienen und habe vorgebracht, dass die erstmitbeteiligte Partei sie mit einem zu geringen Entgelt zur Versicherung gemeldet habe. Eine weitere knappe Woche später habe die Beschwerdeführerin eine Klage gegen die viertmitbeteiligte Partei wegen Gewährung einer Versehrtenrente eingebracht.

Das Arbeits- und Sozialgericht Wien habe mit Beschluss vom das Verfahren zur Klärung der maßgeblichen Beitragsgrundlage für die der Klägerin zuerkannte Versehrtenrente gemäß § 74 Abs. 1 ASGG unterbrochen. Weiters sei ein Verwaltungsverfahren zur Klärung der Beitragsgrundlagen der Beschäftigung der Beschwerdeführerin bei der erstmitbeteiligten Partei bei der NÖ Gebietskrankenkasse angeregt worden. In der Folge habe die NÖ Gebietskrankenkasse den erstinstanzlichen Bescheid vom erlassen.

Zur Beweiswürdigung führte die belangte Behörde aus, dass ein Großteil der Sachverhaltsfeststellungen zwischen der Beschwerdeführerin und der erstmitbeteiligten Partei unstrittig sei. Die Beschwerdeführerin habe nicht bestritten, dass sie im Ausmaß von 25 Wochenstunden als Angestellte für die erstmitbeteiligte Partei tätig sein sollte; entsprechend dem Interventionsschreiben der Arbeiterkammer sei jedoch von einem tatsächlich verrichteten Wochenstundenausmaß in der Höhe von 38,5 Wochenstunden auszugehen gewesen. Die Angaben der Beschwerdeführerin über den Inhalt ihrer Tätigkeit hätten zu einer Einstufung der Tätigkeit in den Kollektivvertrag der Handelsangestellten im Interventionsschreiben der NÖ Arbeiterkammer vom geführt; diese Einstufung habe die belangte Behörde "entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes" dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt.

Im Übrigen sei die Einspruchsbehörde verpflichtet gewesen "den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zu folgen, welcher weder über das tatsächlich verrichtete Zeitausmaß noch über die Kollektivvertragsstufe, in welcher die Tätigkeiten (der Beschwerdeführerin) einzustufen waren, weitere Erörterungen oder Erhebungen für zielführend hielt".

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Darlegung der anzuwendenden Rechtsvorschriften aus, dass nach dem Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes für die im angefochtenen Bescheid zugrunde zu legenden Beitragsgrundlagen (nur) die tatsächlich geleisteten Entgeltzahlungen heranzuziehen gewesen seien. Ausgehend von den seitens der erstmitbeteiligten Partei gemeldeten Beitragsgrundlagen, von welchen bereits Beiträge mit der NÖ Gebietskrankenkasse abgerechnet worden seien, könnten dem Dienstgeber die aus den festgestellten Beitragsgrundlagen resultierenden Beiträge, welche in der Folge im angefochtenen Bescheid näher aufgeschlüsselt wurden, vorgeschrieben werden.

Zu einer von der Beschwerdeführerin am erstatteten Stellungnahme hielt die belangte Behörde fest, dass der Verwaltungsgerichtshof Erörterungen über den Kollektivvertrag und die Einstufung für entbehrlich gehalten habe. Einige der wesentlichsten tatsächlichen Zahlungen seien auf Grund des Vergleichs vom erfolgt, welcher wiederum auf der Intervention der NÖ Arbeiterkammer vom beruht habe. In diesem Interventionsschreiben werde ausdrücklich erwähnt, dass der Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs angewendet worden sei und dies auf Basis einer angenommenen Vollzeitbeschäftigung mit 38,5 Wochenstunden. Die Einstufung in den Kollektivvertrag sei seitens der Arbeiterkammer anhand der Angaben der Beschwerdeführerin erfolgt und es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Einstufung fehlerhaft gewesen wäre.

Das tatsächlich bezogene Entgelt der Beschwerdeführerin habe somit der Einstufung auf Basis einer 38,5 Stundenwoche entsprochen und die Beschwerdeführerin habe darüber hinaus auch Geldbeträge auf Grund der beendeten Lebensgemeinschaft erhalten. Für einen darüber hinaus allenfalls vereinbarten Ist-Lohn über den kollektivvertraglichen Lohn gebe es keinerlei Anhaltspunkte.

Die weitere Entgeltzahlung vom hätte bei Berücksichtigung durch die NÖ Arbeiterkammer in ihrem Interventionsschreiben vom nur zu einer Erhöhung des dort angegebenen Betrages, welcher bereits netto ausbezahlt worden sei, geführt. Somit erhöhe sich durch diese weitere Entgeltzahlung nur das Ausmaß jenes Geldbetrages, welcher auf Grund der beendeten Lebensgemeinschaft bezahlt worden sei, während der Anspruchslohn bzw. die Beitragsgrundlagen nach den §§ 44 und 49 ASVG unverändert geblieben seien.

Im Ergebnis bedeute dies, dass seitens der belangten Behörde die Beitragsgrundlagen etwas niedriger als im erstinstanzlichen Bescheid, jedoch deutlich höher als in dem vom Verwaltungsgerichtshof mit dem Vorerkenntnis aufgehobenen Bescheid der belangten Behörde vom festzustellen gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Auch die zweitmitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Die viertmitbeteiligte Partei verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift. Die übrigen mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt (die erstmitbeteiligte Partei hatte gegen den angefochtenen Bescheid eine zur hg. Zl. 2008/08/0205 protokollierte Beschwerde erhoben, diese jedoch entgegen einem ihr erteilten Mängelbehebungsauftrag des Verwaltungsgerichtshofes nicht ergänzt, so dass das Beschwerdeverfahren eingestellt wurde).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die beschwerdeführende Partei macht geltend, die belangte Behörde habe die vom Verwaltungsgerichtshof geäußerte Rechtsansicht im Erkenntnis vom unberücksichtigt gelassen. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde halte es der Verwaltungsgerichtshof nicht für "aussichtslos", einen Anspruchslohn im Sinne eines 25 Wochenstunden übersteigenden höheren Beschäftigungsausmaßes oder einer konkreten Beschäftigungsgruppe des anzuwendenden Kollektivvertrages festzustellen.

Vielmehr gehe der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass sich eine derartige Einstufung erübrigen könnte. Dies setze jedoch voraus, dass das von der Beschwerdeführerin tatsächlich bezogene Entgelt über jenem Entgelt liege, das der Beschwerdeführerin laut Kollektivvertrag auf Basis der Vollzeitbeschäftigung und bei korrekter Einstufung in die anzuwendende Beschäftigungsgruppe zustehe. Selbstverständlich sei Untergrenze jener Betrag, der der Einschreiterin laut Kollektivvertrag zustehe.

Demnach hätte die belangte Behörde einen Vergleich anzustellen gehabt, nämlich einerseits was der Beschwerdeführerin auf Grund richtiger Kollektivvertragseinstufung als Entgelt zugestanden wäre und andererseits was die Beschwerdeführerin tatsächlich an Entgelt - wozu auch der Vergleichsbetrag zähle - im Rahmen des Dienstverhältnisses bezogen habe. Die belangte Behörde habe jedoch lediglich festgestellt, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihres Dienstverhältnisses tatsächlich gesamt EUR 22.949,31 netto an Entgelt bezogen habe, es jedoch unterlassen, das ihr laut Kollektivvertag zustehende Entgelt dazu in Relation zu setzen und schlussendlich die für die Beschwerdeführerin günstigere Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

Dennoch habe die belangte Behörde Feststellungen zu Kollektivvertragseinstufungen vorgenommen, obwohl sie in weiterer Folge vermeint habe, dass sich eine derartige Einstufung erübrige. Es sei nicht zutreffend, dass von jener Einstufung in die Beschäftigungsgruppe des Kollektivvertrags für die Handelsangestellten auszugehen sei, welche die NÖ Arbeiterkammer im Interventionsschreiben am vorgenommen habe. Festzuhalten sei, dass der Arbeiterkammer nicht alle erforderlichen Unterlagen vorgelegen seien. Weiters könne die Arbeiterkammer nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin eine verbindliche Kollektivvertragseinstufung vornehmen, diese Einstufung habe vielmehr von Amts wegen zu erfolgen und die Behörde dürfe sich nicht an eine von einem Dritten erfolgte Einstufung gebunden erachten. Die Beschwerdeführerin führt dazu in der Beschwerde näher aus, weshalb eine höhere Einstufung als in die Beschäftigungsgruppe II hätte erfolgen müssen. Die belangte Behörde habe es jedoch unterlassen, eine korrekte Kollektivvertragseinstufung vorzunehmen.

2. Dieses Vorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Vorerkenntnis dargelegt hat, ist davon auszugehen, dass mit der - nach der Beendigung des Dienstverhältnisses - am geschlossenen Vereinbarung ein Vergleich über die wechselseitigen strittigen Ansprüche erfolgt ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. z.B. das Urteil vom , 9 ObA 138/02p) wie auch des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das hg. Erkennntnis vom , 2000/08/0045) können sich die Parteien des Arbeitsverhältnisses in einer aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffenen abschließenden Regelung auch über an sich zwingende Ansprüche vergleichen. Die Beschwerdeführerin hat nicht dargelegt, dass eine Prüfung nach dem Günstigkeitsprinzip (vgl. auch dazu näher das bereits zitierte ) zum Ergebnis hätte führen können, dass in dem schließlich geschlossenen Vergleich auf den von der Beschwerdeführerin behaupteten Anspruch auf eine höherwertige kollektivertragliche Einstufung nicht wirksam hätte verzichtet werden können. Dafür liegen auch keine Anhaltspunkte vor, zumal es offenkundiger Zweck des Vergleiches war, die finanziellen Folgen aus der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses, die infolge der weiteren Begleitumstände (ehemalige Lebensgemeinschaft mit dem Alleingesellschafter und Geschäftsführer der erstmitbeteiligten Partei, unzureichende Aufzeichnungen, bisherige Zahlungen in unterschiedlicher Höhe etc.) durchaus unübersichtlich waren, abschließend zu regeln. Im Hinblick darauf, dass zunächst schon ein über eine Teilzeitbeschäftigung hinausgehendes Ausmaß der Beschäftigung sowie jegliche offene Zahlungspflichten von der erstmitbeteiligten Partei bestritten wurden, ist auch nicht zu erkennen, dass dem Vergleich nicht auch ein Beitrag der erstmitbeteiligten Partei in Form der Aufgabe von wesentlichen Rechtspositionen zugrunde gelegen wäre. Dass der geschlossene Vergleich etwa wegen Arglist, Zwang oder Sittenwidrigkeit angefochten worden wäre, hat auch die Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass mit der Vereinbarung vom ein Vergleich zwischen der Beschwerdeführerin und der erstmitbeteiligten Partei getroffen wurde, dem Bereinigungswirkung im Hinblick auf die strittigen Ansprüche - damit insbesondere auch hinsichtlich der kollektivvertraglichen Einstufung und des daraus resultierenden Entgeltanspruchs - zukam.

3. Die Beschwerdeführerin führt weiters aus, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde zur Ansicht gelange, dass gegenüber der Beschwerdeführerin alle geforderten beitragspflichtigen Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis zur erstmitbeteiligten Partei zur Gänze beglichen worden seien und ein Betrag von EUR 5.590,46 auf Grund der Beendigung der Lebensgemeinschaft geleistet worden sein solle, weshalb über die festgestellte Anspruchsgrundlage hinaus von keiner weiteren Beitragsgrundlage auszugehen sei. Die belangte Behörde verkenne die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes und lasse Beträge außer Acht, die in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen gewesen wären. Das tatsächlich bezogene Entgelt setze sich aus folgenden Beträgen zusammen:

EUR 14.534,46 netto aus der Vereinbarung vom , EUR 6.177,44 netto, die von der erstmitbeteiligten Partei

bereits an die Beschwerdeführerin laut Schreiben der NÖ Arbeiterkammer vom bezahlt worden waren, sowie

EUR 2.237,32 netto aus einer Zahlung der erstmitbeteiligten Partei an die Beschwerdeführerin vom .

Dies ergebe einen Gesamtbetrag von EUR 22.949,31 netto.

Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits in seinem Vorerkenntnis ausgesprochen, dass die belangte Behörde fälschlicherweise eine Aufteilung der von der Beschwerdeführerin für die erstmitbeteiligte Partei geleisteten (einheitlichen) Tätigkeiten in solche im Rahmen des Dienstverhältnissen und in solche im Rahmen der Lebensgemeinschaft mit dem Geschäftsführer der erstmitbeteiligten Partei vorgenommen habe und für eine derartige Unterscheidung keine hinreichenden Anhaltspunkte erkennbar seien.

Die belangte Behörde hätte das tatsächlich bezogene Entgelt der Beschwerdeführerin auf Grund ihres Dienstverhältnisses mit der erstmitbeteiligten Partei in Höhe von EUR 22.949,31 netto der Beitragsgrundlagenbemessung zugrunde zu legen gehabt.

Die belangte Behörde habe auch nicht begründet, warum der Betrag von EUR 5.990,46, welcher den im Schreiben der NÖ Arbeiterkammer geforderten Betrag überstiegen habe, aufgrund der Beendigung der Lebensgemeinschaft geleistet worden sei.

4. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Nach § 44 Abs. 1 Z. 1 ASVG ist bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6 ASVG Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage). Nach § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass die festzustellenden Beitragsgrundlagen der Höhe nach mit jenem Betrag begrenzt wären, der im Schreiben der NÖ Arbeiterkammer (als Bruttobetrag) gefordert worden war. Sie hat danach die tatsächlichen (Netto-)Beträge, welche der Beschwerdeführerin - wohl, wenngleich dies nicht ausdrücklich festgestellt wurde: vom Dienstgeber - zugekommen sind, diesem geforderten Betrag gegenübergestellt und, umgerechnet auf Nettobeträge, eine "Überzahlung" festgestellt, von der sie ohne Weiteres ("demnach") annahm, dass sie "aufgrund der Beendigung der Lebensgemeinschaft" geleistet worden wäre und daher nicht in die Beitragsgrundlage einzubeziehen sei.

Für diese Auffassung fehlt eine nachvollziehbare Begründung im angefochtenen Bescheid.

Wie oben bereits dargelegt, ist von einer Bereinigungswirkung des Vergleichs vom auszugehen; zudem sind - diesbezüglich kann auf das Vorerkenntnis verwiesen werden - keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass eine "Aufteilung" der von der Beschwerdeführerin für die erstmitbeteiligte Partei geleisteten (einheitlichen) Tätigkeit - teilweise im Rahmen des Dienstverhältnisses, teilweise im Rahmen "außervertraglicher Gefälligkeitsdienste" auf Grund der Lebensgemeinschaft - in Betracht käme.

Es ist daher davon auszugehen, dass mit dem Vergleich vom eine Bereinigung aller zum damaligen Zeitpunkt noch offenen Forderungen der Beschwerdeführerin aus dem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis zur erstmitbeteiligten Partei erfolgte. Für ein "Herausrechnen" von zuvor bereits von der erstmitbeteiligten Partei erhaltenen Leistungen aus dem Dienstverhältnis besteht keine Grundlage, umso mehr als keine Anspruchsgrundlage für eine Leistung der erstmitbeteiligten Partei - einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung - aufgrund der Auflösung einer Lebensgemeinschaft erkennbar ist. Festzuhalten ist, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom ausdrücklich vorgebracht hat, dass es sich auch bei der Zahlung vom um eine Leistung der erstmitbeteiligten Partei aus dem Dienstverhältnis gehandelt habe; sie hat dazu (neuerlich) die Kopie eines Überweisungsbelegs vorgelegt, nach dem die Überweisung durch die erstmitbeteiligte Partei erfolgt ist.

Die belangte Behörde hat - erkennbar ausgehend von der unzutreffenden Rechtsansicht, die der Beitragsgrundlagenbemessung zugrunde zu legende Entgeltzahlung sei mit der Höhe der Forderung im Schreiben der NÖ Arbeiterkammer vom begrenzt - für die Bemessung der Beitragsgrundlage nicht alle Geldbezüge herangezogen, die die Beschwerdeführerin ihren Angaben nach auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber erhalten hat; sie hat aber auch nicht mängelfrei - unter Bezugnahme auf konkrete Beweismittel und mit nachvollziehbarer Beweiswürdigung - festgestellt, dass der hier noch strittige Betrag von EUR 5.990,46 tatsächlich nicht aufgrund des Dienstverhältnisses geleistet worden wäre.

5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben,

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

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Normen
ASVG §11 Abs1;
ASVG §44 Abs1 Z1;
ASVG §49 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2012:2008080204.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
DAAAE-76067