zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 24.02.2011, 2010/09/0198

VwGH vom 24.02.2011, 2010/09/0198

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des Dr. FW in S, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 2, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. 75/7 - DOK/09, betreffend Antrag auf Wiederaufnahme des mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinaroberkommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport vom , Zl. 55/6-DOK/01, abgeschlossenen Disziplinarverfahren (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundeskanzler), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid der (zum damaligen Zeitpunkt zuständigen) Disziplinaroberkommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport vom , Zl. 55/6-DOK/01, wurde der Beschwerdeführer, der damals als Beamter der Finanzverwaltung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stand, vom Dienst suspendiert, der Begehung von Dienstpflichtverletzungen schuldig erkannt und die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/09/0205, wurde diese Beschwerde abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Verwaltungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis, insbesondere auf den in allen Punkten wörtlich wiedergegebenen Schuldspruch.

Anträge auf Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens wurden mit Bescheiden der Disziplinaroberkommission vom und vom abgewiesen. Diese Bescheide wurden nicht beim Verwaltungsgerichtshof angefochten.

Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Wiederaufnahme des Disziplinarverfahrens.

Der Bund habe die gegen den Beschwerdeführer erhobene Organhaftungsklage 11 Cga 175/01y vor dem Landesgericht Salzburg unter Anspruchsverzicht zurückgezogen. Er habe die Vermutung angestellt, dass im Zuge der Erhebungen durch die Finanzbehörden in - näher bezeichneten - Abgabenverfahren "völlig neue Tatsachen hervorgekommen" seien, sodass das Bundesministerium für Finanzen (BMF) zum Endergebnis gekommen sei, dass die Disziplinarkommission (DK) und die Disziplinaroberkommission (DOK) den rechtsrelevanten Sachverhalt "völlig unrichtig und falsch festgestellt und demzufolge rechtsrelevante Fragen einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung unterzogen" habe. Der Beschwerdeführer habe in der Folge über die Kanzlei Dr. E eine Vielzahl von Urkunden erhalten (diese Unterlagen wurden dem Antrag beigelegt). Aus ihnen ergäben sich "objektiv völlig neue Fakten, aus denen klar und eindeutig hervorgeht, dass seitens der DK und seitens der DOK völlig unrichtige und falsche Feststellungen getroffen wurden, sodass auf der Grundlage dieser völlig unrichtigen und falschen Feststellungen es zu meiner disziplinarrechtlichen Verurteilung und Entlassung gekommen" sei. Es seien "neue Tatsachen hervorgekommen", die die DK und die DOK nicht berücksichtigt haben.

Zur Rechtzeitigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, er habe mit Übersendung der Urkunden an seinen Rechtsvertreter am erstmals Kenntnis davon erlangt, dass das Abgabenverfahren C GmbH/H

"in Sinne meiner Verantwortung vor den Disziplinarbehörden abgeschlossen wurde, und dass die Disziplinarbehörden sowohl sachlich wie auch rechtlich völlig unrichtige Feststellungen getroffen haben. Aus diesen Urkunden/Unterlagen geht hervor, dass meine disziplinarrechtliche Verurteilung und Entlassung ausschließlich nur deshalb erfolgte, das die Disziplinarbehörden völlig unrichtige Sachverhaltsfeststellungen getroffen haben; dies zufolge unrichtiger Vorverständnisse und zufolge Befangenheit. Die ursprünglichen Abgabenbescheide gegen C GmbH sind damit wieder in den Rechtsbestand getreten und ist somit klargestellt, dass mir kein Verschulden anzulasten ist".

Aus den Unterlagen gehe auch hervor, dass

"das gesamte Finanzamt Salzburg-Stadt, Finanzamt Salzburg-Land und der gesamte Unabhängige Finanzsenat, Außenstelle Salzburg schon vor der Erlassung des Disziplinarerkenntnisses befangen waren, sodass die Fälle C GmbH und H mittels Weisung des BMF der weiteren Bearbeitung entzogen und an das Finanzamt Feldkirch delegiert wurde."

Aus dem weiteren Vorbringen geht auch hervor, dass der Beschwerdeführer der Ansicht ist, es lägen falsche Zeugenaussagen vor.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom , B 447/10-10, ihre Behandlung ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Der Beschwerdeführer erstattet eine Gegenäußerung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 69 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung

BGBl. I Nr. 158/1998, lautet:

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem."

Gemäß § 116 Abs. 2 BDG 1979 betragen die in § 69 Abs. 2 und 3 AVG mit drei Jahren festgesetzten Fristen zehn Jahre.

Der Beschwerdeführer hat im Wiederaufnahmeverfahren und der Beschwerde im Hinblick auf den "Erschleichungstatbestand" des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG zusammengefasst vorgebracht, der Bescheid sei durch "falsche Zeugenaussagen" zustande gekommen. Diese beruhten auf der "Grundlage eines völlig unrichtigen Vorverständnisses in … komplizierten Steuerangelegenheiten", durch die "unrichtigen Angaben der befangenen und voreingenommenen Zeugen" sei der Disziplinarsenat "in wesentlichen Punkten irre geführt" worden. Der Beschwerdeführer erläuterte dazu, das "unrichtige Vorverständnis" habe sich durch die in der Folge nach Erlassung des Bescheides vom ergangenen gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Entscheidungen in den Steuerangelegenheiten gezeigt, weil in diesen Entscheidungen die vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsmeinung geteilt worden sei.

Der absolute Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z. 1 letzter Fall AVG setzt voraus, dass der Bescheid erschlichen worden ist, was - neben anderen Bedingungen - auch beinhaltet, dass das Verhalten in Irreführungsabsicht gesetzt wurde (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1484 ff wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Eine von den vom Beschwerdeführer angesprochenen Zeugen und Sachverständigen ausgeführte Rechtsansicht in "komplizierten Steuerangelegenheiten", die auch von mit der Sachmaterie befassten Behörden vertreten wird und sich nach den Angaben des Beschwerdeführers erst in nachfolgenden Verfahren als unrichtig erwiesen habe, wird jedenfalls nicht in Irreführungsabsicht gesetzt. Schon deshalb erübrigt es sich näher zu prüfen, ob der Wiederaufnahmetatbestand des "falschen Zeugnisses … erschlichen" überhaupt auf Aussagen und Stellungnahme der vom Beschwerdeführer angegriffenen Zeugen und "Sachverständigen" zutreffen kann.

Tatsachen, die bereits im wiederaufzunehmenden Verfahren geltend gemacht wurden, können jedenfalls keinen Wiederaufnahmegrund nach dieser Bestimmung begründen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/12/0043). Dies gilt auch für Vorbringen, die im Wesentlichen nur eine Wiederholung von bereits während des ersten Verwaltungsverfahrens vorgebrachten Umständen oder eine Bekämpfung der von der Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung enthalten (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1496 f wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Der Beschwerdeführer bringt aber keine Tatsachen vor, die aus den ihm nunmehr zugekommenen Unterlagen neu hervorgekommen seien, sondern wiederholt seine Verantwortung im Disziplinarverfahren und bekämpft die von der Behörde vorgenommene Beweiswürdigung. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann aus dem Inhalt der vorgelegten neuen Unterlagen keine neu hervorgekommenen Tatsachen im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG erkennen.

Eine gerichtliche Entscheidung ist weder Beweismittel noch Tatsache im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG: "Tatsache" kann nur ein Element jenes Sachverhaltes sein, der von der Behörde des wiederaufzunehmenden Verfahrens zu beurteilen war. Darunter fällt nicht eine spätere rechtliche Beurteilung eben dieses Sachverhaltes. Als "Beweismittel" kommt daher nicht die gerichtliche Entscheidung selbst, sondern kommen allenfalls darin verwertete "neu hervorgekommene Beweismittel" in Frage (vgl. dazu z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 92/09/0099).

Neue Schlussfolgerungen oder ein Irrtum eines Sachverständigen können - entgegen neuer Befundergebnisse - keinen Wiederaufnahmegrund bilden (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1501 f, und das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/09/0159). Neue Befundergebnisse (die einen Wiederaufnahmegrund bilden könnten) zu den angelasteten Dienstpflichtverletzungen sind aber aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden (etwa Univ. Prof. Dr. B, Univ. Prof. DDr. L, Univ. Prof. Dr. A, Auditor Treuhand, BMF (alle beziehen sich auf die rechtliche Lösung von Steuerverfahren; bei den beiden letztgenannten kommt noch hinzu, dass es sich dort um allgemein gehaltene Rechtsgutachten ohne konkrete Nennung bestimmter Steuerpflichtiger geht)) nicht zu ersehen.

Der Beschwerdeführer hat sich im wiederaufzunehmenden Verfahren aber bereits auf die "Richtigkeit" seiner Rechtsansicht in den Abgabenverfahren gestützt. Dieser Umstand ist Inhalt der von ihm zur Begründung seines Antrages vorgelegten Beweismittel, Abgabenbescheide, Urteile, Erkenntnisse und neu gesetzte Verfahrenshandlung vor Gerichten. Hingegen befassen sich diese Urkunden nicht (zur Ausnahme der Punkte 4.1 und 4.2 des damaligen Schuldspruches siehe später) mit den Handlungen des Beschwerdeführers, die dem Disziplinarverfahren zu Grunde liegen (an dieser Stelle sei wieder auf die im bereits zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/09/0205, enthaltene wörtliche Wiedergabe des Schuldspruches hingewiesen), sodass "Tatsachen" im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG damit nicht hervorgekommen sind.

Bei den die Abgabenpflichtigen betreffenden späteren Entscheidungen kommt hinzu, dass es sich bei den dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit der Führung von Steuerakten um Vorgänge handelt, die spätestens zu jenem Zeitpunkt, als ihm die weitere Bearbeitung dieser Akten entzogen worden war, abgeschlossen waren. Die weitere Entwicklung in den Steuerfällen ab dem Zeitpunkt, an dem ihre Bearbeitung bzw. ein die Bearbeitung beeinflussendes Verhalten (z.B. die Erteilung von Weisungen) dem Beschwerdeführer entzogen bzw. nicht mehr möglich war, ist für die disziplinarrechtliche Beurteilung der zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen nicht von Bedeutung. Denn das (abgeschlossene) Verhalten des Beschwerdeführers ist nach objektiven Gesichtspunkten zu jenem Zeitpunkt zu beurteilen, an dem es gesetzt wurde bzw. abgeschlossen war, jedoch nicht nach (vom Beschwerdeführer nicht beeinflussbaren) künftigen Entwicklungen in den jeweiligen Steuerangelegenheiten. Der Stand in den Steuerangelegenheiten nach dem genannten Zeitpunkt gehört demnach nicht zu den "die Sache" des Beschwerdeführers betreffenden Akten (vgl. erneut das den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/09/0205).

Damit hat der Verwaltungsgerichtshof aber schon damals dargelegt, dass der Ausgang der Steuerverfahren für die hier zu beurteilenden disziplinarrechtlichen Handlungen keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG darstellt, weshalb auch der Tatbestand des § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG nicht vorliegen kann.

Allenfalls im Zuge des Verständigungsverfahrens mit Liechtenstein, die Steuerpflicht des H, der C GmbH, des RG und der M GmbH berührende neu hervorgekommene Tatsachen (etwa die Verrechnungspreise zwischen Gesellschaften) stellen deshalb keinen Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG dar, weil sie die Sache des Disziplinarverfahrens nicht betreffen und daher keinen anderen Bescheid ergeben könnten.

Es stellt auch keine neu hervorgekommene Tatsache dar, dass der Beschwerdeführer behauptet, aus den neuen Unterlagen ergebe sich, dass das "gesamte Finanzamt S-Stadt, Finanzamt S-Land und der gesamte Unabhängige Finanzsenat, Außenstelle S, schon vor der Erlassung des Disziplinarerkenntnisses befangen" gewesen seien, weil es sich bei der Befangenheit nicht um eine Tatsache handelt, sondern um eine Rechtsfrage. Einen konkreten Sachverhalt zur behaupteten Befangenheit legt der Beschwerdeführer nicht dar. Im Übrigen legt der Beschwerdeführer ebenso wenig dar, welchen Einfluss die behauptete "Befangenheit" dieser Organwalter auf das Disziplinarverfahren gehabt habe, sodass er nicht dartut, dass ein anderer Bescheid im Disziplinarverfahren erlassen worden wäre. Nur zur Ergänzung sei darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer im Disziplinarverfahren auch "Befangenheit … der Disziplinarbehörden" eingewendet und der Verwaltungsgerichtshof diesen Einwand im bereits zitierten Erkenntnis vom verworfen hat.

Aus der Zurückziehung der Organhaftungsklage unter Anspruchsverzicht ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Denn selbst in dem vom Beschwerdeführer behaupteten Falle, dass sich hieraus ableiten ließe, es stehe fest, dass der Republik Österreich durch sein Verhalten kein Schaden entstanden sei (was sich allerdings so nicht aus der Zurückziehung ableiten lässt), übersieht der Beschwerdeführer, dass für den Schuldspruch in den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen der Eintritt eines Schadens nicht Voraussetzung ist, weshalb das genannte Organhaftungsverfahren im gegenständlichen Disziplinarverfahren ohne Belang ist.

Im Hinblick auf die im Schuldspruch unter 4.1 und 4.2 vorgeworfenen Handlungen des Beschwerdeführers im Steuerfall MS verkennt der Beschwerdeführer außerdem das diese Fälle betreffende Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom , 11 Ra 250/02t, mit dem die Schadenersatzklage des Bundes gegen den Beschwerdeführer auf Grund seiner Handlungen im Steuerfall MS abgewiesen, sowie den Beschluss des Obersten Gerichtshofes als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , 9 ObA 80/03k, mit dem die Revision der klagenden Partei zurückgewiesen worden war. Ungeachtet der Frage, ob diese Entscheidungen angesichts der in den Punkten 4.1 und 4.2 anders gelagerten Schuldsprüche im Disziplinarverfahren inhaltlich geeignet wären, eine Tatsache im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG darzutun, ist diesbezüglich jedenfalls die Frist des § 69 Abs. 2 AVG spätestens zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes an den damaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, der durch Einlaufstempel der Rechtsanwälte H/H mit auf dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Beschluss dokumentiert ist, sohin am Freitag, dem , abgelaufen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK dem entgegensteht.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom , Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/08/0044, und vom , Zl. 2000/02/0269). Des Weiteren hat der EGMR in seinen Entscheidungen vom , Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom , Nr. 17912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0160, mwN).

Solche Umstände liegen aber auch im gegenständlichen Fall vor, weil es ausschließlich um die rechtliche Beurteilung geht, ob in der gegebenen Konstellation überhaupt eine Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig ist, sohin eine Rechtsfrage des Verfahrensrechtes (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0140), und die Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet ist. In der Beschwerde wurden keine Fragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am