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VwGH vom 26.01.2010, 2008/08/0200

VwGH vom 26.01.2010, 2008/08/0200

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der G GmbH in W, vertreten durch Dr. Hubert Just und Dr. Erich Bernögger, Rechtsanwälte in 4560 Kirchdorf/Krems, Hauptplatz 7, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom , Zl. LGSOÖ/Abt.4/2008-0566-4-000487/10, betreffend Verpflichtung zum Rückersatz von Arbeitslosengeld gemäß § 25 Abs. 3 AlVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zeitraum 2. Februar bis bezog K., die gleichzeitig bei der beschwerdeführenden Partei als Dienstnehmerin beschäftigt gewesen ist, Arbeitslosengeld.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde - in teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides des AMS K vom (im Weiteren: AMS K) - ausgesprochen, dass das Arbeitslosengeld von K. im Zeitraum vom 2. Februar bis widerrufen und die beschwerdeführende Partei zum Rückersatz des durch den Widerruf entstandenen Übergenusses von EUR 1.161,09 verpflichtet werde.

In der Begründung der angefochtenen Entscheidung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das AMS K mit Überlagerungsmeldung des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger erfahren habe, dass K. neben dem Arbeitslosengeldbezug vom 2. Februar bis bei der beschwerdeführenden Partei vollversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. K. habe hiezu am bekannt gegeben, dass sie ihres Wissens bei der beschwerdeführenden Partei geringfügig angemeldet sei; sie habe bislang noch keinen Lohnzettel erhalten, der Lohn sei wöchentlich bar ausbezahlt worden. Laut (zunächst telefonischer dann schriftlicher) Mitteilung des Steuerberaters der beschwerdeführenden Partei sei K. auf Grund der Information des Dienstgebers im Februar zunächst mit einer geringfügigen Beschäftigung an die Gebietskrankenkasse gemeldet worden. Bei der ersten Abrechnung sei festgestellt worden, dass Nachtzuschläge gebühren und die Entlohnung über der Geringfügigkeitsgrenze liege. Die Änderungsmeldung sei am erfolgt, ein entsprechender Lohnzettel sei erstellt und dem Dienstgeber übermittelt worden.

K. sei von der Änderung nicht verständigt worden und habe die Änderung auch nicht erkennen können (z.B. auf Grund höherer Stundenanzahl); nach dem vorgelegten Lohnkonto hätte K. auf Grund der Nettoauszahlung lediglich im Mai 2008 erkennen können, dass das Dienstverhältnis über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt und daher zur Vollversicherung anzumelden gewesen sei. Im Mai 2008 sei an sie aber kein Arbeitslosengeld mehr ausbezahlt worden. K. habe das vollversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis beim AMS nicht gemeldet, woraus ihr allerdings kein Vorwurf gemacht werden könne, da sie selbst davon keine Kenntnis gehabt habe und weshalb sie auch nicht die Rechtsfolgen des Widerrufs des Arbeitslosengeldes vom 2. Februar bis zu tragen habe.

Die belangte Behörde habe den Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 (gemeint wohl: Abs. 3) AlVG erfüllt, da sie die Dienstnehmerin nicht sofort von der Änderung des geringfügigen in ein vollversicherte Dienstverhältnis in Kenntnis gesetzt habe. Diese Änderung sei dem AMS erst im Mai 2008 bekannt geworden. Da K. im Zeitraum des vom AMS bewilligten Kurses vom 3. März bis eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes in der Höhe von täglich EUR 18,50 gebühre, sei - in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides - hinsichtlich dieses Zeitraumes nur der Differenzbetrag von täglich EUR 6,81 (zum bezogenen Arbeitslosengeld in der Höhe von täglich EUR 25,31) - sohin für 59 Tage a EUR 6,81 sowie für den Zeitraum von 2. Februar bis (30 Tage) a EUR 25,31 täglich rückzufordern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 25 Abs. 1 AlVG in der Fassung BGBl. Nr. 609/1977 lautet (auszugsweise):

"§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. ..."

§ 25 Abs. 2 AlVG in dieser Fassung lautete:

"(2) Wenn eine dritte Person eine ihr nach diesem Bundesgesetz obliegende Anzeige vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit unterlassen oder falsche Angaben gemacht und hiedurch einen unberechtigten Bezug verursacht hat, kann sie zum Ersatz verpflichtet werden."

Durch die Novelle BGBl. Nr. 502/1993 erhielt dieser zweite Absatz die Absatzbezeichnung "(3)" und steht in dieser Fassung seither in Geltung.

Gemäß § 46 Abs. 4 AlVG hat der Arbeitslose seinen Anspruch bei der regionalen Geschäftsstelle nachzuweisen. Er hat eine Bestätigung des Dienstgebers über die Dauer und Art des Dienstverhältnisses, über die Höhe des Entgeltes und über die Art der Lösung des Dienstverhältnisses beizubringen. Der Dienstgeber ist zur Ausstellung dieser Bestätigung verpflichtet.

Nach § 69 Abs. 2 leg. cit. sind die Betriebsinhaber verpflichtet, den Landesgeschäftsstellen und den regionalen Geschäftsstellen alle zur Durchführung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

Das Verhältnis der Bestimmung des § 25 Abs. 1 zu jener des § 25 Abs. 3 AlVG ist dadurch gekennzeichnet, dass bei Verwirklichung der Tatbestände des § 25 Abs. 1 AlVG die Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen (gegenüber dem Empfänger der Leistung) auszusprechen ist, während nach § 25 Abs. 3 AlVG diese Verpflichtung gegenüber den dort genannten Personen von der Behörde ausgesprochen werden "kann". Der Verwaltungsgerichtshof geht nach seiner Rechtsprechung davon aus, dass der Gesetzgeber durch die unterschiedliche Wortwahl innerhalb ein- und desselben Paragraphen verschiedene Regelungsinhalte zum Ausdruck bringen wollte. Aus dem Regelungszusammenhang der zitierten Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes ist zu schließen, dass eine positive Gebrauchnahme vom Ermessen nach § 25 Abs. 3 AlVG - abgesehen von den übrigen Voraussetzungen - nur dann als im Sinne des Gesetzes gelegen in Betracht kommt, wenn entweder ein Rückforderungstatbestand nach § 25 Abs. 1 AlVG nicht vorliegt oder ein solcher zwar verwirklicht ist, aber eine Rückforderung vom Empfänger der Leistung nach diesen Bestimmungen aus tatsächlichen Gründen scheitert (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/08/0184).

Im vorliegenden Fall kommt der Beschwerde schon deshalb Berechtigung zu, wenn sie geltend macht, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Ersatzpflicht gemäß § 25 Abs. 3 AlVG damit begründet, die beschwerdeführende Partei habe ihre "Dienstnehmerin nicht sofort von der Änderung des geringfügigen in ein vollversichertes Dienstverhältnis in Kenntnis gesetzt". Damit wird die Tatbildmäßigkeit des zuvor zitierten Rückforderungstatbestandes nicht erfüllt. Auch verpflichtet das AlVG den Dienstgeber nicht, Änderungen des Entgelts auch dem AMS zu melden.

Die belangte Behörde hat in der Bescheidbegründung ausgeführt, warum die Voraussetzungen für eine Rückforderung gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung gegenüber der betroffenen Dienstnehmerin nicht vorliegen, sie hat aber nicht begründet, welche unrichtige Angaben die beschwerdeführende Partei dem AMS gegenüber gemacht bzw. welche ihr obliegende Anzeige sie (zumindest) aus grober Fahrlässigkeit unterlassen habe. Ebensowenig hat sie Ausführungen zur Schuldform getroffen.

Zwar sind nach § 69 Abs. 2 AlVG die Betriebsinhaber verpflichtet, den Landesgeschäftsstellen und den regionalen Geschäftsstellen alle zur Durchführung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Unrichtige Auskünfte eines Betriebsinhabers (worunter alle Personen - und deren Bevollmächtigte - zu verstehen sind, die eine Arbeitgeber- bzw. Beschäftigerfunktion ausüben) können jedoch nur insoweit kausal für den Überbezug von Arbeitslosengeld sein, als dieser Überbezug nach jenem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Auskunft wahrheitsgemäß hätte erteilt werden müssen. Auch dazu fehlen die erforderlichen Feststellungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides.

Auf Grund der aufgezeigten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides war dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am