VwGH vom 14.12.2012, 2010/09/0189
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der ST in W, vertreten durch Dr. Margit Kaufmann, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Florianigasse 7/6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 07/A/37/5196/2009-67, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt, sie habe am um 22:20 Uhr in W., H-straße 6 (Lokal E-Bar, Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) die näher bezeichneten Ausländerinnen A.B., als Animierdame, A.Bo. nunmehr A.C. als Animierdame, K.D. als Prostituierte und M.V. als Animierdame beschäftigt, obwohl für keine dieser Ausländerinnen eine der im Einzelnen nach § 3 Abs. 1 AuslBG erforderliche aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen ausgestellt gewesen sei. Sie habe dadurch § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 AuslBG übertreten, weshalb über sie vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 2.800,-- (für den Nichteinbringungsfall vier Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Tagen und sechzehn Stunden) verhängt wurden.
Die belangte Behörde führte begründend aus, dass es unbestritten geblieben sei, dass die vier verfahrensgegenständlichen Ausländerinnen bei einer Kontrolle von Organen des Finanzamtes am in freizügiger Bekleidung im gegenständlichen Lokal angetroffen worden seien, dass ihnen Spinde für ihre persönlichen Habseligkeiten zur Verfügung gestanden seien und dass für keine von ihnen eine der in § 3 Abs. 1 und § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG genannten Bewilligungen vorgelegen sei.
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens werde es als erwiesen angenommen, dass die Beschwerdeführerin die vier im Straferkenntnis genannten ausländischen Staatsangehörigen jedenfalls am als Animierdamen in dem von ihr betriebenen Lokal beschäftigt habe; die genannten Frauen hätten keinen Eintritt in das Lokal bezahlen müssen, es sei ihnen unentgeltlich jeweils ein Spind für das Aufbewahren ihrer Straßenbekleidung zur Verfügung gestellt worden. Sie hätten für die von ihnen animierten Getränke Getränkeprozente erhalten. Es habe auch die Möglichkeit gegeben, an der Tatörtlichkeit die Prostitution auszuüben.
Eine der Ausländerinnen, nämlich M.V., habe in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde glaubwürdig angegeben, dass sie sich auf Grund eines Inserates bei der Beschwerdeführerin vorgestellt habe, die ihr angeboten habe, gleich am selben Abend noch zu bleiben und jedenfalls für Animationstätigkeiten Getränkeprozente zu erhalten, das in Ausübung der Prostitution eingehobene Entgelt könne sie selbst vereinbaren und behalten. Die Zeugin habe auch angegeben, sie habe an diesem besagten Abend und einem Gast eine Flasche Sekt getrunken; sowohl sie selbst als auch das zweite Mädchen hätten jeweils EUR 25,-- als Anteil an dieser Animation erhalten. Die Aussagen der Beschwerdeführerin sowie der übrigen Zeugen, wonach die Mädchen im Lokal keinen Anteil am Entgelt für die von den Gästen konsumierten Getränke erhalten hätten, seien nicht glaubwürdig. Auch bei den Ausländerinnen AB und AC, die in ihrer "Berufskleidung" (gemeint: die spärliche Bekleidung eines Animiermädchens) im hier gegenständlichen Lokal gesessen seien, müsse angenommen werden, dass ihnen diese Arbeitsumstände schon vorher bekannt gewesen seien, und dass sie sich zu dem Zweck in dem von der Beschwerdeführerin betriebenen Lokal aufhielten um männliche Kunden zum Getränkekonsum zu animieren.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass zwischen der Beschwerdeführerin als Lokalbetreiberin und den Ausländerinnen jeweils ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis bestanden habe. Die Beschwerdeführerin habe auch schuldhaft gehandelt.
Im Übrigen legte die belangte Behörde die Strafbemessungsgründe dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde erwogen hat:
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass die vier verfahrensgegenständlichen Ausländerinnen bei einer Kontrolle von Organen der Finanzbehörden am um 22.20 Uhr in Minikleidern und in Stöckelschuhen in dem von ihr betriebenen Lokal, einer Saunabar, angetroffen wurden. Sie bekämpft auch nicht konkret die Feststellungen der belangten Behörde, dass die vier im Straferkenntnis genannten ausländischen Staatsangehörigen keinen Eintritt in das Lokal bezahlen hätten müssen, und ihnen unentgeltlich jeweils ein Spind für das Aufbewahren ihrer Straßenbekleidung zur Verfügung gestellt worden sei.
Sie meint aber, es sei rechtspolitisch äußerst bedenklich, nur auf Grund von Spekulationen der ermittelnden Kontrollorgane und der Kleidung den Schluss zu ziehen, dass die von den Kontrollorganen überprüften Frauen keine Gäste der Beschwerdeführerin seien, sondern arbeitnehmerähnlich beschäftigte Animiermädchen.
Einen solchen Schluss hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall jedoch nicht gezogen. Die belangte Behörde hat vielmehr auf der Grundlage einer von ihr ausreichend begründeten Beweiswürdigung die Feststellung getroffen, dass es zu den mit der Anwesenheit der Ausländerinnen im Lokal der Beschwerdeführerin verbundenen "Arbeitsumständen" der Ausländerinnen gehörte, für Animationstätigkeiten Getränkeprozente zu erhalten.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung darlegt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher und/oder wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/09/0190, mwN).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird eine Tätigkeit als Animiermädchen unter Beteiligung am Umsatz (auch an verkauften Getränken) in einem Barbetrieb oder Nachtclub in der Regel in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis erbracht. In solchen Fällen ist die Behörde berechtigt, von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/09/0087, vom , Zl. 2011/09/0148, sowie vom , Zl. 2012/09/0049). Bei Animiermädchen, die für von Gästen spendierte Getränke Provisionen erhalten und denen u.U. Räumlichkeiten für die Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt werden, ist die Annahme einer wirtschaftlichen Abhängigkeit und organisatorischen Verknüpfung mit dem Barbetrieb gerechtfertigt (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/09/0043, und vom , Zl. 2005/09/0112).
Die belangte Behörde durfte die Tätigkeit der Ausländerinnen in ihrer Gesamtheit im vorliegenden Fall angesichts der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung aller ihrer Aspekte mit dem Betrieb der Beschwerdeführerin - es waren Öffnungszeiten festgesetzt, die Beschwerdeführerin stellte die wesentlichen Betriebsmittel, nämlich Räumlichkeiten zur Anbahnung und Ausübung der Prostitution sowie sonstige Infrastruktur (Sauna, Spinde) zur Verfügung, der Eintrittspreis sowie die Preise für die Benützung eines Zimmers bzw. der Sauna wurden von der Beschwerdeführerin festgesetzt (vgl. dazu die Aussage der Beschwerdeführerin in der Berufungsverhandlung vom ); die Beschwerdeführerin hat für den Betrieb nach eigener Angabe an Sexarbeiterinnen, Prostituierte, Animierdamen und Masseurinnen gerichtete Inserate in Tageszeitungen geschalten; vom Club wurde eine Website betrieben, worin Mädchen "präsentiert" wurden; die Tätigkeit der Mädchen nicht nur die Attraktivität des Clubs, ihre Anwesenheit war für den Betrieb eines derartigen Nachtclubs vielmehr unumgänglich - zu Recht als in der persönlichen Weisungsunterworfenheit reduzierte Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG werten, auch wenn man davon ausginge, dass keine Anwesenheitspflicht der Ausländerinnen geherrscht habe.
Mit der Bezeichnung der Beschäftigung der K.D. als Prostituierte hat sich die belangte Behörde zwar im Ausdruck vergriffen, dieser - von der Beschwerdeführerin nicht gerügte - Umstand verletzt diese nicht in Rechten, weil im gesamten Zusammenhang der angefochtenen Bescheides zu erkennen ist, dass der Vorwurf auch betreffend diese Ausländerin auf die Beschäftigung als Animierdame gerichtet ist.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde, als sie meint, die Behörde habe die Aussage der Zeugin A.B. in der Berufungsverhandlung vom völlig außer Acht gelassen. Die Beschwerdeführerin bemängelt auch, dass die Kontrollorgane die Ausländerinnen nicht bei der Ausübung von Animation beobachtet hätten, die belangte Behörde nicht ausgeführt habe, wie die planmäßige Eingliederung der Ausländerinnen in die Betriebsorganisation des von der Beschwerdeführerin geführten Nachtclubs erfolgt sei und welche Tätigkeiten die Mädchen ausgeführt haben sollen.
Die belangte Behörde hat sich jedoch mit der Aussage der A.B. in ihren beweiswürdigenden Erwägungen umfassend auseinandergesetzt, die Beschwerdeführerin legt nicht dar, aus welchen Gründen die Beweiswürdigung der belangten Behörde unschlüssig, d. h. unzureichend, widersprüchlich oder unvollständig wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/09/0056). Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt ist aber auch aus den im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Beweisergebnissen ableitbar.
Eine Glaubhaftmachung eines mangelnden Verschuldens gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG hat die Beschwerdeführerin unterlassen.
Die - ebenfalls nicht bekämpfte - Strafbemessung begegnet keinen Bedenken.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
OAAAE-76033