VwGH vom 17.11.2014, 2012/17/0451

VwGH vom 17.11.2014, 2012/17/0451

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrat Dr. Köhler, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde des Österreichischen Genossenschaftsverbandes S in Wien, vertreten durch die Laurer Arlamovsky Rechtsanwalts-Partnerschaft GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 6-8/47, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vom , Zl. BMWFJ- 91.542/0004-I/3/2012, betreffend Versagung der Zustimmung zur Änderung der Verbandsstatuten gemäß § 20 Abs. 1 GenRevG 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei für eine Änderung ihres Verbandsstatuts die Zustimmung gemäß § 20 Abs. 1 Genossenschaftsrevisionsgesetz 1997 - GenRevG 1997 erteilt und für zwei weitere Änderungen die Zustimmung versagt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die beschwerdeführende Partei habe mit Schreiben vom den Antrag gestellt, die Zustimmung zu den mit Beschluss des Verbandstages vom erfolgten Änderungen des Verbandsstatuts zu erteilen. Die beschwerdeführende Partei habe im Einzelnen dargestellte Hintergründe zur Änderung des Verbandsstatuts aufgezeigt und vorgebracht, aus den genannten Gründen sei die Einholung einer Zustimmung zur Statutenänderung durch die Behörde nicht erforderlich. Nach Feststellung des Inhalts der Statutsänderungen und Darstellung der Rechtslage führte die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht aus, dass die gegenständliche Änderung des Verbandsstatuts der Zustimmung bedürfe und in zwei Punkten gegen das GenRevG 1997 verstoße, weil es einem einzelnen Kreditinstitut nicht mehr möglich wäre, im bisherigen Fach- bzw. Revisionsverband der beschwerdeführenden Partei zu verbleiben, ohne gleichzeitig einem neu gegründeten Kreditinstitute-Verbund nach § 30a BWG beizutreten. Darüber hinaus sei das Statut für den Fall unklar, dass die Mitgliedschaft eines einzelnen Instituts zum genannten Kreditinstitute-Verbund ende oder gar nie bestanden habe, weil nicht geregelt sei, ob ein solches Institut mittels Vorstandsbeschlusses der beschwerdeführenden Partei auszuschließen sei oder dessen Mitgliedschaft im Revisionsverband der beschwerdeführenden Partei automatisch ende.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, in eventu wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

In den vorgelegten Verwaltungsakten ist auch das Schreiben der beschwerdeführenden Partei vom enthalten, dem sich folgende Formulierung zum Inhalt des Antrages entnehmen lässt:

"Wenngleich eine Negativbestätigung der Behörde nicht vorgesehen ist, dürfen wir Sie aus gegebenem Anlass ersuchen, uns die Rechtsauffassung zu bestätigen, dass die am beschlossene Änderung des Verbandsstatuts (der beschwerdeführenden Partei) nicht in den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 GenRevG fällt.

In eventu stellen wird den Antrag, eine Zustimmung gemäß § 20 Abs. 1 GenRevG zu erteilen."

§ 19 Abs. 2 Z. 2 und § 20 Abs. 1 GenRevG 1997 in der Stammfassung BGBl. I Nr. 127/1997 lauten:

"§ 19. ...

(2) Das Verbandsstatut hat

...

2. die Voraussetzungen für die Aufnahme in den

Revisionsverband und den Ausschluß aus diesem festzulegen und dabei Genossenschaften, die nach ihrem Sitz und dem Gegenstand ihres Unternehmens in seinen örtlichen und sachlichen Wirkungsbereich fallen, Anspruch auf Aufnahme und Verbleib zur Durchführung der Pflichtrevision einzuräumen, wenn deren Aufnahme und Verbleib keine wichtigen Gründe entgegenstehen; und

3. ...

§ 20. (1) Änderungen des Verbandsstatuts, welche die in § 19 Abs. 2 und 3 angeführten Gegenstände betreffen, bedürfen der Zustimmung der für die Anerkennung zuständigen Behörde.

(2) ..."

Nach Lehre und Rechtsprechung kann mangels besonderer gesetzlicher Anordnung zur Erlassung eines Feststellungsbescheides ein solcher nur über Rechte oder Rechtsverhältnisse ergehen, zum einen, wenn dies von einer Partei beantragt wird, diese ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat und es sich um ein notwendiges, letztes und einziges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung handelt oder, zum anderen, wenn die Feststellung im öffentlichen Interesse liegt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0229, mwN).

Der Inhalt des Antrages der beschwerdeführenden Partei ist darauf gerichtet, ihre Rechtsauffassung zu bestätigen, dass die Änderung des Verbandsstatuts nicht in den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 GenRevG 1997 fällt. Wenn die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass eine Negativbestätigung der Behörde nicht vorgesehen sei, räumt sie damit ein, dass eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für einen Feststellungsbescheid fehlt, doch ist hinreichend erkennbar, dass sie einen Rechtsanspruch auf Feststellung auf Grund eines privaten Interesses geltend macht. Nach dem objektiven Erklärungswert zielt das Begehren der beschwerdeführenden Partei auf eine bescheidmäßige Feststellung und nicht auf die bloße Abgabe einer Wissenserklärung ab (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/10/0120). Die belangte Behörde stellt auch in ihrer Gegenschrift nicht in Abrede, dass die beschwerdeführende Partei in ihrem Schreiben vom einen Feststellungsantrag gestellt hat.

Im Beschwerdefall kann nun unerörtert bleiben, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des begehrten Feststellungsbescheides vorliegen, weil zuerst zu prüfen ist, ob die belangte Behörde zur Erlassung des vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides überhaupt zuständig war.

Die von der belangten Behörde mit dem genannten Bescheid teilweise erteilte und teilweise versagte Zustimmung gemäß § 20 Abs. 1 GenRevG 1997 war Gegenstand des im genannten Schreiben der beschwerdeführenden Partei enthaltenen Eventualantrages, der ausdrücklich mit den Worten "In eventu" eingeleitet wurde und somit nur hilfsweise gestellt worden ist.

Das Wesen eines - im Verwaltungsverfahren durchaus zulässigen - Eventualantrages liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird bereits dem Primärantrag stattgegeben, so wird der Eventualantrag gegenstandslos. Wird ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalls erledigt, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/17/0002, mwN).

Ein Ausspruch über das von der beschwerdeführenden Partei primär gestellte Feststellungsbegehren ist im angefochtenen Bescheid nicht enthalten. Damit hat aber die belangte Behörde nicht zuerst über den Primärantrag abgesprochen, sodass die Bedingung für eine Erledigung des Eventualantrages nicht eingetreten ist. Wenn auch die dem Feststellungsbegehren zugrunde liegende Frage nach dem Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 GenRevG 1997 im angefochtenen Bescheid über die behördliche Zustimmung zur Änderung des Verbandsstatuts eine Vorfrage darstellt, wird damit der beschwerdeführenden Partei die Möglichkeit entzogen, die Rechtmäßigkeit ihres Feststellungsantrages vorweg von den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts überprüfen zu lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/10/0160). Die belangte Behörde wurde mit ihrem Vorgehen dem Parteiantrag nicht gerecht, wonach eine Entscheidung über die Zustimmung zur Änderung des Verbandsstatuts erst nach erfolgloser Erledigung des Primärantrages auf Feststellung zu erfolgen hat.

Da über den Antrag auf Feststellung nicht vorweg entschieden worden ist, konnte die belangte Behörde zur Entscheidung über den Eventualantrag noch nicht zuständig werden und war der - über die bloß hilfsweise beantragte Zustimmung zur Änderung des Verbandsstatuts absprechende - angefochtene Bescheid der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am