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VwGH vom 20.10.2010, 2008/08/0192

VwGH vom 20.10.2010, 2008/08/0192

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der D K in L, vertreten durch Mag. German Storch und Mag. Rainer Storch, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Bürgerstraße 62, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich ausgefertigten Bescheid vom , Zl. LGSOÖ/Abt.4/2008-0566-4-000223-13, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin, die am beim AMS L Notstandshilfe beantragt hat, vom bis bei der Firma F. im Ausmaß von zwölf Wochenstunden beschäftigt war.

Mit Bescheid des AMS L vom wurde der Beschwerdeführerin die Notstandshilfe für den Zeitraum vom 7. Februar bis durch Verhängung einer Sperrfrist gemäß § 11 AlVG entzogen und eine Nachsicht nicht erteilt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin ihr Dienstverhältnis bei der Firma F. selbst gekündigt habe und keine berücksichtigungswürdigen Gründe für eine Nachsicht vorliegen würden.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wendete die Beschwerdeführerin zusammengefasst ein, dass die Gewährung einer Nachsicht gerechtfertigt sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin ab. Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführerin ihr Dienstverhältnis bei der Firma F. selbst und somit freiwillig aufgelöst habe, wobei ihr jeweiliger (für die einzelnen Monate ausgewiesener) Verdienst die Geringfügigkeitsgrenze, welche bei 11,25 Stunden gelegen sei, überschritten habe. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Rechtfertigung der Beendigung ihres Dienstverhältnisses, wonach sie davon ausgegangen sei, nur ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis zu haben und sie in der Folge auch versucht habe, mehr Stunden zu bekommen, diese jedoch nicht erhalten habe, wurde entgegengehalten, dass sie der Firma gegenüber ihre Kündigung mit dem Argument begründet habe, den Leistungsbezug beim AMS nicht verlieren zu wollen. Die Argumentation, nicht gewusst zu haben, dass sie in einem Dienstverhältnis mit Vollversicherung stehe bzw. der Meinung gewesen sei, bloß geringfügig beschäftigt gewesen zu sein, wertete die belangte Behörde als Schutzbehauptung, da für sie bereits mit der ersten Lohn- und Gehaltsabrechnung und auch in den Folgemonaten ersichtlich gewesen sei, dass nicht von einer Geringfügigkeit des Dienstverhältnisses ausgegangen werden könne. Auch eine Arbeitsaufnahme, die die Beschwerdeführerin ursprünglich mit der Einstellzusage bei der Antragstellung gegenüber dem AMS am angekündigt habe, sei nicht zustande gekommen. Eine Nachsicht von den Rechtsfolgen sei nicht möglich, da eine etwaige Nachsicht nur bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung innerhalb eines gewissen Zeitraumes oder bei Vorliegen triftiger Gründe im Sinn des Arbeitsvertragsrechtes (z.B. im Sinn des § 82a GewO oder des § 26 Angestelltengesetz) gewährt werden könne. Die für die Beschwerdeführerin anzuwendenden Bestimmungen des § 82a GewO sei nicht erfüllt und auch die Arbeitsaufnahme, die sie angekündigt habe, sei nicht zustande gekommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§§ 7, 9 und 11 AlVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 104/2007 lauten (auszugsweise) wie folgt:

"§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer


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1.
der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,
2.
die Anwartschaft erfüllt und
3.
die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.

(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.

(3) Eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf eine Person,

1. die sich zur Aufnahme und Ausübung einer auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden zumutbaren versicherungspflichtigen Beschäftigung bereithält,

2. ...

(7) Als auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotene, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Voraussetzungen entsprechende Beschäftigung gilt ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von mindestens 20 Stunden. Personen mit Betreuungsverpflichtungen für Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr oder behinderte Kinder, für die nachweislich keine längere Betreuungsmöglichkeit besteht, erfüllen die Voraussetzung des Abs. 3 Z 1 auch dann, wenn sie sich für ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von mindestens 16 Stunden bereithalten.

§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.

(3) ...

§ 11. Arbeitslose, deren Dienstverhältnis infolge eigenen Verschuldens beendet worden ist oder die ihr Dienstverhältnis freiwillig gelöst haben, erhalten für die Dauer von vier Wochen, gerechnet vom Tage der Beendigung des Dienstverhältnisses an, kein Arbeitslosengeld. Der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes ist in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie zB bei freiwilliger Beendigung eines Dienstverhältnisses aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Aufnahme einer anderen Beschäftigung, nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen."

Die Voraussetzungen für das Versicherungsausmaß sind im ASVG geregelt. Gemäß § 4 Abs. 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert, wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet. Ausgenommen von der Vollversicherung sind unter anderem Beschäftigungen auf der Basis der Geringfügigkeit nach § 5 Abs. 2 Z. 1 und 2 ASVG. Diese wiederum unterliegen einer betragsmäßigen Einkommensgrenze, die für das Jahr 2007 mit EUR 341,16 im Kalendermonat festgesetzt war. Eine geringfügige Beschäftigung liegt nicht vor, wenn das im Kalendermonat gebührende Entgelt den in § 5 Abs. 2 Z. 2 genannten Betrag nur deshalb nicht übersteigt, weil die Beschäftigung im Laufe eines Kalendermonats begonnen oder geendet hat.

In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass gemäß (dem mit Novelle BGBl. I Nr. 104/2007 mit Wirkung vom eingeführten) § 7 Abs. 7 AlVG ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von mindestens 20 Stunden als auf dem Arbeitsmarkt üblicherweise angebotene Beschäftigung gelte. Daraus leitet die Beschwerdeführerin ab, dass Beschäftigungsverhältnisse mit einer vereinbarten geringeren Wochenarbeitszeit keine zumutbaren Beschäftigungen im Sinne des § 9 AlVG darstellen würden, weshalb sich ein Arbeitsloser zu deren Annahme nicht bereit halten müsse. Daher könne auch bei Lösung eines solchen Arbeitsverhältnisses mit einem geringen wöchentlichen Stundenausmaß von (wie hier) zwölf Stunden eine Leistungssperre gemäß § 11 AlVG nicht verhängt werden.

Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden: Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut regelt § 9 AlVG die Zumutbarkeit von Beschäftigungen, während § 7 Abs. 7 leg. cit. lediglich eine Klarstellung hinsichtlich des zeitlichen (Mindest)Ausmaßes der "üblicherweise" auf dem Arbeitsmarkt angebotenen Beschäftigungen beinhaltet, hinsichtlich derer ein Arbeitssuchender verfügbar sein muss, sodass für die von der Beschwerdeführerin angestrebte "Ausweitung" von § 9 AlVG kein Raum bleibt. Das Vorliegen einer der in § 9 AlVG beschriebenen Fälle der Unzumutbarkeit wurde ebensowenig behauptet, wie auch keine berücksichtigungswürdigen Gründe im Sinne von § 11 zweiter Satz AlVG dargetan wurden. Die Beschwerdeführerin hat vielmehr nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde das Dienstverhältnis aus freien Stücken aufgelöst, wobei ihr (tragendes) Motiv war, den Leistungsbezug beim AMS nicht verlieren zu wollen.

Bei dieser Sachlage bestehen keine Bedenken, wenn die belangte Behörde gemäß § 11 iVm § 38 AlVG für den gegenständlichen Zeitraum den Verlust der Notstandshilfe ausgesprochen und keinen Grund für die Nachsicht der dadurch eintretenden Rechtsfolgen gesehen hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am