VwGH vom 15.11.2012, 2012/17/0449

VwGH vom 15.11.2012, 2012/17/0449

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des H in O, vertreten durch Mag. Dr. Angelika Tupy, Rechtsanwältin in 1090 Wien, Währinger Straße 18, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates (Außenstelle Wien) vom , Zl. RV/0848- W/12, betreffend Rückerstattung der motorbezogenen Versicherungssteuer für die Jahre 2006 bis 2010, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schriftsatz vom die Rückerstattung der motorbezogenen Versicherungssteuer. Ihm sei nach Erhalt eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO (ausgestellt am ) von der örtlichen Zulassungsstelle des Kraftfahrzeugversicherers fälschlicherweise mitgeteilt worden, dass der Parkausweis nicht für die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer maßgeblich sei. Erst bei Erhalt seines Behindertenpasses sei ihm vom Bundessozialamt erklärt worden, dass bereits der Parkausweis für die Befreiung von der motorbezogenen Kraftfahrzeugsteuer ausgereicht hätte. Er ersuche daher um Rücküberweisung der von ihm irrtümlicherweise eingehobenen Steuer.

Dem Antrag beigelegt war eine Bestätigung der Versicherung betreffend die Zahlung der motorbezogenen Versicherungssteuer für den Zeitraum bis .

Über Aufforderung der Abgabenbehörde erster Instanz sei vom Versicherer mitgeteilt worden, dass die Unterlagen für die Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer bei dieser am vorgelegt worden seien.

Der Antrag auf Rückerstattung der motorbezogenen Versicherungssteuer wurde vom Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel als Abgabenbehörde erster Instanz mit Bescheid vom abgewiesen. Für den beantragten Zeitraum sei keine Abgabenerklärung beim Versicherer vorgelegen; ein derartiger Antrag sei aber nach dem Gesetz die materiellrechtlich erforderliche Voraussetzung für die Befreiung.

In seiner dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, er sei zumindest seit körperbehindert, wobei dies durch den Parkausweis für Behinderte gemäß § 29b StVO nachgewiesen sei. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund seiner dauernden starken Gehbehinderung sei ihm nicht zumutbar. Fälschlicherweise sei ihm vom steuereinhebenden Organ des Versicherers nach Erhalt des Parkausweises gemäß § 29b StVO erklärt worden, eine Befreiung von der motorbezogenen Kraftfahrzeugsteuer sei nicht möglich, weil dazu die Vorlage eines Behindertenausweises erforderlich sei. Es sei ihm daher auch das Ausfüllen der Abgabenerklärung Kr 21 nicht möglich gewesen. Er reiche daher die materiell-rechtlich erforderliche Abgabenerklärung Kr 21 nach und ersuche, seinem Antrag auf Rückerstattung der motorbezogenen Kraftfahrzeugsteuer für die Jahre 2006 bis 2011 stattzugeben.

Ergänzend führte der Beschwerdeführer in der Folge aus, dem Versicherungssteuergesetz sei nicht zu entnehmen, dass die Steuerfreiheit erst ab der Überreichung der Abgabenerklärung Kr 21 zustünde. Es stehe auch nicht im Gesetz, dass eine rückwirkende Berücksichtigung der Befreiung nur für den Fall, dass der Nachweis der Körperbehinderung erst nachträglich beigebracht werde, möglich sei; dies werde vielmehr nur als Beispiel für eine Erleichterung angeführt.

Die Abgabenerklärung Kr 21 sei inzwischen an den Versicherer gesandt worden.

Der Sinn der Befreiungsbestimmung liege in der Entlastung der für Behinderte erforderlichen Mehraufwendungen für ein notwendiges Beförderungsmittel und treffe auf den Beschwerdeführer zu. Die Interpretation durch die Abgabenbehörde erster Instanz laufe diesem Gesetzeszweck zuwider.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des dargestellten, unbestrittenen Sachverhaltes führte die belangte Behörde begründend im Wesentlichen aus, das Versicherungssteuergesetz sehe für Kraftfahrzeuge, die für Körperbehinderte zugelassen sind und von diesen infolge körperlicher Schädigung zur persönlichen Fortbewegung verwendet werden müssten, eine Ausnahme von der Besteuerung vor. Eine der Voraussetzungen für die Gewährung dieser Ausnahme sei die Überreichung einer Abgabenerklärung an das Finanzamt im Wege des Versicherers. Bei Erfüllung aller weiteren im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen entstehe der Anspruch auf Steuerfreiheit mit der Überreichung der Abgabenerklärung; werde der Nachweis der Körperbehinderung erst nachträglich beigebracht, sei die Berechnung der motorbezogenen Versicherungssteuer auf den Zeitpunkt der Überreichung der Abgabenerklärung zu berichtigen.

Aus dem Gesetz ergebe sich, dass die Vorlage einer entsprechenden Abgabenerklärung materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal für die Gewährung der Ausnahme von der Erhebung der Versicherungssteuer sei. Eine rückwirkende Berücksichtigung der Befreiung sehe das Gesetz nur für den Fall vor, dass - wie erwähnt - der Nachweis der Körperbehinderung erst nachträglich beigebracht werde. Auch in diesem Fall könne jedoch eine Berichtigung der Steuerberechnung nur auf den Zeitpunkt der Überreichung der Abgabenerklärung erfolgen und nicht auf einen allenfalls davor liegenden Zeitpunkt.

Im Beschwerdefall sei die Befreiung von der Versicherungssteuer erst durch Überreichung der Abgabenerklärung Kr 21 beim Versicherer am - und sohin nach Entrichtung jener Steuerbeträge, deren Rückzahlung nunmehr begehrt werde - geltend gemacht worden. Der Anspruch auf Steuerfreiheit sei daher für die in Frage stehenden Beträge mangels vorheriger Überreichung eines bezüglichen Antrages oder einer Abgabenerklärung nicht zugestanden. Die Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer könne daher erst ab dem zum Tragen kommen; für davor entrichtete Steuerbeträge sei die Steuerfreiheit nicht gegeben gewesen. Eine rückwirkende Befreiung sei im Gesetz nicht vorgesehen, weshalb es auch nicht zu einer Rückerstattung der motorbezogenen Versicherungssteuer für Zeiträume, welche im gegenständlichen Fall vor dem gelegen seien, kommen könne.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Nach § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom , betreffend die Erhebung einer Versicherungssteuer (Versicherungssteuergesetz 1953, in der Folge: VersStG), BGBl. Nr. 133, unterliegt der Steuer die Zahlung des Versicherungsentgeltes auf Grund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses. Die Versicherungssteuer betreffend Kraftfahrzeuge ist dem Grunde nach in § 1 Abs. 2 Z. 2, - der unstrittigen Höhe nach - in § 5 Abs. 1 Z. 3 und Abs. 5, sowie in § 6 Abs. 3 leg. cit. geregelt. § 4 Abs. 3 Z. 9 VersStG enthält eine Ausnahmebestimmung nachstehenden Inhaltes:

"(3) Von der Steuer gemäß § 6 Abs. 3 sind ausgenommen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
9.
Kraftfahrzeuge, die für Körperbehinderte zugelassen sind und von diesen infolge körperlicher Schädigung zur persönlichen Fortbewegung verwendet werden müssen, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
Überreichung einer Abgabenerklärung an das Finanzamt im Wege des Versicherers. Bei Erfüllung aller Voraussetzungen entsteht der Anspruch auf Steuerfreiheit mit der Überreichung der Abgabenerklärung; wird der Nachweis der Körperbehinderung erst nachträglich beigebracht, ist die Berechnung der motorbezogenen Versicherungssteuer auf den Zeitpunkt der Überreichung der Abgabenerklärung zu berichtigen;
b)
Nachweis der Körperbehinderung durch
-
einen Ausweis gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 oder
-
eine Feststellung im Sinne des § 36 Abs. 2 Z 3 des Bundesbehindertengesetzes 1990 oder
-
die Eintragung einer dauernden starken Gehbehinderung, der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder der Blindheit im Behindertenpaß (§ 42 Abs. 1 des Bundesbehindertengesetzes 1990);
c)
vorwiegende Verwendung des Kraftfahrzeuges zur persönlichen Fortbewegung des Körperbehinderten und für Fahrten, die Zwecken des Körperbehinderten und seiner Haushaltsführung dienen;
d)
die Steuerbefreiung steht - von zeitlichen Überschneidungen bis zu einer Dauer von einem Monat abgesehen - nur für ein Kraftfahrzeug zu. Unter einem Wechselkennzeichen zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeuge werden von der Steuerbefreiung miterfasst;
10.
…"
Gemäß § 113 BAO haben die Abgabenbehörden den Parteien, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, auf Verlangen die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben und sie über die mit ihren Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren; diese Anleitungen und Belehrungen können auch mündlich erteilt werden, worüber erforderlichenfalls ein Aktenvermerk aufzunehmen ist.
Nach § 240 Abs. 1 BAO ist der Abfuhrpflichtige bei Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und abzuführen sind, berechtigt, während eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen des Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.
Gemäß § 240 Abs. 3 leg. cit. hat auf Antrag des Abgabepflichtigen die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht a) eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs. 1 erfolgt ist, b) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist, c) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Falle eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte. Der Antrag kann bis zum Ablauf des 5. Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden. Für das Verfahren über die Rückzahlung ist die Abgabenbehörde zuständig, der die Erhebung der betroffenen Abgabe obliegt.
Zutreffend bringt der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof vor, Regelungszweck der eben zitierten Befreiungsbestimmung sei es, körperbehinderte Menschen, die auf Grund ihrer Behinderung auf ein Fahrzeug angewiesen seien, nicht mit einer zusätzlichen Steuer zu belasten. Entgegen der Ansicht der Beschwerde hat jedoch der Gesetzgeber als eine der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Steuer die Überreichung einer Abgabenerklärung an das Finanzamt im Wege des Versicherers vorgesehen; er hat damit - wie sich aus dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang eindeutig ergibt - eine materiellrechtliche Anspruchsvoraussetzung geschaffen. Diese wurde vom Beschwerdeführer im hier maßgeblichen Zeitraum unbestritten nicht erbracht. Ob der Beschwerdeführer die anderen vom Gesetz aufgestellten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt hat, ist dabei nicht von Belang, müssen doch hinsichtlich des Eintrittes der Befreiung von der Versicherungssteuer alle im Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllt sein.
Liegt aber demnach - mangels Erfüllung aller für die Befreiung notwendigen Voraussetzungen - für den fraglichen Zeitraum keine zu Unrecht einbehaltene Abgabe vor, kann sich der Beschwerdeführer hinsichtlich des von ihm gestellten Antrages auf Rückzahlung auch nicht auf § 240 Abs. 3 BAO stützen.
Wenn sich der Beschwerdeführer schließlich noch auf § 113 BAO und eine ihm unrichtig erteilte Auskunft beruft, so kann das Vorliegen einer solchen ebenso wie die daraus allenfalls abzuleitenden Rechtsfolgen dahin gestellt bleiben; auch eine im Sinne des Beschwerdevorbringens unrichtig erteilte Auskunft würde nicht dazu führen, dass das Fehlen einer materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzung für die geltend gemachte Befreiung nicht zu berücksichtigen wäre.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am