VwGH vom 29.02.2008, 2005/12/0221
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß sowie Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Schilhan, über die Beschwerde des W H in St. A, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. LAD2-P-137.8028/81, betreffend Bemessung des Ruhegenusses nach der niederösterreichischen DPL 1972, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I. Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/12/0318, verwiesen. Mit dem im damaligen verwaltungsgerichtlichen Verfahren angefochtenen Bescheid sprach die Niederösterreichische Landesregierung aus, dass
1. der Beschwerdeführer mit Ablauf des gemäß § 21 Abs. 2 lit. b der (Niederösterreichischen) Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972 (DPL 1972) in den dauernden Ruhestand versetzt werde und dass
2. ihm gemäß § 76 in Verbindung mit Art. XXII Abs. 1 Z. 1 und 2 leg. cit. ein monatlicher Ruhegenuss nach einer im Bescheid angeführten Berechnung gebühre.
Die bei der Bemessung des Ruhegenusses (Spruchpunkt 2) vorgenommene Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage gemäß § 76 Abs. 8 DPL 1972 begründete die Behörde damit, dass die nach § 76 Abs. 9 DPL 1972 erforderlichen Voraussetzungen für den Entfall der Kürzung (Kausalität des Dienstunfalles für die Dienstunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit) nicht vorlägen. Auf Grund der dagegen erhobenen Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof Spruchpunkt 2 dieses Bescheides betreffend die Bemessung des Ruhegenusses mit dem genannten hg. Erkenntnis wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.
Im fortgesetzten Verfahren holte die Behörde ein weiteres neurologisch- psychiatrisches Sachverständigengutachten zur Klärung der Frage ein, ob die durch den Dienstunfall des Beschwerdeführers vom hervorgerufenen orthopädischen Leidenszustände wesentliche Wirkungen für den psychiatrischen Gesundheitszustand am (Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung) hatten oder ob erst Ereignisse nach dem Dienstunfall die psychiatrische Erkrankung ausgelöst hätten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid setzte die Niederösterreichische Landesregierung den Ruhegenuss wiederum auf Grund einer gekürzten Bemessungsgrundlage fest. Auf Grund des Ergebnisses des von ihr eingeholten zusätzlichen neurologischpsychiatrischen "Akten-Gutachtens" nahm die belangte Behörde es als erwiesen an, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Versetzung in den dauernden Ruhestand infolge Dienstunfähigkeit und dem Dienstunfall des Beschwerdeführers vom nicht besteht. Unter Berufung auf die im ersten Verfahrensgang eingeholten orthopädischen, internistischen, neurologischen und berufskundlichen Gutachten verneint die Behörde darüber hinaus auch das Vorliegen der Erwerbsunfähigkeit.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belange Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und darin die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
II.1. § 76 Abs. 9 und 10 DPL 1972 in der im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung maßgebenden Fassung (Abs. 9 in der Fassung der DPL-Novelle 1996, LGBl. Nr. 84 = Nr. 2200-42 und der DPL-Novelle 1999, LGBl. Nr. 59 = Nr. 2200-47; Abs. 10 in der Fassung der DPL-Novelle 1999, LGBl. Nr. 59 = Nr. 2200-47; diese Fassung ist gemäß Art XXIII Abs 5 idF der 2. DPL-Novelle 2001 LGBl. Nr. 31 = Nr. 2200-51, Absatzbezeichnung nach der DPL-Novelle 2006, LGBl. Nr. 39 = Nr. 2200-60, im gegenständlichen Fall weiterhin anzuwenden) lauten:
"(9) Eine Kürzung nach Abs. 8 findet nicht statt
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1. | im Fall des im Dienststand eingetretenen Todes des Beamten, | |||||||||
2. | wenn die Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit auf einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen ist und dem Beamten aus diesem Grund eine Versehrtenrente aus einer gesetzlichen Unfallversicherung gebührt oder | |||||||||
3. wenn der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig ist. |
(10) Als dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Abs. 9 Z. 3 gilt ein Beamter nur dann, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außerstande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen."
Die von der belangten Behörde darüber hinaus angewendeten § 76 Abs. 8 sowie Art XXII DPL 1972 sind unstrittig.
Nach § 76 Abs. 9 Z. 2 DPL 1972 ist - neben dem im gegenständlichen Fall unstrittigen Bezug einer Versehrtenrente aus einer gesetzlichen Unfallversicherung - für das Unterbleiben einer Kürzung der Ruhegenussbemessung entscheidend, dass die Dienstunfähigkeit durch den Dienstunfall verursacht wurde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung sowie zur insoweit inhaltsgleichen Regelung in § 4 Abs. 4 Z. 2 des Pensionsgesetzes 1965 in der Fassung der 1. Dienstrechts-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 123 (auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird), ist der geforderte Kausalzusammenhang zwischen Dienstunfähigkeit und Dienstunfall (nur) dann gegeben, wenn dieser Dienstunfall als wirkende - nicht bloß unwesentliche - Bedingung für die Dienstunfähigkeit in Betracht kommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnisse vom , Zl. 98/12/0391). Eine solche Bedingtheit ist dann gegeben, wenn der Dienstunfall eine wesentliche Ursache der Schädigung ist. Dies ist er dann, wenn er nicht im Hinblick auf andere mitwirkende Ursachen erheblich in den Hintergrund tritt. Nur jene Bedingung, ohne deren Mitwirkung der Erfolg überhaupt nicht oder nur zu einem erheblich anderen Zeitpunkt oder nur in geringerem Umfang eingetreten wäre, ist wesentliche Bedingung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/12/0042). Ergibt sich aus einer Kombination mehrerer Faktoren die Dienstunfähigkeit und lässt sich einer oder mehrere dieser Faktoren auf einen Dienstunfall zurückführen, so kann nur dann die Kausalität zwischen dem Dienstunfall und der Dienstunfähigkeit verneint werden, wenn die Dienstunfähigkeit im Verständnis der oben aufgezeigten Definition des Begriffes der "wesentlichen Bedingung" auch ohne die durch den Dienstunfall bedingten Folgen eingetreten wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/12/0243).
Bei der Auslegung des Begriffes der Erwerbsunfähigkeit iS des § 76 Abs. 9 Z. 3 iVm Abs. 10 DPL 1972 handelt es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem insofern inhaltsgleichen (vgl das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/12/0056) § 4 Abs. 4 Z. 3 iVm Abs. 7 Pensionsgesetz 1965 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/1997 (auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird), um eine Rechtsfrage; die Behörde hat auf Grundlage entsprechender sachverständiger Gutachten eine Auseinandersetzung mit dem gesamten Leidenszustand im Hinblick auf die abstrakte Eingliederungsmöglichkeit in den Arbeitsprozess vorzunehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/12/0236). Die Erwerbsfähigkeit setzt jedenfalls eine im Arbeitsleben grundsätzlich notwendige gesundheitlich durchgehende Einsatzfähigkeit des Beamten voraus. Hiebei ist weiters zu berücksichtigen, ob die Einsatzfähigkeit auch im Hinblick auf die üblichen Erfordernisse in der Arbeitswelt (z.B. Einhaltung der Arbeitszeit oder Fähigkeit zur Selbstorganisation) noch gegeben ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/12/0058, und vom , Zl. 2000/12/0079, mwN). Dabei ist auch zu berücksichtigen, inwieweit der Dienstnehmer in der Lage ist, den Weg zum Arbeitsplatz zu bewältigen; so judiziert etwa der OGH zur vergleichbaren Problematik im Sozialversicherungsrecht, dass ein Arbeitnehmer solange nicht vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen ist, als er ohne wesentliche Einschränkungen ein öffentliches Verkehrsmittel benützen und vorher sowie nachher ohne unzumutbare Pausen eine Wegstrecke von jeweils 500 m zurücklegen kann (vgl. etwa die Entscheidung ).
II.2. Auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers vom auf "Versetzung in den dauernden Ruhestand" und des im ersten Verfahrensgang ergangenen hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/12/0318, wäre es Aufgabe der belangten Behörde gewesen, den für die weitere Erledigung maßgebenden Sachverhalt unter Wahrung der Parteienrechte - insbesondere also unter Beachtung der Bestimmungen des § 8 Abs. 1 DVG - festzustellen. In der Begründung sind dabei gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird) muss demnach in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher (für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebende) Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege, und aus welchen Gründen sie die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtete (vgl. unter vielen die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/12/0027, vom , Zl. 2003/12/0174 oder vom , Zl. 2004/12/0197). Im gegenständlichen Fall sind daher Feststellungen zu treffen, die eine (rechtliche) Beurteilung zulassen, ob der - unbestrittene - Dienstunfall des Beschwerdeführers eine wesentliche Bedingung für die Dienstunfähigkeit war oder ob der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung auf Grund seines Gesundheitszustandes befähigt war, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, die grundsätzlich auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt wird. Liegen einander widersprechende Gutachten mehrerer Sachverständiger vor, so ist in der Begründung des Bescheides anzugeben, welche Erwägungen dafür maßgebend waren, das eine Beweismittel dem anderen vorzuziehen (vgl. dazu schon das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/07/0076).
II.3. Die Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe bei Erlassung des angefochtenen Bescheides diese Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, ist berechtigt:
II.3.1. Die Behörde stützt ihre Auffassung, dass zwischen dem - unbestrittenen - Dienstunfall des Beschwerdeführers und der für die Versetzung in den Ruhestand maßgebenden Dienstunfähigkeit kein kausaler Zusammenhang bestünde ausschließlich auf die Wiedergabe der Schlussfolgerungen des von ihr im fortgesetzten Verfahren eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachtens vom . Danach würden die orthopädischen Leidenszustände bezüglich des psychiatrischen Gesundheitszustandes zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung zwar eine Potenzierung (Leidensverstärkung) bewirken, eine ursächliche Komponente für den Ausbruch der depressiven Erkrankung des Beschwerdeführers sei allerdings nicht gegeben. Dem stehen allerdings Ausführungen im psychiatrischneurologischen Gutachten des Sachverständigen Dr. J Z vom gegenüber: Darin wurde zwar festgestellt, dass die dauernde Dienstunfähigkeit auf Grund der psychiatrischen Erkrankung allein schon eingetreten ist; gleichzeitig wird dort aber festgehalten, dass dieses Leiden durch die - auf den Dienstunfall zurückzuführenden - orthopädischen Probleme des Beschwerdeführeres "potenziert" werde. Ferner wird in der Befundaufnahme dieses ersten Gutachtens festgestellt, dass beim Beschwerdeführer seit 1994 rezidivierende depressive Phasen bestünden, wobei eine Verschlechterung mit dem Tod der Tochter des Beschwerdeführers im Jahr 1998 eingetreten sei. Mit diesem Gutachten und den darin getroffenen Feststellungen setzt sich die Behörde im angefochtenen Bescheid in keiner Weise auseinander. Eine solche Auseinandersetzung wäre schon deshalb notwendig gewesen, weil in diesem ersten Gutachten festgehalten wird, dass der Beschwerdeführer schon seit 1994 - also unmittelbar nach seinem Dienstunfall - an depressiven Phasen gelitten hat, wobei es in weiterer Folge auf Grund zusätzlicher Ereignisse zu einer Verschlechterung gekommen sei, und dass die orthopädischen Probleme die zur Dienstunfähigkeit führende psychiatrische Erkrankung "potenziert" habe. Selbst unter Zugrundelegung der wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten vom ist die Begründung der Behörde aber nicht schlüssig: Dass die durch den Dienstunfall bewirkten orthopädischen Leidenszustände keine ursächliche Komponente für den Ausbruch der depressiven Erkrankung des Beschwerdeführers darstellt, schließt nämlich nicht aus, dass diese Leidenszustände - die nach Aussage auch dieses Gutachtens eine "Potenzierung" des psychiatrischen Gesundheitszustandes bewirkten - zur Schwere der Erkrankung des Beschwerdeführers und damit zu Dienstunfähigkeit mit beigetragen haben und dass daher der Dienstunfall (auch) eine wesentliche Ursache für diese war. Zu dieser - für den gegenständlichen Fall wesentlichen - Frage fehlen ausreichende Feststellungen.
Dem Versuch der belangten Behörde, in ihrer Gegenschrift vom eine Auseinandersetzung mit dem früheren psychiatrisch- neurologischen Gutachten sowie eine abwägende Würdigung nachzureichen, ist entgegen zu halten, dass die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingebrachte Gegenschrift nicht geeignet ist, dem Bescheid anhaftende Begründungsmängel zu beheben (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2002/12/0240, und vom , Zl. 2002/12/0270). Wenn die Behörde in ihrer Gegenschrift (Seite 6) ausführt, es seien keine Hinweise darauf hervorgekommen, dass die für den Zeitraum zwischen 1994 und 1998 erwähnten rezidivierenden depressiven Phasen später allein ebenso Dienstunfähigkeit bewirkt hätten, scheint sie zudem die Rechtslage zu verkennen: Für die Bejahung eines Kausalzusammenhanges zwischen einem Dienstunfall und der Dienstunfähigkeit kommt es nach der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht darauf an, ob der Dienstunfall für sich allein zur Dienstunfähigkeit geführt hätte; vielmehr kann die Kausalität zwischen dem Dienstunfall und der Dienstunfähigkeit nur dann verneint werden, wenn die Dienstunfähigkeit auch ohne die durch den Dienstunfall bedingten Folgen eingetreten wären (vgl etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/12/0391). Dass sich die Dienstunfähigkeit erst aus einer Kombination mehrerer Faktoren ergibt und neben dem Dienstunfall auch andere Umstände für den Eintritt der Dienstunfähigkeit maßgeblich sind, rechtfertigt für sich allein daher nicht die Verneinung eines Kausalzusammenhanges.
II.3.2. Unzureichend sind ferner auch die Ausführungen zur dauernden Erwerbsunfähigkeit des Beschwerdeführers: Die belangte Behörde hat schon im ersten Verfahrensgang mehrere ärztliche Gutachten eingeholt, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen. Das amtsärztliche Gutachten des Sachverständigen Dr. W S kam zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer außer Stande sei, irgendeinem regelmäßigen Erwerb nachzugehen, und nicht einmal leichte oder mittelschwere Arbeiten ausführen könne. Nach dem orthopädischen Gutachten sei der Beschwerdeführer für leichte körperliche Tätigkeiten geeignet, es sei jedoch auf Grund der geringen zumutbaren Gehleistung der Weg zur Arbeitsstätte auch unter städtischen Bedingungen nur eingeschränkt zumutbar. Das internistische Gutachten kam zum Schluss, dass aus internistischer Sicht keine Dienstunfähigkeit bestünde; im neurologischpsychiatrischen Gutachten heißt es einerseits, es sei eine weitere Arbeitsfähigkeit nicht zu erwarten, anderseits aber auch, dass dem Beschwerdeführer aus psychiatrischer Sicht nur leichte Tätigkeiten möglich seien. Die berufskundliche Sachverständige U W kam in einem ersten Gutachten vom - aufbauend auf dem amtsärztlichen Gutachten Dris. S - zum Ergebnis, der Beschwerdeführer sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar, weil er nicht weiter als eine Raumdistanz ohne Unterbrechung gehen und nicht einmal mehr leichte Arbeiten ausüben könne. Daraufhin trug die belangte Behörde eine Ergänzung des berufskundlichen Gutachtens auf, die das amtsärztliche Gutachten nicht heranziehen sollte. Diese Gutachtensergänzung vom kam zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer für bestimmte leichte Arbeiten vermittelbar sei.
Die belangte Behörde stützt ihre Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht dauernd erwerbsunfähig sei, ausschließlich auf das orthopädische, das internistische, das neurologische und das berufskundliche Gutachten, das unter Außerachtlassung des amtsärztlichen Gutachtens erstellt wurde. Das amtsärztliche Gutachten wird auf S. 3 des angefochtenen Bescheides als "unschlüssig und nicht nachvollziehbar" qualifiziert, weil es "keinen Hinweis darauf gab, inwieweit sich der Gesundheitszustand seit dem Dienstunfall im Jahr 1993 bzw. der im Jahr 1995 getroffenen Feststellung über den Grad der Behinderung von nur 30 % verschlechtert hatte". Die belangte Behörde vernachlässigt damit allerdings, dass es für den Entfall der Kürzung wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 76 Abs. 9 Z. 3 DPL 1972 - anders als bei Entfall der Kürzung wegen Dienstunfähigkeit nach § 76 Abs. 9 Z. 2 DPL 1972 - nicht darauf ankommt, ob diese auf einen Dienstunfall zurückzuführen ist. Entscheidend ist lediglich, dass der Landesbeamte "zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig" ist. Dazu enthält das amtsärztliche Gutachten die Feststellung, dass der Beschwerdeführer "derzeit" (dh: im Zeitpunkt der Gutachtenserstellung) wegen näher dargestellter Leiden nicht imstande sei, irgendeinem regelmäßigen Erwerb nachzugehen. Dass es keine Aussagen über die Entwicklung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers seit dem Dienstunfall enthält, macht dieses Gutachten somit - soweit es um die entscheidungserhebliche Frage der dauernden Erwerbsunfähigkeit im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung geht - nicht unschlüssig.
Hinsichtlich der Frage der dauernden Erwerbsunfähigkeit hätte sich die Behörde daher inhaltlich mit diesem Gutachten auseinandersetzen müssen; der angefochtene Bescheid lässt aber eine solche inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Gutachten - wie auch mit den anderen vorliegenden Gutachten - vermissen.
Berechtigt ist schließlich auch der Vorwurf der Beschwerde, dass die Behörde keine ausreichenden Erhebungen dazu angestellt hat, inwieweit der Beschwerdeführer den Arbeitsweg bewältigen kann. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren, dass ihm das Erreichen eines Arbeitsplatzes wegen seiner orthopädischen Behinderung nicht möglich sei, verweist die belangte Behörde bloß auf die Aussage der berufskundlichen Sachverständigen, dass nach einer Gehstrecke von 100 m lediglich eine Ruhepause erforderlich sei. Diese Aussage des berufskundlichen Gutachtens stützt sich offenkundig auf das orthopädische Gutachten vom , das diesbezüglich allerdings divergierende Aussagen enthält: So heißt es darin in der "Beurteilung" einerseits zwar, die Gehstrecke sei "vermindert" und es seien "Ruhepausen" (nach etwa 100 m) ... gerechtfertigt". Gleichzeitig wird aber ausgeführt, dass "längere Gehstrecken
(länger als Raumdistanz) ... nicht möglich" seien und dass
"infolge der geringen zumutbaren Gehleistung ... der Weg zur Arbeitsstätte auch unter städtischen Bedingungen eingeschränkt" sei.
Für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit ist auf Grund der eingangs dargestellten Rechtslage entscheidend, dass der Beschwerdeführer einen Fußweg von etwa 500 m - bis zu einem öffentlichen Verkehrsmittel - ohne unzumutbare Pausen bewältigen kann. Dem orthopädischen Gutachten lässt sich aber nicht entnehmen, wie weit der Beschwerdeführer tatsächlich gehen kann; die diesbezüglichen Angaben sind widersprüchlich, weil eine "Raumdistanz" wohl weniger als 100 m beträgt. Damit bleibt offen, ob der Beschwerdeführer eine Strecke von 500 m zurücklegen könnte und wie lange er - sofern er sie überhaupt bewältigen kann - brauchen würde (z.B. Dauer der Ruhepausen). In diesen für die Entscheidung maßgebenden Punkten bleibt das Gutachten unklar.
Allein dadurch, dass die belangte Behörde dieses unklare Gutachten ihrer Entscheidung erkennbar zu Grunde gelegt hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet: Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/04/0215, ausgesprochen hat, liegt ein solcher wesentlicher Verfahrensmangel nämlich schon dann vor, wenn die Behörde ihrer Entscheidung ein unklares Gutachten zu Grunde legt, ohne auf eine Aufklärung der Unklarheit zu dringen. Die Behörde hat es damit entgegen § 37 AVG verabsäumt, den Sachverhalt in diesen entscheidungserheblichen Punkten ausreichend zu ermitteln. Da es sich bei der Gehleistung um eine medizinische Fachfrage handelt, hätte die belangte Behörde diese Frage durch Einholung eines weiteren medizinischen Gutachtens (§ 52 Abs. 1 AVG) oder durch den Versuch einer Aufklärung durch den herangezogenen orthopädischen Gutachter erheben müssen.
III. Infolge der Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides, die eine Überprüfung auf seine Rechtmäßigkeit im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ausschließen, und wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil die Behörde, ohne auf Aufklärung der aufgezeigten Unklarheit des orthopädischen Gutachtens zu dringen, dieses ihrer Entscheidung zugrunde gelegt und weil die Behörde den Sachverhalt in entscheidungserheblichen Punkten nicht ausreichend ermittelt hat, war ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am