VwGH vom 14.11.2013, 2012/17/0351
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer, den Hofrat Mag. Straßegger und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des M H in R, vertreten durch Dr. Anton Hintermeier, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Andreas Hoferstraße 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-LE./0314- III/8/2012, betreffend "Investitionen gemäß Weinmarktordnung", zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit seinem Antrag vom begehrte der Beschwerdeführer die Gewährung einer Investitionsbeihilfe gemäß der Europäischen Weinmarktordnung. Unter Verwendung des hiefür notwendigen Formblattes machte er Angaben dazu, dass durch die Investition in der Traubenverarbeitung, speziell bei Rotwein, durch kontrollierte Gärführung und bessere/effizientere Most- und Weinklarung die Produktqualität verbessert werden sollte. Unter "geplante Investitionsvorhaben" gab er unter anderem an: "Ankauf von Gärtanks für Rotweinmaische". Als Begründung nannte er die Erhöhung der "Schlagkraft" bei der Rotweinernte. Die Gesamtnettokosten der geplanten Investitionen betrugen laut seinen Angaben rund EUR 118.000,--, davon entfielen rund EUR 65.000,-- auf den Ankauf der Gärtanks für Rotweinmaische.
1.2. Mit Bescheid vom genehmigte das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) den Antrag des Beschwerdeführers vom (richtig: ) gemäß § 23 Abs. 8 der Verordnung zur Durchführung von gemeinschaftlichen Marktordnungsmaßnahmen im Weinbereich, BGBl. II Nr. 453/2008. Unter Anführung auch der Technologien zur Rotweinverarbeitung, insbesondere Rotweingärtanks, erkannte ihm die Behörde für die beantragten Investitionsvorhaben eine Beihilfe in Höhe von insgesamt EUR 47.200,-- zu.
1.3. Im Rahmen der Mitteilung über den Abschluss der Arbeiten an einer Investitionsmaßnahme im Rahmen der Weinmarktordnung - datiert mit - legte der Beschwerdeführer ein Konvolut an Rechnungen vor.
Am fand im Betrieb des Beschwerdeführers eine Vor-Ort-Kontrolle durch Mitarbeiter des BMLFUW statt, wobei auch die in den Rechnungen der Firma M vom , Rechnungsnummer 336, und vom , Rechnungsnummer 315, verzeichneten "Rotweinentschleimungstanks" überprüft wurden.
1.4. Mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der AMA vom wurde nunmehr ein Rückforderungsbetrag in Höhe von EUR 12.494,40 festgesetzt. Begründend führte die Behörde aus, bei der Maßnahme "Technologien zur Rotweinverarbeitung" werde die Neuanschaffung von Einrichtungen zur Gärung von Rotweinmaische gefördert. Die Rechnungen der Firma M Nr. 336 und 315 seien nicht anerkannt worden, weil die Angaben punkto Ausführung und Ausrüstung der Tanks auf diesen beiden Rechnungen keinen Hinweis darauf gäben, dass es sich um Rotweingärtanks handle, da typische Merkmale eines Rotweingärtanks fehlten (z.B. Maischetürl, Schrägboden, Sieb, etc.). Vielmehr ließen diese Angaben darauf schließen, dass es sich um normale Lagertanks handle, die nicht gefördert würden.
1.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung ab. In ihrer Begründung führte sie aus, dass ausgehend von den Angaben in den bezughabenden Rechnungen darauf zu schließen sei, dass es sich bei den angeführten Tanks um normale Lagertanks handle, die nicht förderungswürdig seien. Auch im Rahmen der durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle am habe der in Rechnung 336 der Firma M angeführte Tank keine Merkmale eines Rotweinmaischegärtanks aufgewiesen. Bei den, den Prüfern gezeigten Tanks korrespondierend mit der Rechnungsnummer 315 der Firma M, habe keiner der Tanks ein Typenschild der Firma M aufgewiesen. Diese hätten mit den in der bezughabenden Rechnung angeführten Tanks nicht übereingestimmt. Bezüglich der vom Beschwerdeführer nachträglich per E-Mail vom übermittelten Fotos von Tanks, bei welchen es sich um jene der in Rechnung 315 beschriebenen handeln solle, sei festzustellen, dass diese auf den Fotos ersichtlichen Tanks nunmehr als einziges Merkmal eines Rotweinmaischegärtanks Maischetüren aufwiesen. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer erst nach mehr als einem Monat nach der Vor-Ort-Kontrolle durch das BMLFUW Fotos dieser Tanks übermittelt habe, führe zur Überzeugung, dass diese Maischetüren nachträglich installiert worden seien. Auf der Rechnung 315 seien keine Maischetüren ausgewiesen und seien auch bei der Vor-Ort-Kontrolle keine weiteren Tanks mit Maischetüren aufgefallen. Selbst in dem Fall, dass die Maischetüren vorhanden gewesen wären, sei dazu festzuhalten, dass diese Maischetüren wenig praxistauglich seien. Anders als bei Rotweinmaischegärtanks üblich, befänden sich diese Türen nicht an einer günstigen Stelle zur einfachen Ausbringung der Maische (üblicherweise an der tiefsten Stelle eines Tanks mit Schrägboden). Diese Ausführungen, in Verbindung mit der Tatsache, dass vom Betrieb des Beschwerdeführers seit Anschaffung dieser Tanks kein Rotwein produziert worden sei, führten zur Rückforderung der Beihilfe für Einrichtungen zur Vergärung von Rotweinmaische.
1.6. Der Beschwerdeführer ficht diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an, jedoch lediglich in jenem Umfang, in dem die Rückforderung der auf Grundlage der Rechnung 315 gewährten Förderung bestätigt worden ist.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur Durchführung von gemeinschaftlichen Marktordnungsmaßnahmen im Weinbereich, BGBl. II Nr. 112/2010, regelt unter anderem Investitionen und förderbare Investitionssummen im Weinbau.
Gemäß § 23 Abs. 1 leg. cit. sind berechtigt für die Inanspruchnahme der Unterstützung gemäß Art. 15 der VO (EG) Nr. 479/2008
1. Betriebe, welche Produkte des Anhangs IV der VO (EG) Nr. 479/2008 erzeugen oder vermarkten (Nachweis durch die Vorlage der Bestandsmeldung gemäß Weingesetz) sowie
2. im Bereich der Investitionen "Klärungseinrichtungen", "Einrichtungen zur Gelägeraufbereitung" und "Flaschenabfülleinrichtungen, Etikettierungseinrichtungen" auch Gemeinschaften und/oder Gesellschaften von Betrieben, die im Rahmen eines Maschinenrings organsiert sind (z.B. Genossenschaft, GesbR, KEG) und Weinbauvereine.
Nach Abs. 2 leg. cit. sind Betriebe, welche ausschließlich Trauben vermarkten, nicht teilnahmeberechtigt.
§ 24 Abs. 1 leg. cit. lautet wie folgt (auszugsweise):
"1) Der Antrag muss eine oder mehrere der in Anhang IV definierten Investitionen umfassen. Jeder Weinbautreibende hat die geeigneten Investitionen selbst zu wählen und solcher Art für eine optimale Verbesserung der Gesamtleistung des Betriebs zu sorgen."
Anhang IV zu § 24 Abs. 1 und 2 lautet:
"Investitionen
1. Technologien zur Rotweinverarbeitung:
Gefördert wird die Neuanschaffung von Einrichtungen zur Gärung von Rotweinmaische wie z.B. Gärständer (Holz, Metall), Gärtanks oder Einrichtungen zur Mikrooxidation. Ausgenommen sind offene Bottiche und Systeme zur Maischeerhitzung. Die maximal förderbare Investitionssumme beträgt EUR 150.000,--."
Gemäß § 31 Abs. 1 leg. cit. hat der Antragsteller den Organen und den Beauftragten des BMLFUW, der AMA, der Bundeskellereiinspektion, der katasterführenden Stellen, der Bezirksstellen der Landwirtschaftskammer bzw. in Oberösterreich und Kärnten des Amtes der Landesregierung, des Österreichischen Rechnungshofes, der bescheinigenden Stelle für den Rechnungsabschluss sowie den Organen der EU (im Folgenden Prüforgane) das Betreten der Betriebsräume und der Produktionsflächen während der Betriebszeit oder nach Vereinbarung zu gestatten und auf Verlangen die in Betracht kommenden Bücher, insbesondere das Kellerbuch, Aufzeichnungen, Belege und sonstige Schriftstücke zur Einsicht vorzulegen, Auskunft zu erteilen und die erforderliche Unterstützung zu gewähren.
Gemäß Abs. 8 leg. cit. können die Prüforgane jederzeit zum Nachweis der vom Antragsteller getätigten Angaben weitere Unterlagen, die Vorlage von Originalen oder die Beglaubigung von Unterschriften verlangen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Maßnahme erforderlich ist.
Nach § 34 Abs. 3 leg. cit. ist im Zuge der Rückforderung zu Unrecht bezahlter Beträge der entsprechende Betrag von der AMA unter Anwendung des Art. 73 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 von Vorschüssen oder Zahlungen nach Erlass des Rückforderungsbescheides abzuziehen.
Der Abschluss der Investition ist gemäß § 26 Abs. 1 leg. cit. schriftlich der zuständigen Bezirksstelle der Landwirtschaftskammer bzw. in Oberösterreich und Kärnten dem Amt der Landesregierung mitzuteilen. Gemäß Abs. 5 leg. cit. gilt die Investition als fertiggestellt, wenn alle Arbeitsschritte soweit abgeschlossen sind, dass eine dauerhafte, zukünftige wirtschaftliche Nutzung der Investition sicher gestellt ist.
Gemäß (des hier anzuwendenden) § 37 AVG (vgl. § 13 MOG 2007) ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, hat die Behörde nach § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen; sie kann insbesondere eine mündliche Verhandlung nach den §§ 40 bis 44 AVG von Amts wegen und auf Antrag durchführen. Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteienvorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhalts von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. dazu Walter/Thienel , Verwaltungsverfahrensgesetze, Band I2, E 84 zu § 39 AVG).
Nach § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen (vgl. auch das die belangte Behörde betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/17/0139).
2.2. Der Beschwerdeführer rügt in seiner Beschwerde erkennbar die Unterlassung der Einräumung von rechtlichem Gehör zu den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen. Er bringt in diesem Zusammenhang etwa vor, dass er aus näher dargelegten Umständen noch keine für die von ihm gewählte Verarbeitungsmethode geeigneten Trauben geerntet habe. Auch entspreche die als eher ungeeignet für den Gärungsprozess angesehene Gestaltung der Tanks der von ihm angestrebten besonderen Methode der Gärung nach französischem Vorbild.
Mit dieser Argumentation kommt der Beschwerde Berechtigung zu:
Die belangte Behörde stützt ihre Schlussfolgerung hinsichtlich der Nichtförderbarkeit der drei in Rechnung 315 der Firma M beschriebenen Tanks zum einen darauf, dass die auf den per E-Mail übermittelten Lichtbildern des Beschwerdeführers dargestellten Tanks nicht jene der in Rechnung 315 genannten seien bzw. diese abgebildeten Tanks nach der Vor-Ort-Kontrolle manipuliert worden wären (durch Einbau von Maischetüren). Zum anderen hielt die belangte Behörde selbst im Falle des Vorhandenseins von Maischetüren die Tanks für die Rotweinmaischegärung ungeeignet, weil sich die Maischetüren nicht an der günstigsten Stelle zur einfachen Ausbringung der Maische befänden.
Dazu ist festzuhalten, dass die Mutmaßungen der Behörde hinsichtlich der nachträglichen Installation der Maischetüre kein Tatsachensubstrat aufweisen. Auch in diesem Falle wäre die Behörde verhalten gewesen, den Beschwerdeführer mit diesen Mutmaßungen vor Bescheiderlassung zu konfrontieren.
Der Beschwerdeführer hat zum Argument der belangten Behörde hinsichtlich der wenig praxistauglichen Maischetüren - wie dargestellt - auf die von ihm angestrebte besondere Gärungsmethode verwiesen. Es bedarf im Beschwerdefall keiner weiteren Begründung, dass die belangte Behörde bei Einräumung des Parteiengehörs unter Berücksichtigung dieses Vorbringens des Beschwerdeführers zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können. Der in der Beschwerde dem Wesen nach geltend gemachte Verfahrensmangel erweist sich daher als relevant.
3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.
Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am