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VwGH 18.11.2015, 2012/17/0325

VwGH 18.11.2015, 2012/17/0325

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AVG §37;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
VStG §24;
RS 1
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit dem Glücksspielgesetz ausgesprochen hat, befreien auch Hindernisse bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhalts die belangte Behörde (den unabhängigen Verwaltungssenat) nicht davon, die entsprechenden Feststellungen zur Frage, ob an den betroffenen Geräten mit Einsätzen von mehr als EUR 10,-- gespielt werden konnte, zu treffen (vgl , vom , 2012/17/0333, oder vom , 2012/17/0586). Allein der Umstand, dass ein angekündigter Zeuge nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint, rechtfertigt noch nicht das Absehen von weiteren Ermittlungen.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Senatspräsident Dr. Köhler und Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer als Richterin und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde des A K in W, vertreten durch Kopp - Wittek Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Moosstraße 58c, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Vorarlberg vom , Zl UVS-1-924/E9-2011, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom wurde der Beschwerdeführer der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 in Verbindung mit § 1 Abs 1, § 2 Abs 1 und 4 und § 12a Abs 1 und 3 Glücksspielgesetz für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- verhängt (für den Fall der Uneinbringlichkeit wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden festgesetzt).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass bei einer Kontrolle am in einem näher genannten Lokal drei Geräte vorgefunden worden seien, deren Eigentümerin die GB GmbH gewesen sei. Betrieben seien die Geräte von der V Ltd worden. Zugänglich gemacht seien die Geräte im Lokal B in Bregenz worden, dessen Betreiber der Beschwerdeführer gewesen sei.

Nach näherer Darstellung der Funktionsweise der Geräte, der Feststellung ihrer Funktionsfähigkeit am und der von den Beamten der Polizeiinspektion Bregenz durchgeführten Testspiele wurde festgestellt, dass mit den Terminals Glücksspiele (Walzenspiele) veranstaltet worden seien. Es hätte immer nur an einem Spiel des angebotenen Glücksspielprogramms teilgenommen werden und die Spiele nur nach Eingabe von Geld durchgeführt werden können.

Das Glücksspielprogramm habe etliche Glücksspielvarianten aufgewiesen, so seien etwa die Spiele "Hot Scatter", "Hot Seven", "Hot Neon", "Wild Stars" etc angeboten worden.

Die Auszahlung der Gewinne an die Spieler sei unmittelbar durch das Personal des Lokals B erfolgt. Der Beschwerdeführer sei zum Tatzeitpunkt Betreiber des Lokals und mit 50 Prozent an den Gewinnen der Geräte beteiligt gewesen.

Weder die V Ltd noch der Beschwerdeführer seien zum Tatzeitpunkt im Besitz einer Konzession für die mit den Geräten durchgeführten Ausspielungen gewesen.

Nach Darstellung der nach Auffassung der belangten Behörde maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes wurde rechtlich gefolgert, dass auf Grund des erwiesenen Sachverhaltes fest stehe, dass mit den in Rede stehenden Apparaten Ausspielungen im Sinne des § 12a GSpG (elektronische Lotterien) durchgeführt worden seien. So sei der Spielvertrag unter Verwendung einer elektronischen Anbindung (elektronische Medien) abgeschlossen, die Entscheidung über Gewinn oder Verlust nicht durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung durch den Apparat selbst zur Verfügung gestellt, sondern zentralseitig außerhalb der gegenständlichen Terminals getroffen und der Spielteilnehmer nach jedem Spiel über seinen Verlust oder Spielgewinn informiert worden.

Nach Darstellung des Tatbestandes des unternehmerischen Zugänglichmachens von Glücksspielen stellte die belangte Behörde fest, dass im gegenständlichen Fall von einem solchen auszugehen sei. Jemand, der Glücksspielgeräte in einem Lokal betreibe (aufstelle), mit denen Ausspielungen im Sinne des § 12a GSpG durchgeführt würden, mache solche Ausspielungen unternehmerisch zugänglich.

Nach Ausführungen zu unionsrechtlichen Einwendungen in der Berufung führte die belangte Behörde zum Einwand der Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft im Hinblick auf die Subsidiarität der Tatbestände des GSpG gegenüber § 168 StGB Folgendes aus:

Aus dem gegenständlichen Sachverhalt ergäben sich keine Anhaltspunkte, dass Einsätze getätigt worden seien, auf Grund welcher sich eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB ergäbe.

§ 52 Abs 2 GSpG bestimme, dass dann, wenn für die Teilnahme an einem Spiel von Spielern oder anderen vermögenswerte Leistungen über EUR 10,-- geleistet würden, eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktrete. Nur für einen nachgewiesenermaßen geleisteten Einsatz von mehr als EUR 10,-- trete eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Somit sei die Bestimmung des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG im Beschwerdefall anzuwenden.

Der Beschwerdevertreter habe mit Schreiben vom mitgeteilt, er beantrage zum Beweis dafür, dass mit Einsätzen über EUR 10,-- habe gespielt werden können, den Zeugen D und werde ihn zum Termin der Berufungsverhandlung stellig machen. Dies sei nicht geschehen. Bei der mündlichen Verhandlung seien weder der Zeuge D noch der Beschuldigte noch der Rechtsvertreter des Beschuldigten erschienen. Eine gesonderte Ladung an den Zeugen sei unterblieben, da der Rechtsvertreter angekündigt habe, ihn zum angegebenen Termin stellig zu machen. Die Verantwortung hiefür sei ausdrücklich in seiner Sphäre gelegen. Aus den der belangten Behörde vorliegenden Beweisergebnissen ließen sich keine Einsätze von mehr als EUR 10,--

feststellen. Es sei daher die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Bregenz gegeben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung BGBl I Nr 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertreten, dass keine Anhaltspunkte ersichtlich seien, dass an den betroffenen Geräten mit Einsätzen über EUR 10,-- hätte gespielt werden können. Nur für einen nachgewiesenermaßen geleisteten Einsatz von mehr als EUR 10,-- trete eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Da der Beschwerdeführer den angekündigten Zeugen nicht zur mündlichen Verhandlung stellig gemacht hätte, sei davon auszugehen, dass nicht mit Einsätzen von mehr als EUR 10,-- habe gespielt werden können.

Mit dieser Auffassung verkennt die belangte Behörde ihre Verpflichtung zur amtswegigen Feststellung des maßgebenden Sachverhalts gemäß § 24 VStG in Verbindung mit § 66 Abs 4 AVG und §§ 37 ff AVG (vgl ). Wie der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit dem Glücksspielgesetz ausgesprochen hat, befreien auch Hindernisse bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhalts die belangte Behörde nicht davon, die entsprechenden Feststellungen zur Frage, ob an den betroffenen Geräten mit Einsätzen von mehr als EUR 10,-- gespielt werden konnte, zu treffen (vgl , vom , 2012/17/0333, oder vom , 2012/17/0586). Allein der Umstand, dass ein angekündigter Zeuge nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint, rechtfertigt noch nicht das Absehen von weiteren Ermittlungen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2012/17/0249, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird, unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 422/2013, ausgeführt hat, hat die belangte Behörde im Falle eines Vorbringens, dass mit den verfahrensgegenständlichen Geräten Spiele mit einem höheren Einsatz als EUR 10,-- hätten durchgeführt werden können, die Höchsteinsätze der auf den konkreten Glücksspielgeräten installierten Spielprogramme festzustellen. Derartige Feststellungen wären erforderlich, um ausgehend von der im genannten Erkenntnis näher dargestellten Rechtslage beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs 1 GSpG besteht.

Daran ändern nach den oben genannten Erkenntnissen auch etwaige Schwierigkeiten bei der Beweiserhebung nichts.

Die belangte Behörde hat ihre Feststellungen somit nicht auf Grund eines mängelfreien Verfahrens getroffen, der Schluss aus dem Fernbleiben eines für die Verhandlung angekündigten Zeugen auf das Nichtzutreffen einer Behauptung stellt im gegebenen Zusammenhang eine unzulässige Beweiswürdigung dar.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §37;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
VStG §24;
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Zeugenbeweis
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2015:2012170325.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
RAAAE-75890

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