VwGH vom 16.09.2010, 2010/09/0143
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des Ing. WE in M, vertreten durch Mag. Stefan Guggenberger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 35, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-11/10.991/4-2010, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als verantwortlicher Beauftragter und somit als das gemäß § 9 Abs. 2 VStG iVm § 28a Abs. 3 AuslBG zur Vertretung nach außen berufene Organ der A GmbH in W zu verantworten, dass vom bis von dieser Gesellschaft als Arbeitgeber ein näher bezeichneter slowakischer Staatsangehöriger auf der Baustelle in A als Helfer beschäftigt worden sei, obwohl für diesen keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen sei.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß §§ 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a und 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde wörtlich die Berufung des Beschwerdeführers wieder. In dieser hatte er die Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz behauptet und dazu Folgendes ausgeführt (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler im Original):
"'Das gegenständliche Bauvorhaben in der Gemeinde A wurde von der A GmbH, Zweigniederlassung Kärnten (Ort und Geschäftsanschrift der Zweigniederlassung: J-Straße, Klagenfurt) durchgeführt. Ich bin dort als Gruppenleiter im Bereich Tiefbau eingesetzt. Der beim gegenständlichen Bauvorhaben tätige Bauleiter und der dort tätige Polier unterstanden meiner Aufsicht. Alle beim gegenständlichen Bauvorhaben im Zusammenhang mit allfälliger Ausländerbeschäftigung stehenden Maßnahmen, Entscheidungen und Überprüfungen wurden und werden von mir vom Ort dieser Zweigniederlassung, Klagenfurt, J-Straße aus vorgenommen.'
Wenn für einen Filialbetrieb ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 2. Satz VStG bestellt ist, dann liegt der Tatort einer von diesem zu verantwortenden Verwaltungsübertretung nicht am Sitz der (zentralen) Unternehmensleitung, also im gegenständlichen Fall nicht am Sitz der A GmbH in W. In der Rechtssprechung des VwGH wurde in diesem Zusammenhang zum Ausdruck gebracht, dass der Tatort dort liegt, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen (VwGH 93/11/0227). Um so mehr muss dies für die im Firmenbuch eingetragene Zweigniederlassung Kärnten der A GmbH gelten, bei der der (Beschwerdeführer) als Gruppenleiter im Bereich Tiefbau und als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG dafür zu sorgen hat und auch dafür sorgt, dass bei dem ihm unterstellten Bereich Tiefbau alle mit Ausländerbeschäftigung in Zusammenhang stehenden Maßnahmen, Entscheidungen und Überprüfungen vorgenommen werden. Dass im Fall von Übertretungen gegen § 28 AuslBG im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitsgebers der Tatort ist, ist die vom VwGH entwickelte Rechtsprechung für jene Fälle, in denen sich aus den Umständen der tatsächlichen Leitung eines Unternehmens nichts anderes ergibt (arg. 'im Zweifel', vgl. VwGH 2000/09/0147; 2001/09/0099). Es kommt darauf an, wo die 'gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung eingegangen' und von wo 'die allenfalls fehlende Beschäftigungsbewilligung zu beantragen gewesen wäre' (VwGH a. a.O.). Die tatsächliche Leitung der A GmbH Zweigniederlassung Kärnten in Bezug auf Begründung von Arbeitsverhältnissen und Durchführung von dieser Zweigniederlassung betreffend Bauvorhaben im Allgemeinen und in Bezug auf Begründung von Arbeitsverhältnissen mit Ausländern und deren Einsatz bei Bauvorhaben der Zweigniederlassung Kärnten im Besonderen wird von Ort der im Firmenbuch eingetragenen Zweigniederlassung, J-Straße, Klagenfurt ausgeübt. Sollte daher überhaupt im Gegenstandsfall eine vorwerfbare Verwaltungsübertretung vorgelegen haben (dies bleibt bestritten, siehe dazu unten), wäre deren Tatort nicht am Sitz der A GmbH in W, sondern der Ort der Zweigniederlassung J-Straße, Klagenfurt.
Der (Beschwerdeführer) hat alle Anknüpfungspunkte, die für die örtliche Zuständigkeit (Unzuständigkeit) maßgeblich sind, in der Rechtfertigung vorgebracht, bzw. ergeben sich diese Tatbestandsvoraussetzungen aus der Aufforderung zur Rechtfertigung vom (insbesondere Anlage .14: Dienstort des Beschuldigten und räumlicher Zuständigkeitsbereich).
Die BezirkshauptmannschaftSalzburg-Umgebung hätte daher eine Unzuständigkeitsentscheidung fällen müssen."
Dieser Unzuständigkeitseinrede hielt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid entgegen:
"Die Erstinstanz hat zurecht als Tatort den Sitz der Unternehmenszentrale in W herangezogen als den Ort, von dem aus die Beschäftigungsbewilligung zu beantragen gewesen wäre. Zwar ist im Firmenbuch unter anderem eine Zweigniederlassung Kärnten des gegenständlichen Unternehmens eingetragen, dies ändert aber auch bei selbstständiger Besorgung der ihr im Rahmen des Gesamtunternehmens übertragenen Geschäfte nichts an der örtlichen Zuständigkeit der Behörde am Sitz des Gesamtunternehmens (siehe dazu etwa ). Anders läge der Fall nur dann, wenn für einen Filialbetrieb ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs 2 VStG bestellt worden ist, da dann die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften am Standort der Filiale durch den beauftragten Filialleiter zu setzen sind (). Im Umkehrschluss bedeutet dies aber, dass dann, wenn kein verantwortlicher Filialleiter bestellt worden ist, die Übertretung in örtlicher Hinsicht weiter dem Hauptsitz zuzurechnen ist.
Genau dies ist hier der Fall: es liegt zwar eine Bestellung des (Beschwerdeführers) zum verantwortlichen Beauftragten vom vor, allerdings gemäß dem im erstinstanzlichen Akt aufliegenden Bestellungsdekret eben nicht für die Zweigniederlassung Kärnten, sondern nur für das 'BVH Stadtgemeinde A, Straßenbauarbeiten'. Als Arbeitgeber scheint in der Urkunde die 'AM Bau GmbH' mit dem (damaligen) Sitz in S auf (der sich zur Tatzeit aber laut Firmenbuch schon in W befunden hat). Der (Beschwerdeführer) wurde von zwei (damaligen) Geschäftsführern bestellt.
Deshalb wäre die Beschäftigungsbewilligung von diesem Unternehmenssitz in W aus zu beantragen gewesen und ist somit die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung Tatortbehörde."
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom , B 250/10-3, ihre Behandlung ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Die bereits für den Fall der Abtretung ausgeführte Beschwerde macht die Unzuständigkeit der Behörde erster Instanz geltend, wobei sie sich im Wesentlichen auf dieselben Argumente wie in der Berufung stützt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer tritt dem von der belangten Behörde aus dem Inhalt der Bestellungsurkunde vom festgestellten Sachverhalt nicht entgegen. Damit ist mit der belangten Behörde davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer als verantwortlicher Beauftragter nicht für die Zweigniederlassung Kärnten, sondern nur für das gegenständliche Bauvorhaben bestellt wurde, wobei die Bestellung durch die A GmbH am (Haupt )Sitz der Gesellschaft erfolgte.
Würde man in dieser Bestellung - den auf der hg. Rechtsprechung zur Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für einen abgeschlossenen "Filialbereich" basierenden Gedanken des Beschwerdeführers folgend - eine solche für eine "Filiale" sehen, so wäre diese "Filiale" nicht die Zweigniederlassung der A GmbH in Kärnten, sondern die Baustelle in A. Dass der Beschwerdeführer die Leitung der in seine Verantwortung übertragenen Geschäfte aber von dieser Baustelle ausübte, hat er nie behauptet. Schon aus diesem Grund geht der Hinweis des Beschwerdeführers auf die hg. Rechtsprechung zu Filialleitern fehl.
Auch im Falle von Übertretungen gegen § 28 AuslBG ist im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung (§ 2 Abs. 2 AuslBG) ausländischer Arbeitskräfte eingegangen und von dort aus wären die allenfalls fehlenden arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen zu beantragen gewesen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/09/0080); (nur) dann, wenn die tatsächliche Leitung eines Unternehmens an einem anderen Ort als an dem im Firmenbuch eingetragenen Sitz des Unternehmens ausgeübt wird, hat dies zur Folge, dass dieser Ort als jener Ort anzusehen ist, an dem der Täter hätte handeln sollen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/03/0260). Aus der Bestellungsurkunde vom geht hervor, dass der Beschwerdeführer von der A GmbH mit Sitz in S (der später nach W verlegt wurde, das im Sprengel der Behörde erster Instanz liegt) zum verantwortlich Beauftragten für eine bestimmte Baustelle bestellt wurde, eine diesbezügliche Übertragung der Leitung des Unternehmens auf die Zweigniederlassung ist der genannten Urkunde nicht zu entnehmen. Damit kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, dass der Tatort jedenfalls an seinem Beschäftigungsort (dem Standort der Zweigniederlassung) anzunehmen wäre.
Auf Grund dieser Umstände durfte die belangte Behörde ungeachtet der im Verfahren vor der Behörde erster Instanz erhobenen Behauptung, der Beschwerdeführer nehme alle beim gegenständlichen Bauvorhaben im Zusammenhang mit allfälliger Ausländerbeschäftigung stehenden Maßnahmen, Entscheidung und Überprüfungen vom Ort der Zweigniederlassung in Kärnten vor, in Anwendung der Zweifelsregel weiterhin im Sinne des § 27 Abs. 2 VStG vom Sitz der A GmbH in W als Tatort ausgehen, weil es ungewiss geblieben ist, in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, sodass (weiterhin) die Behörde zuständig geblieben ist, die zuerst eine Verfolgungshandlung vorgenommen hat. Dies war (durch das Berufungsvorbringen bestätigt) die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung.
Des Weiteren rügt der Beschwerdeführer den Spruch des angefochtenen Bescheides insoweit, dass der Beschwerdeführer als "zur Vertretung nach außen berufenes Organ der oben angeführten Gesellschaft" (der A GmbH) bestraft worden sei. Er sei aber kein satzungsmäßiges Organ der A GmbH, sondern deren Dienstnehmer. Die
sprachlich missglückte Zitierung "zur Vertretung .... Organ" ist
bei verständiger Würdigung des gesamten Spruches, der die Stellung des Beschwerdeführers als "verantwortlicher Beauftragter" ausdrücklich anführt und die bezughabenden Normen § 9 Abs. 2 VStG und § 28a Abs. 3 AuslBG nennt, jedenfalls im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG zu verstehen, dass dem Beschwerdeführer (nur) für einen bestimmten abgegrenzten Bereich der A GmbH die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliege.
Da der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am