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VwGH 14.04.2010, 2008/08/0136

VwGH 14.04.2010, 2008/08/0136

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AlVG 1977 §46 Abs1 idF 2004/I/077;
AVG §59 Abs1;
VwRallg;
RS 1
Der Beschwerdeführer vermeint, dass ihm Arbeitslosengeld nicht erst seit , sondern bereits ab zuzusprechen gewesen wäre. Der von der belangten Behörde bestätigte erstinstanzliche Bescheid vom spricht dem Beschwerdeführer lediglich einen Arbeitslosengeldanspruch ab dem zu, ohne den davor liegenden Teil des Anspruchs formell abzuweisen. In der Begründung wird allerdings darauf hingewiesen, dass er den Antrag auf Arbeitslosengeld erst an diesem Tag (bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle) eingebracht hat. Der Wortlaut des - durch den angefochtenen Bescheid mit einer entsprechenden Begründung übernommenen - Spruches des erstinstanzlichen Bescheides ist daher im Sinne einer Abweisung des Anspruches auf Arbeitslosengeld für den besagten Zeitraum zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0387).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger und als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des M A in Wien, vertreten durch Mag. Peter Simo, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2008-0566-9- 000252, betreffend Anspruch auf Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Beendigung seines Dienstverhältnisses beim Unternehmen B. KEG am sprach der Beschwerdeführer am darauffolgenden Tag bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice H (in der Folge: AMS) vor.

Den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer am beim AMS das gemäß § 46 AlVG bundeseinheitlich aufgelegte Antragsformular ausgehändigt und als Abgabetermin dafür der festgelegt wurde. In diesem (mit Datum von ihm ausgefüllten) Antragsformular kreuzte er die Frage 7 nach einer selbständigen Erwerbstätigkeit (z.B. Gewerbebetrieb, Werkvertrag) mit "ja" an; die (Zusatz)Frage, ob er die Gewerbeberechtigung zurückgelegt oder das Ruhen des Gewerbes angemeldet habe, wurde verneint. Unstrittig ist weiters, dass die Abgabefrist infolge Erkrankung des Beschwerdeführers auf den verlängert wurde. Bei seinen persönlichen Vorsprachen am 23. November und legte der Beschwerdeführer mehrere, von ihm geforderte Unterlagen, darunter eine mit datierte Arbeitsbescheinigung der B. KEG vor. Anlässlich der persönlichen Vorsprache des Beschwerdeführers am wurde die Einbringungsfrist laut Vermerk des Sachbearbeiters (neuerlich) bis zur Vorlage näher bezeichneter Unterlagen, darunter - soweit im vorliegenden Fall von Bedeutung - eines Firmenbuchauszuges der B. KEG erstreckt.

Am wurde mit dem Beschwerdeführer beim AMS eine Niederschrift zum Gegenstand "Versäumung der Antragsrückgabefrist gemäß § 46 Abs. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG)" aufgenommen. Darin wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer zwecks Abgabe seines Leistungsantrages zur Vorsprache beim AMS am eingeladen wurde. Als berücksichtigungswürdige Gründe für sein Nichterscheinen an diesem Tag gab er demnach an:

"Ich habe diesen Termin nicht wahrgenommen, da ich dachte, ich müsste den Antrag in der Information abgeben. Erst dort wurde ich darauf hingewiesen, dass der Antrag in der Servicezone persönlich abzugeben ist."

Im Anschluss an diese Niederschrift hielt die Sachbearbeiterin des AMS zur Begründung, dass die geltend gemachten Gründe nicht als triftig im Sinne des § 46 Abs. 1 AlVG anzuerkennen und vom Anfallstag auszugehen sei, fest:

"Kunde ist seit längerem im Bezug, es ist nicht der erste Antrag der von ihm abgegeben wurde, daher ist diese Fristversäumnis nicht zu entschuldigen, da sich Kunde nicht einmal telefonisch um eine Terminverschiebung bemüht hat."

Mit Bescheid des AMS vom wurde dem Beschwerdeführer Arbeitslosengeld gemäß § 17 iVm §§ 44 und 46 AlVG 1977 ab zuerkannt und dies damit begründet, dass der Antrag nicht innerhalb des gesetzten Frist sondern erst am eingebracht worden sei.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom keine Folge gegeben.

In der Begründung dazu führte sie nach Darlegung des Verfahrensganges im Wesentlichen aus, dass das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers als kaufmännischer Angestellter beim Unternehmen B. KEG laut der vorgelegten Arbeitsbescheinigung arbeits- und sozialversicherungsrechtlich am geendet habe. Der Beschwerdeführer habe das ihm am ausgehändigte Antragsformular, welches ihm anlässlich der (neuerlich verspäteten) persönlichen Vorsprache am und der (nochmaligen) Verlängerung der Einbringungsfrist bis wieder ausgefolgt worden sei, erst am (und somit nach dem Ablauf der Rückgabefrist am ) persönlich beim AMS abgegeben und keine Gründe vorgebracht, wodurch er an der Antragsabgabe im Zeitraum vom 14. bis  gehindert gewesen sei.

Dem Berufungsvorbringen, wonach der Beschwerdeführer den Anspruch auf Arbeitslosengeld bereits durch die persönlichen Vorsprachen beim AMS am 7. und 23. November bzw. geltend gemacht habe, wurde entgegnet, dass der Arbeitslose seinen Anspruch nachzuweisen habe, weshalb die Frist für die Abgabe des Antrages zur Beibringung von Unterlagen zu verlängern sei; weiters sei auch die geforderte Beibringung eines Firmenbuchauszuges zur Abklärung, ob ab beim Beschwerdeführer die Anspruchsvoraussetzung Arbeitslosigkeit trotz einer allenfalls bestehenden selbständigen Tätigkeit vorgelegen sei, nicht irrelevant gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 17 Abs. 1 AlVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 104/2007 lautet auszugsweise:

"Das Arbeitslosengeld gebührt ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit, wenn die Arbeitslosmeldung bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice unverzüglich nach der Kenntnis der Kündigung oder sonstigen Auflösung oder Nichtverlängerung des Arbeitsverhältnisses oder von der Beendigung der Beschäftigung und die Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld binnen einer Wochen nach dem Entritt der Arbeitslosigkeit erfolgt, sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt sind und der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16 ruht. ... Bei späterer Meldung gebührt das Arbeitslosengeld frühestens ab dem Tag der Geltendmachung."

§ 46 Abs. 1 AlVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 77/2004 lautet wie folgt:

"Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Das Arbeitsmarktservice hat neben einem schriftlichen auch ein elektronisches Antragsformular zur Verfügung zu stellen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle persönlich vorgesprochen und das ausgefüllte Antragsformular abgegeben hat. Hat die arbeitslose Person zum Zweck der Geltendmachung des Anspruches bereits persönlich vorgesprochen und können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages ohne weitere persönliche Vorsprachen beurteilt werden, so kann die regionale Geschäftsstelle vom Erfordernis der persönlichen Abgabe des Antrages absehen. Eine persönliche Abgabe des Antrages ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind."

Nach dem klaren Wortlaut des § 46 Abs. 1 AlVG kommt es für die Qualifizierung eines Sachgeschehens als "Geltendmachung des Anspruches", an die das Gesetz den Beginn des Bezuges von Leistungen nach dem AlVG knüpft, auf die persönliche Abgabe des Antrages bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle unter Verwendung des hiefür bundeseinheitlich aufgelegten Antragsformulars innerhalb der genannten Frist an.

§ 46 Abs. 1 letzter Satz leg. cit. regelt den Fall, dass die Frist, die die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt hat, ohne triftigen Grund versäumt wurde. In diesem Fall gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind. Die Unterlagen gelten hingegen als rechtzeitig eingelangt, wenn die Terminüberschreitung aus einem triftigen Grund erfolgt.

Der Beschwerdeführer vermeint, dass ihm Arbeitslosengeld nicht erst seit , sondern bereits ab zuzusprechen gewesen wäre. Der von der belangten Behörde bestätigte erstinstanzliche Bescheid vom spricht dem Beschwerdeführer lediglich einen Arbeitslosengeldanspruch ab dem zu, ohne den davor liegenden Teil des Anspruchs formell abzuweisen. In der Begründung wird allerdings darauf hingewiesen, dass er den Antrag auf Arbeitslosengeld erst an diesem Tag (bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle) eingebracht hat. Der Wortlaut des - durch den angefochtenen Bescheid mit einer entsprechenden Begründung übernommenen - Spruches des erstinstanzlichen Bescheides ist daher im Sinne einer Abweisung des Anspruches auf Arbeitslosengeldes für den besagten Zeitraum zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0387).

Der Beschwerdeführer bringt zusammengefasst vor, dass bereits am eine Arbeitsbescheinigung der B. KEG vorgelegen sei, aus welcher sich ergeben habe, dass der Beschwerdeführer als kaufmännischer Angestellter und somit nicht selbständig tätig gewesen sei. Weshalb dann zusätzlich ein Firmenbuchauszug der B. KEG erforderlich gewesen sei, sei das AMS zu erklären schuldig geblieben. Diesen Firmenbuchauszug, den das AMS (dann) am selbst auf elektronischem Wege beischaffen habe können, hätte es im Rahmen der Offizialmaxime bereits am "selbst ausheben" müssen. Der Beschwerdeführer habe bereits am 7. und 23. November sowie am persönlich vorgesprochen und im Übrigen seiner Mitwirkungspflicht entsprochen, sodass letztlich nur mehr der Firmenbuchauszug der B. KEG ausständig gewesen sei. Die Anspruchsvoraussetzungen hätten somit bereits am beurteilt und vom Erfordernis der persönlichen Abgabe des Antrages am gemäß § 46 AlVG abgesehen werden müssen.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Der Beschwerdeführer hat zu Punkt 7 des Antragsformulars angegeben, selbständig tätig gewesen sein, und die Zusatzfrage, ob er die Gewerbeberechtigung zurückgelegt oder das Ruhen des Gewerbes angemeldet habe, verneint. Aus der erstmals am vorgelegten Arbeitsbescheinigung der B. KEG ergibt sich u.a., dass der Beschwerdeführer als kaufmännischer Angestellter bis in einem Dienstverhältnis gestanden hat. Es ist jedoch aus dieser Bescheinigung nicht ersichtlich, ob darüber hinaus zwischen dem Dienstgeber und dem Beschwerdeführer noch sonstige Rechtsbeziehungen (wie Werkverträge, Beteiligungen, Geschäftsführerbefugnisse) bestehen. Die Behörde hat im Zuge der Anspruchsprüfung auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers auch festzustellen, ob und in welchem Umfang eine selbständige Tätigkeit des Beschwerdeführers vorgelegen und Arbeitslosigkeit nach § 12 Abs. 3 und Abs. 6 lit. c und e AlVG Arbeitslosigkeit gegeben sei. Angesichts der vorliegenden Angaben des Beschwerdeführers und des im Akt einliegenden, früheren Firmenbuchauszuges der B. KEG, in dem der Beschwerdeführer als Gesellschafter der KEG aufscheint, bestehen daher keine Bedenken, wenn das AMS am zusätzlich einen Firmenbuchauszug dieser KEG zur Abklärung allfälliger gesellschaftsrechtlicher Beziehungen im Hinblick auf eine selbständige Tätigkeit des Beschwerdeführers für die Klärung der Anspruchsvoraussetzungen für notwendig erachtet.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren - abgesehen von den krankheitsbedingten Entschuldigungen, die auch zu einer mehrfachen Fristverlängerung geführt haben - nicht behauptet, dass ihm die Beibringung dieses Firmenbuchauszuges innerhalb der (bis gesetzten) Frist nicht möglich gewesen sei. Bei dieser Sachlage bestand für das AMS grundsätzlich keine Notwendigkeit, diesen Firmenbuchauszug von amtswegen beizuschaffen, sondern hätte der Beschwerdeführer diesen im Rahmen seiner Nachweis- und Mitwirkungspflicht über Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist beizubringen gehabt.

Indem der Beschwerdeführer dies unterlassen und auch sonst keine triftigen Gründe für die Fristversäumung angegeben hat, war eine Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen erst mit Einbringung des Antrages am - mit den Rechtsfolgen von § 46 Abs. 1 letzter Satz AlVG - möglich.

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Zuerkennung von Arbeitslosengeld (erst) ab - und damit die implizite Abweisung des Zuspruches für den Zeitraum vom 7. November bis  - als dem Gesetz entsprechend.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AlVG 1977 §46 Abs1 idF 2004/I/077;
AVG §59 Abs1;
VwRallg;
Schlagworte
Spruch und Begründung
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden
und von Parteierklärungen VwRallg9/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2010:2008080136.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
YAAAE-75840