VwGH vom 14.12.2012, 2010/09/0133
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des JZ in W, vertreten durch Mag. Johann Galanda und Dr. Anja Oberkofler, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Gonzagagasse 1/9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-07/A/11/8866/2009- 27, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der RBH-GmbH in W (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) zu verantworten, dass von dieser GmbH 1. der polnische Staatsangehörige ZO vom bis und 2. der polnische Staatsangehörige PS vom bis beschäftigt worden seien, ohne dass nach § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dafür erforderliche Bewilligungen oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Er habe dadurch die Vorschrift des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG übertreten und wurde nach dem zweiten Strafsatz der letzteren Gesetzesstelle mit Geldstrafen in der Höhe von jeweils
1. EUR 2.800,-- sowie Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils zwei Tagen und 16 Stunden bestraft. Die Ausländer seien zum Zeitpunkt der Kontrolle am auf einer Baustelle in Wien mit Spachtelarbeiten im Dachgeschoß beschäftigt gewesen.
Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides zusammengefasst aus, dass am im Zuge der Kontrolle durch Organe des Finanzamtes für WSuG mit den beiden Ausländern Erhebungsbögen aufgenommen worden seien. Der Mitarbeiter in dem vom Beschwerdeführer vertretenen Unternehmen, der für dieses die Verträge abschließe, (und nach dem Bescheid der Behörde erster Instanz für das vom Beschwerdeführer vertretene Unternehmen die Bauaufsicht führte), habe in der Verhandlung angegeben, es sei das Vertragsmuster eines Werkvertrages ohne entsprechende Adaption ausgefüllt worden, ein Leistungsverzeichnis fehle darin, ebenso der Ort, an welchem der Vertrag zu erfüllen sei. Die Spachtelmasse, das Material, sei den beiden Arbeitskräften von der vom Beschwerdeführer vertretenen GmbH zur Verfügung gestellt worden, Spachtel und Arbeitsanzug hätten diese jeweils selbst gebracht. Der Ausländer PS habe angegeben, den von ihm unterschriebenen Vertrag nicht genau gelesen und nicht so genau verstanden zu haben. Dem angefochtenen Bescheid sind die Feststellungen zu entnehmen, dass das Arbeitsentgelt für die beiden Ausländer nach Quadratmetern verspachtelter Fläche berechnet wurden, im Fall des ZO sei im Erhebungsbogen auch eine tägliche Arbeitszeit eingetragen. Über den Inhalt des von ihnen auf einem Vertragsmuster unterfertigten Vertrag hätten die beiden Arbeitskräfte nicht Bescheid gewusst. Vertragsinhalt seien untergeordnete Hilfstätigkeiten.
Die Ausländer hätten jeweils einen Auszug aus dem Gewerberegister vorgelegt, mit dem Gewerbe "Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten unter Ausschluss jeder einem reglementierten Gewerbe vorbehaltenen Tätigkeit", es lägen für die Ausländer aber weder steuerliche noch sozialversicherungsrechtliche Meldungen vor.
Die belangte Behörde qualifizierte die Verwendung der beiden Ausländer durch die vom Beschwerdeführer vertretene GmbH als arbeitnehmerähnliche Beschäftigung und daher als Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG. Dem Beschwerdeführer sei schweres Verschulden vorzuwerfen, er sei einschlägig vorbestraft.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellungen der belangten Behörde, dass die angeführten polnischen Arbeitskräfte in den angeführten Zeiträumen die festgestellten Arbeitsleistungen für die von ihm vertretene GmbH erbracht haben. Er bestreitet auch die übrigen Feststellungen der belangten Behörde nicht in wesentlicher Hinsicht, insbesondere nicht die Entlohnung nach Quadratmetern, die Kontrolle der von den Arbeitskräften verrichteten Arbeit. Dass die Ausländer für die Dauer von einigen Wochen für das von ihm vertretene Unternehmen tätig gewesen sind, wird vom Beschwerdeführer ebenso wenig bestritten wie der Umstand, dass es sich bei der Tätigkeit der Ausländer um Hilfsarbeiten bzw. um einfache manipulative Tätigkeiten gehandelt hat.
Er hält den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde keine ausreichend konkreten Feststellungen getroffen habe, und nicht berücksichtigt habe, dass die Ausländer über eine eigene Gewerbeberechtigung verfügt hätten.
Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, die Feststellungen der belangten Behörde sind im vorliegenden Fall noch ausreichend. Auch wenn die Ausländer über Gewerbeberechtigungen verfügten, so ist nicht dieser Umstand, sondern allein der wirtschaftliche Gehalt ihrer Tätigkeit für das vom Beschwerdeführer vertretene Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 4 AuslBG für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung vorlag, von Bedeutung. In diesem Zusammenhang vertritt die belangte Behörde den Standpunkt, dass die Ausländer hier nicht in Erfüllung von Werkverträgen bei der Ausübung eines selbständigen Gewerbes, sondern als arbeitnehmerähnlich Beschäftigte tätig waren. Dies ist im Hinblick darauf nicht als rechtswidrig zu erachten, weil ein abgrenzbares, gewährleistungstaugliches Werk für jeden der Ausländer im vorliegenden Fall nicht zu ersehen ist und auch nicht konkret behauptet wurde. Auch hat die belangte Behörde ohne Widerspruch darauf hingewiesen, dass weder steuerliche noch sozialversicherungsrechtliche Hinweise auf die Ausübung eines selbständigen Gewerbes vorlagen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2011/09/0095, unter Hinweis auf seine Rechtsprechung mit Bezug auf eine ganz ähnliche Tätigkeit von Ausländern Folgendes ausgeführt:
"Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher und/oder wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/09/0190, mwN).
Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art 'beweglichem System', in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/09/0187).
Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, dass eine Konkretisierung im 'Nachhinein' ausreiche - im Vorhinein genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein 'gewährleistungstauglicher' Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten 'Ziels' auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0003, mwN).
Schon deshalb, weil sich nicht einmal entnehmen lässt, ob es sich überhaupt bei der behaupteten Vergabe an die Ausländer um ein abgrenzbares, unterscheidbares 'gewährleistungstaugliches' Werk zu dem von der B GmbH herzustellenden Werk handelt, die Ausländer gemeinsam mit einem legal Bediensteten der …GmbH ununterscheidbar zusammenarbeiteten, geschweige denn eine Abgrenzbarkeit der von den Ausländern zu verrichtenden Tätigkeiten untereinander im Vorhinein möglich war, kann die Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig angesehen werden, dass die Behauptung des Bestehens eines Werkvertrages zwischen der … GmbH und den Ausländern nicht dem wahren wirtschaftlichen Gehalt entspreche. …
Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in zahlreichen ähnlich gelagerten Fällen ausgesprochen, dass derartige Arbeiten wie die in den obigen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde beschriebenen Arbeiten, die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf im Zusammenwirken mit anderen Arbeitern erbracht werden müssen, kein selbständiges Werk darstellen können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/09/0183, mwN).
Hinzu kommt, dass es sich bei der gegenständlichen Tätigkeit der Ausländer ('Spachtelarbeiten') nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs. 4 AuslBG) um Hilfsarbeiten bzw. einfache manipulative Tätigkeiten handelt. Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei Hilfsarbeiten wie den gegenständlichen der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/18/0129, mwN)"
Diese Beurteilung gilt im Wesentlichen mutatis mutandis auch im vorliegenden Fall.
Auch die Strafzumessung begegnet im vorliegenden Fall keinen Bedenken, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
TAAAE-75833