VwGH 05.12.2013, 2012/17/0237
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Das Vorliegen von - nach Auffassung der Behörde - ausreichenden und eindeutigen Beweisergebnissen für die Annahme einer bestimmten Tatsache rechtfertigt es nicht, die Einvernahme der zum Beweis des Gegenteils geführten Zeugen zu unterlassen. Die Behörde muss sich vielmehr durch Aufnahme des beantragten Beweises und Würdigung des Beweisergebnisses eine nachvollziehbare Überzeugung davon verschaffen, welche der möglicherweise voneinander abweichenden Darstellungen glaubwürdig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl 2011/23/0270 uva.). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des U F in W, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zl. UVS- 1-1154/E2-2011, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, 2 und 3, § 4 und § 3 Glücksspielgesetz ( GSpG) schuldig erkannt, weil er es als Einzelunternehmer zu verantworten habe, dass in einem Lokal in Bregenz unter Verwendung eines Glücksspielgeräts - eines Geldwechselautomaten mit einer zusätzlichen Glücksspielfunktion in Form eines Glücksrades ("Fun Wechsler") - verbotene Ausspielungen veranstaltet worden seien. Über den Beschwerdeführer wurde aus diesem Grund eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden festgesetzt.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, beim Gerät "Fun-Wechsler" handle es sich um einen Geldwechselautomat mit einer zusätzlichen Glücksspielfunktion in Form eines elektronischen Glücksrades. Die Entscheidung über Gewinn und Verlust hänge von Zufall ab und werde vom Automat selbständig herbeigeführt, weshalb es sich bei dem Gerät "Fun-Wechsler" um einen Glücksspielapparat handle. Die Aktivierung der Glücksspielfunktion könne durch vorheriges Geldwechseln oder durch bloßen Münzeinwurf erfolgen. Nach Spielbeginn leuchte auf einem Symbolkreis ein Zeichen auf, das entweder eine Zahl oder eine Note zeige. Das Aufscheinen des Notenzeichens bedeute den Verlust des Einsatzes und es könne eine Melodie abgespielt werden. Bei Aufleuchten einer Zahl könne nach Einwurf einer weiteren Münze der aufleuchtende Betrag lukriert werden.
In rechtlicher Hinsicht folgerte die belangte Behörde, es sei im vorliegenden Fall - in Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - zu Recht vom Vorliegen eines Eingriffs in das Glücksspielmonopol des Bundes ausgegangen worden. Auf die Einvernahme des Zeugen A M habe verzichtet werden können, weil es sich bei der Beantwortung der Frage, ob mit dem "Fun Wechsler" ins Glücksspielmonopol eingegriffen werden könne, um eine Rechtsfrage handle, die einem Zeugenbeweis nicht zugänglich sei.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Insbesondere führt die Beschwerde aus, der Zeuge A M sei zum Beweis dafür beantragt worden, dass seit einem Austausch der Platine am mit dem gegenständlichen Gerät nur Geld gewechselt oder Musikstücke abgerufen werden könnten. Die Behörde habe sich mit dem Vorbringen und den Beweisanboten des Beschwerdeführers, eine Ausspielung sei mit diesem Gerät nach Änderung der Platinen wegen fehlender Inaussichtstellung eines Gewinnes nicht mehr möglich gewesen, nicht auseinandergesetzt. Hätte die belangte Behörde die angebotenen Beweismittel aufgenommen, hätte dies zu der Feststellung geführt, dass das Gerät lediglich eine Wechselfunktion bzw. das Abspielen von Musik angeboten habe.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor. Auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde verzichtet.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das Vorliegen von - nach Auffassung der Behörde - ausreichenden und eindeutigen Beweisergebnissen für die Annahme einer bestimmten Tatsache rechtfertigt es nicht, die Einvernahme der zum Beweis des Gegenteils geführten Zeugen zu unterlassen. Die Behörde muss sich vielmehr durch Aufnahme des beantragten Beweises und Würdigung des Beweisergebnisses eine nachvollziehbare Überzeugung davon verschaffen, welche der möglicherweise voneinander abweichenden Darstellungen glaubwürdig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl 2011/23/0270 uva.).
Zwar ist die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels der Unterlassung der Einvernahme eines Zeugen davon abhängig, ob der Zeuge zu einem "wesentlichen Thema" namhaft gemacht worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/02/0335). Der belangten Behörde ist darin zuzustimmen, dass es sich bei der Frage, ob eine festgestellte Funktionsweise eines Gerätes einen Eingriff in das Glücksspielmonopol darstellt oder nicht, um eine Rechtsfrage handelt. Die Begründung der belangten Behörde für die Unterlassung der Einvernahme des vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen A M, das im Zusammenhang mit dem Zeugenantrag vorgebrachte Beweisthema sei lediglich eine solche Rechtsfrage, ist jedoch nicht tragfähig: Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Berufungsverhandlung vom den Zeugen A M zum Beweis dafür beantragt, dass mit dem gegenständlichen Gerät wegen dessen Adaptierung unter Anleitung eines Sachverständigen nach dem nur noch ausschließlich Musikstücke hätten abgespielt werden können und alternativ keine Gewinnchance mehr eröffnet worden sei. Das vom Beschwerdeführer erstattete Vorbringen betrifft entgegen der Ansicht der belangten Behörde eine (strittige) Tatsachenfrage, nämlich die Funktionsweise des Gerätes, weswegen die belangte Behörde die Einvernahme des Zeugen zu Unrecht unterließ.
Der von der Beschwerde vorgebrachte Verfahrensmangel ist daher geeignet, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuzeigen, weshalb dieser gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Beweismittel Zeugenbeweis Ablehnung eines Beweismittels |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2013:2012170237.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAE-75804