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VwGH vom 20.02.2018, Ra 2017/20/0314

VwGH vom 20.02.2018, Ra 2017/20/0314

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, über die Revision des D H in I, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. L512 2157082- 1/3E, betreffend Abweisung einer Säumnisbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am einen Antrag auf internationalen Schutz. Nach Durchführung der Erstbefragung am wurde sein Asylverfahren vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am durch Aushändigung einer Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) zugelassen und der Verfahrensakt an das BFA zur Durchführung des weiteren Asylverfahrens übermittelt.

2 Am erhob der Revisionswerber Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde), die dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am vorgelegt wurde.

3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das BVwG die Säumnisbeschwerde gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 8 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet ab. Zudem sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 In seiner Begründung ging das BVwG - mit Verweis auf bis 0004 - davon aus, dass vor dem Hintergrund einer nicht vorhersehbaren Überlastung aufgrund eines "Massenzustroms an Asylwerbern" dem BFA kein überwiegendes Verschulden an der nicht fristgerechten Erledigung des Antrags des Revisionswerbers auf internationalen Schutz vorzuwerfen sei.

5 In der dagegen erhobenen Revision wird zur Zulässigkeit ua. als Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geltend gemacht, dass das BVwG das Erkenntnis , nicht berücksichtigt und damit übersehen habe, dass die Beurteilung des Vorliegens einer relevanten Säumnis der Behörde im Lichte der am in Kraft getretenen Verlängerung der Entscheidungsfrist von sechs auf fünfzehn Monate aufgrund der Neueinführung von § 22 Abs. 1 AsylG 2005 mit BGBl. I Nr. 24/2016 zu beurteilen sei. Der Gesetzgeber habe in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung seit 2014 die Entscheidungsfrist in Asylverfahren auf fünfzehn Monate verlängert. In den Gesetzesmaterialien sei die Verlängerung ausdrücklich mit der Belastungssituation ab 2014 begründet worden. Daraus folge, dass die vom Gesetzgeber bereits berücksichtigten tatsächlichen Umstände keine längere Entscheidungsfrist als fünfzehn Monate rechtfertigten könnten. Eine längere Entscheidungsfrist könne somit nur durch zusätzliche Umstände gerechtfertigt werden. Solche lägen aber im vorliegenden Fall nicht vor.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision nach Vorlage derselben und der Verfahrensakten durch das BVwG und nach Einleitung des Vorverfahrens - eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

7 Die Revision ist zulässig. Sie ist auch begründet. 8 Zunächst ist festzuhalten, dass der Revisionswerber nach

den vorgelegten Verfahrensakten den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz am gestellt und auch eingebracht hat.

9 § 22 Abs. 1 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 trat gemäß § 75 Abs. 15 erster Satz AsylG 2005 am in Kraft.

10 Demnach war die der Behörde nach der zuvor allein maßgeblichen Rechtslage des § 73 Abs. 1 AVG eingeräumte Entscheidungsfrist von sechs Monaten bereits mit abgelaufen.

11 Es kann hier dahinstehen, ob der Gesetzgeber mit der Anordnung des § 22 Abs. 1 AsylG 2005 auch jene Verfahren erfassen wollte, die am noch anhängig waren und in denen zu diesem Zeitpunkt die Entscheidungsfrist des § 73 Abs. 1 AVG bereits abgelaufen, und in denen noch keine Säumnisbeschwerde erhoben worden war. Im gegenständlichen Fall waren zum Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde am seit der Antragstellung am jedenfalls mehr als fünfzehn Monate vergangen.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits im Erkenntnis , Ra 2017/20/0133, mit der auch hier maßgeblichen Rechtslage näher auseinandergesetzt. Dabei legte der Gerichtshof dar, dass entsprechend der Intention des Gesetzgebers trotz der durch den starken Zustrom Schutzsuchender hervorgerufenen Belastung der Asylbehörde die Erledigung eines Antrags auf internationalen Schutz grundsätzlich binnen fünfzehn Monaten zu erfolgen hat. Davon ausgehend kann die (auch im vorliegenden Fall angesprochene) Überlastung des BFA aufgrund der hohen Zahl an Asylanträgen im Jahr 2015 allein keinesfalls als geeignet angesehen werden, eine längere Verfahrensdauer als fünfzehn Monate zu rechtfertigen. Davon, dass die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde im Sinn des § 8 Abs. 1 VwGVG zurückzuführen wäre, kann diesfalls ohne Hinzutreten weiterer Gründe nicht (mehr) gesprochen werden (vgl. ). Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des oben zitierten hg. Erkenntnisses vom gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

13 Die vom BVwG angeführten Gründe sind nicht geeignet darzulegen, dass die Verzögerung an einer Entscheidung über den Antrag des Revisionswerbers gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen wäre.

14 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

15 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am