VwGH vom 16.09.2010, 2010/09/0080

VwGH vom 16.09.2010, 2010/09/0080

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der DH in W, vertreten durch Dr. Herbert Heigl und Mag. Willibald Berger, Rechtsanwälte in 4614 Marchtrenk, Linzer Straße 11, sowie durch Dr. Georg Lehner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Südtirolerstraße 12a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-251926/7/Kü/Th, betreffend Bestrafung nach dem AuslBG (weitere Parteien:

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Beschwerdeführerin - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - schuldig erkannt, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der A.-GmbH in W. zu verantworten, dass bei diesem Unternehmen in W. in näher angeführten Zeiträumen in den Jahren 2007 und 2008 der bulgarische Staatsangehörige N.D. und der polnische Staatsangehörige C.K. als Lagerarbeiter sowie die bulgarische Staatsangehörige D.I. als Reinigungskraft beschäftigt worden seien, obwohl für diese keine der im Einzelnen näher genannten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Die Beschwerdeführerin habe dadurch drei Übertretungen gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über die Beschwerdeführerin (gestaffelt nach der Dauer der Beschäftigung der drei ausländischen Arbeitskräfte) drei Geldstrafen in der Höhe von EUR 2.500,--, EUR 2.000,-- und EUR 1.500,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von 59,50 bzw. 42 Stunden) verhängt.

In ihrer Bescheidbegründung stellte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges im Wesentlichen fest, dass die S.- GmbH (mit Sitz in Österreich) im Mai 2007 der A.-GmbH, deren handelsrechtliche Geschäftsführerin die Beschwerdeführerin sei, die Verleihung von Lager- und Reinigungspersonal angeboten habe. Dieses Personal sollte bei der A.-GmbH zur Abdeckung von Arbeitsspitzen eingesetzt werden. Im September 2007 habe die A.- GmbH die S.-GmbH beauftragt, ab der Kalenderwoche 41/2007 bis zur Kalenderwoche 12/2008 benötigte Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen. In der Folge seien in den inkriminierten Tatzeiträumen der bulgarische Staatsangehörige N.D. und der polnische Staatsangehörige C.K. als Lagerarbeiter sowie die bulgarische Staatsangehörige D.I. als Reinigungskraft beschäftigt worden. Arbeitsmarktrechtliche Papiere für die Beschäftigung der ausländischen Staatsangehörigen seien dazu nicht vorgelegen.

Nach Zitierung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin die inkriminierten Verwaltungsübertretungen durch Inanspruchnahme überlassener Arbeitskräfte seitens der von der Beschwerdeführerin vertretenen Gesellschaft in objektiver Hinsicht erfüllt habe. Zur Bejahung der Vorwerfbarkeit der Verwaltungsübertretungen in subjektiver Hinsicht führte sie aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Die (Beschwerdeführerin) verantwortet sich damit, dass von der S.-GmbH mitgeteilt worden sei, dass die 3 ausländischen Staatsangehörigen über die erforderlichen Dokumente nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz verfügen. Dazu ist festzuhalten, dass gemäß dem Angebot vom von der S.-GmbH über den Verleih von Arbeitskräften mitgeteilt wurde, dass alle von ihnen zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte bei der Wiener Gebietskrankenkasse angemeldet und sozialversichert sind. Über arbeitsmarktrechtliche Papiere wurde demnach nichts mitgeteilt.

Zu dem ist festzuhalten, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () auch dann wenn zwischen dem Arbeitgeber und dem Überlasser der ausländischen Arbeitnehmer die Vereinbarung getroffen wurde, es seien nur mit den erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen ausgestattete und ordnungsgemäß angemeldete ausländische Arbeitskräfte für die Erfüllung des Subauftrages zu verwenden, so sind zur Sicherstellung der Einhaltung dieser Vereinbarung auch Kontrollen notwendig. Hat sich der Arbeitgeber jedoch nur die Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse nachweisen lassen, entsprechende Kontrollen betreffend das Vorliegen der Genehmigungen nach dem AuslBG aber unterlassen, kann nicht von einem mangelnden Verschulden des Arbeitgebers an den ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG ausgegangen werden. Die bloße Anmeldung eines ausländischen Arbeitnehmers bei der Gebietskrankenkasse sagt über das gleichzeitige Vorliegen der erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung nichts aus."

Im Weiteren legte die belangte Behörde ihre Strafbemessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof und Abtretung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG mit Beschluss vom , B 1409/09- 3, für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde, in welcher die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG gilt die Verwendung überlassener Arbeitskräfte als Beschäftigung. Den Arbeitgebern gleichzuhalten ist gemäß § 2 Abs. 3 lit. c leg. cit. in diesen Fällen auch der Beschäftiger der überlassenen Arbeitskräfte, das ist nach § 3 Abs. 3 AÜG derjenige, der Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.

Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass die drei ausländischen Arbeitskräfte von der S.-GmbH der A.-GmbH (beide Unternehmen mit Sitz in Österreich) überlassen wurden und in den inkriminierten Tatzeiträumen in den Jahren 2007 und 2008 die angeführten Tätigkeiten bei der A.-GmbH ausgeübt haben.

In der Beschwerde wird im Wesentlichen eingewendet, dass im Anbot der S.-GmbH vom ausdrücklich darauf verwiesen worden sei, dass alle von ihr zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte bei der Wiener Gebietskrankenkasse angemeldet und sozialversichert seien. Für die Beschwerdeführerin sei nicht erkennbar gewesen, dass es sich bei den drei gegenständlichen überlassenen Arbeitskräften, die Dienstnehmer der S.-GmbH gewesen seien, um polnische bzw. bulgarische Staatsangehörige gehandelt habe. Mangels Kenntnis der Ausländereigenschaft habe daher für die Beschwerdeführerin keine Verpflichtung zur eigenständigen Kontrolle hinsichtlich des Vorliegens von Genehmigungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bestanden.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Die der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG (wozu auch die Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte gemäß § 2 Abs. 2 lit. e leg. cit. zählt) gehören zu den sogenannten "Ungehorsamsdelikten", da zu ihrer Strafbarkeit weder der Eintritt eines Schadens noch eine Gefahr erforderlich ist. In diesen Fällen hat im Sinne des zweiten Satzes des § 5 Abs. 1 VStG der Täter glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0290, und die dort wiedergegebene Judikatur). Die Beschwerdeführerin hätte daher zu ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung darzutun und glaubhaft zu machen gehabt, warum es ihr ohne ihr Verschulden unmöglich gewesen sei, sich den Anforderungen des AuslBG entsprechend zu verhalten, nämlich dafür Sorge zu tragen, dass eine dem Gesetz entsprechende Beschäftigung von Ausländern gewährleistet ist. Dabei hat in einem Unternehmen der mit der Einstellung neuer Arbeitnehmer Betraute dafür zu sorgen, dass nur Ausländer beschäftigt werden, die die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 AuslBG erfüllen. Zur Sicherstellung der Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben gehört auch die Einrichtung eines effizienten Kontrollsystems für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften, was etwa dann vorliegt, wenn vor Arbeitsaufnahme die Überprüfung der Arbeitspapiere erfolgt und die lückenlose Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen auf effektive Weise überwacht worden wäre. Dazu gehört im vorliegenden Fall etwa auch die Sicherstellung, dass allfällige Weisungen an beauftragte Mitarbeiter zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften auch eingehalten und deren Einhaltung überprüft werden. Eine derartige Kontrolle ist jedem Arbeitgeber zumutbar. Insofern die Beschwerdeführerin vermeint, einem entschuldigenden Rechtsirrtum unterlegen gewesen zu sein, ist ihr auch entgegenzuhalten, dass eine irrige Gesetzesauslegung bzw. Missdeutung gesetzlicher Inhalte nur unter der Voraussetzung ein zu entschuldigender Rechtsirrtum ist, dass nach dem ganzen Verhalten der Beschuldigten angenommen werden muss, dass sie unverschuldet war, und dass sie das Unerlaubte ihres Verhaltens nicht einsehen konnte. Es besteht daher für den Arbeitgeber grundsätzlich die Verpflichtung, sich unter anderem auch mit den gesetzlichen Vorschriften betreffend die Ausländerbeschäftigung laufend vertraut zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/09/0126, mwN).

Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, sie habe nicht erkennen können, dass es sich um polnische bzw. bulgarische Staatsangehörige gehandelt habe, so übersieht sie, dass sie sich bis zum Arbeitsantritt durch Vorlegenlassen von Dokumenten Klarheit über die Identität und somit die Staatsangehörigkeit der Arbeitskräfte hätte verschaffen müssen (vgl. zur Vorlage von Dokumenten z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 98/09/0312, und vom , Zl. 2008/09/0208).

Im konkreten Fall hat sich die Beschwerdeführerin - wie von der belangten Behörde zutreffend aufgezeigt - zu Unrecht darauf gestützt, dass eine ausreichende Prüfung vom überlassenden Unternehmen erfolgt sei. Darüber hinaus wurden keinerlei Behauptungen ausgestellt, die eine wirksame Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG ergeben hätten.

Auf Grund des Vorliegens von Beschäftigungsverhältnissen im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG bei der A.-GmbH kann auch - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - § 28 Abs. 6 AuslBG nicht zum Tragen kommen, da sich diese Bestimmung nur auf Generalunternehmer (als Auftraggeber) bezieht und für deren Bestrafung - neben dem Beschäftiger (als Auftragnehmer) - die wissentliche Duldung der Verletzung der Bestimmungen des AuslBG voraussetzt.

Soweit die Beschwerdeführerin aus der erforderlichen Prüfung des Vorliegens von Dokumenten nach dem AuslBG seitens des Beschäftigers bei überlassenen Arbeitskräften eine unzulässige Diskriminierung ausländischer gegenüber inländischer Arbeitnehmer ableitet, kann ihr nicht gefolgt werden, wie auch für sie aus dem in der Beschwerde dazu herangezogenen , nichts zu gewinnen ist:

In diesem Erkenntnis hat der EuGH lediglich ausgesprochen, dass es gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt, wenn die Eintragung bestimmter Gesellschaften, an denen Angehörige der neuen Mitgliedstaaten beteiligt sind, im Firmenbuch von der vorherigen Feststellung der Selbständigkeit durch das Arbeitsmarktservice oder von der vorherigen Vorlage eines Befreiungsscheines anhängig gemacht wird. Er hat aber ausdrücklich festgehalten, dass eine Überprüfung, ob bestimmte Tätigkeiten tatsächlich selbständig oder doch im Rahmen einer unselbständigen Beschäftigung ausgeübt werden, zulässig ist (Rn. 40 des genannten Erkenntnisses).

Es liegt daher keine Zweifelsfrage vor; der Antrag der Beschwerdeführerin, der Verwaltungsgerichtshof möge gemäß Art. 234 EGV eine Entscheidung des EuGH "zu der Frage einholen, ob eine solche innerstaatliche Regelung mit Artikel 43 EG vereinbar ist", entbehrt daher einer rechtlichen Grundlage.

Auch mit dem übrigen Beschwerdevorbringen kann keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt werden:

Eine - wie hier - unselbständige Tätigkeit von Polen und Bulgaren in Österreich unterliegt grundsätzlich auch den Bestimmungen des AuslBG und ist nur im Rahmen der für die neuen Mitgliedstaaten geltenden Übergangsbestimmungen zur EU-Erweiterung gemäß § 32a AuslBG zulässig. Insofern in der Beschwerde unter dem Aspekt unzureichender Ermittlungen bzw. einer mangelhaften Bescheidbegründung erstmalig behauptet wird, dass hinsichtlich der drei Ausländer "die Voraussetzungen gemäß § 32a Abs. 2 AuslBG (für das vom Arbeitsmarktservice schriftlich zu bestätigende Recht zum Zugang zum Arbeitsmarkt) erfüllt sind", stellt dies eine unbeachtliche Neuerung dar. Die belangte Behörde war auch nicht dazu berufen, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 32a Abs. 2 AuslBG von Amts wegen zu prüfen, zumal sich dafür weder Hinweise in den vorgelegten Verwaltungsakten ergaben, noch die Beschwerdeführerin im gesamten Verwaltungsverfahren ein diesbezügliches Vorbringen erstattet hat.

Insgesamt hat die belangte Behörde daher mangels Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems zu Recht die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung der Beschwerdeführerin gemäß § 9 Abs. 1 VStG für die Beschäftigung der drei genannten Ausländer bejaht.

Gegen die Strafbemessung wird in der Beschwerde nichts vorgebracht; auch beim Verwaltungsgerichtshof sind keine Bedenken bezüglich ihrer Rechtmäßigkeit entstanden.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am