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VwGH vom 30.06.2010, 2008/08/0052

VwGH vom 30.06.2010, 2008/08/0052

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der E G in P, vertreten durch Dr. Heinrich Berger, Rechtsanwalt in 8600 Bruck/Mur, Schillerstraße 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. FA11A 61- 26n53/8-2007, betreffend Beitragsnachverrechnung nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 8010 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (der belangten Behörde) vom wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 410 Abs. 1 Z. 7 iVm § 44 Abs. 1, § 49 Abs. 1 und § 54 Abs. 1 ASVG verpflichtet, für die in der Beitragsnachverrechnungsanzeige vom angeführten Dienstnehmer die in dieser Anzeige ausgewiesenen allgemeinen Beiträge, Sonderbeiträge, Nebenumlagen und Zuschläge nach den jeweils angeführten Beitragsgrundlagen und für die jeweils näher bezeichneten Zeiten sowie Verzugszinsen in Höhe von insgesamt EUR 5.038,61 nachzuentrichten.

Die Beitragsnachverrechnungsanzeige vom bilde einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides. (Daraus geht ein Nachverrechnungszeitraum vom bis zum hervor.)

Die Beschwerdeführerin habe am den Gewerbeschein für das freie Gewerbe der Büromaschinenvermietung erworben und sei seit diesem Zeitpunkt Mitglied der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Steiermark. Für die Bezahlung der Gehälter der Dienstnehmer der Beschwerdeführerin sei der "Handelskollektivvertrag" herangezogen worden.

In der Beitragsnachverrechnung seien die Dienstnehmer der Beschwerdeführerin aber nach dem Kollektivvertrag der Angestellten des allgemeinen Gewerbes in die Beschäftigungsgruppe 3 eingereiht worden, wobei das erste Jahr als Einarbeitungszeit anerkannt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe - obwohl sie hiefür keine Gewerbeberechtigung besitze - mit ihren Angestellten die Lohnverrechnung für verschiedene Unternehmen durchgeführt. Es sei ihr (selbst wenn sie die genannte Gewerbeberechtigung hätte) mangels abgelegter Fachprüfung nach dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG) und damit mangels Befähigungsnachweises nicht gestattet, Auftraggeber vor den entsprechenden Behörden zu vertreten und Mehrleistungen, welche über die reine Lohnverrechnung hinausgingen, zu erbringen. Sie sei nicht Mitglied der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und besitze nicht die Berechtigung zur Ausübung des (dort geregelten) Berufsbildes "Selbständiger Buchhalter". Sie erfülle (mit ihrer tatsächlich ausgeübten Tätigkeit) das Berufsbild des gewerblichen Buchhalters.

Strittig sei, ob der Kollektivvertrag für Angestellte des allgemeinen Gewerbes oder der "Kollektivvertrag der Wirtschaftstreuhänder" Anwendung finde.

Für die Kollektivvertragsunterworfenheit sei die faktische Mitgliedschaft des Arbeitgebers bei einer bestimmten "Handelskammerorganisation" entscheidend. Betreibe ein Arbeitgeber jedoch neben einem Gewerbe, für das eine aufrechte Gewerbeberechtigung bestehe, unbefugt ein anderes Gewerbe, so fingiere § 2 Abs. 13 Gewerbeordnung 1994 die Geltung des für dieses Gewerbe geltenden Kollektivvertrags. Diese Gesetzesstelle müsse als weiterer Tatbestand und besonderer Fall der Kollektivvertragsangehörigkeit iSd § 8 ArbVG verstanden werden.

Gemäß Punkt I des Kollektivvertrages für Angestellte bei Wirtschaftstreuhändern gelte dieser räumlich für das gesamte Bundesgebiet, fachlich für sämtliche Mitglieder der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und persönlich für alle Dienstnehmer, für die das Angestelltengesetz gelte. Gemäß § 1 Abs. 1 WTBG sei u. a. der Beruf "Selbständiger Buchhalter" ein Wirtschaftstreuhandberuf. Gemäß § 2 Abs. 1 WTBG sei es dem zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes "Selbständiger Buchhalter" Berechtigten vorbehalten, bestimmte (im Bescheid näher ausgeführte) Tätigkeiten auszuüben. Gemäß § 163 Abs. 2 WTBG seien ordentliche Mitglieder der Kammer der Wirtschaftstreuhänder all jene, die durch Bestellung oder Anerkennung zur selbständigen Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes berechtigt seien. Die Beschwerdeführerin könne das Berufsbild eines "Selbständigen Buchhalters" nicht erfüllen. Wesentliche Voraussetzungen, wie die Möglichkeit der Vertretung vor Behörden oder die Erstellung von Bilanzen, seien nicht gegeben. Sie sei nicht Mitglied der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und könne die Kompetenzen, die für einen "Selbständigen Buchhalter" nach dem WTBG zum Berufsbild desselben gehörten, nicht ausüben. Das WTBG sei hier nicht anzuwenden, ebenso wenig der Kollektivvertrag für Angestellte der Wirtschaftstreuhänder.

Gemäß § 102 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 (idF BGBl. I Nr. 111/2002) bedürfe es für bestimmte (im Bescheid näher ausgeführte) Buchhaltungstätigkeiten einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Buchhaltung. Gewerbliche Buchhalter seien zum Abschluss von Büchern (Erstellen von Bilanzen), ausgenommen im Rahmen der Einnahmen- und Ausgabenrechnung, und zur Vertretung ihrer Auftraggeber vor Behörden nicht berechtigt. Wesentliche Tätigkeitsfelder der Dienstnehmer der Beschwerdeführerin seien sozialversicherungsrechtliche und lohnsteuerrechtliche Abrechnungen, die Erstellung von Lohnkonten, Lohnlisten und Lohnzetteln, die Aufbuchung von Belegen auf die Konten sowie die Erstellung von Saldenlisten bis zur Bilanzvorbereitung.

Der Tätigkeitsbereich der Beschwerdeführerin entspreche dem § 102 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994. Der Kollektivvertrag für Angestellte des allgemeinen Gewerbes sei (iSd § 2 Abs. 13 Gewerbeordnung 1994) anwendbar. Die Verwendungsgruppe 3 des Kollektivvertrages für Angestellte des allgemeinen Gewerbes "sehe als Tätigkeitsmerkmale im kaufmännischen und administrativen Bereich Bürokräfte im Buchhaltungsbereich vor" und betreffe somit die einfache Buchhaltung. Diese Einstufung durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse sei ohnehin sehr niedrig angesetzt, zumal die Verwendungsgruppe 5 des angeführten Kollektivvertrages auch den Bereich der Bilanzbuchhaltung im kaufmännischen Bereich umfasse und dies den von der Beschwerdeführerin angeführten Tätigkeitsbereichen als "Selbständige Buchhalterin" näher kommen würde.

Es sei auf § 2 Abs. 13 Gewerbeordnung 1994 zu verweisen. Daher komme der Kollektivvertrag für das allgemeine Gewerbe zur Anwendung. Zum Einwand der Beschwerdeführerin, dass der anwendbare Kollektivvertrag so zu bestimmen sei, als hätte der Arbeitgeber die notwendige Berechtigung (zur Ausübung des Berufes "Selbständiger Buchhalter" iSd WTBG), sei auszuführen, dass die Beschwerdeführerin auf Grund der mangelnden Berechtigungen die Tätigkeiten eines "Selbständigen Buchhalters" für die Erstellung der Bilanzen oder Vertretungen vor Behörden nicht durchführen könne und deshalb das Berufsbild "Selbständiger Buchhalter" nicht gegeben sei, sehr wohl aber das Berufsbild eines gewerblichen Buchhalters.

Da die in der Beitragsnachverrechnungsanzeige angeführten Dienstnehmer nach dem Kollektivvertrag für Angestellte des allgemeinen Gewerbes einzustufen seien, sei für die Bemessungsgrundlage nicht das tatsächlich vereinbarte Entgelt anzusetzen, sondern der höhere Entgeltanspruch nach dem genannten Kollektivvertrag.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser hat mit Beschluss vom , B 1770/07-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für die Bemessung der allgemeinen Beiträge iSd § 44 iVm § 49 Abs. 1 ASVG ist nicht lediglich das im Beitragszeitraum (hier: bis ) an die pflichtversicherten Dienstnehmer tatsächlich gezahlte Entgelt maßgebend, sondern, wenn es das tatsächlich gezahlte Entgelt übersteigt, jenes Entgelt, auf dessen Bezahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch des pflichtversicherten Dienstnehmers bestand. Welcher Entgeltanspruch besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen. In jenen Fällen, in denen kollektivvertragliche Vereinbarungen in Betracht kommen, bildet zumindest das dem pflichtversicherten Dienstnehmer nach diesen Regelungen zustehende Entgelt die Beitragsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge. Dies unabhängig davon, ob der Dienstnehmer das ihm zustehende Entgelt vom Dienstgeber fordert bzw. ob ihm das zustehende Entgelt tatsächlich bezahlt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0225, mwN).

Gemäß § 3 Abs. 1 ArbVG können Bestimmungen in Kollektivverträgen, soweit sie die Rechtsverhältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern regeln, durch Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden. Sondervereinbarungen sind, sofern sie der Kollektivvertrag nicht ausschließt, nur gültig, soweit sie für den Arbeitnehmer günstiger sind oder Angelegenheiten betreffen, die im Kollektivvertrag nicht geregelt sind.

Gemäß § 8 Z. 1 ArbVG sind Kollektivvertragsangehörige, sofern der Kollektivvertrag nichts anderes bestimmt, innerhalb seines räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereiches u.a. die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer, die zur Zeit des Abschlusses des Kollektivvertrages Mitglieder der am Kollektivvertrag beteiligten Parteien waren oder später werden. Gemäß § 12 Abs. 1 ArbVG treten die Rechtswirkungen eines Kollektivvertrages auch für Arbeitnehmer eines kollektivvertragsangehörigen Arbeitgebers ein, die nicht kollektivvertragsangehörig sind (Außenseiter). Der maßgebende Kollektivvertrag ist unabhängig davon anwendbar, welche konkrete Tätigkeit der Arbeitnehmer im Betrieb des Dienstgebers ausgeübt hat.

Das Vorliegen einer Mitgliedschaft iSd § 8 Z. 1 ArbVG ist zunächst nach jenen Bestimmungen zu beurteilen, die den Mitgliedschaftserwerb bei dem Verband regeln, der am Kollektivvertragsabschluss beteiligt war. Bei den gesetzlichen Interessenvertretungen sind die Bestimmungen des die betreffende Interessenvertretung regelnden Gesetzes maßgebend (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0204). Bei der Mitgliedschaft zur Wirtschaftskammer handelt es sich um eine Pflichtmitgliedschaft, die bei Vorliegen der im § 2 Wirtschaftskammergesetz 1998 (WKG) genannten Voraussetzungen ohne eine darauf abzielende Willenserklärung ipso iure eintritt und die mit einer Entziehung der Gewerbeberechtigung durch die Behörde endet, ohne dass es dazu eines konstitutiven Akts der Wirtschaftskammer bedürfte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/08/0091).

Im vorliegenden Fall verfügte die Beschwerdeführerin unstrittig seit dem über einen Gewerbeschein für das freie Gewerbe der Büromaschinenvermietung, sie ist seit diesem Zeitpunkt Mitglied der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Steiermark (früher: "Handelskammer"). Ein Kollektivvertrag für diesen fachlichen Wirtschaftsbereich existiert den Feststellungen zufolge nicht.

Tatsächlich übt die Beschwerdeführerin nach den Feststellungen der belangten Behörde jedoch nicht das Gewerbe der Büromaschinenvermietung aus. Wesentliche Tätigkeitsfelder des Betriebs der Beschwerdeführerin waren die Erstellung von sozialversicherungsrechtlichen und lohnsteuerrechtlichen Abrechnungen, von Lohnkonten, Lohnlisten und Lohnzetteln, die Aufbuchung von Belegen auf die Konten sowie die Erstellung von Saldenlisten bis zur Bilanzvorbereitung. Daher ist § 2 Abs. 13 Gewerbeordnung 1994 in Betracht zu ziehen, der wie folgt lautet:

"(13) Für in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallende Tätigkeiten, die ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt werden, gelten die die Ausübung dieser Tätigkeit regelnden Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder von auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen sinngemäß. Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, die für Arbeitsverhältnisse zu Arbeitgebern gelten, welche ihre Tätigkeiten auf Grund von Gewerbeberechtigungen ausüben, haben auch für Arbeitsverhältnisse zu jenen Arbeitgebern Geltung, welche diese Tätigkeiten ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausüben."

Diese Sonderregelung über die Geltung von Normen der kollektiven Rechtsgestaltung ist nur für Tätigkeiten vorgesehen, die in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung 1994 fallen. Eine dem § 2 Abs. 13 Gewerbeordnung 1994 entsprechende Regelung ist für den Bereich des WTBG nicht vorhanden. Die Beschwerdeführerin war auch nie Mitglied der Kammer für Wirtschaftstreuhänder iSd §§ 163 ff WTBG. Daher kommt eine Anwendung des Kollektivvertrages für Angestellte der Wirtschaftstreuhänder auf die bei der Beschwerdeführerin beschäftigten Dienstnehmer nicht in Frage. Darauf, dass die Tätigkeit der Beschwerdeführerin nicht jener eines gewerblichen Buchhalters, sondern auch der eines selbständigen Buchhalters (iSd § 1 Abs. 1 Z. 4 WTBG) entsprechen würde, kommt es daher nicht an.

Zu prüfen bleibt iSd § 2 Abs. 13 Gewerbeordnung 1994, ob die von der Beschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeiten zeitraumbezogen in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung 1994 gefallen sind. Gemäß § 124 Z. 2a Gewerbeordnung 1994 idF BGBl. I Nr. 59/1999 (Geltungszeitraum bis zum ) zählte das Gewerbe der Buchhalter (§ 134a) zu den nicht bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben. Gemäß § 134a Abs. 1 leg. cit. bedurfte es für die pagatorische Buchhaltung (Geschäftsbuchhaltung) einschließlich der Lohnverrechnung und der Erstellung der Saldenlisten für Betriebe im Rahmen der doppelten Wertgrenzen des § 125 der Bundesabgabenordnung und der Einnahmen- und Ausgabenrechnung iSd § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 einer Gewerbeberechtigung für das gebundene Gewerbe der Buchhalter.

Mit Wirksamkeit ab wurde das "Gewerbe der Buchhaltung" zu einem reglementierten Gewerbe (§ 94 Z. 9 Gewerbeordnung 1994 idF BGBl. I Nr. 111/2002).

§ 102 Gewerbeordnung 1994 in der ab geltenden Fassung BGBl. I Nr. 111/2002 lautete:

"§ 102. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Buchhaltung (§ 94 Z 9) bedarf es für die pagatorische Buchhaltung (Geschäftsbuchhaltung) einschließlich der Lohnverrechnung und der Erstellung der Saldenlisten für Betriebe im Rahmen der doppelten Wertgrenzen des § 125 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 9/1998, und der Einnahmen- und Ausgabenrechnung im Sinne des § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988. Gewerbliche Buchhalter sind zum Abschluss von Büchern (Erstellung von Bilanzen), ausgenommen im Rahmen der Einnahmen- und Ausgabenrechnung, und zur Vertretung ihrer Auftraggeber vor Behörden nicht berechtigt.

(2) Buchhalter haben sich im geschäftlichen Verkehr, auf Geschäftspapieren, auf Druckschriften und Verlautbarungen sowie in der äußeren Geschäftsbezeichnung und in sonstigen Ankündigungen als "Gewerbliche Buchhalter" zu bezeichnen."

§ 102 der Gewerbeordnung 1994 in der ab geltenden Fassung BGBl. I Nr. 49/2004 (Entfall der Wertgrenzenbeschränkung) lautete schließlich:

"§ 102. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Buchhaltung (§ 94 Z 9) bedarf es für die pagatorische Buchhaltung (Geschäftsbuchhaltung) einschließlich der Lohnverrechnung und der Erstellung der Saldenlisten für Betriebe, und der Einnahmen- und Ausgabenrechnung im Sinne des § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988. Gewerbliche Buchhalter sind zum Abschluss von Büchern (Erstellung von Bilanzen), ausgenommen im Rahmen der Einnahmen- und Ausgabenrechnung, und zur Vertretung ihrer Auftraggeber vor Behörden nicht berechtigt.

(2) Buchhalter haben sich im geschäftlichen Verkehr, auf Geschäftspapieren, auf Druckschriften und Verlautbarungen sowie in der äußeren Geschäftsbezeichnung und in sonstigen Ankündigungen als "Gewerbliche Buchhalter" zu bezeichnen."

Im gesamten strittigen Zeitraum der Jahre 2001 bis 2004 fielen die von der Beschwerdeführerin tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten (sozialversicherungsrechtliche und lohnsteuerrechtliche Abrechnungen, Erstellung von Lohnkonten, Lohnlisten und Lohnzettel, Aufbuchung von Belegen auf die Konten, Erstellung von Saldenlisten bis zur Bilanzvorbereitung) daher in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung 1994, ohne dass sie die erforderliche Gewerbeberechtigung besessen hat.

Es sind daher die für Arbeitgeber mit entsprechender Gewerbeberechtigung maßgebenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung festzustellen, die gemäß § 2 Abs. 13 zweiter Satz Gewerbeordnung 1994 auch für die Dienstnehmer der Beschwerdeführerin anzuwenden sind. Die Beschwerdeführerin wendet sich der Sache nach - wie schon im Verwaltungsverfahren - gegen die Anwendbarkeit des Kollektivvertrages für das allgemeine Gewerbe. Ihre Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt:

Der Grundsatz "iura novit curia" ist auf einen Kollektivvertrag nicht anzuwenden (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/08/0078, mwN). Die belangte Behörde hat keinerlei Feststellungen über den Geltungsbereich und den Inhalt des von ihr für die Beurteilung des Anspruchslohnes herangezogenen Kollektivvertrages getroffen und den Inhalt des Kollektivvertrages für das allgemeine Gewerbe auch nicht aktenkundig gemacht. Daher vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu beurteilen, ob es sich dabei um jenen Kollektivvertrag handelt, der für die Arbeitsverhältnisse zu Arbeitgebern gilt, welche ihre Tätigkeiten auf Grund einer Gewerbeberechtigung ausüben, die die Beschwerdeführerin für die Ausübung der in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung 1994 fallenden Tätigkeiten benötigt hätte.

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Ein Ersatz für Eingabegebühren war wegen der sachlichen Abgabefreiheit (vgl. § 110 ASVG) nicht zuzusprechen. Der durch Verordnung pauschaliert festgesetzte Schriftsatzaufwand deckt die anfallende Umsatzsteuer, sodass das auf deren Ersatz gerichtete Begehren ebenfalls abzuweisen war.

Wien, am