TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 18.11.2009, 2008/08/0039

VwGH vom 18.11.2009, 2008/08/0039

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der Tiroler Gebietskrankenkasse in Innsbruck, vertreten durch Ullmann - Geiler & Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien Straße 17-19, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom , Zl. Vd-SV-1001-9-9/4/Ko, betreffend Zusatzbeitrag gemäß § 51d ASVG (mitbeteiligte Partei: CS, H), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom hat die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse den Mitbeteiligten verpflichtet, einen Zusatzbeitrag für Angehörige im Zeitraum vom bis und vom bis in der Höhe von EUR 112,93 zu bezahlen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Ehegattin des Mitbeteiligten sei seit bei dem Mitbeteiligten mitversichert. In dem im Spruch genannten Zeitraum sei die Ehegattin des Mitbeteiligten weder nach dem ASVG noch nach einem anderen Bundesgesetz krankenversichert gewesen. Sie habe sich weder in dieser Zeit noch in der Vergangenheit durch zumindest vier Jahre hindurch der Erziehung eines oder mehrerer im gemeinsamen Haushalt lebender Kinder gewidmet. Der Versicherte und auch die Ehegattin des Mitbeteiligten beziehe kein Pflegegeld zumindest in der Höhe der Pflegestufe 4. Der Mitbeteiligte sei im gegenständlichen Zeitraum bei der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse versichert gewesen. Ein gesetzlicher Ausnahmegrund für die Abstandnahme der Vorschreibung eines Zusatzbeitrages liege nicht vor. Das Nettoeinkommen 2005 des Mitbeteiligten liege über dem Ausgleichszulagenrichtsatz für Ehepaare. Eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit sei nicht gegeben. Bei der Beurteilung der Befreiung vom Zusatzbeitrag auf Grund des Nichtüberschreitens des Ehepaarausgleichszulagenrichtsatzes sei die jeweils aktuelle Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes (hier: 2007) auf die Beitragsgrundlage des zweitvorangegangenen Kalenderjahres (hier: 2005) anzuwenden. Für die Berechnung des Zusatzbeitrages sei das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres als Beitragsgrundlage heranzuziehen. § 51d ASVG verweise in diesem Zusammenhang auf § 21 AlVG. Da alle für die Beiträge zur Pflichtversicherung in der Krankenversicherung geltenden Rechtsvorschriften anzuwenden und Krankenversicherungsbeiträge auch von Sonderzahlungen zu entrichten seien, seien in die Berechnung der Beitragsgrundlage neben der allgemeinen Beitragsgrundlage auch die Sonderzahlungsanteile einzubeziehen gewesen. Die monatliche Beitragsgrundlage für den Zusatzbeitrag für Angehörige betrage daher für das Jahr 2007 EUR 1.633,44.

Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Einspruch. Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde diesem Einspruch stattgegeben, der erstinstanzliche Bescheid zur Gänze aufgehoben und festgestellt, dass der Mitbeteiligte vom Zusatzbeitrag für Angehörige für die Zeiträume vom bis und vom bis auf Grund sozialer Schutzbedürftigkeit befreit ist.

Begründend wurde neben der Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die Ehegattin des Mitbeteiligten sei seit bei diesem mitversichert. Sie sei in den im Spruch genannten Zeiträumen nicht selbst krankenversichert gewesen. Der Mitbeteiligte habe nach den von ihm vorgelegten Lohnzetteln im Jänner 2007 EUR 1.502,31 netto, im April 2007 EUR 639,72 netto und im Mai 2007 EUR 1.010,09 netto verdient. Aus den Richtlinien des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger für die Befreiung vom Zusatzbeitrag für Angehörige 2005 (RZB 2005, amtliche Verlautbarungen Nr. 143/2005) ergebe sich, dass der Zusatzbeitrag für Angehörige nicht einzuheben sei, wenn das Nettoeinkommen des Versicherten den Ausgleichszulagenrichtsatz für Ehepaare nicht übersteige (§ 2 Z. 3 RZB 2005). Nach § 3 RZB 2005 könne in anderen als den in § 2 leg. cit. genannten Fällen eine Befreiung über Antrag des Versicherten bewilligt werden, wenn sich nach Prüfung der Umstände im Einzelfall eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit herausstelle. Einen derartigen Antrag habe der Mitbeteiligte nicht gestellt. Der Ausgleichszulagenrichtsatz für Ehepaare für das Jahr 2007 betrage EUR 1.091,14. Sowohl § 51d Abs. 4 ASVG als auch § 2 Z. 3 RZB 2005 seien im Präsens gefasst. Daraus ergebe sich, dass in beiden Bestimmungen auf das aktuelle Gehalt abgestellt werde und nicht, wie die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse vermeine, auf jenes, das zwei Jahre vorher bezogen worden sei. Die Berechnungsmethode des § 21 AlVG sei nur zur Berechnung der Höhe des Zusatzbeitrages an sich heranzuziehen, nicht aber zur Überprüfung, ob eine Befreiung vom Zusatzbeitrag zu gewähren sei. § 21 AlVG und die dort ausgeführten Berechnungsmethoden führten zur Berechnung eines Bruttomonatsgehaltes. Die RZB 2005 stellten aber auf das Nettoeinkommen ab. Die RZB hätten somit nicht § 21 AlVG als Grundlage, sonst wäre in ihnen von einem Bruttomonatsgehalt die Rede. Abgesehen davon dürfte ein Abstellen auf das Nettoeinkommen des vorvergangenen Jahres im Hinblick auf eine soziale Schutzbedürftigkeit von zweifelhafter Sinnhaftigkeit sein. Damit würde jede Rücksichtnahme auf eine aktuelle soziale Schutzbedürftigkeit auf Grund mangelnden Einkommens unmöglich gemacht. Andererseits würde unter Umständen eine Befreiung vom Zusatzbeitrag zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem keine soziale Schutzbedürftigkeit mehr vorliege. Wenngleich das Nettoeinkommen des Mitbeteiligten im Jänner 2007 in der Höhe von EUR 1.502,31 deutlich über dem Ausgleichszulagenrichtsatz für Ehepaare gelegen sei, so sei dennoch die Befreiung vom Zusatzbeitrag auszusprechen, da gemäß § 2 Z. 3 RZB 2005 auf das Nettoeinkommen nach § 292 ASVG abzustellen sei. Dort sei das Nettoeinkommen als Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge definiert. Wenn das Nettoeinkommen, wie im konkreten Fall, nicht das ganze Jahr bezogen werde, dann sei für die Berechnung das während der Zeit der Erzielung der Einkünfte entfallende durchschnittliche Einkommen heranzuziehen. Der Mitbeteiligte habe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum im Jänner und im April sowie im Mai 2007 Nettoeinkünfte in der Höhe von insgesamt EUR 3.335,73 erzielt. Das entspreche für den Zeitraum Jänner bis Mai 2007 einem monatlichen Durchschnittseinkommen von EUR 667,15. Da seine Frau über keine weiteren Einkünfte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum verfügt habe, habe der Mitbeteiligte den Ausgleichszulagenrichtsatz für Ehepaare in der Höhe von EUR 1.091,14 im verfahrensgegenständlichen Zeitraum unterschritten. Es sei ihm daher für diesen gesamten Zeitraum die Befreiung vom Zusatzbeitrag für Angehörige zuzusprechen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit den Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Die mitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse bringt im Wesentlichen vor, zur Berechnung der Beitragsgrundlage für Zusatzbeiträge für das Jahr 2007 sei gemäß § 51d Abs. 4 ASVG iVm § 21 AlVG auf die Einkommensverhältnisse des Jahres 2005 abzustellen. Die monatliche Beitragsgrundlage für den Zusatzbeitrag für Angehörige in der Höhe von EUR 1.633,44 übersteige jedoch den Ausgleichszulagenrichtsatz in der Höhe von EUR 1.091,14 für das die Vorschreibungszeiträume betreffende Jahr 2007. Daher seien die Voraussetzungen für die Befreiung vom Zusatzbeitrag nicht gegeben. Auch wenn man anstatt des Ausgleichszulagenrichtsatzes für das Jahr 2007 jenen für das Jahr 2005 heranzöge, käme man zur selben Beurteilung, da der Ausgleichszulagenrichtsatz für Ehepaare für das Jahr 2005 EUR 1.030,23 betragen habe. Die belangte Behörde habe es unterlassen, § 21 AlVG anzuwenden, der auf das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres abstelle. Aus der unmittelbaren Abhängigkeit der Höhe der vorzuschreibenden Zusatzbeiträge von der Beitragsgrundlage des Versicherten ergebe sich bereits ein Regulativ, das der sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten Rechnung trage. Würde man bei der Berechnung der Höhe des Zusatzbeitrages einerseits und der Beurteilung der Schutzbedürftigkeit andererseits auf unterschiedliche Zeiträume bzw. Einkommensverhältnisse abstellen, ergäbe sich ein nicht nachvollziehbarer Systembruch. Die Verwendung des Präsens in den gesetzlichen Bestimmungen ergebe sich aus einer grammatikalischen Notwendigkeit und nehme lediglich Bezug auf den Zeitpunkt der Berechnung bzw. der Beurteilung. Dem Verordnungsgeber der RZB stehe es nicht zu und er habe auch nicht intendiert, die ausdrückliche gesetzliche Anordnung des § 51d Abs. 1 ASVG, wonach bei der Ermittlung der Beitragsgrundlage § 21 AlVG sinngemäß anzuwenden sei, zu unterlaufen. Den Zweifeln der belangten Behörde an der Sinnhaftigkeit der von der beschwerdeführenden Partei vertretenen Rechtsansicht sei entgegenzuhalten, dass nur so ein konsistentes Berechnungssystem bezüglich Beitragshöhe und soziale Schutzbedürftigkeit zu gewährleisten sei. Im Übrigen sähen die RZB 2005 beispielsweise auch die Befreiung in besonderen Einzelfällen nach § 3 leg. cit. vor, sodass die soziale Schutzbedürfigkeit jedenfalls Berücksichtigung finden könne, soweit sich der Versicherte darauf berufe, was im vorliegenden Fall allerdings nicht geschehen sei. Selbst wenn man die Nettoeinkünfte in den vorschreibungsgegenständlichen Zeiträumen, also in den Monaten Jänner, April und Mai 2007 heranzöge, würde sich ergeben, dass das Nettoeinkommen den Ausgleichszulagenrichtsatz für Ehepaare überschreite und daher auch diesfalls die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Zusatzbeitrag nicht vorlägen. Dies treffe einerseits für Jänner 2007 zu als auch für die vorschreibungsgegenständlichen Monate Jänner, April und Mai. Die von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang vorgenommene Ermittlung des durchschnittlichen Einkommens in den Monaten Jänner bis Mai entbehre jeder gesetzlichen Grundlage. Der Ausgleichszulagenrichtsatz sei ein absoluter Betrag, mit dem das Nettoeinkommen verglichen werde. Eine Durchschnittsbetrachtung des Einkommens habe jedenfalls nicht zu erfolgen.

§ 51d ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 131/2006 lautet:

"Zusatzbeitrag für Angehörige

§ 51d. (1) Für Angehörige (§ 123) ist ein Zusatzbeitrag im Ausmaß von 3,4% der für den Versicherten (die Versicherte) heranzuziehenden Beitragsgrundlage (Pension) zu leisten, für deren Ermittlung § 21 AlVG sinngemäß anzuwenden ist. Der Zusatzbeitrag entfällt zur Gänze auf den (die) Versicherte(n).

(2) Alle für die Beiträge zur Pflichtversicherung in der Krankenversicherung geltenden Rechtsvorschriften sind, sofern nichts anderes bestimmt wird, auf den Zusatzbeitrag nach Abs. 1 anzuwenden. Der (die) Versicherte schuldet jedoch den Zusatzbeitrag selbst und hat ihn auf seine (ihre) Gefahr und Kosten selbst einzuzahlen. Davon abweichend ist bei Pensionsbeziehern auf Antrag der Zusatzbeitrag von der jeweiligen Pension (Pensionssonderzahlung) einzubehalten und an den zuständigen Krankenversicherungsträger zu überweisen.

(3) Kein Zusatzbeitrag nach Abs. 1 ist einzuheben


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
für Personen nach § 123 Abs. 2 Z 2 bis 6 und Abs. 4;
2.
wenn und solange sich der (die) Angehörige der Erziehung eines oder mehrerer im gemeinsamen Haushalt lebender Kinder nach § 123 Abs. 4 erster Satz widmet oder durch mindestens vier Jahre hindurch der Kindererziehung gewidmet hat;
3.
wenn und solange der (die) Angehörige Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze hat;
4.
wenn und solange der (die) Angehörige den Versicherten (die Versicherte) mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 nach dem Bundespflegegeldgesetz oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze pflegt.

(4) Der Versicherungsträger hat bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des (der) Versicherten nach Maßgabe der vom Hauptverband hiezu erlassenen Richtlinien (§ 31 Abs. 5 Z 16a) von der Einhebung des Zusatzbeitrages nach Abs. 1 abzusehen oder diesen herabzusetzen. Eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn das Nettoeinkommen im Sinne des § 292 des (der) Versicherten den Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a aa nicht übersteigt."

§ 292 ASVG in der Fassung BGBl. II Nr. 532/2006 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Voraussetzungen für den Anspruch auf Ausgleichszulage

§ 292. (1) Erreicht die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens und der gemäß § 294 zu berücksichtigenden Beträge nicht die Höhe des für ihn geltenden Richtsatzes (§ 293), so hat der Pensionsberechtigte, solange er seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes Anspruch auf eine Ausgleichszulage zur Pension.

(2) Bei Feststellung des Anspruches nach Abs. 1 ist auch das gesamte Nettoeinkommen des (der) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten (Ehegattin) unter Bedachtnahme auf § 294 Abs. 4 zu berücksichtigen.

(3) Nettoeinkommen im Sinne der Abs. 1 und 2 ist, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge. Für die Bewertung der Sachbezüge gilt, soweit nicht Abs. 8 anzuwenden ist, die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer mit der Maßgabe, daß als Wert der vollen freien Station der Betrag von 235,15 EUR heranzuziehen ist; an die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab , der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit dem Anpassungsfaktor (§ 108f) vervielfachte Betrag. Im Falle des Bezuges einer Hinterbliebenenpension (§ 257) vermindert sich dieser Betrag, wenn für die Ermittlung der Ausgleichszulage zur Pension des verstorbenen Ehegatten (Elternteiles) Abs. 8 anzuwenden war oder anzuwenden gewesen wäre und der (die) Hinterbliebene nicht Eigentümer (Miteigentümer) des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes war, für Einheitswerte unter 4 400 Euro im Verhältnis des maßgeblichen Einheitswertes zu dem genannten Einheitswert, gerundet auf Cent; entsprechendes gilt auch bei der Bewertung von sonstigen Sachbezügen.

..."

§ 21 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 114/2005 hat

auszugsweise folgenden Wortlaut:

"§ 21. (1) Für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes ist bei Geltendmachung bis 30. Juni das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt, mangels solcher aus anderen für Zwecke der Sozialversicherung gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen heranzuziehen. Bei Geltendmachung nach dem 30. Juni ist das Entgelt des letzten Kalenderjahres heranzuziehen. Liegen die nach den vorstehenden Sätzen heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen nicht vor, so sind jeweils die letzten vorliegenden Jahresbeitragsgrundlagen eines vorhergehenden Jahres heranzuziehen. Durch Teilung des Entgelts der maßgeblichen Jahresbeitragsgrundlagen durch zwölf ergibt sich das monatliche Bruttoeinkommen. Zeiten, in denen der Arbeitslose infolge Erkrankung (Schwangerschaft) nicht das volle Entgelt oder wegen Beschäftigungslosigkeit kein Entgelt bezogen hat, sowie Zeiten des Bezuges einer Lehrlingsentschädigung, wenn es für den Arbeitslosen günstiger ist, bleiben bei der Heranziehung der Beitragsgrundlagen außer Betracht. In diesem Fall ist das Entgelt durch die Zahl der Versicherungstage zu teilen und mit 30 zu vervielfachen. Jahresbeitragsgrundlagen, die einen Zeitraum enthalten, in dem Karenz(urlaubs)geld oder Kinderbetreuungsgeld oder ein Kombilohn (§ 34a AMSG) bezogen wurde oder die Normalarbeitszeit zum Zwecke der Sterbebegleitung eines nahen Verwandten oder der Begleitung eines schwerst erkrankten Kindes gemäß § 14a oder § 14b AVRAG oder einer gleichartigen Regelung herabgesetzt wurde, bleiben außer Betracht, wenn diese niedriger als die sonst heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen sind. Sind die heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen zum Zeitpunkt der Geltendmachung älter als vier Jahre, so sind diese mit den Aufwertungsfaktoren gemäß § 108 Abs. 4 ASVG der betreffenden Jahre aufzuwerten. Jahresbeitragsgrundlagen, die Zeiten einer gemäß § 1 Abs. 2 lit. e von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommenen krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit enthalten, gelten als Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt.

(2) Liegen noch keine Jahresbeitragsgrundlagen vor, so ist für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes das Entgelt der letzten sechs Kalendermonate vor der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes heranzuziehen. Sonderzahlungen im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung (§ 49 ASVG) sind anteilsmäßig zu berücksichtigen. Durch Teilung des Entgelts der letzten sechs Kalendermonate durch sechs ergibt sich das monatliche Bruttoeinkommen. Abs. 1 fünfter und sechster Satz ist anzuwenden.

..."

Die Richtlinien für die Befreiung vom Zusatzbeitrag für Angehörige gemäß § 31 Abs. 5 Z. 16a ASVG 2005 (RZB 2005) haben auszugsweise folgenden Wortlaut:

"...

Befreiung bei sozialer Schutzbedürftigkeit § 2 . Der Zusatzbeitrag für Angehörige ist vom

Krankenversicherungsträger nicht einzuheben, wenn


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
der Versicherte Präsenzdiener oder Zivildiener ist;
2.
der Versicherte wegen seiner sozialen Schutzbedürftigkeit gemäß dem 2. Teil der Richtlinien für die Befreiung von der Rezeptgebühr 2008 befreit ist;
3. das Nettoeinkommen (§§ 292 ASVG, 149 GSVG, 140 BSVG) des Versicherten den Ausgleichszulagenrichtsatz für Ehepaare (§§ 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG, 150 Abs. 1 lit. a sublit. aa GSVG, 141 Abs. 1 lit. a sublit. aa BSVG) nicht übersteigt. Dieser Richtsatz ist gegebenenfalls entsprechend der Bestimmungen in den §§ 293 Abs. 1 zweiter Satz ASVG, 150 Abs. 1 zweiter Satz GSVG und 141 Abs. 1 zweiter Satz BSVG zu erhöhen.
Befreiung in besonderen Einzelfällen
§ 3 . In anderen als den im § 2 genannten Fällen kann eine Befreiung vom Zusatzbeitrag über Antrag des Versicherten bewilligt werden, wenn sich nach Prüfung der Umstände im Einzelfall herausstellt, dass eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit gegeben ist.
..."
Wie sich aus § 51d Abs. 1 ASVG ergibt, ist für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für den Zusatzbeitrag für Angehörige § 21 AlVG sinngemäß anzuwenden. Dies bedeutet, dass die beim Hauptverband gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen für die Berechnung des Zusatzbeitrages heranzuziehen sind, wobei es auf die zuletzt vorgemerkten Beitragsgrundlagen ankommt.
Anders als § 51d Abs. 1 ASVG verweist § 51d Abs. 4 ASVG hingegen nicht auf § 21 AlVG. Dies bedeutet, dass bei der Beurteilung, ob eine soziale Schutzbedürftigkeit im Sinne des § 51d Abs. 4 ASVG vorliegt, nicht auf das Nettoeinkommen des vorletzten Jahres abzustellen ist. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass eine andere Auffassung auch deshalb zu verwerfen ist, weil aus § 51d Abs. 4 ASVG abzuleiten ist, dass die soziale Schutzbedürftigkeit im Zeitpunkt der "Einhebung" gegeben sein muss. Ob zu anderen Zeitpunkten eine derartige soziale Schutzbedürftigkeit vorgelegen ist oder auch nicht, kann aus sachlichen Gesichtspunkten keine Rechtfertigung für eine Abstandnahme der Einhebung sein oder für eine Einhebung sprechen.
Zutreffend rügt die beschwerdeführende Partei hingegen, dass die belangte Behörde eine Durchschnittsberechnung des Einkommens des Mitbeteiligten für die Monate Jänner bis Mai 2007 vorgenommen hat. Eine derartige Berechnungsweise findet, soweit es um Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit geht, im Gesetz keine Deckung. Vielmehr sind gemäß § 51d Abs. 2 ASVG alle für die Beiträge zur Pflichtversicherung in der Krankenversicherung geltenden Rechtsvorschriften anzuwenden, sofern nichts anderes bestimmt wird. Dies bedeutet, dass bei der Ermittlung des Einkommens auf den Kalendermonat als Beurteilungszeitraum ankommt, gegebenenfalls aber auf die konkreten Teile eines Monates, wobei der Monat einheitlich mit 30 Tagen anzunehmen ist (vgl. § 44 Abs. 2 ASVG). Nach Maßgabe dieser Bestimmung hätte die belangte Behörde daher für die konkreten Monate, für die ein Zusatzbeitrag für Angehörige vorzuschreiben ist, das Einkommen zu ermitteln (und ebenso auch für diese Zeiträume die soziale Schutzbedürftigkeit zu beurteilen) gehabt.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am