VwGH 21.10.2015, 2012/17/0110
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm | |
RS 1 | Für die Erfüllung des § 2 Abs 1 Z 2 GSpG ist lediglich Voraussetzung, dass im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel eine vermögenswerte Leistung erbracht wird. Dabei ist nicht zu unterscheiden, an wen diese Leistung erbracht wird. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Beschwerde der S GmbH & Co KG in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats Salzburg vom , Zl UVS-5/14070/4-2012, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St Johann im Pongau vom wurde eine bei einer Amtshandlung im Lokal "S" in B bei einer Kontrolle am durch die Organe der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmte durchsichtige Plastikbox mit der Finanzamt-Nr 9 gemäß § 53 Abs 1 in Verbindung mit § 52 Abs 3 und 54 Abs 1 Glücksspielgesetz in Beschlag genommen.
In diesem Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei vorgeworfen, "als Veranstalterin mit folgendem Gegenstand, welcher in ihrem Eigentum steht, zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG veranstaltet" zu haben.
Der beschlagnahmte Gegenstand wurde im erstinstanzlichen Bescheid wie folgt umschrieben:
"An deren Oberseite befindet sich ein Einwurfschlitz. In der Box befinden sich zahlreiche Wettscheine, auf den die Namen der Spieler notiert waren, die die Wettscheine in die Box eingeworfen hatten. An der Vorderseite und an der linken Seite der Box waren Informationsblätter angebracht. Auf dem Blatt an der Vorderseite war zu lesen, dass die nächste Ziehung am um 19:00 Uhr stattfindet. Als Preise wurden EUR 100,--, EUR 50,-- und EUR 25,-- in Aussicht gestellt. Auf dem Blatt an der linken Seite der Box war der Schriftzug 'S' zu lesen. Weiters wurden als Preis Wettgutscheine im Wert von EUR 100,--, EUR 50,-- und EUR 25,-- in Aussicht gestellt. Auch die Teilnahmebedingungen an der Ziehung und der Hinweis, dass diese Ziehung monatlich stattfindet, waren auf dem Blatt ersichtlich. Es war für die erste Gewinnchance (Sportwette) ein Einsatz zu leisten."
1.2. Aufgrund der Berufung der beschwerdeführenden Partei erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Berufung gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG als unbegründet abwies. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der ihrer Auffassung nach einschlägigen Rechtsvorschriften des Glücksspielgesetzes aus, dass die Eigentümereigenschaft der beschwerdeführenden Partei an dem beschlagnahmten Gegenstand unbestritten sei.
Zentrale Frage sei, ob der Verdacht bestehe, dass mit Hilfe des beschlagnahmten Gegenstandes, einer durchsichtigen Plastikbox, in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen oder gegen eine Bestimmung des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen worden sei. In der Darstellung des Verfahrensganges verwies die belangte Behörde nach dem Hinweis auf die Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung darauf, dass der Vertreter der beschwerdeführenden Partei im Zuge der Verhandlung im Großen und Ganzen auf sein schriftliches Vorbringen verwiesen habe und darauf, dass für die Teilnahme am Gewinnspiel kein Einsatz habe geleistet werden müssen. Mit der gegenständlichen Plastikbox sei daher auch nicht in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden.
Der Vertreter der Finanzpolizei habe in seiner abschließenden Stellungnahme darauf verwiesen, dass als Voraussetzung für die Teilnahme am Gewinnspiel, welches mithilfe der beschlagnahmten Plastikbox durchgeführt worden sei, sehr wohl ein Spieleinsatz habe geleistet werden müssen, da Voraussetzung für die Spielteilnahme ein Wettschein gewesen sei, für den zu bezahlen gewesen sei. Es handle sich daher um ein mehrstufiges Gewinnmodell.
Der Spielablauf selbst sei unbestritten geblieben, ebenso die Tatsache, dass im Zusammenhang mit dem Spiel eine (vermögenswerte) Leistung in Aussicht gestellt worden sei.
Als Sachverhalt stellte die belangte Behörde auf Grund der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung sodann fest:
In der Box seien Wettscheine gesammelt worden, die bei einer monatlichen Ziehung (die nächste hätte am stattfinden sollen) einen der in Aussicht gestellten Preise (Wettgutscheine im Wert bis zu EUR 100,--) hätten gewinnen können. Voraussetzung für die Teilnahme am Spiel sei ein Wettschein gewesen, auf dessen Rückseite man Namen und Adresse habe notieren und diesen in die Box einwerfen müssen. Einen teilnahmeberechtigten Wettschein habe erhalten, wer vorher eine Wette gegen entsprechenden Einsatz platziert habe.
Wie sich aus den Feststellungen ergebe, habe jedenfalls der Verdacht bestanden, dass die beschwerdeführende Partei mithilfe des beschlagnahmten Gegenstandes eine Gewinnziehung organisiert, angeboten und auch zugänglich gemacht habe, da sie dafür verantwortlich sei, dass die Einwurfbox im Lokal "S" zur Aufstellung gelangt sei. Dies sei von der beschwerdeführenden Partei auch unbestritten geblieben. Ebenso unbestritten sei, dass den Spielteilnehmern ein Gewinn bzw eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt worden sei.
Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei sei auch ein Einsatz für die Teilnahme an der Ziehung zu leisten gewesen. Dies deshalb, da Voraussetzung für die Teilnahme an der Ziehung ein Wettschein gewesen sei, für den wiederum eine vermögensrechtliche Leistung, nämlich der Wetteinsatz, zu entrichten gewesen sei. Es könne daher keine Rede davon sein, dass es sich um eine Gratisausspielung gehandelt und für den Spieler keine Verlustmöglichkeit bestanden habe. Der Spieler habe also über den Erwerb eines Wettscheines sehr wohl einen Einsatz zur Teilnahme an dem Gewinnspiel, auch wenn dieses aus einer "zweiten" Stufe bestehe, erbringen müssen.
Im Zuge des Verfahrens hätten sich auch keinerlei Hinweise darauf ergeben, dass es sich bei dem gegenständlichen Gewinnspiel um einen Glückshafen, ein Tombolaspiel oder eine Juxausspielung gehandelt habe. Auch die beschwerdeführende Partei habe kein diesbezügliches Vorbringen erstattet. Die Gewinnermittlung selbst sei ausschließlich vom Zufall abhängig gewesen.
1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts.
1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. Gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung BGBl I Nr 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
2.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des GSpG 1989 lauteten in der (sowohl im Dezember 2010, als auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden) Fassung gemäß BGBl I Nr 73/2010 auszugsweise:
"Allgemeiner Teil
Glücksspiele
§ 1. (1) Ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.
(2) Glücksspiele im Sinne dieses Bundesgesetzes sind insbesondere die Spiele Roulette, Beobachtungsroulette, Poker, Black Jack, Two Aces, Bingo, Keno, Baccarat und Baccarat chemin de fer und deren Spielvarianten. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, aus Gründen der Rechtssicherheit durch Verordnung weitere Spiele als Glücksspiele im Sinne des Abs. 1 zu bezeichnen.
...
§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele,
1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und
2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und
3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).
(2) Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.
Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs. 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind."
2.3. Die Beschlagnahme der gegenständlichen Plastikbox war nach § 53 Abs 1 Z 1 lit a GSpG ua nur dann gerechtfertigt, wenn der Verdacht bestand, dass mit dieser Box in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde.
Der angefochtene Bescheid beruht auf der Ansicht, bereits durch die Ankündigung eines Gewinnspiels, an dem nur durch Einwerfen eines entgeltlich erworbenen Wettscheins in die Plastikbox teilgenommen werden konnte, sei in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden.
Um dies zu beurteilen, muss zunächst geprüft werden, ob eine Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 1 GSpG vorliegt.
Dazu müssen nicht nur die Leistung eines Einsatzes (Z 2), sondern auch das Inaussichtstellen eines Gewinns (Z 3) sowie das Tätigwerden (in Form des Veranstaltens, Organisierens, Anbietens oder Zugänglichmachens) durch einen Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 GSpG vorliegen.
2.4. Die belangte Behörde vertritt zu Recht die Auffassung, dass für die Erfüllung des § 2 Abs 1 Z 2 GSpG lediglich Voraussetzung ist, dass im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel eine vermögenswerte Leistung erbracht wird, und dabei nicht zu unterscheiden ist, an wen diese Leistung erbracht wird. Die belangte Behörde hat auch festgestellt, dass eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wurde. Die belangte Behörde begnügt sich aber im Weiteren mit der Feststellung, dass die beschwerdeführende Partei Eigentümerin der beschlagnahmten Box gewesen sei. Zur Beurteilung der Voraussetzung des § 2 Abs 1 Z 1 GSpG fehlen aber Feststellungen dahingehend, dass die beschwerdeführende Partei im Zusammenhang mit dem Gewinnspiel eine Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs 1 Z 1 GSpG entfaltet hätte, ebenso wie darüber, dass ihr Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs 2 GSpG zugekommen wäre. Die belangte Behörde hat auch keine Feststellungen dahingehend getroffen, dass eine andere Person diese Voraussetzungen erfüllen würde.
2.5. Der angefochtene Bescheid leidet somit an einem Feststellungs- und Begründungsmangel, sodass er gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war, ohne dass auf das Beschwerdevorbringen näher einzugehen war.
2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2015:2012170110.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAE-75548