VwGH vom 31.05.2012, 2010/09/0022

VwGH vom 31.05.2012, 2010/09/0022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der S-Ges.m.b.H. in P, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Oberösterreich des Arbeitsmarktservice vom , Zl. LGSOÖ/Abt.1/08114/176/2009 ABB-Nr. 3220738, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für einen rumänischen Staatsangehörigen gemäß § 4 Abs. 6 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) abgewiesen.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Regionalbeirat die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet habe und keine der Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 6 AuslBG vorlägen. Die belangte Behörde komme auf Grund von Erhebungen des Finanzamtes Grieskirchen-Wels und der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zum Ergebnis, dass im Fall der beschwerdeführenden Partei eindeutig wiederholte unerlaubte Ausländerbeschäftigung innerhalb der letzten 12 Monate vor Antragstellung gegeben sei. Daher dürfe schon auf Grund des Versagungsgrundes des § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung nicht erteilt werden. Zwar sei das Verwaltungsstrafverfahren in dieser Angelegenheit noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, dies sei jedoch nicht Voraussetzung für den Versagungsgrund des § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG. Vielmehr könne die Behörde selbständig dessen Vorliegen beurteilen. Der Versagungsgrund trete im Hinblick auf die unerlaubte Beschäftigung von Ausländern in drei Fällen ein. Weiters sei der beantragte Ausländer im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG nicht fortgeschritten integriert und es seien auch zur Zeit nur für den Winterfremdenverkehr und die Land- und Forstwirtschaft Verordnungen gemäß § 5 AuslBG erlassen. Auch seien die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 AuslBG nicht erfüllt. Die beschwerdeführende Partei habe in ihrem Antrag angegeben, der Ausländer werde eine Entlohnung in der Höhe von EUR 1.100,-- netto erhalten, in einer Stellungnahme im Berufungsverfahren jedoch ausgeführt, eine Bruttoentlohnung in der Höhe des § 2 Abs. 5 AuslBG zu zahlen. Eine Entlohnung in der Höhe von EUR 1.100,-- netto entspreche nicht dem vom Gesetz geforderten Schlüsselkraftlohn von EUR 2.412,-- brutto im Jahr 2009. Es sei davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei die Qualifikationen bzw. Ausbildungen der beantragten Arbeitskraft nicht so hoch einschätze wie nun in der Berufung ausgeführt, weil sonst von Anfang an eine höhere Entlohnung angeboten worden wäre.

Weiters sei die Beschäftigung für die berufliche Tätigkeit als Disponent beantragt worden. Die alleinige Behauptung, dass die Beschäftigung des beantragten rumänischen Staatsangehörigen im Unternehmen der Beschwerdeführerin zur Schaffung neuer Arbeitsplätze bzw. zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze beitrage, ohne dass diese Behauptung konkret glaubhaft gemacht worden sei, sei ebenfalls nicht ausreichend, um eine Arbeitskraft zu einer Schlüsselkraft zu machen, zumal die angeführten Tätigkeiten (sprachliches Bindeglied, Masterdriver, Schulungsleiter) aus einem Disponenten noch keine Schlüsselkraft machten. Im Übrigen seien die behaupteten Fähigkeiten Masterdriver und Schulungsleiter nicht nachgewiesen worden. Der beantragten Arbeitskraft sei vom bis zum für die Beschwerdeführerin eine Anzeigebestätigung für die Konzernausbildung als Disponent gemäß § 18 Abs. 3 Z. 2 AuslBG erteilt worden und das Unternehmen der Beschwerdeführerin habe somit eine genaue Information über seine Fähigkeiten gehabt. Dass trotz der beinahe einjährigen Tätigkeit im Rahmen der Konzernausbildung nach Absolvierung des Konzernausbildungsprogramms nur ein Lohn von EUR 1.100,-- netto angeboten worden sei, lasse zweifellos den Schluss zu, dass die Fähigkeiten der beantragten Arbeitskraft von dem Unternehmen der beschwerdeführenden Partei nicht als über die Fähigkeiten eines durchschnittlichen Sachbearbeiters hinausgehend eingeschätzt würden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 78/2007, lauten:

"§ 2. ...

...

(5) Als Schlüsselkräfte gelten Ausländer, die über eine besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügen und für die beabsichtigte Beschäftigung eine monatliche Bruttoentlohnung erhalten, die durchwegs mindestens 60 vH der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zuzüglich Sonderzahlungen zu betragen hat. Überdies muss mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

1. die beabsichtigte Beschäftigung hat eine besondere,

über das betriebsbezogene Interesse hinausgehende Bedeutung für

die betroffene Region oder den betroffenen Teilarbeitsmarkt oder

2. die beabsichtigte Beschäftigung trägt zur Schaffung

neuer Arbeitsplätze oder zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze

bei oder

3. der Ausländer übt einen maßgeblichen Einfluss auf

die Führung des Betriebes (Führungskraft) aus oder

4. die beabsichtigte Beschäftigung hat einen Transfer

von Investitionskapital nach Österreich zur Folge oder

5. der Ausländer verfügt über einen Abschluss einer

Hochschul- oder Fachhochschulausbildung oder einer sonstigen fachlich besonders anerkannten Ausbildung.

...

Beschäftigungsbewilligung

Voraussetzungen

§ 4. (1) Die Beschäftigungsbewilligung ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

(2) Die Beschäftigungsbewilligung für einen Lehrling ist zu erteilen, wenn die Lage auf dem Lehrstellenmarkt dies zuläßt und wichtige Gründe bezüglich der Lage und Entwicklung des übrigen Arbeitsmarktes nicht entgegenstehen.

(3) Die Beschäftigungsbewilligung darf weiters nur erteilt werden, wenn

1. der Arbeitgeber den Ausländer auf einem

Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des § 6 Abs. 2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt;

...

4. die Gewähr gegeben erscheint, daß der Arbeitgeber

die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der

sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält;

...

6. die Erklärung über die Verständigung des

Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten

Einstellung des Ausländers vorliegt;

7. der Ausländer über ein Aufenthaltsrecht nach dem

NAG oder dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100,

verfügt, das die Ausübung einer Beschäftigung nicht ausschließt,

oder einen Asylantrag eingebracht hat, über den seit drei Monaten

nicht rechtskräftig abgesprochen wurde, und das Verfahren nicht

eingestellt wurde (§ 24 AsylG 2005) oder auf Grund einer

Verordnung gemäß § 76 NAG zum Aufenthalt im Bundesgebiet

berechtigt ist oder Sichtvermerks- und Niederlassungsfreiheit

genießt;

8. bei grenzüberschreitend überlassenen Arbeitskräften

die Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung gemäß § 16

Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes vorliegt;

9. die Vereinbarung über die beabsichtigte

Beschäftigung (§ 2 Abs. 2) nicht auf Grund einer gemäß dem

Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, unerlaubten

Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies

wußte oder hätte wissen müssen;

10. keine wichtigen Gründe in der Person des

Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung

einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der

letzten zwölf Monate;

11. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz

nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat;

12. der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate

vor der Antragseinbringung nicht trotz Ablehnung eines Antrages oder ohne einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung eingebracht zu haben, wiederholt Ausländer beschäftigt hat;

...

(6) Nach Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen gemäß

§ 13 dürfen weitere Beschäftigungsbewilligungen nur dann erteilt

werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 bis 3 vorliegen und

1. der Regionalbeirat die Erteilung der

Beschäftigungsbewilligung einhellig befürwortet oder

2. die Beschäftigung des Ausländers im Hinblick auf

seine fortgeschrittene Integration geboten erscheint oder

3. die Beschäftigung im Rahmen eines Kontingents gemäß

§ 5 ausgeübt werden soll oder

4. der Ausländer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5

erfüllt oder

4a. der Ausländer Ehegatte oder unverheiratetes

minderjähriges Kind (einschließlich Stief- und Adoptivkind) eines

auf Dauer rechtmäßig niedergelassenen und beschäftigten Ausländers

ist oder

5. die Beschäftigung auf Grund einer

zwischenstaatlichen Vereinbarung ausgeübt werden soll oder

6. der Ausländer einer Personengruppe angehört, die

auch nach Überziehung der Bundeshöchstzahl zu einer Beschäftigung zugelassen werden darf (§ 12a Abs. 2)."

Die Feststellungen der belangten Behörde, dass die gemäß § 13 AuslBG festgelegte Landeshöchstzahl für Oberösterreich ausgeschöpft war, wird von der beschwerdeführenden Partei nicht bestritten. Daher durfte im Beschwerdefall eine Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Arbeitskraft nur erteilt werden, wenn zumindest eine der in § 4 Abs. 6 angeführten Voraussetzungen erfüllt war. Dass eine der Voraussetzungen der §§ 4 Abs. 6 Z. 1 bis 3 oder Z. 4a bis Z. 6 erfüllt gewesen wäre, wird von der beschwerdeführenden Partei nicht vorgebracht; diesbezüglich ist den Akten des Verwaltungsverfahrens auch kein Hinweis zu entnehmen. Daher ist für die Beurteilung des vorliegenden Falles von Bedeutung, ob die belangte Behörde zu Recht die Qualifikation des beantragten rumänischen Staatsangehörigen als Schlüsselkraft im Sinne des § 2 Abs. 5 AuslBG verneint hat.

§ 2 Abs. 5 erster Satz AuslBG enthält zwei alternative Voraussetzungen für die Qualifikation einer ausländischen Arbeitskraft als Schlüsselkraft. Sie muss entweder "über eine besondere am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung" oder aber "über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung" verfügen. Weiters muss jedenfalls eine monatliche Bruttoentlohnung in der Höhe von mindestens 60 % der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG zuzüglich Sonderzahlungen gewährleistet sein. Die belangte Behörde hat in dieser Hinsicht die Auffassung vertreten, dass die von der beschwerdeführenden Partei angeführten Fähigkeiten des beantragten Ausländers als "sprachliches Bindeglied, Masterdriver, Schulungsleiter" aus einem Disponenten noch keine Schlüsselkraft machten und die behaupteten Fähigkeiten eines Masterdrivers und Schulungsleiters nicht nachgewiesen worden seien. Dem hat die beschwerdeführende Partei in der Beschwerde entgegen gehalten, dass von einer Person, welche deutsch, englisch, rumänisch und ungarisch spreche, von einer sonstigen fachlichen und besonders anerkannten Ausbildung im Sinne des § 5 Abs. 1 erster Satz AuslBG auszugehen sei, weil der Ausländer auf Grund seiner Kompetenzen als nicht ersetzbares Bindeglied zur Aufhebung von sprachlichen Barrieren zwischen Fahrern und diversen firmeninternen Abteilungen fungiere und die firmeninterne Ausbildung zum Masterdriver und Schulungsleiter absolviert habe. Damit hat die beschwerdeführende Partei aber weder im Verwaltungsverfahren noch auch in der Beschwerde dargelegt, dass der beantragte Ausländer entweder über eine besondere am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder aber über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügte. Sprachkenntnisse allein erfüllen nämlich ohne weiteres nicht die Voraussetzungen der ersten beiden alternativen Anforderungen des § 2 Abs. 5 erster Satz AuslBG (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/09/0195, und vom , Zl. 2010/09/0123).

Um als Schlüsselkraft zu gelten, muss gemäß § 2 Abs. 5 zweiter Satz AuslBG überdies noch eine der dort angeführten fünf Bedingungen erfüllt sein; hier wurde allein geltend gemacht, dass die Beschäftigung des Ausländers gemäß § 2 Abs. 5 Z. 2 AuslBG zur Schaffung neuer Arbeitsplätze oder zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze im Unternehmen der beschwerdeführenden Partei beitragen würde. Jedoch hat die beschwerdeführende Partei nicht näher dargelegt, im Hinblick auf welche konkreteren Umstände dies im Fall der Beschäftigung des von ihr beantragten Ausländers der Fall wäre. Daher ist die belangte Behörde im vorliegenden Fall auch ohne Rechtsirrtum davon ausgegangen, dass keine der in § 2 Abs. 5 zweiter Satz angeführten Voraussetzungen erfüllt war.

Die beschwerdeführende Partei wurde sohin durch die Versagung der von ihr beantragten Beschäftigungsbewilligungen nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am