VwGH vom 26.01.2010, 2008/08/0011
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des PS in Wien, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Reisnerstraße 61, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2007-0566-9-001340, betreffend Einstellung der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am gab der im Bezug von Notstandshilfe stehende Beschwerdeführer niederschriftlich bei dem Arbeitsmarktservice Wien an, seit ein Studium als ordentlicher Hörer der Fachhochschule des BFI Wien zu absolvieren. Das Ausmaß der Ausbildung betrage vier Stunden pro Tag, und zwar von 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr, dreimal wöchentlich. Die Ausbildung werde er voraussichtlich im Juli 2010 abschließen. Sein letztes Dienstverhältnis habe am geendet und er habe dieses nicht selbst zur Fortsetzung der gegenständlichen Ausbildung freiwillig gelöst.
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom wurde der Bezug von Notstandshilfe des Beschwerdeführers mangels Arbeitslosigkeit ab dem eingestellt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei seit als Student an der Fachhochschule des BFI Wien inskribiert.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung. Darin führte er im Wesentlichen aus, er habe sich im Vorfeld betreffend den Besuch der Fachhochschule für Technisches Vertriebsmanagement mit seiner Beraterin beim AMS abgesprochen. Dem AMS sei immer klar gewesen, dass das Studium am Abend, also für Berufstätige, stattfinde.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Die belangte Behörde legte im Wesentlichen dar, dass Fachhochschulstudiengänge den Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ausschlössen. Gemäß § 12 Abs. 4 AlVG seien Ausnahmen möglich, wobei dafür aber erforderlich sei, dass der Arbeitslose im Jahr vor der Geltendmachung (hier: vor ) neben seiner Ausbildung (Studium) 39 Wochen einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen sei und die letzte Beschäftigung vor Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht zwecks Fortsetzung der Ausbildung gelöst worden sei. Diese erforderliche Parallelität von 39 Wochen von Studium und arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung läge nicht vor, da im relevanten Zeitraum ( bis ) keine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung gegeben gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 12 AlVG in der hier zeitraumbezogen noch maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 77/2004 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Arbeitslosigkeit
§ 12. (1) Arbeitslos ist, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.
...
(3) Als arbeitslos im Sinne der Abs. 1 und 2 gilt insbesondere nicht:
...
f) wer in einer Schule oder einem geregelten Lehrgang - so als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt - ausgebildet wird oder, ohne daß ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht;
...
(4) Abweichend von Abs. 3 lit. f gilt als arbeitslos, wer
1. während eines Zeitraumes von zwölf Monaten vor der Geltendmachung mindestens 39 Wochen, davon 26 Wochen durchgehend, oder mindestens die Hälfte der Ausbildungszeit, wenn diese kürzer als zwölf Monate ist, arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war,
2. zugleich dem Studium oder der praktischen Ausbildung nachgegangen ist und
3. die letzte Beschäftigung vor Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht selbst zwecks Fortsetzung des Studiums oder der praktischen Ausbildung freiwillig gelöst hat.
...
(5) Die Teilnahme an Maßnahmen der Nach- und Umschulung sowie zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, die im Auftrag des Arbeitsmarktservice erfolgt, gilt nicht als Beschäftigung im Sinne des Abs. 1.
..."
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er seit an der Fachhochschule des BFI Wien für die Studienrichtung Technisches Vertriebsmanagement inskribiert sei, diese Ausbildung jedoch ausschließlich berufsbegleitend angeboten werde, was bedeute, dass in den Ausbildungsvorschriften auf die Berufstätigkeit der Teilnehmer entsprechend Rücksicht genommen werde. Der Unterricht finde von Montag bis Donnerstag jeweils erst ab 17.30 Uhr statt. Die zeitliche Inanspruchnahme durch den Lehrgang sei gerade auf Personen zugeschnitten, die einer Berufstätigkeit nachgingen. Eine Teilnahme sei allenfalls auch unter Berücksichtigung des im Allgemeinen pro Jahr zur Verfügung stehenden Urlaubes ohne Unterbrechung eines bestehenden Dienstverhältnisses möglich. Es handle sich im vorliegenden Fall um keine Ausbildung im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG, sondern um einen Lehrgang im Sinne des § 12 Abs. 5 AlVG. Der Lehrgang an einer Fachhochschule beanspruche gerade nicht die vollständige Arbeitszeit und auch nicht die überwiegende Arbeitszeit, da er erst nach der üblichen Arbeitszeit beginne. Der Beschwerdeführer stehe weiterhin dem Arbeitsmarkt zur Verfügung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom , 98/08/0065) begründet die Ausbildung in einer Schule oder in einem schulähnlichen geregelten Lehrgang kraft Gesetzes die unwiderlegliche Vermutung, dass der Betreffende so lange nicht an einer neuen Beschäftigung, sondern an der Erreichung seines Ausbildungszieles interessiert (und daher nicht arbeitslos) ist, als er in der Schule oder in einem geregelten Lehrgang ausgebildet wird bzw. sich der praktischen Ausbildung unterzieht. Seine allfällige bestehende Arbeitswilligkeit kann ein solcher Anspruchswerber daher nicht durch die bloße Erklärung, arbeitswillig zu sein, sondern nur durch die Beendigung der Ausbildung wirksam dokumentieren. Soweit die Vermutung nach § 12 Abs. 3 lit. f AlVG sich auf den Besuch einer "Hochschule" bezieht, gilt sie nach dem Wortlaut des Gesetzes nur für "ordentliche Hörer". Für diese Fälle hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass schon die Immatrikulation die Vermutung bewirke, dass eine Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt nicht gegeben sei (vgl. die Erkenntnisse vom , 96/08/0145, und vom , 98/08/0042). Diese generelle Vermutung gilt - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2004/08/0062, bereits ausgesprochen hat - auch für Studierende an einer Fachhochschule. Zufolge der formalen Anknüpfung des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG kommt es weder auf das Vorliegen einer Anwesenheitspflicht des Studierenden an, noch darauf, ob ein derartiges, zum Erwerb eines akademischen Grades führendes Fachhochschulstudium berufsbegleitend angeboten wird. Daher kann auch unerörtert bleiben, ob die Lehrveranstaltungen des in Rede stehenden Studiums ausschließlich am Abend stattgefunden haben.
Eine Maßnahme im Sinne des § 12 Abs. 5 AlVG liegt nicht vor. Vom Beschwerdeführer wird nämlich nicht einmal behauptet, dass ihm ein Auftrag des Arbeitsmarktservice erteilt worden ist, den gegenständlichen Lehrgang zu besuchen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am