VwGH 26.06.2012, 2010/09/0016
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | VStG §31 Abs3 idF 2009/I/020; VwGG §41 Abs1; VwGG §42 Abs2 Z1; |
RS 1 | Der Eintritt der Strafbarkeitsverjährung ist vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen wahrzunehmen (Hinweis E VS , 82/03/0112, VwSlg 11525 A/1984). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2000/03/0175 E RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der GS in W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gahleithner & Partner OG in 1010 Wien, Schottengasse 7/6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 07/AV/26/7032/2005-12, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Ausspruches über die Strafe und die Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Beschwerdeführerin als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der A. GmbH schuldig erkannt, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mit Sitz in Wien, in dem von dieser Gesellschaft betriebenen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart einer Bar in Wien XY., Lokal "S.", am um
22.45 Uhr, sieben namentlich genannte slowakische Staatsangehörige als Animiermädchen bzw. als Tänzerinnen zur Durchführung von für diese Berufssparte typischen Verrichtungen (Animation zum Getränkekonsum, Unterhaltung der Gäste) und somit in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis beschäftigt hat, obwohl für diese Ausländerinnen weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt, noch eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt oder eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei.
Sie habe dadurch Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) begangen und es wurden über die Beschwerdeführerin sieben Geldstrafen von je EUR 2.000,--, zusammen EUR 14.000,--, (im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Tagen, insgesamt 14 Tagen) verhängt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (ursprünglich protokolliert zur Zl. 2005/09/0127, nach Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über die vom Verwaltungsgerichtshof beantragte Normprüfung protokolliert zur Zl. 2007/09/0347).
Der Verwaltungsgerichtshof hob den Bescheid vom im Umfang seines Ausspruches über die Strafe sowie im Ausspruch über die Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Diesen Spruchpunkt begründend führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die Verhängung der Strafe erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 3 VStG erfolgt sei. Bei dieser Sachlage hätte die belangte Behörde in Erwägung ziehen müssen, ob angesichts des im Grunde des gemäß § 19 Abs. 2 dritter Satz VStG anzuwendenden § 34 Abs. 2 StGB, wonach es einen Milderungsgrund darstelle, wenn das gegen den Täter geführte Verfahren aus einem nicht von ihm zu vertretenden Grund unverhältnismäßig lange gedauert habe, eine Milderung der Strafe im Grunde des § 20 VStG in Frage käme.
Im Übrigen, also hinsichtlich der Schuldfrage wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0347).
Mit dem daraufhin erlassenen, nunmehr angefochtenen Bescheid vom wiederholte die belangte Behörde hinsichtlich der Strafbarkeit der Beschwerdeführerin die Spruchpunkte ihres Bescheides vom und verhängte unter Anwendung des § 20 VStG über die Beschwerdeführerin sieben Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.000,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit sieben Ersatzfreiheitsstrafen zu je einem Tag).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde im Umfang dessen Ausspruch über die Strafe und die Verfahrenskosten. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 31 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) BGBl. Nr. 52/1991,
idF BGBl. I Nr. 20/2009, lautet:
"Verjährung
§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
(3) Sind seit dem in Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden. Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, vor dem Verwaltungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sowie Zeiten, während deren die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, sind nicht einzurechnen."
Die Frage des Eintritts der Strafbarkeitsverjährung ist auch vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 11525/A, sowie vom , Zl. 85/18/0120, und vom , Zl. 96/09/0079).
Im vorliegenden Fall wurde als Tag der Verwaltungsstraftat der festgestellt. Der Bescheid der belangten Behörde im ersten Verfahrensgang wurde am , sohin drei Tage vor Ablauf der Verjährungsfrist durch mündliche Verkündung erlassen. Die dreijähige Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG war sohin auch bei Berücksichtigung ihrer allfälligen Hemmung durch das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (Einlangen der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof am , Zustellung des Erkenntnisses an die belangte Behörde am ) bei Erlassung des angefochtenen Bescheides am bereits abgelaufen.
Bei dieser Sachlage hätte die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführerin keine Strafe verhängen dürfen, sie hätte das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich der Strafe und der Verfahrenskosten gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG einstellen müssen. Dies hat die belangte Behörde verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | VStG §31 Abs3 idF 2009/I/020; VwGG §41 Abs1; VwGG §42 Abs2 Z1; |
Schlagworte | Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Strafverfahren |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2012:2010090016.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAE-75489