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VwGH vom 30.06.2015, 2012/17/0050

VwGH vom 30.06.2015, 2012/17/0050

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag.a Nussbaumer-Hinterauer als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde des EG in N, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , IKD(BauR)-014421/2-2012-Mö, betreffend Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde N), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer als Eigentümer eines näher genannten unbebauten Grundstücks den Aufschließungsbeitrag zur gemeindeeigenen Kanalisationsanlage vor.

Mit Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag gemäß § 27 Oberösterreichisches Raumordnungsgesetz 1994 (in Folge: Oö ROG 1994).

Mit Bescheid vom wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde diesen Antrag ab und führte begründend aus, das betreffende Grundstück liege dem örtlichen Entwicklungskonzept zufolge in einer Vorrangzone der Siedlungsentwicklung. Innerhalb dieser Vorrangzone könnten Ausnahmen vom Aufschließungsbeitrag gemäß § 27 Oö ROG 1994 nur dann gewährt werden, wenn an der Aufrechterhaltung der bestehenden Nutzung bzw der Verwirklichung der geplanten Nutzung ein begründetes öffentliches Interesse bestehe. Da im Hinblick auf das verfahrensgegenständliche Grundstück kein solches öffentliches Interesse bestehe, würde die Gewährung einer Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag dem örtlichen Entwicklungskonzept widersprechen. Das betreffende Grundstück sei bereits als aufgeschlossen zu betrachten, weil es schon an eine öffentliche Verkehrsfläche und an die gemeindeeigene Kanalisationsanlage angebunden sei. Im Hinblick auf die für die Anschließung aufgewendeten öffentlichen Mittel könne eine Aufrechterhaltung der bisherigen Nutzung nicht im öffentlichen Interesse liegen. Weiters sei ein Antrag auf Gewährung einer Ausnahme von Aufschließungsbeiträgen hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Grundstücks bereits Gegenstand von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes gewesen. Beide Gerichtshöfe öffentlichen Rechts hätten keine Rechtsverletzung wegen der Versagung einer Ausnahmegenehmigung erkennen können.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte darin insbesondere aus, dass für ein ebenfalls als Vorranggebiet ausgewiesenes Grundstück in unmittelbarer Nachbarschaft "zuletzt" eine Ausnahmegenehmigung erteilt worden sei und eine Gleichbehandlung erwartet werde. Das Argument, der Einsatz öffentlicher Mittel für die Aufschließung durch Straße, Kanal oder Wasser stehe der Gewährung einer Ausnahme entgegen, könne nicht nachvollzogen werden, weil diese Ausnahmeregelung nur für bereits aufgeschlossene Grundstücke zur Anwendung komme.

Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat die Berufung als unbegründet ab. Es obliege alleine der Behörde, über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Ausnahmevoraussetzungen zu entscheiden; sie sei dabei nicht an ihre Entscheidungen in anderen Fällen gebunden. Laut örtlichem Entwicklungskonzept seien bei der Gewährung von Ausnahmen auch "die Interessen einer geordneten Siedlungsentwicklung" zu beachten, womit der Behörde in Übereinstimmung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Instrument der aktiven Bodenpolitik in die Hand gegeben werde, um die Siedlungsentwicklung räumlich als auch zeitlich steuern zu können.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet ab. Das verfahrensgegenständliche Grundstück befinde sich am Rand eines bestehenden und bereits überwiegend bebauten Gebietes, grenze an bereits bebaute Grundstücke an und liege zudem laut dem örtlichen Entwicklungskonzept in einer Vorrangzone der Siedlungsentwicklung. Das verfahrensgegenständliche Grundstück sei auch aus Sicht der Vorstellungsbehörde geradezu dazu prädestiniert, die bereits vorhandene Bebauung im Gebiet zu vervollständigen. Die Interessen der Siedlungsentwicklung würden durch die Gewährung einer Ausnahme verletzt, zumal damit ein zehnjähriges Bauverbot verbunden wäre. Ob für ein "in unmittelbarer Nachbarschaft" befindliches Grundstück eine Ausnahme gemäß § 27 Oö ROG 1994 erteilt worden sei, sei für die Beurteilung des konkreten Falles nicht von Bedeutung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde in der der Beschwerdeführer beantragte, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Auch die mitbeteiligte Gemeinde erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr 122/2013 die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Oö ROG 1994, LGBl Nr 114/1993 lauten wie folgt (§ 25 Abs 1 idF LGBl Nr 115/2005, § 27 Abs 1 idF LGBl Nr 102/1999, § 27 Abs 3 idF LGBl Nr 115/2005):

"§ 25

Aufschließungsbeitrag im Bauland

(1) Die Gemeinde hat dem Eigentümer eines Grundstücks oder Grundstücksteils, das im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als Bauland gewidmet, jedoch nicht bebaut ist, je nach Aufschließung des Grundstücks durch eine gemeindeeigene Abwasserentsorgungsanlage, eine gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage (§ 1 Abs. 1 Oö. Interessentenbeiträge-Gesetz 1958) oder eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde einen Aufschließungsbeitrag vorzuschreiben. Abgabepflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Vorschreibung Eigentümer des Grundstücks oder Grundstücksteils ist.

...

§ 27

Ausnahmen vom Aufschließungsbeitrag

(1) Die Gemeinde hat mit Bescheid eine Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag zu erteilen, wenn

1. dies der Grundstückseigentümer binnen vier Wochen nach Zustellung der Vorschreibung beantragt,

2. dem Interessen einer geordneten Siedlungsentwicklung, insbesondere solche, die im örtlichen Entwicklungskonzept zum Ausdruck kommen, nicht entgegenstehen und

3. das Grundstück keine Baulücke darstellt. Eine Baulücke ist eine in geschlossen bebauten Gebieten zwischen bebauten Grundstücken liegende unbebaute Grundfläche, die zur Sicherung der geordneten Bebauung des Gebiets bebaut werden sollte.

...

(3) Die Erteilung der Ausnahmebewilligung hat die Wirkung, dass


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1.
der Vorschreibungsbescheid außer Kraft tritt,
2.
innerhalb einer Frist von zehn Jahren ab Rechtskraft des Bewilligungsbescheids in Bezug auf das Grundstück keine weiteren Vorschreibungsbescheide im Sinn des § 25 Abs. 1 erlassen werden dürfen,
3.
auf dem Grundstück vor Ablauf dieser Frist weder bewilligungs- noch anzeigepflichtige Bauvorhaben errichtet werden dürfen; die Ausnahmebewilligung gilt in diesem Zeitraum als Abweisungsgrund im Sinn des § 30 Abs. 6 der Oö. Bauordnung 1994, sowie
4.
der Abgabenanspruch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren neu entsteht.
..."
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in seinem Erkenntnis vom , 2006/17/0077, mit einem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung einer Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag im Zusammenhang mit der Aufschließung des gegenständlichen Grundstücks (damals: durch eine öffentliche Verkehrsfläche) beschäftigt. In diesem Erkenntnis, auf dessen Gründe gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit dem bereits damals erstatteten Vorbringen, dass dem Eigentümer eines benachbarten Grundstücks sehr wohl eine Ausnahme vom Aufschließungsbeitrag gewährt worden sei, ausgesprochen, dass aus einer - allenfalls rechtswidrigen - Anwendung eines Gesetzes bei der Erlassung von Verwaltungsakten gegenüber anderen Betroffenen niemanden ein Recht auf diesbezügliche Gleichbehandlung ("im Unrecht") gibt. Der Beschwerdeführer kann aus dem Umstand, dass einem Dritten eine Ausnahmebewilligung erteilt worden ist, keine Rechte für den Beschwerdefall ableiten (vgl auch ). Auch das nunmehrige Vorbringen, wonach die Ausnahmegenehmigung für den Eigentümer dieses benachbarten Grundstücks jedenfalls zeige, dass die Gemeinde "offensichtlich kein vitales Interesse an der Bebauung des gegenständlichen Bereiches" habe, ist nicht geeignet, eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Selbst bei Zutreffen der Behauptung des Beschwerdeführers betreffend das Vorgehen der mitbeteiligten Gemeinde in Bezug auf das andere Grundstück ergäbe sich daraus noch nichts für das gegenständliche Grundstück. Insbesondere wäre daraus noch nicht zu schließen, dass die mitbeteiligte Gemeinde ein - im Sinne des örtlichen Entwicklungskonzepts Nr 1 (vgl dessen Kapitel B Punkt 4.2.) - begründetes Interesse (auch) an der Aufrechterhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstücks des Beschwerdeführers (und nur dieses ist hier verfahrensgegenständlich) haben müsste. Die belangte Behörde war daher auch nicht gehalten, Feststellungen über die Gründe der mitbeteiligten Gemeinde für das behauptete Vorgehen im Zusammenhang mit dem anderen Grundstück zu treffen.
Auch mit dem weiteren Vorbringen, bei Erteilung einer Ausnahmebewilligung würde die Bebauung des Grundstücks nicht verhindert, sondern nur aufgeschoben (zehnjähriges Bauverbot), wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, idF BGBl II Nr 8/2014.
Wien, am