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VwGH vom 23.05.2013, 2010/09/0013

VwGH vom 23.05.2013, 2010/09/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des B in H, vertreten durch Achammer Mennel Rechtsanwälte OG in 6800 Feldkirch, Schloßgraben 10, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. 56/14 - DOK/09, betreffend Disziplinarstrafe der Geldbuße, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Inspektor in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, zum Zeitpunkt der angelasteten Dienstpflichtverletzung war er im Bereich des BPKd Bregenz als Sicherheitswachebeamter tätig.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am , in der Zeit zwischen 2.30 und 3.00 Uhr, in seiner Freizeit im Schlafzimmer seines elterlichen Wohnhauses in S, seine Freundin VF durch Drücken gegen den Oberkörper in ihrer Bewegungsfreiheit beeinträchtigt, dadurch am Bett fixiert, und dann mit beiden Händen am Hals gewürgt, wodurch sie Verletzungen erlitten habe und dadurch genau jene Rechtsgüter verletzt, deren Schutz ihm als Sicherheitsorgan im besonderen Ausmaße oblägen und gegen seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 BDG 1979, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibe, gemäß § 91 BDG 1979 schuldhaft verstoßen.

Es wurde die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von EUR 500,00 verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus:

"a) Insofern der (Beschwerdeführer) vorbringt, dass im Einstellungsbeschluss des Strafverfahrens unrichtige Feststellungen getroffen worden seien und diese auf Grund einer 'faktischen Bindungswirkung' auch in das Disziplinarverfahren einfließen würden, sowie dass es der erstinstanzliche Disziplinarsenat unterlassen habe, konkrete Feststellungen zu treffen, weshalb das Disziplinarverfahren mit einem Verfahrensmangel behaftet sei, ist dem entgegenzuhalten, dass die fehlende Bindungswirkung eines gerichtlichen Einstellungsbeschlusses nicht bedeutet, dass die vom Gericht in selbigem getroffenen Sachverhaltsfeststellungen im Disziplinarverfahren keine Berücksichtigung finden dürfen und die erstinstanzliche Disziplinarkommission unter Außerachtlassung der gerichtlichen Feststellungen völlig neue Sachverhaltserhebungen zu tätigen hätte. Dazu hat die Berufungskommission in ihrem Erkenntnis vom , 21/11-BK/02, ausgesprochen, dass soweit das Gericht in einem rechtsstaatlichen Verfahren Sachverhaltsfeststellungen getroffen hat, die für das Disziplinarverfahren von Bedeutung sind, diese Feststellungen auch im Disziplinarverfahren bei der Sachverhaltsfeststellung zu berücksichtigen sind, wenngleich ihnen eben keine Bindungswirkung zukommt.

Es kann daher darin, dass die erstinstanzliche Disziplinarkommission die in einem anderen rechtsförmigen Verfahren getroffenen Sachverhaltsfeststellungen trotz fehlender Bindungswirkung faktisch übernommen hat, solange kein Verfahrensmangel erkannt werden, solange sich nicht Zweifel an der Richtigkeit der übernommenen Sachverhaltsfeststellungen ergeben, welche im vorliegenden Fall allerdings nicht bestehen.

b) Was die Ablehnung der Beweisanträge durch die erstinstanzliche Disziplinarkommission betrifft, sieht sich der erkennende Senat der DOK ebenfalls außerstande, dem Berufungsvorbringen zu folgen. Wie die erstinstanzliche Disziplinarkommission ausführt, hat besagter Aktenvermerk betreffend die beidseitige Abdruckspuren am Hals der Frau V F in das strafgerichtliche Verfahren Eingang gefunden. Dass es zu keiner anderslautenden Entscheidung des Strafgerichtes geführt hat, ist ohne Weiteres darauf zurückzuführen, dass laut Sachverständigem Würgemale - wie dieser selbst laut Aktenvermerk ausgeführt hat - nur bei heftigem Würgen auftreten. Demgegenüber hat jedoch das Gericht festgestellt, dass der Beschuldigte mit beiden Händen den Hals von Frau V F festgehalten und diese dabei nach unten gedrückt hat, wobei die Zeitspanne dieses Festhaltens maximal 20 Sekunden gedauert hat. Durch dieses Festhalten hat Frau V F beiderseitig am Hals Hämatome erlitten, die auch noch mittags deutlich sichtbar waren. Dies stellt eine - wenn auch die Grenze einer relevanten Beeinträchtigung gerade erst überschritten habende - Körperverletzung iSd § 83 Abs. 1 StGB dar. Wenn die erstinstanzliche Disziplinarkommission dieses Verhalten des (Beschwerdeführers) auch im Spruch des Bescheides als 'Würgen' bezeichnet, so kann ihr diesbezüglich nicht erfolgreich entgegengetreten werden und es belastet dies den Bescheid auch nicht mit Rechtswidrigkeit. Der erkennende Senat der DOK teilt somit die Auffassung der erstinstanzlichen Disziplinarkommission, dass aus der Einholung eines gerichtsmedizinischen Gutachtens für den vorliegenden Fall nichts gewonnen werden kann, denn dass Frau

V F nicht heftig gewürgt worden ist, steht ohnedies außer Streit. Durch das festgestellte Festhalten am Hals während maximal 20 Sekunden können die vom Sachverständigen beschriebenen Würgemale ohnehin nicht auftreten. Dass die erstinstanzliche Disziplinarkommission diesem Beweisantrag nicht stattgegeben hat, ist mangels Relevanz desselbigen für die im vorliegenden Disziplinarverfahren abzuhandelnde (geringfügige) Körperverletzung der Frau V F daher verfahrensrechtlich unbedenklich.

c) Sowohl aufgrund der gerichtlichen Feststellungen als auch aufgrund der eigenen Aussagen des Beschuldigten besteht auch beim erkennenden Senat der DOK kein Zweifel, das die beiderseitig am Hals der Frau V F feststellbaren Hämatome durch das Festhalten derselben am Hals während einer Zeitspanne von maximal 20 Sekunden durch den (Beschwerdeführer) entstanden sind. Dass Frau V F während dieser kurzen Zeitspanne doch Luft bekommen hat, ändert nichts daran, dass es sich bei den zurückgebliebenen Hämatomen, die auf ein durchaus heftiges Festhalten hindeuten, um eine - wenn auch leichte - Körperverletzung iSd § 83 Abs. 1 StGB gehandelt hat. Dass sich Frau V F diese Hämatome selbst beigebracht habe, ist eine Schutzbehauptung des (Beschwerdeführers) für die in beiden bisherigen Verfahren keinerlei Beleg erbracht wurde; ebenso dass diese nicht durch Handeinwirkung zustande gekommen seien."

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde knüpft offenbar an den von der Behörde erster Instanz - folgend dem vom Bezirksgericht Bregenz im Beschluss vom , mit dem das gegen den Beschwerdeführer geführte Verfahren wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB gemäß § 191 Abs. 1 und Abs. 2 StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt worden war, festgestellten Sachverhalt - als feststehend gewerteten Sachverhalt an. Die Behörde erster Instanz hatte dazu ausgeführt:

"Der (Beschwerdeführer) habe sich am , gegen

2.30 Uhr in seinem Schlafzimmer im ersten Obergeschoß seines elterlichen Wohnhauses in Salzburg aufgehalten um zu schlafen. Seine Freundin Frau V F, mit der er am Abend zuvor zusammen gewesen sei, sei in sein Schlafzimmer gekommen und habe ihn aufgefordert, mit ihr zu reden. Sie habe aufgrund eines Beziehungsstreites ein klärendes Gespräch führen wollen. Der (Beschwerdeführer) habe nicht reden wollen und habe dies seiner Freundin auch mehrfach zu verstehen gegeben. Sie habe aber nicht locker gelassen und ihn immer wieder aufgefordert, aufzustehen und mit ihr zu reden. Der (Beschwerdeführer) habe ihr hingegen mehrfach erklärt, sie möge sein Zimmer verlassen. Da sie sein Zimmer nicht verlassen habe, sei der (Beschwerdeführer) aufgestanden und habe seine Freundin mit beiden Händen hochgehoben, um sie aus dem Zimmer zu befördern. Sie habe gestrampelt und sich dagegen gewehrt. Aufgrund dessen sei es dem (Beschwerdeführer) nicht gelungen, seine Freundin aus dem Zimmer zu verbringen. Daraufhin habe er sie auf das Bett geworfen und versucht, sie zu beruhigen. Dabei habe er auch mit beiden Händen ihren Hals festgehalten und habe sie dabei nach unten gedrückt. V F habe diesen Vorgang als 'Würgen' bezeichnet, wobei sie jedoch erklärt habe, immer Luft bekommen zu haben. Dann habe der (Beschwerdeführer) seine Freundin losgelassen und sie habe das Zimmer verlassen. Die Zeitspanne, in welcher V F auf dem Bett gelegen und festgehalten worden sei, habe maximal 20 Sekunden gedauert. Durch dieses 'Festhalten' habe Frau V F beidseitig am Hals Hämatome erlitten, die auch noch am Mittag des deutlich sichtbar gewesen seien. Der eigentliche Festhaltevorgang habe V F etwas Schmerzen verursacht, in weiterer Folge habe sie jedoch keine Schmerzen mehr verspürt. Sie habe im Laufe des Tages jedoch noch ein 'unangenehmes Gefühl' im Hals verspürt.

Nicht festgestellt werden habe können, dass der (Beschwerdeführer) seiner Freundin auch einen Schlag ins Gesicht versetzt habe, wodurch sie ein Hämatom am Auge erlitten habe. Dieses später auch vom Arzt festgestellte kleine Hämatom unterhalb des linken Auges dürfte zwar im Zuge dieser Auseinandersetzung entstanden sei, eine genaue Zuordnung sei aber nicht möglich gewesen bzw. habe sich die genaue Entstehung dieses Hämatoms nicht feststellen lassen. Es habe auch nicht festgestellt werden können, dass der (Beschwerdeführer) sich im Zuge des 'Festhalten' in einer Notwehrsituation befunden bzw. in Notwehr gehandelt habe.

Rechtlich sei festzustellen, dass jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit eine Verletzung am Körper darstelle. Darunter würden in der Regel alle nicht bloß minimalen, weil sogleich wieder abklingenden pathologischen Veränderungen am Körper (an einem inneren oder äußeren Körperorgan, wozu auch die Haut zähle) infolge gewaltsamer äußerer Einwirkungen fallen, wie etwa auch Blutunterlaufungen, auch wenn sie bloß geringfügiger Natur seien. Eine auch noch zirka 10 Stunden nach der Tat wahrnehmbare und deutlich sichtbare Rötung der Haut stelle bereits eine relevante Beeinträchtigung der körperlichen Unterversehrtheit des Opfers dar. Dabei sei der objektive Eingriff in die körperliche Integrität entscheidungswesentlich und nicht das subjektive Empfinden des Opfers, weshalb es für die rechtliche Beurteilung bedeutungslos bleibe, ob das Opfer Schmerzen empfunden habe oder nicht.

Rechtlich gesehen liege sohin eine Körperverletzung im Sinn des § 83 Abs. 1 StGB vor, wenngleich diese Verletzung gerade erst die Grenze einer relevanten Beeinträchtigung überschritten habe. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der (Beschwerdeführer) von seiner Freundin über einen längeren Zeitraum hindurch belästigt und in seiner Nachtruhe gestört worden sei. Darüber hinaus habe am Abend des ein Treffen zwischen den beteiligten Personen stattgefunden, bei dem sich der (Beschwerdeführer) auch bei seiner Freundin entschuldigt habe.

Bei Gesamtwürdigung aller Umstände handle es sich um einen klassischen Beziehungsstreit, der nicht überwertet werden dürfe. Zudem würde die Übermüdung des (Beschwerdeführers) (Tatzeitpunkt nach 2.00 Uhr in der Früh) sowie auch seine (wenn auch nur leichte) Alkoholisierung seine Reaktion erklären.

Das Gericht habe weiters ausgeführt, dass der Schuldgehalt der Tat äußerst gering sei, ebenso ihr Störwert und ihre Folgen. Eine Bestrafung des (Beschwerdeführers) oder ein Vorgehen nach dem

11. Hauptstück der StPO erscheine zudem nicht geboten, um den (Beschwerdeführer) von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Nachdem sohin sämtliche Voraussetzungen des § 191 Abs. 1 StPO gegeben seien und auch das Opfer selbst mehrfach darum ersucht habe, man solle den Angeklagten 'unbedingt freisprechen', sei dieses Strafverfahren im Sinne des § 191 Abs. 1 und Abs. 2 StPO wegen Geringfügigkeit einzustellen gewesen."

Die belangte Behörde hielt die dem Beschwerdeführer angelastete Tat für erwiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmängel mangelhafte Begründung, teils fehlende sowie ansonsten unschlüssige Beweiswürdigung und die Ablehnung seines in der mündlichen Verhandlung vom gestellten Antrages auf Einholung eines medizinischen Gutachtens.

Zu Recht ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass im Falle der Einstellung eines gerichtlichen Strafverfahren (hier gemäß § 191 StPO) keine gerichtlich festgestellten Tatsachen i.S. des § 95 Abs. 2 BDG 1979 vorliegen, weil nur ein rechtskräftiges Urteil eine Bindung auszulösen imstande ist. Ebenso ist der belangten Behörde zu folgen, dass in einem rechtsstaatlichen Verfahren getroffene gerichtliche Sachverhaltsfeststellungen auch ohne Bindung als Beweismittel im Disziplinarverfahren verwertbar sind.

Im gegenständlichen Fall ist aber zu beachten:

Der Beschwerdeführer bestritt in der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht B vom , VF gewürgt zu haben, die durch Fotos dokumentierten Verletzungen an deren Hals könnten nicht von ihm stammen. Es sei möglicherweise seine "linke Hand, die auf der Brust von VF gelegen" sei, verrutscht; es wären dabei "maximal der Daumen und der Zeigefinger einer Hand über dem Schlüsselbein gewesen … dort, wo der Hals erst beginnt".

In der fortgesetzten Verhandlung am wurden als Zeugen die Mutter und der Vater des Beschwerdeführers vernommen. Sie hätten VF unmittelbar nach dem Vorfall gesehen und keine Verletzungen am Hals bemerkt. Der Vater des Beschwerdeführers gab dies auch für den Zeitraum gegen 8.00 Uhr des Folgetages zu Protokoll, an dem er VF geweckt und danach nach Hause gebracht habe. Die Mutter der VF sagte aus, sie habe gegen

8.30 Uhr die Verletzungen am Hals gesehen.

Der Verteidiger legte einen Aktenvermerk des Dr. U (laut Beschwerde eines gerichtlichen Sachverständigen) vom vor, in dem dieser basierend auf den ihm vorgelegten Lichtbildern über die Verletzung am Hals der VF ausführte, dass die Abdruckspuren am Hals nicht in der von VF geschilderten Weise des "Würgens" zu Stande gekommen hätten sein können.

Im Beschluss des Bezirksgerichtes vom wird die (im Bescheid der Behörde erster Instanz wiedergegebene) Sachverhaltsfeststellung getroffen, ohne dass eine Würdigung der einander widersprechenden Beweisergebnisse stattgefunden hat.

Die Behörde erster Instanz hat in der Verhandlung vom ausschließlich den Beschwerdeführer einvernommen, in der dieser das im Spruch angelastete Würgen der VF mit beiden Händen am Hals und die ihr dadurch zugefügten Verletzungen bestritt. In dieser Verhandlung stellte er folgenden Beweisantrag:

"Ich beantrage die Einholung eines medizinischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass die Verletzungen der V F nicht durch das von ihr geschilderte Würgen mit beiden Händen herbeigeführt worden sein kann. Bei einem Würgen - wie man mir schilderte - das zwingend andere Abdruckspuren geben müssen. Die Abdruckspuren an der rechten Halsseite können nicht durch ein Würgen entstanden sein. Aufgrund der Gerichtsakten (Lichtbilder) lassen sich die Abdruckspuren nachvollziehen und bewerten. Die Striemen müssten höher liegen und insbesondere müsste es auch im Kehlkopfbereich Abdruckspuren geben. Es fehlen auch die halbmondartigen Schürfungen, die können bei Würgungen durch Fingernägel zwingend entstehen. Weiters fehlt jeglicher Abdruck eines Daumens, wie dieser beim Würgen typisch ist. Der Daumen bildet sich in einer homogenen rundlichen Verfärbung ab. Beim Würgen wird mit dem Daumen der Gegendruck zu den vier Fingern ausgeübt und muss daher deutlich sichtbar sein. Ein derartiger Abdruck ist nicht ansatzweise zu sehen. Beim heftigen Würgen müsste es auch zu Störungsgruppen kommen, die als kleine punktmäßige stecknadelgroße Blutungen im Augenweiß und in der Bindehaut der Augenlider sowie in der Mundschleimhaut sichtbar gewesen hätte sein müssen.

Nach dem gemäß § 105 BDG 1979 auch von den Disziplinarbehörden anzuwendenden § 60 AVG sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1044 wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht.

Denn angesichts der im Beschluss des Bezirksgerichtes vom fehlenden Auseinandersetzung mit den einander widersprechenden Beweisergebnissen war es der belangten Behörde verwehrt, sich ohne weitere eigene Erhebungen und ohne eigene Beweiswürdigung zu allen vorliegenden Beweisergebnissen ausschließlich auf die Sachverhaltsfeststellungen des Bezirksgerichtes zu stützen (vgl. angefochtener Bescheid S 11 und 29). Es ist daher nicht nachvollziehbar, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege. Bei den Erwägungen der belangten Behörde zur Ablehnung des Beweisantrages auf Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachten zu dem oben dargestellten - konkreten - Beweisthema, die Verletzungen könnten nicht in der von VF angegebenen Weise entstanden sein, handelt es sich bei dieser Verfahrenskonstellation überdies um eine antizipative Beweiswürdigung.

Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, weshalb sich ein Eingehen auf die weitere Bescheidbegründung und die dagegen erhobenen Einwände des Beschwerdeführers im jetzigen Verfahrensstadium erübrigt.

Im Hinblick darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Grundlage des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen hat (§ 41 Abs. 1 VwGG), ist nicht ersichtlich, welchen Beitrag zur Feststellung des Sachverhaltes die vom Beschwerdeführer begehrte öffentliche mündliche Verhandlung hätte leisten können. Zudem wurde der Beschwerde im Ergebnis ohnedies stattgegeben, womit im fortgesetzten Verfahren mangels Vorliegen eines klaren Sachverhaltes unter Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung (§ 125a Abs. 3 BDG 1979) weitere Ermittlungen anzustellen sind und der Beschwerdeführer die Möglichkeit hat, seinen Standpunkt im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens darzulegen. Angesichts der in der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemachten Rechte sowie nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise war somit im vorliegenden Fall gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ausnahmsweise nicht geboten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/12/0183).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Kostenersatz unter dem Titel der Umsatzsteuer nicht zusteht.

Wien, am

Fundstelle(n):
RAAAE-75475