VwGH vom 11.09.2015, 2012/17/0047
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger als Richter bzw. Richterinnen, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde der TR in S, vertreten durch Dr. Werner Poms, Rechtsanwalt in 9400 Wolfsberg, Minoritenplatz 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , BMLFUW-LE./0273- I/7/2011, betreffend Bestandsprämien für Rinder 2004, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Zur Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles ist auf die Sachverhaltsdarstellung im hg Erkenntnis vom , 2008/17/0127, zu verweisen.
1.2. Mit dem genannten Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof die im Instanzenzug ergangene Rückforderung von Bestandsprämien für Rinder für das Jahr 2004 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof insbesondere aus, dass bei der Berechnung der Besatzdichte gemäß Art 12 und 13 der Verordnung (EG) Nr 1254/1999 des Rates vom über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch nicht von den im Antrag genannten Zahlen auszugehen sei, sondern von den tatsächlich im Betrieb eingestellten Tieren. Darüber hinaus ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass der damals angefochtene Bescheid insoweit an einem Begründungsmangel gelitten habe, als die dem Bescheid zugrunde liegende Auffassung, auch bei der Berechnung der Extensivierungsprämie käme es allein auf die Angaben im Antrag an, nicht ausreichend begründet worden sei. Bei der Berechnung des Anteils der Beschwerdeführerin an der Fläche der H-Alm (welche für die Ermittlung der Besatzdichte ausschlaggebend war) seien die tatsächlich aufgetriebenen Tiere und nicht bloß die im Antrag angegebenen Tiere zu berücksichtigen gewesen, soweit dem nicht andere gemeinschaftsrechtliche Vorschriften entgegen stünden. Eine diesbezügliche Begründung habe der angefochtene Bescheid jedoch nicht enthalten.
1.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Rückforderungsbescheid vom neuerlich ab.
Begründend führte die belangte Behörde zur Aufteilung der Almfutterfläche nach dem Hinweis auf Art 5 Abs 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 aus, dass diese entsprechend dem Umfang der Nutzung, somit der Anzahl der aufgetriebenen Rinder ausgedrückt in Großvieheinheiten (GVE) zu erfolgen habe. Dabei sei der Almauftrieb des jeweiligen Jahres heranzuziehen, der in der Alm-/Gemeinschaftsweide-Auftriebsliste 2004 dokumentiert worden sei, "somit die tatsächlich auf die jeweilige Alm aufgetriebenen Rinder". Die Beschwerdeführerin habe auf die H-Alm laut Alm- /Gemeinschaftsweide-Auftriebsliste 2004 fünf Rinder im Alter von einem halben bis 2 Jahren aufgetrieben.
Auf die Alm seien insgesamt sieben Rinder im Alter von bis zu einem halben Jahr (je 0 GVE), 26 Rinder von einem halben bis 2 Jahre (je 0,6 GVE) und 36 Rinder im Alter ab 2 Jahren (je 1 GVE) aufgetrieben worden.
Die Beschwerdeführerin habe somit 3 GVE auf diese Alm aufgetrieben. Der Gesamtauftrieb habe 51,6 GVE betragen.
Auf Grund der Futterfläche der Alm von 70,50 ha ergebe sich je aufgetriebene GVE eine anteilige Futterfläche von 1,366 ha. Für 3 GVE ergäben sich somit 4,10 ha anteilige Almfutterfläche.
Unter Hinweis auf das oben genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes im ersten Rechtsgang legt die belangte Behörde sodann dar, inwiefern die Voraussetzung, dass andere gemeinschaftsrechtliche Vorschriften die Berücksichtigung (bloß) der nach dem Antrag anrechenbaren Tiere erforderten, gegeben sei.
Auf Grund des Art 8 Abs 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 seien Änderungen des Mehrfachantrages Flächen nur in sehr engem Rahmen möglich. Auch auf die Alm-/Gemeinschaftsweide-Auftriebsliste (das sei der Beihilfeantrag Flächen, der sich nur auf Dauergrünland im Sinn des Art 6 Abs 3 der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 beziehe) sei Art 8 der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 anzuwenden.
Da Änderungen nur bis 31. Mai des jeweiligen Jahres möglich gewesen seien und Beihilfenanträge Flächen bezüglich Almen (die nur Dauergrünland beträfen) bis 1. Juli eingereicht werden könnten, sei daher eine Möglichkeit der Änderung bei einer Einreichung Ende Juni nicht mehr gegeben.
Dies bedeute, dass eine Änderung des Mehrfachantrages Flächen 2004 bezüglich dieser Alm im Zuge der Berufungserhebung im Oktober 2007 auf Grund der zwingend anzuwendenden Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts nicht anerkannt werden könne.
Es gelte des Weiteren, dass in den Art 31 Abs 1 und Art 36 Abs 2 der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 festgehalten sei, dass für den Fall, dass die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe über der im Beihilfeantrag angegebenen Fläche liege, bei der Berechnung des Beihilfebetrags die angegebene Fläche berücksichtigt werde (bzw dass die Beihilfe in keinem Fall für mehr Tiere gewährt werden dürfe, als im Beihilfeantrag angegeben seien).
Für den Fall, dass die in einem Beihilfeantrag Flächen angegebene Fläche über der bei Verwaltungskontrollen oder Vor-Ort-Kontrollen ermittelten Fläche derselben Kulturgruppe (bzw die Zahl der in einem Beihilfeantrag angegebenen Tiere über der Zahl der bei Verwaltungskontrollen oder Vor-Ort-Kontrollen ermittelten Tiere) liege, sei entsprechend Art 31 Abs 2 und Art 36 Abs 3 der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 die Beihilfe auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche (bzw anhand der Zahl der ermittelten Tiere) zu berechnen.
Diese in Art 31 und Art 36 der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 festgelegten Grundsätze gälten auch für die Extensivierungsprämie (hiezu wird auf Art 35 der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 verwiesen). Bei der Angabe geringerer Zahlen als den tatsächlichen Ausmaßen sei nur von den angegebenen Zahlen auszugehen.
Dies bedeute, dass - auch wenn tatsächlich 5 GVE aufgetrieben worden sein sollten - nur die in der Alm-/Gemeinschaftsweide-Auftriebsliste 2004 angegebenen 3 GVE herangezogen werden könnten.
Nach einer eingehenden Auseinandersetzung mit der Frage der allfälligen Anerkennung eines offensichtlichen Fehlers, deren Möglichkeit verneint wird, wird zusammenfassend festgehalten, dass daher nach Art 31 Abs 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 lediglich von Futterflächen im Ausmaß von 21,47 ha (17,37 ha am Heimbetrieb und 4,10 ha auf der Alm) auszugehen gewesen sei. Der Berufung habe daher keine Folge gegeben werden können.
1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung BGBl I Nr 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
2.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr 1254/1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch lauten:
Art 12 Abs 1 und 2:
"Besatzdichte
(1) Die Gesamtzahl der Tiere eines Betriebs, für die die Sonderprämie und die Mutterkuhprämie gewährt werden können, wird anhand eines Besatzdichtefaktors von 2 Großvieheinheiten (GVE) je Hektar und Kalenderjahr begrenzt. Der Besatzdichtefaktor beträgt vom an 1,9 GVE und vom 1,8 GVE. Dieser Faktor wird ausgedrückt in GVE je innerbetriebliche Futterfläche, die zur Ernährung der Tiere verwendet wird. Der Besatzdichtefaktor gilt jedoch nicht für Erzeuger, deren Tierbestand, der zur Bestimmung des Besatzdichtefaktors zu berücksichtigen ist, 15 GVE nicht überschreitet.
(2) Zur Bestimmung des Besatzdichtefaktors des Betriebs werden berücksichtigt:
a) männliche Rinder, Mutterkühe und Färsen, Schafe und/oder Ziegen, für die Prämienanträge gestellt wurden, sowie die zur Erzeugung der dem Erzeuger zugeteilten gesamten Milchreferenzmenge erforderlichen Milchkühe; dabei werden die Bestandszahlen anhand der Umrechnungstabelle in Anhang III in GVE umgerechnet;
b) die Futterfläche, d. h. die während des gesamten Kalenderjahres für die Rinder-, Schaf- und/oder Ziegenhaltung zur Verfügung stehende Betriebsfläche. Zur Futterfläche nicht gehören:
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- | Gebäude, Wälder, Teiche und Wege, |
- | Flächen, die für andere für eine Gemeinschaftsbeihilfe in Betracht kommende Kulturen, für Dauerkulturen oder den Gartenbau genutzt werden, ausgenommen Dauerweiden, für die gemäß Artikel 17 dieser Verordnung und Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 1255/1999 flächenbezogene Ergänzungsbeträge gewährt werden, |
- | Flächen, die im Rahmen der Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter Ackerkulturen gefördert werden und die im Rahmen der Beihilferegelung für Trockenfutter genutzt werden oder die unter ein nationales oder gemeinschaftliches Flächenstilllegungsprogramm fallen. |
Zur Futterfläche gehören auch die gemeinsam genutzten Flächen | |
und Mischkulturflächen." | |
Art 13 Abs 1 bis 4: | |
"Extensivierungsprämie |
(1) Erzeuger, die die Sonder- und/oder Mutterkuhprämie erhalten, können für die Gewährung einer Extensivierungsprämie in Betracht kommen.
(2) Die Extensivierungsprämie beträgt 100 EUR je gewährter Sonder- und Mutterkuhprämie, sofern in bezug auf das betreffende Kalenderjahr die Besatzdichte des betreffenden Betriebs 1,4 GVE/ha oder weniger beträgt.
Die Mitgliedstaaten können jedoch beschließen, ...
...
(3) Für die Durchführung des Absatzes 2 gilt folgendes:
a) Abweichend von Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe a werden zur Bestimmung der Besatzdichte des Betriebs die männlichen Rinder, Kühe und Färsen, die während des betreffenden Kalenderjahrs im Betrieb eingestellt waren, sowie die Schafe und/oder Ziegen berücksichtigt, für die Prämienanträge für das gleiche Kalenderjahr gestellt worden sind. Die Zahl der Tiere wird nach der Umrechnungstabelle des Anhangs III in GVE umgerechnet.
b) Unbeschadet des Artikels 12 Absatz 2 Buchstabe b dritter Gedankenstrich gelten Flächen, die für die Erzeugung von Ackerkulturen im Sinn des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 des Rates vom zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen verwendet werden, nicht als 'Futterfläche'.
c) Die Futterfläche, die für die Berechnung der Besatzdichte zugrunde zu legen ist, muss zumindestens 50 % aus Weideland bestehen. der Begriff 'Weideland' wird von den Mitgliedstaaten definiert. Bei dieser Begriffsbestimmung wird mindestens folgendes Kriterium einbezogen: Weideland ist Grünland, das gemäß der örtlichen Landwirtschaftspraxis als Weide für Rinder und/oder Schafe anerkannt ist. Dies schließt die gemischte Verwendung von Weideland während desselben Jahres nicht aus (Weide, Heu, Grassilage).
(4) Unbeschadet der Besatzdichteauflagen des Absatzes 2 können Erzeuger in Mitgliedstaaten, in denen über 50 % der Milch in Berggebieten im Sinne des Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 erzeugt wird, Extensivierungsprämien gemäß Absatz 2 für die Milchkühe erhalten, die in ihren Betrieben in diesen Gebieten gehalten werden."
Gemäß Anhang III der Verordnung (EG) Nr 1254/1999 werden über 24 Monate alte männliche Rinder und Färsen sowie Mutterkühe und Milchkühe mit 1,0 GVE, männliche Rinder und Färsen im Alter von sechs bis 24 Monaten mit 0,6 GVE und Schafe und Ziegen jeweils mit 0,15 GVE gerechnet.
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 der Kommission vom mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen lauten:
Art 5 Abs 1 Buchstabe b:
"(b) Werden Futterflächen gemeinschaftlich genutzt, so teilen die zuständigen Behörden diese fiktiv entsprechend dem Umfang der Nutzung durch die einzelnen Betriebsinhaber oder entsprechend deren Nutzungsrechten auf diese auf."
In Kapitel I, welches die Überschrift "Feststellungen in Bezug auf die Beihilfeanträge Flächen" trägt, lautet Art 31 Abs 1 und 2:
"Berechnungsgrundlage
(1) Liegt die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe über der im Beihilfeantrag angegebenen Fläche, so wird bei der Berechnung des Beihilfebetrages die angegebene Fläche berücksichtigt.
(2) Liegt die in einem Beihilfeantrag Flächen angegebene Fläche über der bei Verwaltungskontrollen oder Vor-Ort-Kontrollen ermittelten Fläche derselben Kulturgruppe, so wird die Beihilfe unbeschadet der Kürzungen und Ausschlüsse gemäß den Artikeln 32 bis 35 auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet."
Art 35:
"Berechnung der Futterfläche für die Extensivierungsprämie
gemäß Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999
(1) Die Extensivierungsprämie im Sinn von Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 kann nicht für eine größere Zahl von Tieren gewährt werden als die, für welche nach Anwendung von
Artikel 34 die in Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 genannten Prämien gewährt werden dürfen.
(2) Unbeschadet von Absatz 1 wird die betreffende Futterfläche nach Artikel 31 bestimmt.
Wird die Höchstgrenze des Besatzdichtefaktors für die so ermittelte Futterfläche nicht überschritten, so dient die ermittelte Fläche als Grundlage für die Berechnung der Extensivierungsprämie.
Wird die Höchstgrenze überschritten, ist der Gesamtbetrag, auf den der Betriebsinhaber auf der Grundlage von im laufenden Kalenderjahr für Prämienregelungen gemäß Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 gestellten Anträgen Anspruch hat, um 50 % des Betrages zu kürzen, der ihm als Extensivierungsprämie gewährt wurde oder gewährt worden wäre."
In Kapitel II, welches die Überschrift "Feststellungen in Bezug auf die Beihilfeanträge Tiere" trägt, lautet Art 36:
"Berechnungsgrundlage
(1) Gilt eine individuelle Höchstgrenze oder eine erzeugerspezifische Obergrenze, so wird die Zahl der in den Beihilfeanträgen angegebenen Tiere auf die Höchstgrenze oder die Obergrenze verringert, die für den betreffenden Betriebsinhaber festgesetzt wurde.
(2) In keinem Fall darf die Beihilfe für mehr Tiere gewährt werden, als im Beihilfeantrag angegeben sind.
(3) Liegt die Zahl der in einem Beihilfeantrag angegebenen Tiere über der Zahl der bei Verwaltungskontrollen oder Vor-Ort-Kontrollen ermittelten Tiere, so wird der Beihilfebetrag unbeschadet der Artikel 38 und 39 anhand der Zahl der ermittelten Tiere berechnet.
Konnte ein Betriebsinhaber jedoch infolge höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände im Sinne des Artikel 48 seiner Haltungsverpflichtung nicht nachkommen, so bleibt der Beihilfeanspruch für die bei Eintreten der höheren Gewalt oder der außergewöhnlichen Umstände beihilfefähigen Tiere erhalten."
2.3. Die belangte Behörde hat aus den oben wiedergegebenen Bestimmungen geschlossen, dass auch für die Berechnung des Anteils an der Futterfläche einer Alm im Sinne des Art 5 Abs 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 die Zahl der im Beihilfeantrag angegebenen Tiere heranzuziehen sei.
Aus Art 35 der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 hat die belangte Behörde entnommen, dass die in Art 31 und Art 36 der Verordnung festgelegten Grundsätze "auch für die Extensivierungsprämie" gälten.
2.4. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
Die von der belangten Behörde genannten Art 31 und 36 der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 legen (lediglich) die Grundsätze für die Berechnung von Beihilfen für Flächen (Art 31) bzw von Beihilfen, die für eine Anzahl beihilfefähiger Tiere (Art 36) auszuzahlen sind, fest.
Kern dieser Grundsätze ist unter anderem, dass im Falle einer Differenz der angegebenen Fläche und der tatsächlich vorhandenen Fläche bzw einer Differenz der angegebenen Tiere und der tatsächlich gehaltenen Tiere jeweils (abgesehen von den übrigen Sanktionen) die Beihilfe nur anhand der vorgefundenen Fläche bzw der tatsächlich ermittelten Tiere zu berechnen ist.
Darüber hinaus wird eine Förderung nur im Ausmaß der beantragten Fläche einer Kulturgruppe (Art 31 Abs 1 der Verordnung) bzw nicht "für mehr Tiere gewährt" als im Beihilfeantrag angegeben wurden (Art 36 Abs 2 der Verordnung).
Wenn nun in Art 35 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 angeordnet wird, dass die Extensivierungsprämie gemäß Art 13 der Verordnung (EG) Nr 1254/1999 nicht für eine größere Zahl von Tieren gewährt werden könne als jene, für welche die in Art 12 der Verordnung (EG) Nr 1254/1999 genannten Prämien gewährt werden dürften, ist damit ebenfalls lediglich eine Anordnung über die Anzahl der Tiere, für welche die Extensivierungsprämie gewährt werden darf, festgelegt. Eine Vorschrift für die Berechnung der Futterfläche (insbesondere für die Berechnung des Anteils an einer gemeinschaftlich genutzten Futterfläche) ergibt sich daraus nicht. Die Vorschrift enthält keine Anordnung, wie bei der Berechnung der Besatzdichte vorzugehen ist. Die Frage der Berechnung eines Anteils an einer gemeinschaftlichen Futterfläche (und damit der Besatzdichte als Voraussetzung für die Zahlung der Extensivierungsprämie) ist von der Frage, für wie viele Tiere diese Prämie zu bezahlen ist, zu unterscheiden.
Auch Art 35 Abs 2 der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 enthält keine Vorschrift darüber, welche Anzahl an Tieren der Berechnung des Nutzungsanteils nach Art 5 Abs 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 zugrunde zu legen ist. Art 35 Abs 2 bezieht sich auf die Bestimmung der Futterfläche für den Zweck der Ermittlung der Besatzdichte und verweist dabei auf Art 31. Art 31 regelt die Grundsätze der Berücksichtigung von Flächen und legt dabei einerseits die Höchstgrenze mit der angegebenen Fläche fest und sieht in Abs 2 vor, dass im Fall einer zu viel angegebenen Fläche nur die tatsächlich ermittelte Fläche der Berechnung zugrunde zu legen ist.
Da Art 5 Abs 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr 2419/1999 auf den "Umfang der Nutzung durch die einzelnen Betriebsinhaber" abstellt, ist bei dieser Berechnung grundsätzlich auf die tatsächlich festgestellten Werte zurückzugreifen. Eine Anordnung der Art, dass es nicht auf die tatsächlich aufgetriebenen Tiere, sondern auf die im Antrag (auf die in der Alm-/Gemeinschaftsweide-Auftriebsliste) genannten Tiere ankäme, ist weder in der Verordnung (EG) Nr 1254/1999, noch in der Verordnung (EG) Nr 2419/2001 ersichtlich. Die belangte Behörde hat dies auch - offenbar ungewollt, kommt sie doch zum gegenteiligen Ergebnis - im Ergebnis zutreffend mit der Formulierung, es käme auf "die tatsächlich auf die Alm aufgetriebenen Rinder" an, zum Ausdruck gebracht.
Die von der belangten Behörde genannten Regelungen der Art 31 und Art 36 der Verordnung (EG) Nr 2419/1999 und die in Art 35 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr 2419/1999 enthaltene Grenze mit der Anzahl der Tiere, für die nach der Verordnung Nr 1254/1999 Prämien gewährt werden dürfen, normieren einerseits die Flächen, für die die Förderung gewährt werden darf, andererseits die Tiere, für die eine Prämie (hier: die Extensivierungsprämie) gewährt werden darf.
Wenn gemäß Art 13 Abs 3 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr 1254/1999 bei der Berechnung der Besatzdichte die (tatsächlich) eingestellten Tiere heranzuziehen sind, erscheint es nur folgerichtig (und bedürfte einer ausdrücklichen gegenteiligen Anordnung, sollte es nach dem Willen des Unionsnormsetzers anders sein), bei der Berechnung des Nutzungsanteils der Landwirte an gemeinschaftlichen Futterflächen ebenfalls auf die tatsächlich aufgetriebenen Tiere abzustellen, wie dies der Wortlaut "Umfang der Nutzung durch die einzelnen Betriebsinhaber" auch nahe legt.
Darauf, ob eine Änderung der Angaben in der Alm- /Gemeinschaftsweide-Auftriebsliste im Beschwerdefall möglich gewesen wäre oder nicht, kommt es somit nicht an.
Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt, wenn sie für die Berechnung des Anteiles der Beschwerdeführerin an der H-Alm die Angabe, es seien fünf Rinder zwischen einem halben Jahr und zwei Jahren aufgetrieben gewesen, zugrunde gelegt hat.
Auf dem Boden der Feststellungen, dass die Rinder tatsächlich älter als zwei Jahre waren, wäre von 5 GVE auszugehen gewesen und somit der Anteil der Beschwerdeführerin an der Alm auf der Basis dieser Annahme zu berechnen gewesen.
2.5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.
2.7. Bei diesem Ergebnis konnte von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG aF abgesehen werden.
Wien, am
Fundstelle(n):
MAAAE-75468