VwGH vom 11.09.2015, 2012/17/0046

VwGH vom 11.09.2015, 2012/17/0046

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Senatspräsident Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richterin und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde des Ing. I K in Wien, vertreten durch Dr. Gerald Holzwarth, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Arndtstraße 98/21, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Statutarstadt Wiener Neustadt vom , 8A/1754/11, betreffend Kanalbenützungsgebühr für das 1., 2. und 3. Quartal 2011, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Die Statutarstadt Wiener Neustadt hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit drei Vorschreibungen vom , vom und vom wurde dem Beschwerdeführer die Entrichtung von "Grundbesitzabgaben" für das 1., 2. und 3. Quartal 2011 vorgeschrieben. Mit Schriftsätzen vom , und erhob der Beschwerdeführer Berufung gegen diese Vorschreibungen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen "gemäß § 273 Abs. 1 lit. a Bundesabgabenordnung BGBl 20/2009 auf Grund rechtskräftig entschiedener Sache" zurück.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass sie als Abgabenbehörde zweiter Instanz in ihrer Sitzung am in "gleichgelagerter Sache die Berufung von Herrn (Beschwerdeführer), gegen die Kanalbenützungsgebühren für die Liegenschaft mit der Objektadresse ..." abgewiesen habe. Gegen diese Berufungsentscheidung sei durch den Beschwerdeführer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht worden, welche jedoch mit Erkenntnis vom , 2008/17/0143, abgewiesen worden sei.

Da weder eine Änderung der Sach- noch der Rechtslage eingetreten sei, seien die nunmehr inhaltlich gleichgelagerten Berufungen auf Grund bereits rechtskräftig entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung BGBl I Nr 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

Die Entscheidung der belangten Behörde vom , auf die sie sich in der Begründung der Zurückweisung der Berufung berief, betraf Abgabenvorschreibungen für die Jahre 2003 bis 2008.

Die den hier gegenständlichen Berufungen zu Grunde liegenden Abgabenvorschreibungen betrafen das 1., 2. und 3. Quartal 2011.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, ist "Sache" des Berufungsverfahrens im Sinn des § 289 BAO die Angelegenheit, die den Inhalt des mit Berufung bekämpften Bescheides gebildet hat (vgl die Nachweise bei Ritz , BAO4, § 289 BAO Rz 38, bzw ders, BAO5, § 279 BAO Rz 10, sowie etwa , oder vom , 2010/16/0206), bzw liegt Identität der Sache vor, wenn ein neuerlicher Antrag oder eine Abgabenvorschreibung sich auf die gleiche Sache beziehen, die bereits durch einen Bescheid der Abgabenbehörde erledigt wurde (vgl ; vgl auch § 281 Abs 1 BAO in der Fassung vor BGBl I Nr 14/2013, der die Möglichkeit der Aussetzung des Berufungsverfahrens regelte, wenn "wegen der gleichen oder einen ähnlichen Rechtsfrage" ein anderes Verfahren vor einer Behörde oder vor Gericht anhängig war; nunmehr im Wesentlichen inhaltsgleich § 271 Abs 1 BAO in der Fassung BGBl I Nr 14/2013).

Die belangte Behörde hat insofern in zweifacher Weise die Rechtslage verkannt, wenn sie davon ausgegangen ist, dass einerseits hinsichtlich der hier gegenständlichen Abgabenvorschreibungen entschiedene Sache vorliege, und sie dies andererseits berechtige, die Berufung gegen die Abgabenvorschreibung als unzulässig zurückzuweisen.

Zum einen lag nämlich im Hinblick auf die Vorschreibung der Abgabe für andere Jahre als in jenen Verfahren, auf die sich die belangte Behörde bezog, nicht Identität der Sache vor. Darüber hinaus ist die belangte Behörde darauf hinzuweisen, dass eine Abgabenvorschreibung, die wegen entschiedener Sache nicht mehr erfolgen hätte dürfen, von der Berufungsbehörde aufzuheben gewesen wäre, weil durch die Zurückweisung der Berufung die rechtswidrige neuerliche Vorschreibung aufrecht erhalten würde. Eine Zurückweisung einer Berufung gegen eine tatsächlich unzulässigerweise erfolgte Abgabenvorschreibung wäre schon aus diesem Grunde rechtswidrig.

Aus diesen Überlegungen folgt, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet hat. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.

Wien, am